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SPIELRAUM

* Die Werte der jungen Erwerbstätigen (16–24 Jahre) sind höher als die Werte der über 40-Jährigen, aber tiefer als die Werte der 25- bis 39-Jährigen.

Ausprägung des Indikators (je grösser die Schrift, umso grösser der Effekt zwischen den Altersgruppen):

Positives Ergebnis im Vergleich zu älteren Erwerbstätigen

Negatives Ergebnis im Vergleich zu älteren Erwerbstätigen

Ergebnis im Vergleich zu älteren Erwerbstätigen je nach Gruppe positiv oder negativ

Kein bedeutsamer Effekt zwischen Altersgruppen Quellen: Schweizerische Gesundheitsbefragung 2017, Job-Stress-Index-Monitoring 2018

Fallbeispiel 2:

Mara, Zeichnerin (Architektur) EFZ

Mara lächelt verlegen, als sie von ihrer Ausbildung erzählt. Sie sei ein ziemlich chaotischer Mensch und dies habe gerade während der Lehre zu eini-gen Schwierigkeiten geführt. Ihre Jueini-gendzeit war geprägt von Turbulenzen. Mit ihrer Tendenz, jeg-liche Grenzen auszuloten, brachte sie auch ihre Eltern an ebendiese. Noch während der Lehre zog sie von zu Hause aus. Dies konnte zwar die fami-liäre Situation etwas beruhigen, hatte aber zur Folge, dass Mara neben der Ausbildung auch noch alleine ihre Einzimmerwohnung in Schuss halten musste.

Im Lehrbetrieb fühlte sie sich oft überfordert und ins kalte Wasser geworfen. Ihre Berufsbildnerin und auch die anderen Teammitglieder waren immer stark in Projekte eingespannt und hatten kaum Zeit für sie. Als Zeichnerin in einem Archi-tekturbüro müsse man sehr genau arbeiten können, erklärt Mara. Unbemerkte Folgefehler bedeuteten oft, dass man noch einmal von vorne beginnen müsse. Dies erlebte sie vor allem zu Be-ginn ihrer Ausbildung oft und der Gedanke, dass etwas an ihrer Lösung nicht stimmen könnte, blo-ckierte sie irgendwann völlig. Da ihre Berufsbild-nerin so viel zu tun hatte, getraute sich Mara kaum, sie um Hilfe zu bitten. Sie fing an, be-stimmte Aufgaben wenn möglich zu vermeiden, was so weit ging, dass sie sich auch manchmal

krankmeldete. Es kam vor, dass sie einfach so lange an einer Aufgabe sass, bis jemand aus dem Team diese für sie übernahm. Mara fühlte sich oft fehl am Platz.

Irgendwie schaffte sie es aber dennoch, den Lehr-abschluss zu bestehen. Das tat ihrem Selbstver-trauen gut und an ihrer neuen Stelle verbesserte sich dann vieles. Eine Arbeitskollegin, die zu einer engen Freundin geworden ist, half ihr zu verste-hen, dass Unsicherheit etwas Normales ist.

Durch den Austausch mit ihr lernte Mara, dass sie viel effizienter arbeiten kann, wenn sie die Möglichkeit nutzt, Schwierigkeiten oder Beson-derheiten im Team zu besprechen, anstatt sie vor sich herzuschieben oder zu verdrängen. Mara betont, dass es für sie sehr wichtig gewesen sei, zu lernen, wie sie ihren Alltag strukturieren kann, und dass ihre Arbeitstätigkeit bei diesem langen Prozess eine grosse Rolle gespielt habe.

nen, aber auch weniger Handlungsspielraum und Mitbestimmung bezüglich der Art und Weise, wie sie ihre Aufgaben erledigen und wie sie sich dabei zeit-lich organisieren. Zudem haben sie im Vergleich zu anderen Altersgruppen deutlich öfter das Gefühl, ihre Fähigkeiten nicht voll einsetzen zu können, sie haben weniger ganzheitliche Arbeiten (das heisst Aufträge, die sie von A bis Z ausführen) und berich-ten etwas häufiger von illegitimen Aufgaben, deren Sinn sie nicht sehen oder bei denen sie der Meinung sind, jemand anders sollte sie erledigen. Zu diesem Gesamtbild passt, dass junge Erwerbstätige selte-ner das Gefühl haben, eine sinnvolle Arbeit zu ma-chen, und sich auch weniger mit innovativen Ideen und Lösungsvorschlägen einbringen.

Expertinnen und Experten betonen, dass die obigen Resultate Durchschnittswerte darstellen und es auch branchenabhängige Unterschiede gebe: So sei das Gefühl, eine sinnvolle Arbeit zu machen, in hel-fenden Berufen sehr stark vorhanden und eine wich-tige Ressource, um mit den schwierigen Arbeits-bedingungen (z. B. Schichtdienst, Personalmangel) umzugehen. Umgekehrt können hohe Erwartungen an die Sinnhaftigkeit der Arbeit auch Frustrationen auslösen, etwa wenn keine Ausbildung im Wunsch-beruf möglich ist.

Was den Handlungsspielraum junger Erwerbstäti-ger betrifft, macht man in der Berufsbildung gute Erfahrungen mit Ausbildungsformaten, in denen Ju-gendliche eigenverantwortlich Projekte durchführen

oder beispielsweise in Junior Teams ihren Arbeits-alltag selbstständig gestalten. So werden Fähigkei-ten trainiert und Ressourcen gestärkt, die für das Erwerbsleben generell relevant sind. Der fachliche Bezug zum Lehrberuf wird bei Projekten, die von Lernenden von A bis Z selbstständig vor angetrieben werden, daher als nicht so zentral angesehen.

4.2.2 Soziale Unterstützung und Life Domain Balance

«Die Beziehung zwischen der Berufsbildnerin und der Lernenden war sehr eindrücklich. Die Berufs-bildnerin war eine sehr erfahrene Frau, die nicht über ihre Grenzen hinausging, aber die junge Frau so verbindlich begleitete. Hätte jemand anders die Aufgabe übernommen, hätte sie die Ausbildung nicht gemacht, da bin ich mir ganz sicher. Diese Passung war einfach fantastisch.»

Soziales Arbeitsumfeld

Unterstützendes Verhalten der Vorgesetzten (z. B.

durch Feedback zu erbrachten Leistungen, Hilfe-stellungen, Interesse am Wohlergehen der Mitarbei-tenden) sowie der Arbeitskolleginnen und Arbeits- kollegen kann entscheidend dazu beitragen, Belas-tungen von Erwerbstätigen abzufedern (vgl. auch Hösli-Leu et al. 2018). Die Datenanalysen zeigen, dass sich junge Erwerbstätige insgesamt besser durch ihre Vorgesetzten und im Team unterstützt fühlen als andere Altersgruppen («Soziale Unter-stützung», siehe Abbildung 10). Am stärksten ist

dieser Effekt bei der sozialen Unterstützung durch Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen. Soziale Unterstützung erweist sich damit als eine der zen-tralen Ressourcen von jungen Erwerbstätigen.

Gleichzeitig scheint der Umgang mit anderen Mit-arbeitenden jungen Erwerbstätigen auch häufiger Probleme zu bereiten («sozialer Stress durch Arbeitskolleginnen oder Arbeitskollegen» umfasst zwischenmenschliche sowie arbeitsbezogene Kon-flikte im Team) – der Unterschied zwischen den Altersgruppen ist hier jedoch nicht so ausgeprägt.

Wie bedeutsam die soziale Einbettung und der Aus-tausch mit Gleichaltrigen für junge Erwachsene sind, zeigte sich während der akuten Phasen der Corona-Pandemie besonders deutlich, als Kontakte in der eigenen Peer-Gruppe nur eingeschränkt möglich waren (siehe Infobox: Junge Erwachsene während der Corona-Pandemie, Seite 31).

Was faire Behandlung und Wertschätzung am Ar-beitsplatz betrifft, zeigen die Daten kaum alters-spezifische Unterschiede. So sind junge Erwerbs-tätige weder häufiger noch seltener von Mobbing, Belästigung, Spannungen im Umgang mit Leuten sowie Benachteiligung aufgrund von Herkunft oder Behinderung betroffen als andere Altersgruppen.

Hingegen fühlen sie sich etwas öfter aufgrund ihres Alters oder ihres Geschlechts benachteiligt und ge-ben auch seltener an, keine Benachteiligungen am Arbeitsplatz erlebt zu haben. Auch empfinden sie etwas seltener, dass ihre Arbeit angemessen ge-würdigt werde; bei der allgemeinen Wertschätzung sind jedoch keine Alterseffekte zu beobachten.

ABBILDUNG 10

Thema Soziales Arbeitsumfeld

STÄRKERE SOZIALE UNTERSTÜTZUNG DURCH VORGESETZTE MEHR / WENIGER WÜRDIGUNG DER ARBEITSLEISTUNG*

MEHR SOZIALER

STRESS DURCH ARBEITS KOLLEGINNEN UND ARBEITSKOLLEGEN

HÄUFIGER BENACHTEILIGUNG