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2.4.1 Optimierung der Diffusionsbedingungen an der Mikrodialysemembran durch Zugabe von Dextran zur Perfusionslösung

Die Diffusion einer Substanz durch die Membran einer Mikrodialysesonde hängt unter ande-rem von dem Verhältnis zwischen Einwärts- und Auswärtsstrom der Perfusions- und Umge-bungsflüssigkeit ab99. Dieses Verhältnis spiegelt sich in der Menge an erhaltenem Dialysat wider. Ist die erhaltene Dialysatmenge höher als die berechnete, überwiegt der Einwärtsstrom in die Sonde und umgekehrt. Beides kann sich ungünstig auf die Diffusion eines Moleküls auswirken. Ein Ziel der in vitro-Mikrodialyseuntersuchungen war es daher, Bedingungen zu finden, unter denen die gewonnene Menge an Mikrodialysat möglichst der berechneten Men-ge entspricht, um somit die Diffusion der Men-gesuchten Substanz zu optimieren.

Abbildung 16 A zeigt die gewonnenen Dialysatmengen über 35 Minuten in Prozent bei ver-schiedenen Flussraten (0,3-5,0 µl/min) in den drei unterschiedlichen Untersuchungsmedien mit Ringerlösung als Perfusionslösung. Während bei den Untersuchungen in Ringerlösung bei allen Flussraten die erwartete Dialysatmenge erhalten wurde, war dies in Plasma und Vollblut nur bei den hohen Flussraten von 2,0 µl/min (78 ± 2,3 % bzw. 87 ± 4,4 %) und 5,0 µl/min (88

± 2,1 % bzw. 93 ± 1,9 %) annähernd möglich. Bei den niedrigeren Flussraten sank die Dialy-satmenge in Plasma auf bis zu 16 ± 10,6 % (0,3 µl/min), in Vollblut auf bis zu 11 ± 11,1 % (0,3 µl/min). Die Zugabe von 4 % Dextran 70 zur Perfusionslösung führte zum Ausgleich des kolloidosmotischen Druckes beim Sammeln von Dialysaten in Plasma und Vollblut (Abb.

16_B). Die relativen Dialysatmengen lagen nun in Plasma bei 94,0 ± 5,7 % (0,3 µl/min), 94,3

± 4,4 % (0,5 µl/min), 91,9 ± 2,6 % (1,0 µl/min), 90,98 ± 2,2 % (2,0 µl/min) und 91,9 ± 1,25

% (5,0 µl/min). In Vollblut wurden ähnliche Werte mit 82,4 ± 3,45 % (0,3 µl/min), 97,9 ± 8,42 % (0,5 µl/min). 93,7 ± 3,26 % (1,0 µl/min), 96,7 ± 2,1 % (2,0 µl/min) und 97,5 ± 1,57 % (5,0 µl/min) erreicht. In Ringerlösung wurden ebenfalls deutlich höhere Dialysatmengen er-reicht, wobei die erzielten Werte alle über 100 % lagen und bei 0,3 µl/min sogar 154 % betru-gen. Dies lässt sich durch den nun im Vergleich zum umgebenden Medium in der Sonde er-höhten kolloidosmotischen Druck erklären.

99 Vgl. Hamrin et al. (2002)

120

120 160

80

40

0 80

40

0

A Perfusionslösung: Ringerlösung B Perfusionslösung: Ringerlösung + Dextran

0,3 0,5 1,0 2,0 5,0 0,3 0,5 1,0 2,0 5,0

Flussrate [µl/min] Flussrate [µl/min]

Richtigkeit Dialysatmenge [%]

Abbildung 16 Abhängigkeit der Dialysatmenge von Fließgeschwindigkeit und Dialyselösung

Relative Menge an Dialysat [% der erwarteten Menge] in Ringerlösung (weiße Balken), Plasma (graue Balken) und Vollblut (schwarze Balken) bei Flussraten von 0,3 bis 5,0 µl/min. Alle Versuche (18 pro Balken, drei Son-den pro Balken) wurSon-den in der Mikrodialysezelle mit MikrodialysesonSon-den mit Polyamidmembran (Cut-off 20 kD, Membrandurchmesser 0,6 mm, 20 mm Länge) über ein Sammelintervall von 35 Minuten durchgeführt.

Dargestellt sind die Mittelwerte ± SD. In (A) wurde Ringerlösung als Perfusionslösung verwendet, in (B) Rin-gerlösung mit 4 % Dextranzusatz. Die horizontale Linie in (B) markiert 100 %.

2.4.2 Enzymatischer Dextranabbau zur Vereinfachung der Analytik

Um eine Verstopfung von Kapillaren und HPLC-Säule zu vermeiden, sollte vor der Analyse das Makromolekül Dextran mithilfe des Enzyms Dextranase gespalten werden. Die optimale Dauer wurde durch die Konzentrationsbestimmung von Isomaltose als Endprodukt des enzy-matischen Abbaus nach unterschiedlich langen Verdauzeiten evaluiert. Nach zwölf Stunden nimmt die Konzentration an Isomaltose nicht mehr zu (Abb. 17 A). Das bedeutet, dass sich jetzt ein Gleichgewicht zwischen Hin- und Rückreaktion eingestellt hat und kein weiterer Abbau mehr stattfindet. Daher wurden alle nachfolgenden Dextranverdauungen über zwölf Stunden durchgeführt. Abbildung 17 B zeigt eine Konzentrationsreihe von Dextranaselösun-gen, welche einer Dextranlösung von 4 % zugesetzt wurden.

Es konnte eine Zunahme von Dextranabbauprodukten mit steigender Enzymkonzentration beobachtet werden. Dies steigerte sich bis zu einer Enzymkonzentration von 10 U/ml. Weitere

Steigerungen in der Enzymkonzentration bis 200 U/ml erbrachten keine zusätzlichen Verbes-serungen bezüglich des Abbaus (Abb. 17 B zeigt die Versuche nur bis 30 U/ml).

4 8 12 16 20 24

0 0,0 0,2 0,4 0,6

0,8 1,0 A

Zeit [h]

Absorption bei 540 nm [abs]

IM 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 DX IM 10 20 30

Isomaltose Dextran

B

Abbildung 17 Abhängigkeit des Dextranabbaus von der Verdauzeit und der Enzymmenge

(A) Exemplarischer Zeitverlauf des enzymatischen Abbaus von Dextran (4 %) mit Dextranase (0,1 U/ml) in bidestilliertem Wasser bei 37 °C über 24 Stunden. Die Abbauprodukte wurde mit 3,5-Dinitrosalicylsäure oxi-diert, mit Wasser (1 + 5) verdünnt und die Konzentration der entstandenen 3-Amino-5-nitrosalicylsäure über die Absorption bei 540 nm bestimmt. (B) Exemplarische dünnschichtchromatographische Trennung von Dextran (DX) und seinen Abbauprodukten nach enzymatischer Spaltung einer Dextranlösung (4 %) mit verschiedenen Dextranasekonzentrationen (1–10, 20 und 30 U/ml, IM = Isomaltose) über zwölf Stunden. Die Detektion erfolgte mittels ethanolischer Naphthoresorcin/Schwefelsäurelösung mit anschließender Entwicklung im Trockenschrank (110 °C, fünf Minuten).

Optimale Gesamtbedingungen für den enzymatischen Abbau des Dextrans in den Mikrodialy-saten mit Dextranase sind demnach ein Verdau bei 37 °C (Herstellerangabe) über einen Zeit-raum von zwölf Stunden unter Zugabe einer Dextranaselösung mit der Konzentration von 10 U/ml.

2.4.3 Abhängigkeit der Sotalolwiederfindung von der Flussrate

Bei den meisten Mikrodialyseuntersuchungen ist die Kontaktzeit zwischen Perfusionsflüssig-keit und umgebendem Medium zu kurz und die DiffusionsgeschwindigPerfusionsflüssig-keit der untersuchten Substanz zu langsam, um eine Wiederfindungsrate von 100 % zu erreichen (Abschnitt 2.1.2).

Um die tatsächliche Konzentration von Sotalol im Blut bestimmen zu können, ist es daher wichtig, die Wiederfindungsrate des Arzneistoffs zu kennen. Bei der Anwendung von Ringer-lösung ohne Dextranzusatz als PerfusionsRinger-lösung zeigten Messungen der Sotalolkonzentration in den Dialysaten, dass die Wiederfindungsrate von Sotalol bei den niedrigen Flussraten am höchsten war und kontinuierlich mit steigender Flussrate abnahm (Abb. 18 A). Bei Flussraten von 0,3 bis 1,0 µl/min betrug die Wiederfindung 100 %, während bei 2,0 µl/min 88,0 ± 5,1 % und bei 5,0 µl/min 65,5 ± 2,3 % erreicht wurden. Ähnlich verhielt es sich bei den Untersu-chungen in Plasma, auch hier lag die Wiederfindung bis zu einer Flussrate von 1,0 µl/min bei 100 %, um dann auf 89,0 ± 3,2 % bei 2,0 µl/min und 61,0 ± 7,35 % bei 5,0 µl/min abzusin-ken. Bei einer Flussrate von 0,3 µl/min war aufgrund zu geringer oder ausbleibender Dialy-satmengen keine Auswertung möglich. Die Ergebnisse in Vollblut lagen grundsätzlich auf deutlich niedrigerem Niveau. Hier waren maximale Wiederfindungsraten von 75,4 ± 4,4 % bei 0,5 µl/min zu finden, mit einem kontinuierlichen Rückgang auf 68,1 ± 7,6 % bei 1,0 µl/min, 49,2 ± 10,0 % bei 2,0 µl/min und nur noch 32,3 ± 6,0 % bei 5 µl/min. Unter 0,3 µl/min Flussrate gab es wie in Plasma aufgrund zu niedriger oder nicht vorhandener Dia-lysatmengen keine Ergebnisse.

0,3 0,5 1,0 2,0 5,0 Flussrate [µl/min]

0,3 0,5 1,0 2,0 5,0

Flussrate [µl/min]

B Perfusionslösung: Ringerlösung + Dextran A Perfusionslösung: Ringerlösung

n. d.

120

80

40

0

Wiederfindung [%]

Abbildung 18 Sotalolwiederfindung mit und ohne Dextranzusatz

Wiederfindung von Sotalol im Dialysat [% der erwarteten Menge] in Ringer Lösung (weiße Balken), Plasma (graue Balken) und Vollblut (schwarze Balken) bei Flussraten von 0,3 bis 5,0 µl/min. Alle Versuche (18 pro Balken, drei Sonden pro Balken) wurden in der Mikrodialysezelle mit Mikrodialysemembranen aus Polyamid mit 20 kD molekularem Cut-off und einem Außendurchmesser von 0,6 mm über ein Sammelintervall von 30 Minuten durchgeführt. Angegeben sind Mittelwerte ± SD. In (A) wurde Ringerlösung als Perfusionslösung ver-wendet, in (B) Ringerlösung mit 4 % Dextranzusatz. Aufgrund von zu geringen Dialysatmengen nicht detektier-bare Konzentrationen sind mit n. d. gekennzeichnet.

Abbildung 18 B zeigt, dass die Zugabe von Dextran zur Perfusionslösung sowohl in Plasma als auch in Vollblut eine deutliche Anhebung der Wiederfindungsrate bewirkte. Ein deutliches Absinken der Wiederfindungsrate konnte erst bei einer Flussrate von 5,0 µl/min festgestellt werden, wie dies auch schon in Ringerlösung ohne die Zugabe von Dextran der Fall war. Im Einzelnen lagen die Werte in Plasma bei 91,0 ± 8,3 % (0,3 µl/min), 88,6 ± 5,3 % (0,5 µl/min), 85,0 ± 7,4 % (1,0 µl/min), 79,1 ± 21,7 % (2,0 µl/min) und 55,6 ± 17,6 % (5,0 µl/min). Auch in Vollblut ergaben sich durch den Zusatz an Dextran deutlich höhere Wiederfindungsraten mit 117,7 ± 7,4 % bei 0,3 µl/min, 105,0 ± 10,0 % bei 0,5 µl/min, 93,5 ± 7,9 bei 1,0 µl/min, 92,6 ± 4,6 % bei 2,0 µl/min und 49,7 ± 10,4 % bei 5,0 µl/min. In Ringerlösung lagen die Wiederfindungsraten bis 2,0 µl/min zwischen 90 und 100 % und fielen erst bei der höheren Flussrate von 5,0 µl/min deutlich auf 72,4 ± 6,1 % ab.

2.4.4 Kontrolle der Sotalolwiederfindung per Kalibrator

Die Dextranzugabe verbesserte erheblich die Diffusionsbedingungen bei den in vitro-Arbeiten im Zielmedium Vollblut. Da in vivo jedoch mit Änderungen in der Wiederfindung z. B. durch Veränderungen in der Blutflussrate des Gefäßes zu rechnen ist100, sollte für jedes Dialysat eine Bestimmung der Wiederfindung von Sotalol möglich sein. Daher wurde Atenolol aufgrund seiner ähnlichen physikochemischen Eigenschaften im Vergleich zu Sotalol als Kalibrator für diese Methode geprüft. Atenolol und Sotalol wurden der Perfusionslösung zugesetzt, um die Diffusionseigenschaften von Atenolol und Sotalol zu vergleichen. Tabelle 4 zeigt dazu die Wiederfindungsraten von Sotalol und Atenolol in den beiden verwendeten Sonden. Es stellte sich heraus, dass Atenolol unabhängig von der verwendeten Sonde in gleichem Maße aus der Sonde herausdiffundiert wie Sotalol in die Sonde hineindiffundiert, wenngleich die Wieder-findung mit der CUP-Sonde etwa 18 % niedriger liegt. Ein Wilcoxon rank Test für gepaarte Stichproben ergab keinen signifikanten Unterschied (p >> 0,05). Daher eignet sich Atenolol zur Berechnung des Korrekturfaktors der Wiederfindungsrate von Sotalol.

Sonde (n) Sotalol (S) Kalibrator (A) Abweichung |(S-A)|/S*100

PA 25 88,0 ± 1,4 % 88,8 ± 0,7 % 1,0 %

CUP 47 70,8 ± 6,6 % 69,8 ± 7,9 % 2,3 %

Tabelle 4 Wiederfindung von Sotalol und Atenolol (Kalibrator) in verschiedenen Mikrodialysesonden

Dargestellt ist das arithmetische Mittel ± SD. Für die Berechnung der Abweichung der Wiederfindungen wurde die Differenz der Wiederfindungen der einzelnen Dialysate gebildet und in Prozent der Sotalolwiederfindung angegeben. PA = Polyamidmembran, molekularer Cut-off von 20 kD, Außendurchmesser 0,6 mm; CUP = Cuprophanmembran, molekularer Cut-off von 6 kD, Außendurchmesser 0,24 mm.

Die Wiederfindungsrate von Sotalol in Blut wurde dementsprechend nach folgender Glei-chung berechnet:

CSotalol [µg/ml] = 100 q (100 - WiederfindungsrateAtenolol [%])-1q CSotalol Microdialysate [µg/ml]

100 Vgl. Evrard und Verbeeck (1994)