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Prof. Dr. Eef Overgaauw

ist Leiter der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin

Gerhart Hauptmann

Öl auf Leinwand von Leo von König

Zu den Porträts, die Hauptmann bei Künstlern in Auftrag gab und die mit dem Nachlass in die Staatsbibliothek zu Berlin gelangten, gehören ein sehr gelungenes Gemälde des Leo von König (1871–

1944) und eine Kohlezeichnung des Johannes Avenarius (1887–1954). Beson-ders mit Avenarius war Hauptmann eng befreundet. Avenarius besuchte Haupt-mann wiederholt auf Haus Wiesenstein, zeichnete zahlreiche Illustrationen zu dessen Werken und stattete den riesigen Eingangsbereich von Wiesenstein mit Wandgemälden aus. Die beiden Porträts Königs und Avenarius’ wurden 2003 als Leihgaben der Staatsbibliothek zu Berlin dem Gerhart-Hauptmann-Haus in Agne-tendorf übergeben. Dort hängt das Ge-mälde des Leo von König an der Stelle, wo es hing, als Hauptmann noch auf Wie-senstein wohnte.

Ein besonders gelungenes Kunstwerk ist das Porträt, das Max Liebermann (1847–

1935) in den Jahren 1892/93 von

Ger-hart Hauptmann schuf. Liebermann hatte Hauptmann 1889 bei der Urauffüh-rung von dessen „Vor Sonnenaufgang“

kennengelernt. Aus dieser Begegnung entstand eine Freundschaft, die bis Lie-bermanns Tod anhalten sollte. 1892/93 malte Liebermann den Schriftsteller gleich zweimal. Die Entstehung des ersten Por-träts (Pastell auf Leinwand, 78 x 60 cm) geht vermutlich auf einen Wunsch Lie-bermanns zurück. Es wurde 1893/95 mit großem Erfolg auf verschiedenen stellungen in Deutschland und im Aus-land gezeigt. Der heutige Aufbewahrungs-ort ist nicht bekannt. Das zweite PAufbewahrungs-orträt (Pastell auf Papier, 78,8 x 59,5 cm), das

dem ersten sehr ähnlich ist, wurde wohl von Hauptmann selber in Auftrag gege-ben; es gelangte 1968 mit dem Nachlass in die Staatsbibliothek zu Berlin. Mehr-fach wurde das Bild bereits öffentlich ausgestellt, zuletzt in der Ausstellung Wirklichkeit und Traum. Gerhart Haupt-mann 1862–1946,die die

Staatsbiblio-Gerhart Hauptmann Kohlezeichnung von Johannes Maximilian Avenarius, 1918

Gerhart Hauptmann

Pastell auf Papier von Max Lieber-mann, 1892

Gerhart Hauptmann

Öl auf Leinwand von Max Lieber-mann, 1912

Brief mit Selbstbildnis Max Lieber-manns an Gerhart Hauptmann zu dessen 70. Geburtstag 1932

thek zu Berlin 1987–1988 veranstaltete und die nacheinander in Hannover, Ber-lin, Bonn-Bad Godesberg und Selm ge-zeigt wurde. Im Winter 2008/2009 wird es in der Ausstellung Hauptmann und die Kunstim Carl-und-Gerhart-Hauptmann-Haus in Schreiberhau (Schlesien) zu sehen sein.

In den folgenden Jahrzehnten stellte Lie-bermann den Dichter noch mindestens zweimal bildlich dar. 1912, nachdem Hauptmann den Nobelpreis für Literatur erhalten hatte und überall gefeiert wurde, entstand ein Ölbild, das Alfred Lichtwark, Direktor der Hamburger Kunsthalle, bei Liebermann in Auftrag gegeben hatte, und das 1913 der

Kunst-halle gestiftet wurde. Dort ist das Porträt auch heute noch vorhanden. Während der Entstehungszeit dieses Gemäldes schrieb Liebermann an Lichtwark nicht nur wiederholt, dass er Hauptmann gern gemalt habe, sondern auch: „Einen schö-neren Kopf gibt es kaum … Er ist der deutsche Dichter, auch weil er so aus-sieht“. Ein zweites, ebenfalls 1912 ent-standenes Porträt von Liebermann (Öl auf Leinwand) gelangte ins Provinzial-museum in Breslau, gilt allerdings seit 1945 als verschollen.

Sprechende Belege für die Freundschaft sind auch die Briefe Liebermanns an Hauptmann, die im Nachlass Hauptmann aufbewahrt werden. Ein besonderes Zeugnis für die innige Verbundenheit zwischen den beiden Künstlern ist der Brief Liebermanns an Hauptmann zu sei-nem 70. Geburtstag im November 1932.

Liebermann schreibt: „Lieber Gerhart

Hauptmann, in der Freude, Ihnen zur Vorfeier Ihres 70sten Geburtstages durch die Aufführung Ihres neuesten Werkes ,vor Sonnenuntergang‘ gratulie-ren zu dürfen, mischt sich die Erinnerung an die Erstaufführung ,vor Sonnenauf-gang‘: damals lernte ich Sie durch Leisti-kow kennen. Mehr als 40 Jahre sind seit-dem vergangen u. was ist Alles geschehn!

Aber uns’re freundschaftlichen Beziehun-gen blieben dieselben, ja sogar – was nicht immer der Fall ist – je mehr ich Sie als Menschen kennen lernte, desto mehr wuchs meine Verehrung für den Dich-ter“. Auf diesen Brief zeichnete der 85jährige Liebermann ein kleines Selbst-porträt.

Ein Beleg für die Freundschaft zwischen dem Dichter und dem Maler ist auch die Menüfolge eines kleinen Festessens, das am 16. Dezember 1912 anlässlich der Nobelpreisverleihung an Hauptmann veranstaltet wurde. 17 Personen trugen ihre Unterschrift auf diese Karte ein. Auf der Vorderseite, die mit einer spätbaro-cken Darstellung von spielenden Putten in einer Landschaft bedruckt ist, finden wir die Unterschriften Hauptmanns und Liebermanns neben den Unterschriften des Filmregisseurs Willy Grunwald, des Schauspielers Rudolf Rittner und des Rechtsanwalts Paul Jonas, die ebenfalls mit Hauptmann befreundet waren. Diese Speisekarte erwarb die Bibliothek erst 1986; von welchem der 15 Tischgenos-sen des Ehepaars Hauptmann sie stammt, konnte nicht ermittelt werden.

Der Nachlass Hauptmann in der Staats-bibliothek zu Berlin enthält einige Dut-zend weitere Briefe, Postkarten und Telegramme Liebermanns an

Haupt-mann. Leider finden sich hier keine wei-teren Hinweise auf die Entstehungs-geschichte der Hauptmannporträts. Das schöne Pastell Liebermanns aus dem Nachlass wurde 2007 restauriert: das Papier wurde geglättet, einige kleine Risse wurden ausgebessert und der Rah-men stabilisiert. Nach dem Abschluss der zweiten Bauphase soll es an einem an-gemessenen Ort im Haus Unter den Lin-den – dem neuen (und alten) Standort der Handschriftenabteilung – aufgehängt werden.

Menükarte, u. a. mit den Unterschriften Hauptmanns und Liebermanns, 1912

Das Jubiläumsjahr der Bayerischen Staats-bibliothek neigt sich langsam seinem Ende zu. Der 24. Oktober 2008 brachte nochmals einen ganz besonderen Höhe-punkt im Jahresprogramm des Hauses:

Am diesjährigen Tag der Bibliotheken wurde die Bayerische Staatsbibliothek mit dem Preis „Bibliothek des Jahres 2008“ der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und des Deutschen Bibliotheks-verbandes, dem einzigen nationalen Bibliothekspreis Deutschlands, ausge-zeichnet.

Zugleich bildete der Festakt die offizielle Auftaktveranstaltung der Bibliotheks-aktionswoche „Deutschland liest. Treff-punkt Bibliothek“, für die Bundespräsi-dent Horst Köhler die Schirmherrschaft

übernommen hat und die durch Dr. Gi-sela Steffens vom Bundesministerium für Bildung und Forschung feierlich eröffnet wurde. Zuvor hatte die Vorstandsvorsit-zende des Deutschen Bibliotheksverban-des Prof. Dr. Gabriele Beger über 400 Gäste im Marmorsaal der Staatsbiblio-thek begrüßt, hierunter zahlreiche hoch-rangige Repräsentanten des öffentlichen Lebens aus Politik und Verwaltung,

Wis-unten:

Roter Teppich für die Stabi.

Ankunft der ersten Gäste

rechts:

Prof. Gabriele Beger bei der Begrüßung

Jürgen Seidl

ist Direktionsassistent in der Bayerischen Staatsbibliothek