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3.4 Diskussion

3.4.2 Herzrhythmusstörungen

Die Diagnose kardiale Herzrhythmusstörungen alleine zeigte sich nicht signifikanterweise prädiktiv in Bezug auf Patientenanrufe oder EKG-Übertragungen. Jedoch zeigte sich eine erfolgreiche Kardioversion bei Vorhofflimmern signifikanterweise prädiktiv bezogen auf die Patientenanrufe (p<0.0001) und die übertragenen EKGs (p<0.0001) in unserer Studie. Der Fakt, dass drei der 17 akuten Krankenhauseinweisungen während des Follow-ups aufgrund tachysytolischem Vorhofflimmern nach Kardioversion zustande kamen, bestätigt diese Erkenntnis.

Die EKG-Übertragung durch das Telefon wurde erfolgreich genutzt bei Vorhofflimmerpatienten in der SOPAT-Studie (chinidin plus verapamil vs. Sotalol vs. Placebo) und in der SAFE-T-Studie (Amiodarone vs. Sotalol vs. Placebo), um rezidivierende Episoden von Vorhofflimmern zu erkennen

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[87, 88]. Die klinische Rolle des telemedizinischen Monitorings bei Vorhofflimmern wurde in einer Studie mit 72 Patienten untersucht. Diese Patienten wurden nach einer Radiofrequenzablation wegen Vorhofflimmerns randomisiert. Die Gruppe der Telemedizinpatienten übertrug täglich ein EKG über das Telefon von dem Tag 30 beginnend bis zum Tag 120. Die andere Patientengruppe erhielt ein 24-Stunden Holter-Monitoring nach einem und vier Monaten. Es wurden signifikant mehr Episoden von Vorhofflimmern aufgezeichnet bei den Telemedizinpatienten als bei den Holter-Monitoring-Patienten (27,8 % vs.13,9 %, p=0,001). 50 % der Patienten waren asymptomatisch in mindestens einer arrhythmischen Episode [89].

Wir sehen durch diese Daten eine klare Indikation für den Einsatz von telemedizinischem Monitoring bei Patienten mit Vorhofflimmern, wenn das Ziel angestrebt wird, den Sinusrhythmus nach Kardioversion oder nach Radiofrequenzablation zu erhalten. Ebenso kann man eine Indikation für Patienten mit Vorhofflattern nach Kardioversion erkennen.

Ein weiterer vielversprechender Ansatz für das telemedizinische Monitoring ergibt sich bei implantierbaren Devices, wie implantierbaren Kardiovertern-Defibrillatoren (ICD). Seit mehrere randomisierte Studien den Nutzen eines ICDs für die primäre und sekundäre Prävention eines plötzlichen Herztodes nachgewiesen haben, nimmt die Rate an ICD-Implantationen deutlich zu [90-92]. Leider liegen auf diesem Gebiet zu dem jetzigen Zeitpunkt wenig aussagekräftige Studien vor.

Res et al.[93] argumentieren, dass ein Fernmonitoring bei Patienten mit ICDs wesentlich zu einer Reduktion von fehlerhaften Schocks beitragen kann. Bei dem Biotronik Home-Monitoring-System seiner deskriptiven Studie handelte es sich um ein voll automatisches Home-Monitoring-System, das Daten der jeweiligen ICDs an das Home-Monitoring-Center schickte. Dort loggte sich der Arzt oder die Krankenschwester ein, um den Status und die stattgefundene ICD-Therapie des jeweiligen Pati-enten einzusehen. Im Falle eines Alarms, beispielsweise wenn ein Schock aufgrund einer ventri-kulären Tachykardie abgegeben wurde, oder ein ICD-Kabel fehlerhafte Signale abgegeben hatte, wurde eine Nachricht per Fax, E-Mail oder per SMS direkt auf das Handy des Arztes gesendet.

Mittels Interpretation dieser Information entschied der Arzt, ob der Patient in die Klinik, zur wei-teren Diagnostik und eventuellen Reprogrammierung des ICDs bestellt werden musste. Laut Res et al. kann ein frühes Erkennen von technischen und medizinischen Problemen zu einer Redukti-on vRedukti-on inadäquaten Schocks führen. Die Telemedizin scheint sich hier als wirksames Instrument anzubieten [94]. Laut Res et al. stellt ein schnelles Reagieren nach einem stattgehabten Schock zusätzlich eine große Beruhigung für den Patienten dar. Ängste, bis hin zu einer Depression sind nicht selten bei Patienten, die einen ICD-Schock erlebt haben [95]. Die Patientenzufriedenheit

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bewertete Res et al. in seiner deskriptiven Studie als hoch. Jedoch ist bei dieser Studie das Feh-len einer Kontrollgruppe zu bemängeln.

Nielsen et al. untersuchte in einer deskriptiven Studie den Nutzen des Fernmonitorings bei Patienten nach ICD-Implantation [96]. Diese ICDs stellten einen täglichen kabellosen Datenaustausch mit einem Home-Monitoring-Service-Center sicher. Das Ziel der Studie bestand darin, das Fernmonitoring bei ICD-Patienten auf Funktionalität und Sicherheit zu untersuchen. Die Autoren beobachteten die Patienten während des Untersuchungszeitraumes und protokollierten die Ereignisse, die per Fernmonitoring gesendet wurden. Nielsen et al. unterschieden in ihrer Studie zwischen technischen und medizinischen Ereignissen. Technische Ereignisse waren solche, bei denen der ICD Daten über mögliche Defekte der ICD-Kabel sowie Batterieerschöpfung oder beeinträchtigte Funktionalität des Aggregats an das Service-Center übertrug. Eine eingeschränkte Funktionalität könnte beispielsweise durch einen Kontakt zu elektromagnetischen Feldern vorkommen. Durch ein fehlerhaftes Reaktivieren des ICDs nach einer Deaktivierung aufgrund einer elektiven Operation oder Katheterablation könnte es ebenfalls zu einer Funktionalitätseinschränkung kommen. Medizinische Ereignisse fasste Nielsen unter bedeutenden Herzrhythmusstörungen zusammen. Die Autoren untersuchten 260 Patienten mit Home-Monitoring-ICDs über zehn Monate.

Bei 41,2 % der Patienten traten Home-Monitoring-Ereignisse auf (38 % medizinische, 0,8 % technische und 2,3 % beide Arten von Ereignissen). Mehr als 60 % der Ereignisse traten im ersten Monat der Nachbeobachtung auf. Die Autoren kamen zu der Schlussfolgerung, dass eine telemedizinische Überwachung von ICD-Patienten durchführbar war und zu einem frühen Erkennen technischer und medizinischer Ereignisse führte. Zu bemängeln an der Studie ist ebenfalls die fehlende Kontrollgruppe.

Raatikainen et al. untersuchte [97] im Rahmen einer finnischen Studie über einen Zeitraum von neun Monaten ein internetbasiertes Fernmonitoringprogramm bei Patienten mit neu implantiertem ICD.

Das Ziel war zu erforschen inwiefern dieses Fernmonitoring eine sichere und praktische Alternative zu den ICD-Kontrollterminen in der Klinik darstellte. (Laut internationalen Leitlinien sollten Patienten mit einem ICD ca. in einem dreimonatigen Intervall Kontrolltermine in der Klinik wahrnehmen [91].) Raatikainen konnte 119 Routine- und 18 ungeplante Untersuchungen des ICDs per Fernmonitoring während des Untersuchungszeitraumes durchführen. Die Autoren un-tersuchten die Einfachheit der Bedienung, die Arbeitskosten der Klinik sowie den Zeitaufwand für Patient und Arzt. Verglichen mit den Vor-Ort-Untersuchungen zeigte sich eine signifikante Reduktion des Zeitaufwandes für Arzt und Patient sowie eine Kostenreduktion von 41 % pro Patient. Bei diesen Angaben ist jedoch die Infrastruktur Finnlands zu bedenken. Der

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schnittsanfahrtsweg zu der behandelnden Klinik lag bei 130 Kilometern. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch in einer Stadt mit kürzeren Anfahrtswegen eine Zeitersparnis zu erwarten wäre. Die Autoren gehen durch die Daten ihrer Studie davon aus, dass mindestens zwei von fünf Vor-Ort-Kontrollen des ICDs per Fernmonitoring erfolgen könnten. Die Studie verfolgte einen interessanten Ansatz, der sicherlich in naher Zukunft durch weitere Untersuchungen geprüft werden wird.

Heidebüchel et al. [98] sammelten retrospektiv Daten von prospektiv protokollierten ICD-Kontrollen im Krankenhaus bei 169 randomisiert ausgewählten Patienten, bei denen ein ICD implantiert wurde. Der Beobachtungszeitraum lag zwischen zwei Monaten und zehn Jahren.

Heidebüchel et al. unterschieden bei den Besuchen zwischen Routineuntersuchungen und nicht-geplanten Untersuchungen. Weiterhin wurde der Grund der Kontrolle protokolliert, ob relevante Befunde auftraten oder ob eine Reprogrammierung des ICDs notwendig wurde. Die Studie zielte darauf ab, zu erforschen, ob ein Remote-Monitoring-System in der Lage gewesen wäre, das Problem zu erfassen und somit ein Besuch zu vermeiden gewesen wäre. 88 % der Besuche wa-ren geplant. Bei 78,2 % der geplanten Besuche wurde kein relevanter Befund festgestellt. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass nur bei 6 % der geplanten Besuche eine Reprogrammierung einen Krankenhausbesuch nötig machen würde, bei 2 % eine Krankenhaus-aufnahme. Bei den nicht-geplanten ICD-Kontrollen aufgrund aufgetretener Beschwerden traten erwartungsgemäß signifikant mehr relevante Befunde auf. Signifikant mehr Reprogrammierungen wurden nötig und die Hospitalisierungsrate zeigte sich signifikant erhöht.

Laut Autoren müssten 51,4 % der ungeplanten ICD-Kontrollen in der Klinik stattfinden.

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass > 99,5 % der aufgrund einer Arrythmie oder eines technischen Problems bedingten Ereignisse, durch Fernmonitoring diagnostiziert werden könn-ten. Voraussetzung ist, dass die Technik einwandfrei funktioniert und die gleiche Information wie bei den Kontrollen in der Klinik transferiert. Hier könnte sich ein enormes Einsparungspo-tential zeigen. Die Autoren merken jedoch an, dass viele der derzeit gängigen Remote-Monitoring-Systeme nicht in der Lage sind, Schrittmacherschwellenwerte zu bestimmen. In 0,4% der Beobachtungen war dies nötig, durchgehend jedoch in dem ersten Monat nach Implan-tation. Aufgrund dessen empfehlen einige Autoren bei dem Einsatz eines Remote-Monitoring-Systems die erste Kontrolle eines ICDs generell immer in der Klinik durchführen zu lassen.

Fernmonitoring könnte laut Heidebüchel et al. zu einer signifikanten Reduktion von Follow-up-Besuchen nach ICD-Implantation führen.

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Zusammenfassend kann man sagen, dass die Studienlage noch nicht ausreicht, um klare Aussa-gen bezüglich eines Nutzens der telemedizinischen Fernüberwachung bei ICD-Patienten zu tref-fen. Randomisierte, multizentrische Studien werden folgen. Der Ansatz und die Tendenz zeigt sich hier jedoch positiv und vielversprechend bezogen auf eine Einsparung von Ressourcen im Gesundheitswesen, wie auch auf eine verbesserte Überwachung der Patienten.