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8 Top-Challenges für die Forschung

8.3 Dritte Challenge: Tailor-Made News

8.3.1 Herausforderung: Situatives Matching

Die situative Anpassung der von den Redaktionen erzeugten Inhalte auf die Nutzungs-situation, Vorlieben beim Format der Inhalte-Konsumation, den aktuellen Standort (Wohnort / Arbeitsort / unterwegs) sowie die Berücksichtigung von Spezifika wie Gender, Alter, Interessen, Vorwissen oder Sprachniveau soll vor allem durch den Einsatz von KI-Methoden erreicht werden. Angesichts des umfangreichen täglichen Content-Outputs von Medienunternehmen und des Bedarfs, diesen gezielt an ein diverses Publikum ver-teilen zu können, ist dies auch nicht anders vorstellbar.

Der KI-Technologieanbieter Dataiku geht davon aus, dass sich auch Unterneh-men wie TikTok und Netflix mehr und mehr an KI-basierte interaktive und intelligente Inhalte wagen werden und dadurch eine Verschiebung von einfacheren Inhaltsempfeh-lungssystemen hin zu einem gesamten KI-gesteuerten personalisierten Inhaltserlebnis vollzogen werden wird50. Diese Systeme analysieren nicht nur das Nutzerverhalten der Vergangenheit, sondern kombinieren Real Time Prediction auf Basis von gerade aktuellen Trends mit der Analyse von einer Vielzahl von Datenpunkten. So können Medien- und Unterhaltungsunternehmen nicht nur in Echtzeit auf die Verbraucher:innen reagieren, sondern auch Vorhersagen darüber treffen, welche User:innen mit höherer Wahrschein-lichkeit eine bestimmte Art von Inhalten ansehen und welches Gerät sie beim Ansehen verwenden werden.

50 dataiku.com/stories/ai-in-media-and-entertainment (21.06.2021).

Ein Teilnehmer der Online-Workshop-Reihe Medialab Days brachte den Bedarf auf den Punkt: „Wir kümmern uns um den Inhalt und überlassen den Kampf um die perfekte Distribution den Maschinen.“ Ein dazu passendes Zukunftsszenario formulierte der CTO eines österreichischen Medienhauses wie folgt:

... möglicherweise stehst du um acht in der Früh auf und willst nur den Titel lesen und dir irgendwie bookmarken ... Oder Titel und Anreißer. Da schaust du dir keine Videos an, da hörst du keine Podcasts, da schaust du dir keine Bildergalerien an. Also wieso soll ich dir das überhaupt schicken? Während du am Abend um fünf, wenn du im Zug sitzt und heimfährst, dann zeige ich dir den gleichen Artikel nochmal, aber dann zeige ich dir vielleicht da oben als erstes das Teaser Video, als erstes den Podcast. Also, dass ich nicht nur entscheide, was zeige ich dir, sondern auch, wie zeige ich es dir abhängig davon, was für eine Tages-zeit ist es, was für ein Gerät benutzt du, wo bist du gerade etc. — Interview Medien3

Wie ambitioniert dieses Zukunftsbild ist, zeigte sich im Online-Workshop beim Versuch, Forschungsfragen, Technologien und Prozessschritte zu mappen, die für die Erreichung dieses Ziels notwendig sind. Die Teilnehmenden kamen zum Schluss, dass kein klassi-sches Recommendation-Verfahren diese Herausforderung lösen könne, da eine multiple Anzahl von jeweils hochdimensionalen Datenquellen zu verarbeiten sei, wobei jedoch die Datenlage oft sehr dünn und fragmentarisch ist.

8.3.1.1 Neuartige Recommender-Systeme gesucht

Anregungen zur Problemlösung finden sich jedoch mehrfach in der neueren Forschungs-literatur. Hier werden vielversprechende KI-Ansätze wie Context Aware Recommender Systems (CARS) mit der spezifischen Ausprägung Mobile CARS [Del Carmen Rodríguez-Hernández und Illari, 2021] oder „Graph Based Methods“ vorgestellt. Diese übertreffen die von Medienunternehmen bisher eingesetzten Methoden im Bereich Recommendation wie Collaborative Filtering oder Content Based Filtering. All diese Methoden bergen jedoch eine Reihe von Challenges in sich, wie in Abbildung 54 anschaulich gezeigt wird.

AI.AT.Media – Endbericht 102

Die für die Erfüllung der Challenge notwendigen adaptiven Content-Formate sehen bei Medienunternehmen entsprechende Technologien für die Versionierung von vorhandenem Content vor, wie er bereits in Challenge 2 beschrieben wurde. Dass dabei auch völlig neue Wege beschritten werden können, die es eher textlastigeren Redaktionen in Zukunft sogar ermöglichen könnten, verstärkt multimedial bzw. trimedial zu arbeiten, zeigt ein Produkt des israelischen Start-ups Trenario. Im Rahmen eines GAMI-Briefings51 im April 2021 wurde eine Lösung des Unternehmens präsentiert, die es Verlagen ermöglicht, mit Hilfe von textbasierten Nachrichten virtuelle Studiobeiträge mit KI-Moderatoren zu erstellen, die verschiedenen Geschlechtern, Altersgruppen und Ethnien angehören

51 wanifraevents.eventsair.com/gami-briefing (21.06.2021).

Traditional RS

• The cold start problem

• The sparsity problem

• The scalability of recommendation algorithmus

• The use of distributed architectures

• Recommending to user groups

• The lack of contextual information may lead to unsuitable recommendations

• The support of multi-criteria ratings

• Privacy-protection of users

• The design of interfaces to operate on mobile devices

• The proactive recommendation of items

• The diversity of recommended items

• The serendipity

• The delivery of explanations of the reason for the recommendations provided

CARS

• Effi cient discovery of suitable context types

• Context acquisitions and automatic discovery of dynamic user preferences

• Development of generic contextual models

• Understandig the user’s behaviors based on the context history

• The gap between CARS and cognitive models

Mobile CARS

• The gap between CARS and mobile computing

• User interfaces designed for pull and push recommendations

• Generic and fl exible architectures

• Push-based recommender systems are still in their infancy

• There is no common methodology established for the evaluation of mobile CARS

• There are not many practicals mobile context-aware recommendation applications

• Recommending to mobile user groups

Abbildung 54: Zusammenfas-sung der Herausforderungen von RS, CARS and mobile CARS (nach [Del Carmen Rodríguez-Hernández und Illari, 2021])

und unterschiedliche Sprachen sprechen können. Während solche Lösungen von Broadcastern kritisch gesehen werden (Interview Medien2), könnten sich Publisher eher dafür erwärmen (Interview Medien6).

8.3.2 Technologie verbessern: Personalisierung mit