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Der heimliche Rettungsschirm im Vergleich zu den offenen Rettungsschirmen Die offenen Rettungssysteme, die von den Parlamenten Europas mit zum Teil großen

Die europäische Zahlungsbilanzkrise 1

3. Der heimliche Rettungsschirm im Vergleich zu den offenen Rettungsschirmen Die offenen Rettungssysteme, die von den Parlamenten Europas mit zum Teil großen

Be-denken beschlossen wurden, sind dem versteckten Rettungssystem im EZB-System bei näherem Hinschauen ähnlicher, als man es zunächst vermuten könnte. Natürlich gibt es Unterschiede: Zum einen geht es um die Kredite einer unabhängigen Institution, deren Auftrag die Geldpolitik ist, zum anderen um intergouvernementale Kredite aufgrund zwi-schenstaatlicher Verträge und Einrichtungen; das eine Mal entscheidet der EZB-Rat, das andere Mal die Parlamente. Aber im Kern geht es in beiden Fällen um eine internatio-nale Kreditvergabe unter öffentlichem Schutz, die die Fähigkeit, ökonomische Ressour-cen in Form von Gütern oder Vermögensobjekten zu erwerben, zwischen den Ländern verschiebt. Immer geht es um einen staatlichen Kredit zwischen den Ländern, der den versiegenden privaten Kreditstrom ersetzen soll. Sogar die Haftung für den Fall, dass der Kreditnehmer nicht zurückzahlen kann, ist ähnlich. Wenn das kreditnehmende Land in die Insolvenz geht, kann es die Kredite des Luxemburger Fonds (EFSF bzw. ESM) nicht zu-rückzahlen, und die anderen Länder tragen die Abschreibungsverluste gemäß ihren EZB-Kapitalanteilen. Nach dieser Regel teilen sich die anderen Länder auch dann die Lasten, wenn ein Staat in die Insolvenz geht und den Euro verlässt oder wenn er im Euro verbleibt und die nationalen Notenbanken samt ihrer Sicherheiten untergehen.

So gesehen hat die EZB mit ihren Target-Krediten schon lange vor der Staatengemein-schaft einen Rettungsschirm aufgespannt, um den bedrängten europäischen Ländern zu helfen. Die nationalen Parlamente der Eurostaaten haben in den Jahren 2010 und 2011 ihre Entscheidungen in dem Bewusstsein getroffen, dass die Peripheriestaaten von einer plötz-lichen Kreditkrise erfasst waren und es nötig war, die versiegenden privaten Kreditströme durch öffentliche Kreditströme zu ersetzen. Sie wussten nicht, dass die öffentlichen Kre-ditströme schon gegen Ende des Jahres 2007 einsetzten. Hätten sie es gewusst, hätten sie sich vielleicht anders entschieden und den Bruch des Maastrichter Vertrages nicht akzep-tiert. Dann hätten die nötigen Reformen der Krisenländer schon früher begonnen, und

viel-leicht wäre es Deutschland erspart geblieben, auf dem Wege über intergouvernementale Verträge sukzessive größere Rettungsschirme aufzuspannen.

Bei der Abfassung dieser Zeilen befindet sich die Eurozone bereits im fünften Jahr der öffentlichen Kreditvergabe an die peripheren Länder des Euroraums, nicht erst im zweiten, wie man es bei oberflächlicher Beurteilung des Geschehens vermuten könnte. Was die na-tionalen Parlamente als kurzfristige Liquiditätshilfen angesehen haben, ist in Wahrheit nur der Anschlusskredit an die Target-Kredite, die die EZB schon viel früher vergab.

3.1 Der Haftungspegel

Abbildung 4 zeigt, welche Volumina bei den Rettungsschirmen insgesamt schon zusam-mengekommen sind. Die Rettungsmaßnahmen werden in vier Säulen dargestellt. Die erste (linke) Säule zeigt die Beträge, die bereits ausgezahlt wurden, die zweite Säule listet sämt-liche zugesagten Hilfszahlungen auf, in der dritten Säule wird das gesamte potenzielle Ausleihvolumen aufgeführt, wie es sich ergibt, seit der ESM-Vertrag Rechtsgültigkeit er-langt hat.

Erfasst sind die Rettungsaktionen und Rettungsschirme der Euroländer, IWF-Kredite,25 EU-Kredite (EFSM),26 die Käufe von Staatspapieren durch die Mitgliedsnotenbanken des EZB-Systems und die Target-Kredite an die Zentralbanken von Griechenland, Irland, Por-tugal, Spanien, Italien und Zypern. Schließlich werden die Forderungen bzw. Verbindlich-keiten gegenüber dem Eurosystem berücksichtigt, die sich dadurch ergeben, dass die ein-zelnen Länder de facto weniger bzw. mehr Banknoten in Umlauf gebracht haben, als es ih-rem Anteil am EZB-Kapital entspricht (unterstes Säulenstück).

In der äußersten rechten Säule steht, was Deutschland im Extremfall einer Insolvenz der Krisenländer und eines Austritts aus dem Euro verlieren würde, falls der Kreditrahmen, wie in der dritten Säule angegeben, ausgeschöpft ist, die Krisenländer nichts zurückzahlen und der Euro an sich überlebt. In diesem Fall erlischt die Rechtsbeziehung des EZB-Sys-tems mit den Geschäftsbanken der Krisenländer. Der Verlust der Zentralbanken der ande-ren Euroländer ist dann unabhängig von der Frage, ob diese Geschäftsbanken ihre Refi-nanzierungskredite zurückzahlen, und beschränkt sich auf deren jeweiligen Anteil an den Target-Krediten der Krisenländer und den Anteil an den Staatspapierkäufen. Ferner ent-stehen anteilige Verluste aus den intergouvernementalen Krediten, den IWF-Krediten und den EU-Krediten.

Im Mai 2010 wurde ein erstes Rettungspaket für Griechenland vereinbart, um eine akute Insolvenz des Landes zu verhindern. Dabei handelte es sich um eine Gemeinschafts-leistung von Euroländern und IWF. Griechenland wurden 80 Mrd. Euro von den Eurolän-dern und 30 Mrd. Euro vom IWF zugesagt. Die Kredite sollten in Abhängigkeit vom Fi-nanzierungsbedarf des griechischen Staates in einzelnen Tranchen ausgezahlt werden. Die Slowakei verweigerte ihre Leistungen von Anfang an. Nach der zweiten Tranche hat Irland und nach der vierten Tranche Portugal die Auszahlung eingestellt, weil sie selber Finanz-hilfen in Anspruch nahmen. Dies hatte zur Folge, dass das erste Rettungspaket der Euro-länder faktisch nur noch 77,3 Mrd. Euro betrug. Bis Ende 2011 wurden im Rahmen dieses Rettungspakets von den Euroländern Kredite in Höhe von 52,9 Mrd. Euro an

Griechen-25 IWF – Internationaler Währungsfonds.

26 EFSM – Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus.

land ausgezahlt. Im Zusammenhang mit den Verhandlungen über ein zweites Rettungspa-ket für Griechenland (siehe unten) wurde festgelegt, dass die noch nicht ausgeschöpften Mittel (24,4 Mrd. Euro) nicht mehr als bilaterale Kredite vergeben werden, sondern von der EFSF ausgereicht werden.27 Der zweite Geldgeber, der IWF, hatte bis Ende 2011 Hilfs-kredite in Höhe von rund 20 Mrd. Euro an Griechenland ausgezahlt.

Die Euroländer haben im Mai 2010 außerdem beschlossen, einen vorläufigen Ret-tungsschirm zu installieren: Es wurden der Europäische Finanzstabilisierungsmechanis-mus (EFSM; im Mai 2010 in Kraft getreten28) und die Europäische Finanzstabilisierungs-fazilität (EFSF; im Juni 2010 in Kraft getreten29) gegründet, die Ländern in Finanznot Geld bereitstellen. Dieser Rettungsschirm wird durch zusätzliche finanzielle Leistungen des IWF unterstützt. Der EFSM ist ein EU-Gemeinschaftsinstrument und wird über den EU-Haushalt finanziert. Für die EFSF wurde – nach einem ursprünglichen Garantierah-men von 440 Mrd. Euro – der garantierte Betrag im Oktober 2011 auf 780 Mrd. Euro er-höht (sogenannte Ertüchtigung der EFSF), um das vorgesehene effektive Darlehensvolu-men von 440 Mrd. Euro tatsächlich zur Verfügung stellen zu können.30 Der Umfang der Rettungssummen, welche durch den IWF parallel zu den europäischen Hilfen im Rah-men von EFSF und EFSM zur Verfügung gestellt werden, beläuft sich auf (mindestens) 250 Mrd. Euro.31

27 Vgl. Deutscher Bundestag 2012a.

28 Vgl. Rat der Europäischen Union 2010.

29 Vgl. European Financial Stability Facility (EFSF).

30 Vgl. Bundesministerium der Finanzen 2011a, S. 36 – 38.

31 Vgl. Bundesministerium der Finanzen 2011b.

Abb. 4 Die Ausleihsummen für Euroländer (Mrd. Euro).

*Datenstand: 23. November 2012.

**Griechenland, Irland, Portugal, Zypern: Ende September 2012; Italien und Spanien: Ende Oktober 2012.

***Bei Zahlungsausfall der GIIPSZ-Länder; bezogen auf das Potenzial (3. Säule).

Quelle: ifo Haftungspegel, www.ifo.de

Im März 2011 wurde im Europäischen Rat vereinbart, einen ständigen Stabilitätsmecha-nismus einzurichten, den Europäischen StabilitätsmechaStabilitätsmecha-nismus (ESM), der ab Juli 2013 die Aufgaben von EFSF und EFSM übernehmen und eine effektive Darlehenskapazität von 500 Mrd. Euro erhalten sollte.32 Im Zuge der Verschärfung der Krise beschlossen die Finanzminister der Euroländer am 23. Januar 2012, den ESM bereits im Juli 2012 in Kraft zu setzen und bis Mitte 2013 parallel zur EFSF arbeiten zu lassen. Der entsprechende Ver-trag wurde am 2. Februar 2012 durch die Botschafter in Brüssel unterzeichnet.33 Als Tag des Inkrafttretens wurde das Datum festgelegt, an dem die Ratifikationsurkunden von so vielen Ländern hinterlegt wurden, dass mindestens 90 % der Zeichnungssumme erreicht werden.34 Weil der Ratifizierungsprozess in einigen Ländern länger dauerte, trat der Ver-trag erst am 27. September 2012 in Kraft, und am 8. Oktober 2012 nahm der ESM seine operative Arbeit auf.35 Am 30. März 2012 einigten sich die Finanzminister der Eurolän-der auf die Gesamtgröße Eurolän-der Euroschutzschirme: Die Höhe Eurolän-der „Firewall“ wurde mit 800 Mrd. Euro angegeben, davon 500 Mrd. Euro Kreditvergabevolumen des ESM, 200 Mrd.

Euro verplante Hilfsmittel der EFSF für Griechenland, Irland und Portugal (tatsächliches Volumen der EFSF-Hilfen für diese drei Länder: 188 Mrd. Euro), 49 Mrd. Euro EFSM-Mittel für die Programme in Irland und Portugal und schließlich aus dem ersten Hilfspaket für Griechenland 53 Mrd. Euro an bereits ausgezahlten bilateralen Krediten.36 Die Ober-grenze des ESM (500 Mrd. Euro) wurde also bestätigt, allerdings wurde auch festgelegt, dass dieser Höchstbetrag nicht durch die bereits für Programme in Irland, Portugal und Griechenland vereinbarten EFSF-Mittel reduziert wird. Eine Einschränkung für die Inan-spruchnahme des ESM ist, dass die Gewährung von Hilfsgeldern an die Ratifizierung des Fiskalvertrags bis 1. März 2013 gekoppelt ist.37 Um das Ausleihvolumen von 500 Mrd.

Euro sicherzustellen, ist es nötig, den ESM mit 700 Mrd. Euro Stammkapital auszustatten.

Diese Summe teilt sich auf in 80 Mrd. Euro einzuzahlendes und 620 Mrd. Euro abrufba-res Kapital.38

Diese Finanzhilfemechanismen haben bereits mit vier Euroländern Vereinbarungen über Hilfszahlungen geschlossen (vgl. die zweite Säule in der Abbildung). Im November 2010 beantragte Irland als erstes Land Unterstützung aus dem Schutzschirm. Das verein-barte Gesamtpaket hat ein Volumen von 85 Mrd. Euro. Irland selbst trägt davon 17,5 Mrd.

Euro durch die Auflösung von Barreserven und aus einem Pensionsfonds, und die Nicht-Euroländer Vereinigtes Königreich (3,8 Mrd. Euro), Schweden (0,6 Mrd. Euro) und Dä-nemark (0,4 Mrd. Euro) gewähren ihrerseits bilaterale Kredite. So verbleiben als Beitrag von EFSM, EFSF und IWF 62,7 Mrd. Euro (grünes Rechteck), wovon je 22,5 Mrd. Euro auf EFSM und IWF entfallen, die restlichen 17,7 Mrd. Euro auf die EFSF.39 Portugal be-antragte im April 2011 Finanzhilfen aus dem Rettungsschirm.40 Für dieses Land wurde ein Paket im Umfang von 78 Mrd. Euro (gelbes Rechteck) geschnürt, zu dem EFSM, EFSF

32 Vgl. Europäischer Rat 2011.

33 Vgl. Bundesministerium der Finanzen 2012a.

34 Vgl. Europäischer Rat 2012, ESM-Vertrag, Artikel 48.

35 Vgl. Bundesministerium der Finanzen 2012e.

36 Vgl. Bundesministerium der Finanzen 2012b.

37 Vgl. Bundesministerium der Finanzen 2012c.

38 Vgl. Deutscher Bundestag 2012b.

39 Vgl. Europäischer Rat 2010.

40 Vgl. Bundesregierung 2011.

und IWF jeweils 26 Mrd. Euro beisteuern.41 Schließlich zeigte sich, dass ein zweites Ret-tungspaket für Griechenland nötig wurde, welches im Juli 2011 vereinbart wurde.42 Be-reits auf dem EU-Gipfel-Treffen im Oktober 2011 wurde dieses Paket an die aktuelle Ent-wicklung angepasst,43 und der dort festgelegte Betrag von 130 Mrd. Euro bis 2014 wurde schließlich im Februar 2012 bestätigt.44 Am 14. März 2012 beschlossen die Euroländer endgültig das zweite Rettungspaket mit einem Volumen von 144,6 Mrd. Euro (einschließ-lich der 24,4 Mrd. Euro des ersten Rettungspakets, die noch nicht ausgezahlt wurden) bis Ende 2014 aus EFSF-Mitteln. Schließlich gab der IWF am 15. März 2012 bekannt, Grie-chenland 28 Mrd. Euro (einschließlich der vom ersten Rettungspaket nicht in Anspruch ge-nommenen rund 10 Mrd. Euro) bis zum ersten Quartal 2016 zur Verfügung zu stellen.45 Es wurden also insgesamt mehr als 138 Mrd. Euro an neuen Finanzhilfen zugesagt: von den Euroländern via EFSF 120,2 Mrd. Euro, vom IWF etwa 18 Mrd. Euro. Der Unterschied zu den oben genannten 130 Mrd. Euro erklärt sich daraus, dass von den IWF-Hilfen 8,25 Mrd.

Euro erst in den Jahren 2015/2016 ausgezahlt werden.46 Zusammen mit dem ersten Hilfs-paket belaufen sich die Finanzhilfen für Griechenland auf knapp 246 Mrd. Euro (in der Abbildung hellblau), davon steuern die Euroländer 197,5 Mrd. Euro bei, der IWF rund 48 Mrd. Euro. Die Hilfsgelder für die drei Länder werden in der Abbildung durch die Recht-ecke in den Farben hellblau (für Griechenland), grün (für Irland) und gelb (für Portugal) repräsentiert; in der ersten Säule sind, wie erwähnt, die bereits erfolgten Zahlungen erfasst, in der zweiten (und der dritten) die zugesagten Beträge.

Anfang Juni 2012 informierte die spanische Regierung die Europartner, dass sie zur Restrukturierung des Bankensektors ein Hilfeersuchen an die Euroländer stellen wolle.

Daraufhin wurde ein Hilfskredit von bis zu 100 Mrd. Euro von EFSF/ESM in Aussicht ge-stellt.47 Am 25. Juni 2012 wurde der Antrag dann gestellt.48 Das Programm trat am 23. Juli 2012 in Kraft.49 Vorläufige Berechnungen haben einen Kapitalbedarf von 51 Mrd. Euro bis 62 Mrd. Euro ergeben, einschließlich eines Sicherheitspuffers bleibt es bei der Gesamt-summe von 100 Mrd. Euro.50 Die Gelder sollen durch den ESM ausgezahlt werden.51 Die-ses Hilfspaket wird in der Abbildung durch das hellgrüne Rechteck in der zweiten und in der dritten Säule dargestellt. Ebenfalls am 25. Juni 2012 gab die Regierung Zyperns be-kannt, dass das Land um Hilfsgelder nachfragen werde.52 Dieses Land leidet sehr unter der engen Verflechtung mit Griechenland, wovon wiederum besonders die Banken betroffen sind. Hier lassen sich noch keine Details zu einem Hilfspaket nennen.

Die dritte Säule in der Abbildung zeigt das potenzielle Kreditvolumen aller Rettungs-maßnahmen, wenn die Mittel des ESM hinzugerechnet werden, der im Jahr 2012 beschlos-sen wurde. Für die EZB-Hilfen wird der gleiche Betrag wie in der links daneben

stehen-41 Vgl. Rat der Europäischen Union 2011a.

42 Vgl. Rat der Europäischen Union 2011b.

43 Vgl. Rat der Europäischen Union 2011c.

44 Vgl. Rat der Europäischen Union 2012a.

45 Vgl. Europäische Kommission 2012a, S. 4.

46 Vgl. Europäische Kommission 2012a, S. 94; und International Monetary Fund 2012a, S. 84.

47 Vgl. Rat der Europäischen Union 2012b.

48 Vgl. Europäische Kommission 2012b.

49 Vgl. Europäische Kommission 2012c, S. 30.

50 Vgl. European Stability Mechanism 2012, S. 20.

51 Vgl. European Stability Mechanism 2012, S. 25.

52 Vgl. Republik Zypern 2012.

den Säule angesetzt. Die vereinbarten Rettungspakete für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien entsprechen ebenfalls der Darstellung in dieser Säule. Das violette Rechteck beziffert die IWF-Mittel, die von den zur Verfügung gestellten 250 Mrd. Euro noch übrig sind. Das sind nach Abzug der bereits zugesagten Mittel in Höhe von 67 Mrd. Euro (22,5 Mrd. Euro für Irland, 26 Mrd. Euro für Portugal und 18 Mrd. Euro für Griechenland) der-zeit 183 Mrd. Euro. Das graue Rechteck, das die Säule nach oben abschließt, steht für den permanenten Rettungsschirm ESM, von dessen Kreditvergabekapazität nach Abzug der Hilfe für Spaniens Bankensektor noch 400 Mrd. Euro verfügbar sind.

3.2 Die Einzelpositionen der deutschen Haftungssumme

In der rechten Säule der Abbildung stehen, abgeleitet aus den in der dritten Säule dargestell-ten podargestell-tenziellen Hilfsgeldern, die Haftungsbeträge Deutschlands. Der Schlüssel nach dem sich der deutsche Anteil errechnet, ist für die einzelnen Positionen unterschiedlich. Bei den Target-Verbindlichkeiten der Krisenländer berechnet sich der deutsche Haftungsanteil aus dem Kapitalschlüssel der EZB vom 1. Januar 2011. Danach hat Deutschland einen Anteil von ca. 27 % an allen 17 Euroländern.53 Wenn es aber – wie hier angenommen – zu einem Zahlungsausfall der Krisenländer und zu deren Austritt aus der Währungszone kommt, wäh-rend der Euro bestehen bleibt, können nur noch die verbleibenden elf Euroländer für die aus-fallenden Target-Verbindlichkeiten aufkommen. Auf Deutschland entfallen in diesem Szena-rio ca. 43 % der Haftungssumme. Die aktuelle Haftung ist in der Abbildung (rotes Rechteck der rechten Säule) dargestellt.

Das dunkelblaue Teilstück der rechten Säule zeigt, wie oben beschrieben, die Staats-anleihenkäufe durch die Notenbanken. Da sich die Zentralbanken aller Euroländer, auch jene der Krisenländer selbst, an diesen Käufen beteiligen, berechnet sich die deutsche Haf-tung nach dem allgemeinen EZB-Kapitalschlüssel. Dementsprechend ist Deutschland mit ca. 27 % beteiligt.

Als nächstes werden mit dem hellblauen Rechteck die beiden Rettungspakete für Grie-chenland angesprochen. Zum ersten steuerte Deutschland bilaterale Kredite von insgesamt 15,2 Mrd. Euro bei. Von den EFSF-Geldern des zweiten Programms muss Deutschland knapp 43 % tragen, sollten Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien und Zypern ausfallen.

Dies ist wieder Deutschlands Anteil am Kapitalschlüssel der Euroländer ohne Krisenländer.

An den parallel durchgeführten beiden IWF-Rettungspaketen ist Deutschland mit einem Anteil beteiligt, der sich nach seinem Beitrag zur Kapitalausstattung des IWF richtet, also mit 6 %.54

Bei den Hilfsgeldern für Irland (grün) und Portugal (gelb) gilt für die Beiträge von EFSF und IWF der gleiche Anteil wie bei Griechenland. Zu den über den EFSM bereit-gestellten Mitteln steuert Deutschland knapp 20 % bei, denn dies ist der aktuelle deutsche Anteil an den Einnahmen des EU-Haushalts.55 Weil beim ESM keine spezifische Haftung der Mitgliedsländer für konkrete Finanzhilfen vorgesehen ist,56 wird der deutsche Anteil am Programm zur Rekapitalisierung der spanischen Banken nicht einzeln aufgelistet, er ist im allgemeinen deutschen Haftungsbeitrag zum ESM enthalten (siehe unten).

53 Errechnet aus: EZB, Kapitalzeichnung, http://www.ecb.int/ecb/orga/capital/html/index.de.html.

54 Vgl. International Monetary Fund 2012b.

55 Vgl. Europäische Kommission 2011, S. 99.

56 Vgl. Bundesministerium der Finanzen 2012d.

Der Beitrag Deutschlands zu den noch nicht verplanten Geldern des IWF (violett) beläuft sich abermals auf 6 %. Der permanente Rettungsschirm ESM wird insgesamt mit einem Stammkapital von 700 Mrd. Euro ausgestattet sein. Die deutsche Haftung (graue Fläche) errechnet sich aus einem Anteil von etwas mehr als 27 %.57 In der Abbildung werden das einzuzahlende Kapital (21,7 Mrd. Euro) und das abrufbare Kapital (168,3 Mrd. Euro) se-parat dargestellt.

Der dünne, rosafarbene Strich unterhalb der Nulllinie steht für die Verbindlichkeiten Deutschlands gegenüber den Krisenländern, die sich aus deren (insgesamt gesehen) un-terproportionaler Banknotenausgabe ergeben. Deutschland ist hier (Berechnungsbasis wie bei den Target-Salden) ein Anteil von rund 43 % zuzuschreiben.

Irritierend ist es zu sehen, dass sich die EZB bei der Staatenrettung in viel stärke-rem Maße als die Staatengemeinschaft engagiert hat. Man erkennt das an den geschweif-ten Klammern auf der rechgeschweif-ten Seite der ersgeschweif-ten Säule. Offenbar hat die Staageschweif-tengemein- Staatengemein-schaft mit Billigung der nationalen Parlamente 262 Mrd. Euro oder 19 % zur Verfügung gestellt, während die EZB mit Billigung und aktiver Unterstützung des EZB-Rates 1082 Mrd. Euro oder 81 % gab. Mehr als 80 % der bislang gewährten Hilfen kamen also von der EZB, ohne dass die nationalen Parlamente eingeschaltet wurden, und nur ein Fünftel basiert auf einer Parlamentsbeteiligung. Und von den EZB-Mitteln wiederum sind 83 % Target-Kredit. Insgesamt macht der Target-Kredit mehr als zwei Drittel (67 %) aller bis-lang gewährten Hilfen aus. Er stellt die bei Weitem wichtigste und größte Kredithilfe für die bedrängten Euroländer dar.