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Eine Analyse

Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden müssen, um neue Potentiale für den deutschen Markt des Online-Musik-Marketings zu realisieren. Die im vorherigen Abschnitt festgestellte Erkenntnis, dass den deutschen Ablegern der Major-Labels noch nicht bewusst zu sein scheint, welche Bedeutung Musik-Blogs einnehmen können, manifestiert sich auch in diesem Kapitel.

5.1 Abmahnungen

Als Beleg dafür sei an dieser Stelle ein Vorfall aus dem Jahr 2009 genannt, bei dem Abmahnungen gegen Betreiber einer Vielzahl von deutschsprachigen Musik-Blogs verschickt wurden. Hintergrund dessen war das zur Verfügung stellen eines Download-Links für das kostenlose

„Splash“-Mixtape aus dem Jahr 2009, welches nach Beendigung des gleichnamigen Festivals herausgegeben worden ist. Von der Abmahnung betroffen waren unter anderem die Musik-Blogs mixtapesammelstelle.de, meinrap.de, jds-rap-blog.de und djkitsune.com. Aber auch die Produzenten des Mixtapes DJ Ron und DJ Shusta selbst. (vgl. JOGA 2009-A, OHNACKER 2009).

Verschickt wurde die Abmahnung von der Hamburger Anwaltskanzlei Rasch. Auftraggeber waren die deutschen Ableger der Major-Labels von Warner, Sony und Universal. Inhalt der Abmahnung war der Vorwurf, unautorisiertes Musikangebot zum Download vorgehalten zu haben. Das Mixtape beinhaltete demnach unter anderem folgende Songs, deren Nutzungsrechte bei den oben genannten Labels liegen: (vgl.

MIXTAPESAMMELSTELLE 2009).

Interpret Titel Rechteinhaber Atmosphere Wild Wild Horses Warner

Curse Der lange Weg zurück Sony

Eminem If I had Universal

Eminem Just Don’t Give A Fuck Universal Method Men & Redman A-Yo Universal

Q-Tip Getting Up Universal

Tabelle 3: Auflistung von Songs und Interpreten, deren Nutzungsrechte bei Major-Labels liegen und im Zusammenhang des „Splash“-Mixtapes verwendet wurden. (vgl. MIXTAPESAMMELSTELLE 2009).

Erwähnenswert sei an dieser Stelle, dass der Download-Link auch auf der Webpräsenz von MTV eingebunden, der Musiksender nach Auskunft einer Mitarbeiterin der hauseigenen Rechtsabteilung jedoch nicht abgemahnt wurde. In einem Artikel des Online-Magazins „Laut.de“ heißt es dazu:

„Wildstylemag zitiert eine Mitarbeiterin der MTV-Rechtsabteilung, die angibt, von einer Abmahnung sei ihr „nichts bekannt. So ein Schreiben wäre über meinen Schreibtisch gegangen.““ (zit JOGA 2009-A).

Genau wie bei den oben beschriebenen Musik-Blogs wurde auch bei MTV der Download-Link von der Seite entfernt. Welche Konsequenzen daraus letztendlich für MTV entstanden sind, ist hingegen nicht bekannt. (JOGA 2009-A).

Obwohl die abgemahnten Musik-Blogs allesamt den gleichen Download-Link zur Verfügung gestellt haben, wurden Abmahnungen mit Geschäftsgebühren in unterschiedlicher Höhe verschickt. So wurden den Betreibern von jds-rap-blog.de und meinrap.de lediglich eine Geschäftsgebühr von 100 Eur in Rechnung gestellt, während der Betreiber von mixtapesammelstelle.de zu einer Zahlung von insgesamt 778 Eur aufgefordert wurde. (vgl. MIXTAPESAMMELSTELLE 2009, OHNACKER 2009).

Dies lässt den Rückschluss zu, das die beauftragte Anwaltskanzlei möglicherweise freie Hand seitens der Major-Labels bekommen hat, um

Fälle der illegalen Verbreitung von Musik im Internet abzumahnen. Eine individuelle Betrachtung des Sachverhalts ist in diesem Fall nicht möglich und trägt somit nicht zu einer gemeinsamen Linie zwischen Blog-Betreibern und Musikindustrie bei. (vgl. DJ KITSUNE 2009).

Ergebnis der Auseinandersetzung

Resultat des oben beschriebenen Vorfalls waren eine Vielzahl von kritischen Blog-Beiträgen und ein ramponiertes Image der beteiligten Major-Labels. (vgl. WITHOUTFIELD 2011, RAPRESENT 2011). Die von der Abmahnung betroffenen Personen haben sich infolge dessen untereinander solidarisiert und eine gemeinsame Rechtsberatung zu Rate gezogen. Der Forderungsbetrag konnte letztlich so weit reduzieren werden, das der wirtschaftliche Nutzen der ausgesprochenen Abmahnungen zunichte gemacht worden ist. (vgl. JOGA 2009-B).

5.2 Reformierung des Urheberrechts

Um künftig Vorfälle wie diese zu vermeiden, bedarf es nach Meinung der für diese Bachelorarbeit befragten Blog-Betreiber einer Reformierung des Urheberrechts. Als Lösungsansatz wird die Einführung einer Kulturflatrate vorgeschlagen. (vgl. WINKS 2011, STEIN 2011, EHRICH 2011;

BREDICEANU 2011).

Carsten Stein: „Hier muss ein zufriedenstellender Kompromiss aus Urheberrechtsschutz, künstlerischer Entfaltung [...] und der Verbreitung und dem Konsum von Kulturgütern geschaffen werden. Erste Ansätze, wie zum Beispiel eine Kulturflatrate, gibt es bereits. Teilweise werden diese in anderen Ländern bereits erfolgreich genutzt.“ (zit. STEIN 2011).

5.3 Umdenken in der Fokussierung von Marketing-Maßnahmen Denis Brediceanu ist zudem der Meinung, das Musik-Labels künftig den Fokus ihrer Promotion-Arbeit mehr auf den Künstler und weniger auf seine Musik legen sollten. Die Musik soll dabei vielmehr als eine Art Promotiontool dienen, um den Künstler im Gespräch zu halten: „Wie

gesagt, das Urheberrecht müsste erneuert werden. Zusätzlich sollten Labels erkennen, dass es heutzutage nicht mehr um die Musik als solche geht, sondern vielmehr um die Person die dahinter steht, also den Künstler. Diesen richtig zu vermarkten gilt es und nicht unbedingt zwingend seine Musik. Es ist allgemein bekannt, dass viel mehr Geld durch Konzerte und Merchandise gemacht wird, als durch Albumverkäufe.

Deshalb müssten Labels den Fokus auf den Künstler legen und seine Musik vielmehr als Promotiontool nutzen, damit er im Gespräch bleibt, denn als Einnahmequelle anzusehen.“ (zit BREDICEANU 2011).

6. Strukturen und Synergiegeflechte im Online-Musik-Marketing: Eine Perspektive

6.1 Verteilung der Musik-Werke

Abbildung 13: Verteilung der Musik-Werke im Online-Musik-Marketing (eigene Darstellung). Quelle:

(eigene Erfahrungen durch die Arbeit an rap-n-blues.com).

Musik-Künstler produzieren Musik-Werke (zum Beispiel einzelne Songs, EP’s, komplette Alben). Unterschieden wird hier zwischen vertragslosen und vertragsgebundenen Musikern.

Vertraglose Musiker, die noch nicht bei einem Musik-Label unter Vertrag stehen, wählen den Weg der Selbstvermarktung. Zu diesem Zweck treten sie mit Verteiler-Medien direkt in Kontakt und stellen diesen ihre Musik-Werke inklusive weiterführenden Informationen zur Verfügung. Durch die Selbstvermarktung und der daraus resultierenden Berichterstattung in den Verteiler-Medien erhalten die Musiker eine Möglichkeit um Aufmerksamkeit zu erlangen. (vgl. SHARPE 2011, ROSS 2011).

Dem gegenüber steht die Vermarktung von Musik-Werken vertragsgebundener Musik-Künstler. Diese stehen bei einem Musik-Label (Major- oder Independent-Label) unter Vertrag, welches die jeweilige Vermarktung übernimmt. Die Aufgabe der Musik-Labels besteht darin, relevante Musik-Werke zu selektieren und diese an die Verteiler-Medien zu verbreiten. (vgl. DUNN 2011, SANABRIA-2011).

In dem Prozess der Musik-Vermarktung werden zudem auch spezialisierte Musik-Promoting-Agenturen eingebunden. Diese verfügen über weitreichende Kontakte zu Betreibern von Verteiler-Medien und ermöglichen es, individuelle Vereinbarungen zu treffen (zum Beispiel das arrangieren eines Interviews). Die durch die Veröffentlichung gewonnenen Erkenntnisse erlauben Rückschlüße über die Verträglichkeit gegenüber der Zielgruppe und fließen direkt in weitere Marketing-Maßnahmen mit ein.

(vgl. ROSS 2011, SANABRIA 2011, SHARPE 2011, DUNN 2011).

6.2 Verbreitung durch Verteiler-Medien

Abbildung 14: Verbreitung von Musik-Werken aus Sicht von Verteiler-Medien (eigene Darstellung).

Quelle: (eigene Erfahrungen durch die Arbeit an rap-n-blues.com).

Betreiber von Verteiler-Medien erstellen Blog-Posts bzw. Nachrichten über bevorstehende Musik-Veröffentlichungen anhand von relevanten Informationen, welche sie im Vorwege durch Musik-Labels, -Promotern und Musikern erhalten haben. (vgl. BOLT 2011, STEIN 2011, BREDICEANU 2011).

Durch die Einbindung von Partner-Links in den Blog-Post stehen Betreibern Wege der Monetarisierung offen. Der Aufruf des Partner-Links führt direkt in den jeweiligen Online-Shop des Anbieters. Findet eine Transaktion statt, wird der Betreiber prozentual an dem Verkaufspreis beteiligt. Bei Apple’s Itunes Store beträgt die prozentuale Beteiligung derzeit bis zu 5%, bei Amazon bis zu 10%. (vgl. ITUNES 2011, AMAZON 2011).

Broadcasting-Dienste ermöglichen es dem Betreiber über den <embed>-Codes das vorgestellte Musik-Werk direkt in den Blog-Post mit einfließen zu lassen. Das Resultat ist ein integrierter Play-Button, der es den Rezipienten ermöglicht, in das vorgestellte Musik-Werk beim Aufruf des Blog-Post reinzuhören.

Durch das verbreiten der Nachricht in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter wird ein zusätzlicher Transportkanal geschaffen und damit die Reichweite der Nachricht erhöht. (vgl. WEINBERG 2010).

Das nachfolgende Kapitel behandelt die Frage, welche Potentiale erreicht werden können und welcher Mehrwert beim Einsatz von Musik-Blogs im Online-Musik-Marketing entsteht.