• Keine Ergebnisse gefunden

Historische Entwicklung in Deutschland

Im Dokument obere Widerlagersäule (Seite 22-27)

Zunächst sollte die historische Entwicklung von Schachtverschlusssystemen aufgezeigt wer-den, wie sie sich in Deutschland in den vergangenen 80 Jahren abgezeichnet hatte. Dabei wurden der Wandel in der Zielstellung von Schachtverschlüssen im Salzbergbau und die neu-en Aufgabneu-en in Folge der Nachnutzung der Hohlräume als Untertagedeponie bzw. Endlager sowie die damit verbundenen Veränderungen der Konstruktionsprinzipien erläutert.

Eine Gliederung der Entwicklung nach den unterschiedlichen Zielrichtungen der Schachtver-schlüsse lies drei Etappen erkennen:

3.1.1.1 Erste Etappe (1924 bis 1960)

In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgte die Stilllegung von Schachtanla-gen als Folge der Quotenregelung (Reichskaligesetz), der Zusammenlegung von Grubenfeldern, der Erschöpfung der Lagerstättenvorräte bzw. aus anderen wirtschaft-lichen Gründen. Für die Sicherung der Schächte stand zunächst der Gedanke einer einfachen Stabilisierung der Schachtsäule und einer Abdichtung gegen Zuflüsse aus dem Deckgebirge im Vordergrund, wobei zwei Möglichkeiten zur Anwendung kamen:

- die Teilverfüllung und

- die Vollverfüllung.

Bei der Teilverfüllung wurden Pfropfen am Übergang des wasserdichten Ausbaus zum trockenen Gebirge, am Übergang vom Buntsandstein zum Salinar bzw. am Über-gang vom Deckgebirge zum Salinar eingebaut. Bis 1960 dienten diese Bauwerke zum Lastabtrag der angreifenden Kräfte in das Gebirge und zur Abdichtung der Schacht-röhre gegen Süßwasserzuflüsse zum wasserlöslichen Gebirge. Um eine erhöhte Dichtwirkung der Schachtverschlüsse zu erreichen, wurden die Pfropfen teilweise mit zusätzlichen Dichtungen kombiniert. Zur Umsetzung der statischen Funktion wurden die Pfropfen gebirgsverbunden und in verschiedenen Geometrien hergestellt (Abbildung 1). Die Auslegung der Pfropfen für den Lastabtrag erfolgte auf der Grund-lage von überschlägigen Berechnungen (vereinfachte, häufig nicht zutreffende Schub- und Biegespannungsnachweise).

Abbildung 1 : Prinzip eines Schachtverschlusses durch Teilverfüllung mit gebirgsverbun-denen Pfropfen (1. Etappe)

Als Füllsäulenmaterialien wurden Salz, Sand, Kies oder Berge (z.B. Abteufmaterial aus dem Deckgebirgsabschnitt) verwandt. Unzureichende Kenntnisse bei der Herstel-lung von Verfüllsäulen bzw. über ihr Setzungsverhalten führten häufig zum Versagen [10], z.B. durch Auslaufen der Lockermassen an den Füllörtern.

3.1.1.2 Zweite Etappe (nach 1960 bis 1985)

Die Nutzung von ehemaligen Salzbergwerken als Rohöl- oder Gasspeicher setzte ver-mehrt ab etwa 1970 ein und stellte zwangsläufig höhere Anforderungen an die Schachtverschlusssysteme. Die Abdichtung der Schächte musste nunmehr sowohl ge-gen Wasserzuflüsse aus dem Deckgebirge – wie herkömmlich – in das Salinar als auch gegen Medienaustritte aus dem Grubengebäude in die Biosphäre erfolgen. Durch diese Entwicklung wurden die Forschungen auf dem Gebiet der Schachtverwahrungen

unter dieser Zielstellung intensiviert. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden in Vor-schriften zusammengefasst [11], laufend aktualisiert und bildeten fortan die Grundlage für die Projektierung weiterer Schachtverschlüsse [12]. Beispiele für die erfolgreiche Umsetzung und die Funktionstüchtigkeit dieser Schachtverschlusssysteme sind der Gasspeicher Burggraf-Bernsdorf [13] und der Rohölspeicher Wilhelmine-Carlsglück [14]. Beide Untergrundspeicher sind seit etwa 30 Jahren erfolgreich im Betrieb.

Hinsichtlich der Konstruktionsprinzipien waren die wesentlichen Merkmale dieser Etappe

- die funktionale Trennung statischer und dichtender Elemente (Widerlager und Dichtelement),

- der Einsatz von gleitfähigen Widerlagern,

- der Einsatz von Bitumen/Asphalten als Dichtmaterial und

- die beginnende Anwendung numerischer Rechenprogramme zur Dimensionie-rung der Bauwerke.

3.1.1.3 Dritte Etappe (ab 1985)

Die immer umfangreichere wirtschaftliche Nachnutzung von vorhandenen Gruben-räumen im Salinar (z.B. als Untertagedeponien) und insbesondere die geplante Endlagerung radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Formationen führten zu er-heblich höheren Anforderungen an Schachtverschlusssysteme. Dadurch vorangetrieben wurden in den letzten Jahren mehrere Forschungsprojekte initiiert, de-ren wesentlichste Neuerung ein besseres Verständnis der Wechselwirkung von Bauwerk und Gebirge war. Dies wurde besonders auf den Gebieten der Materialfor-schung [15], [16] sowie der konzeptionellen Entwicklung von Schacht- und Streckenverschlüssen [7], [17] deutlich. Bei der Beurteilung der Sicherheit dieser Bauwerke wurden erstmals Langzeitaspekte betrachtet und standortbezogene Konzep-te entworfen, die alle für das Bauwerk wesentlichen Randbedingungen berücksichtigten.

In dieser dritten Etappe erweiterte sich das Methodeninventar um:

Langzeitanalysen [18],

halbtechnische und In-Situ-Großversuche [17], [19],

Numerische Modellierung mechanischer und hydraulischer Prozesse [20],

Erkennen der Bedeutung der aufgelockerten (ausbruchsnahen) Bereiche [20],

Entwicklung von Bemessungsmethoden für die Dichtelemente (hydraulisch-geometrische Anforderungen) [19]

und um

Untersuchungen von Dichtmaterialien unter dem Einfluss salinarer Lösungen [21], [22], [24].

Der heutige Stand der Technik lässt sich in folgender Weise zusammenfassen:

Als grundlegendes Konzept für Schachtverschlüsse kommen seit 1985 bei der Vollverfüllung vorwiegend geschichtete Verfüllsäulen zur Anwendung. Diese bestehen aus setzungsstabilen Füllsäulen (statische Aufgabe) und Doppel- oder Mehrfachdichtungen (dichtende Aufgabe).

Die Füllsäulen bestehen im Salzgebirge hauptsächlich aus Schotter. Als Dichtmaterialien werden seit dieser Zeit z.B. Bitumen/Asphalte, Tone/Bentonite und unterschiedliche Mineral-gemische eingesetzt.

Konzeptionell wurden

- die Nachweise der Langzeitbeständigkeit der eingesetzten Materialien durch Betrach-tungen zu natürlichen und historischen Analoga und/oder durch Auswertung des Standes zu thermodynamischen Modellrechnungen ausgelegt, wobei beide Arten der Nachweisführung gleichberechtigt sind,

- die Verschlussbauwerke derart geplant, dass möglichst ein zeitabhängiges Anwachsen des Sicherheitsniveaus des Gesamtsystems durch Materialeinsatz und/oder entspre-chende konstruktive Bauweise bewirkt wird.

Festzustellen waren dabei zwei Tendenzen, einmal zur Trennung von statischen und dichten-den Elementen und zum anderen zu einfachen, robusten Gesamtkonstruktionen.

Diese Ansätze und Forderungen konnten aber erst dann in Konzepten, Planungen und Ausfüh-rungen ihren Niederschlag finden, als folgende drei Voraussetzungen erfüllt waren:

- Auswertung der vorliegenden Erfahrungen,

- Laborative und halbtechnische Untersuchungen der langzeitbeständigen Materialien,

- Verfahren zur Bestimmung der Permeabilität im ausbruchsnahen Gebirgsbereich.

Im Dokument obere Widerlagersäule (Seite 22-27)