• Keine Ergebnisse gefunden

Die Fachliteratur diskutiert sehr unterschiedliche Handlungsprinzipien der Schulsozial-arbeit. Vor dem Hintergrund, dass Schulsozialarbeit ein Angebot der Jugendhilfe am Ort Schule ist, ist festzuhalten, dass sie nicht von den Grundsätzen und Handlungsprinzi-pien der Jugendhilfe losgelöst betrachtet werden kann. Daraus ergeben sich Leitmaxi-me für die Schulsozialarbeit, die man in Grundsätze, allgeLeitmaxi-meine Handlungsprinzipien und spezielle Handlungsprinzipien der Schulsozialarbeit unterscheidet.89

88 vgl. Speck 2009, S. 72

89 vgl. Speck 2009, S. 74f.

2.5.1 Grundsätze

Angelehnt an die im Kinder- und Jugendhilfegesetz enthalten Grundsätze der Kinder- und Jugendhilfe, ergeben sich folgende Grundsätze für die Schulsozialarbeit:

ƒ eine sozialpädagogische Dienstleistungsorientierung

ƒ eine präventive Ausrichtung

ƒ eine Vielfalt von Inhalten, Arbeitsformen und Methoden

ƒ die Zusammenarbeit und das Abstimmen der Träger über die Angebote

ƒ die Freiwilligkeit der AdressatInnen über die Inanspruchnahme von Leistungen

ƒ die Beteiligung der jungen Heranwachsenden bei allen sie betreffenden Ent-scheidungen

ƒ ein Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsbeteiligten

ƒ ein Schutz von Sozialdaten und Privatgeheimnissen der KlientInnen

ƒ der Vorrang des Elternrecht

ƒ ein Schutzauftrag der Jugendhilfe und des Staates bei Kindeswohlgefährdungen, als auch

ƒ der Anspruch eines offensiven Handelns.90

2.5.2 Allgemeine Handlungsprinzipien

Die allgemeinen Handlungsprinzipien dieses Arbeitsfeldes beziehen sich auf das im achten Jugendbericht vorgestellte Konzept der Lebensweltorientierung in der Jugendhil-fe. Es umfasst sechs Strukturmaximen und ist weitgehend als Leitbild der Jugendhilfe anerkannt. Die Strukturmaximen beinhalten die Prävention, die Dezentralisierung bzw.

Regionalisierung, die Alltagsorientierung, die Integration-Normalisierung, die Partizipati-on und die Hilfe und KPartizipati-ontrolle. Übertragen auf die Schulsozialarbeit ergeben sich da-raus folgende Konsequenzen für die Maximen.

Folgt man dem Handlungsprinzip der Prävention, muss die Schulsozialarbeit einen prä-ventiven Auftrag erhalten und diesen offensiv übernehmen und darf nicht nur auf die Eingriffe bei Problemen, Konflikten, Auffälligkeiten oder Hilfe in akuten Lebenssituatio-nen beschränkt werden. Dabei leitet sich der präventive Auftrag im Hinblick auf ein mo-dernes Verständnis von Jugendarbeit nicht allein aus der Vermeidung schwieriger oder gefährlicher Situationen ab, sondern umfasst ein Präventionsverständnis, welches auf einen persönlichen Mehrwert sozialpädagogischer Angebote für die AdressatInnen

90 vgl. Speck 2009, S. 75

zielt. Dies bedeutet, dass sich SchulsozialarbeiterInnen in Auseinandersetzung und Zu-sammenarbeit mit dem Lehrkörper für positive Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen einsetzen, sowie Beratungsangebote, Vernetzungsstrukturen und vor-beugende Hilfen zu entwickeln, die es jungen Heranwachsenden erleichtern, mit her-ausfordernden Situationen innerhalb und außerhalb der Schule umzugehen. Darüber hinaus ist vor allem die Schaffung von Räumen zur persönlichen Entfaltung für alle Kin-der und Jugendlichen von Bedeutung.91

In Bezug auf die Dezentralisierung und Regionalisierung sind SchulsozialarbeiterInnen dazu angehalten, mit schulischen und außerschulischen Bereichen zusammen zu arbei-ten, ihre Angebote in Schule und Region einzubetten und damit zu einer Weiterentwick-lung der vorhandenen Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen beizutragen.92

Das Handlungsprinzip der Alltagsorientierung verdeutlicht die Forderung nach einem ganzheitlichen Verständnis und der Zugänglichkeit von Angeboten im Alltag, sowie die Orientierung der Angebote an auf die Lebenssituationen der KlientInnen. Daher sollte die leichte Zugänglichkeit der Angebote sowohl für Kinder und Jugendliche, als auch für Eltern und LehrerInnen in ihrem Alltag gewährleistet sein. Darüber hinaus müssen SchulsozialarbeiterInnen die komplexen sozialen Systeme der unterschiedlichen Adres-satInnen in ihrer sozialpädagogischen Arbeit berücksichtigen. Dies beinhaltet unter an-derem die Berücksichtigung unterschiedlicher Sichtweisen und Alltagsverständnisse.93 Das Prinzip der Integration-Normalisierung verdeutlicht die Wichtigkeit, sich gegen vor-handene Spezialisierungsversuche, die Schulsozialarbeit auf spezielle Problemgruppen begrenzen und eine Absonderung von bestimmten Jugendlichen vornehmen, zu wen-den. Genauer bedeutet das, dass Schulsozialarbeit darauf ausgerichtet sein soll, als Jugendhilfeinstitution am Ort Schule alle jungen Menschen, Eltern und LehrerInnen zu erreichen, nicht „normalen“ Umgangsweisen der Lebensbewältigung und Lebenseinstel-lungen offen gegenüberzustehen, strukturelle Integrationshemmnisse und unange-brachte Anpassungserwartungen in der Schule zu erkennen und zu thematisieren als auch integrativ zu wirken, ohne eine Anpassung der KlientInnen zu beanspruchen.

Schulsozialarbeit darf mit ihrem Leistungen selbst auch nicht ausgrenzend wirken.94 Bezogen auf das Handlungsprinzip Partizipation, sollen die AdressatInnen der Schulso-zialarbeit als Subjekte ihres Lebens und nicht als passive EmpfängerInnen

91 vgl. Speck 2009, S. 75f.

92 vgl. Speck 2009, S. 76

93 vgl. Speck 2009, S. 76

94 vgl. Speck 2009, S. 77

gogischer Leistungen ernst genommen werden. In diesem Zusammenhang sollen sie aktiv an der Gestaltung und Entwicklung von Angeboten und Hilfen beteiligt werden. Ein Zwang oder eine Pflicht der Teilnahme an Angeboten und Hilfen wirkt sich kontrapro-duktiv auf den Leistungsprozess aus und verstößt gegen den Partizipationsanspruch der KlientInnen.95

Letztlich unterliegt die Schulsozialarbeit dem Handlungsprinzip der Hilfe und Kontrolle.

Dieses Prinzip ist von einem widersprüchlichen, öffentlichen Auftrag geprägt, welcher den Schulalltag stetig begleitet. Zum einen sollen die Fachkräfte der Schulsozialarbeit sozialpädagogische Hilfen bereit stellen. Zum anderen unterliegen Schulsozialarbeite-rInnen den stetig kontrollierenden Erwartungen der Politik, Gesellschaft und Schule.

Gemäß § 8a SGB VIII sind die Fachkräfte der Jugendhilfe sogar dazu verpflichtet, bei gewichtigen Anhaltspunkten das Risiko einer Kindeswohlgefährdung abzuschätzen und gegebenenfalls die Sorgeberechtigten zur Inanspruchnahme von Hilfen anzuhalten und das Jugendamt zu informieren, sofern die angenommenen Hilfen nicht ausreichen.96

„Für eine fachkompetente Hilfe ist es wichtig, dass die SchulsozialarbeiterInnen unab-hängig arbeiten können und allein der (sozialpädagogischen) Fachlichkeit verpflichtet sind. Zur Begrenzung der Kontrollfunktion von Schulsozialarbeit muss es im Sinne der Lebensweltorientierung – von einer Kindeswohlgefährdung abgesehen – möglich sein, sich den Angeboten der Schulsozialarbeit zu entziehen.“97

2.5.3 Spezielle Handlungsprinzipien

Die speziellen Handlungsprinzipien der Schulsozialarbeit leiten sich aus den eben ge-nannten Grundsätzen und allgemeinen Handlungsprinzipien ab. Sie werden von den Fachkräften jedoch explizit hervorgehoben, da ihnen in der alltäglichen Arbeit an der Schnittstelle Jugendhilfe und Schule eine besondere Bedeutung zukommt. Zu nennen sind hier vor allem die verlässliche Präsenz der SchulsozialarbeiterInnen in der Schule, das von Schule eigenständige Jugendhilfeangebot, die niedrigschwellige und präventive Ausrichtung der Angebote, die Umsetzung eines schülerorientierten und anwaltschaftli-chen Handelns, die flexible und beteiligungsorientierte Angebotsplanung und – durchführung, die freiwillige Zusammenarbeit und Inanspruchnahme der Angebote durch die AdressatInnen, die ganzheitliche Betrachtung von Lebenslagen und –

95 vgl. Speck 2009, S. 77

96 vgl. Speck 2009, S. 77f.

97 Speck 2009, S. 78

situationen der KlientInnen, die abgestimmte Kooperation mit schulischen und außer-schulischen PartnerInnen und letztlich der vertrauliche Umgang mit Daten und Ge-sprächsinhalten.98

Die eben aufgeführten Grundsätze, allgemeinen und speziellen Handlungsprinzipien gelten als Maßstab für das professionelle Handeln der SchulsozialarbeiterInnen. Für deren Nichteinhaltung muss ein wichtiger Grund vorliegen.99

3 Möglichkeiten und Grenzen der Schulsozialarbeit bei der Wertebil-dung von Kindern und Jugendlichen

Der Ruf nach Werten, Wertesozialisierung und Wertebildung nimmt auch im schuli-schen Kontext immer mehr zu. Doch welche Bedeutung kommt der Sozialerziehung im schulischen Rahmenplan heute zu und wie findet sie statt?

Es steht fest, dass die Vermittlung sozialer Kompetenzen und das soziale Lernen ganz allgemein im Schulalltag in den Hintergrund gerückt ist und stattdessen eine stärkere Fixierung auf das Inhaltliche, sowie abprüfbare Wissen zu verzeichnen ist. Häufig geht die Werteerziehung nicht über die Erziehung zur Pünktlichkeit und Disziplin hinaus, da-bei unterliegt die Schule einem klaren Auftrag. Wie dieser aussieht und sich von dem Auftrag der Jugendhilfe abgrenzt, welche Potentiale in der Schulsozialarbeit liegen und an welche Grenzen sie stößt, soll im Folgenden erläutert werden.