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5. ELEKTRISCHE CHARAKTERISIERUNG RADIOAKTIVER ISOTOPE IN GAN87

5.4.2 Hallmobilität nach 72 Se-Implantation

Da während des Zerfalls von 72Se zu 72Ge der Se-Donator durch den Ge-Akzeptor ersetzt wird, erwartet man eine konstant bleibende Anzahl ionisierter Störstellen. Da die Löchermobilitäten meist kleiner als die Elektronenmobilitäten sind [Edg99], sollte die Mobilität mit steigender GeN Konzentration dennoch abnehmen. Wie in Abb. 5.18a gezeigt, wird dies innerhalb des Messzeitraumes von 122 Tagen auch beobachtet. Es fällt hierbei aber auf, dass die Mobilität insbesondere im Bereich tiefer Temperaturen abnimmt. Dies deutet auf eine sich zusätzlich ändernde Störstellendichte hin.

Abb. 5.18: a) Hallmobilität einer mit 72Se dotierten GaN-Probe (1 × 1013 cm-2, 260 keV), aufgenommen 1 h (¡) bzw. 122 d (H) nach dem Tempern bei 1573 K. Die durchgezogenen Linien wurden durch Gl. (5.5) angepasst. b) Bei 150 K gemessene Mobilität (—) und relative Störstellendichte (¯) in Abhängigkeit von der Zeit nach dem Tempern. Die durchgezogenen Linien sind Anpassungen mit einfachen Exponentialfunktionen.

In Abb. 5.18b ist die bei 150 K gemessene Mobilität (—) über der Zeit aufgetragen. Die Messdaten wurden mit einer einfachen Exponentialfunktion angepasst. Es ergibt sich für die zeitliche Entwicklung der Mobilität eine Zeitkonstante von 17(1) d. Die an die Messwerte durch Gl. (5.5) angepassten (e = -1.3 und d = 1.5) relativen Störstellendichten niS sind ebenfalls in Abb.5.18b über der Zeit aufgetragen, wobei eine eindeutige Zunahme der Störstellendichte während des Zerfalls von 72Se zu verzeichnen ist. Das Anpassen einer Exponentialfunktion an die niS-Werte liefert eine Zeitkonstante von 16(1) d in sehr guter Übereinstimmung mit der Zeitkonstanten aus den gemessenen Mobilitätswerten. Vergleicht man zusätzlich die absolute Mobilitätsänderung (11%) mit der Änderung der relativen Störstellendichte (22%) im gleichen

0 20 40 60 80 100 120 140

100 150 200 250 300 45

Zeitraum, so ergibt sich näherungsweise eine Proportionalitätskonstante von (∆m/∆niS) = 0.5.

Setzt man diesen Wert in eine Ratengleichung (Gl. (5.7)) ein, so kann in einem einfachen Ansatz auch der im Vergleich zur 72Se Halbwertszeit (11.4 d) größere Wert der durch die Exponentialfunktion angepassten Zeitkonstanten (~17 d) erklärt werden:

1/ 2

! (ln 2) / 2

0.5 ~ t tSe

mess Se

µ µ µ e

dt = -l = - l Þ - (5.7)

Im Exponenten erhält man daher die doppelte Halbwertszeit teff =2 16.8 t1/ 2Se = d. Die Messungen zeigen somit, dass die Abnahme der Mobilität nicht alleine durch die geringere Löchermobilität erklärt werden kann, sondern es müssen während des 72Se-Zerfalls zusätzliche ionisierte Störstellen erzeugt werden. Da Ge mit einem kovalenten Radius von 122 pm wesentlich größer ist als ein N-Atom (70 pm), kann das Gitter lokal verzerrt und die Streu-potentiale dadurch größer werden. Ein größeres Streupotential kann sich dann bei Anpassen von Gl. (5.5) auch in Form einer höheren Störstellendichte äußern, da eine zeitliche Änderung der Streupotentiale nicht berücksichtigt wird.

5.5 71As-dotiertes GaN

5.5.1 Spezifischer Widerstand und Ladungsträgerkonzentration

Im vorherigen Kapitel wurde gezeigt, dass As und Ge in GaN einen N-Platz besetzen und dabei GeN einen Akzeptor bildet. Ob durch As tatsächlich Ladungsträger kompensiert werden [Met78], konnte aus den gezeigten Daten nicht ermittelt werden. Darüber hinaus konnte durch PL-Experimente (Kap. 4.3) kein Nachweis für die Existenz des GaN-Anti-site Defektes erbracht werden. Um zusätzliche Informationen über As-, Ge- und Ga-Zustände in GaN zu erhalten, wurde eine GaN-Probe mit dem Isotop 71As implantiert (1 × 1013 cm-2, 260 keV), bei 1573 K getempert und mit In-Kontakten versehen. Die Elementumwandlung von

71As über 71Ge zu 71Ga (vgl. Kap. 7) wurde über einen Zeitraum von 103 d durch Hallmessungen verfolgt.

In Abb. 5.19 sind der spezifische Widerstand ρ und die Ladungsträgerkonzentration n direkt und 103 d nach dem Tempern über der Messtemperatur aufgetragen. Dabei zeigt sich, dass die Ladungsträgerkonzentration abnimmt, während der spezifische Widerstand im Vergleich zur geringen Änderung der Ladungsträgerkonzentration auffällig stark zunimmt. Die Abnahme der Ladungsträgerkonzentration kann weder durch die Reihe AsGa-GeGa-GaGa noch durch AsN-GeN-GaN und den damit verbundenen Akzeptor- bzw. Donatorzuständen erklärt werden. Ferner lässt sich aus den sehr kleinen gemessenen Änderungen der Ladungsträger-konzentration n keine eindeutige Aussage über das elektrische Verhalten von As (kompensierend oder nicht) treffen. Insbesondere erreicht der Messfehler von n eine zur absoluten Änderung (∆n ~ 1.5% bei 300 K) vergleichbare Größenordnung. Im Gegensatz zur bisherigen Vorgehensweise wurden daher die Werte nicht mit einer die Gesamtkonzentration

n(t) beschreibenden Gleichung angepasst, sondern lediglich mit einer einfachen Exponential-funktion. Die Interpretation der Daten erfolgt anschließend durch einen Vergleich mit den bei verschiedenen Ansätzen theoretisch zu erwartenden Messkurven.

Abb. 5.19: a) Spezifischer Widerstand ρ und b) Ladungsträgerkonzentration n von 71 As-dotiertem GaN (1 × 1013 cm-2, 260 keV) in Abhängigkeit von der Messtemperatur. Die Daten wurden direkt (geschlossene Symbole) bzw. 103 d (offene Symbole) nach dem Tempern bei 1573 K aufgenommen.

Das Anpassen einer Exponentialfunktion (n=n0+Anexp( (ln 2) /- t t1/ 2) liefert eine mittlere Halbwertszeit von 5(2) d und stimmt somit etwa innerhalb des Fehlers mit der Halbwertszeit von 71As (2.7 d) überein (Abb. 5.20a). Erwartungsgemäß zeigt sich sowohl das Ausfrieren der intrinsischen Ladungsträger, wie auch dem Anteil An der durch die 71 As-Implantation erzeugten Ladungsträger mit abnehmender Messtemperatur (Abb. 5.20c bzw.

Abb. 5.20d).

Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine zunehmende Ladungsträgerkonzentration zu erklären. In Tab. 5.1 sind die verschiedenen Fälle zusammengefasst. Hierbei muss auch die, bei einem evtl. stattfindenden Platzwechsel erzeugte Leerstelle und das Besetzten der ursprünglich freien Gitterplatzes berücksichtigt werden, da dadurch die Ladungsträgerbilanz ebenfalls beeinflusst wird. In GaN bildet die N-Leerstelle einen Einfachdonator (VN+), während die Ga-Leerstelle einen dreifach geladenen Akzeptor darstellt (VGa3-).

Im Gegensatz zu den in Kap. 5.4 gezeigten Daten, bildet Ge in keinem der in Tab. 5.1 zusammengestellten Fälle einen Akzeptor. Darüber hinaus ist zur Erklärung der Ladungs-trägerzunahme in allen Fällen ein Platzwechsel erforderlich. Die unter Fall 3 dargestellte Situation zeigt die beste Übereinstimmung mit den gemessenen Werten. Hierbei verhalten sich alle beteiligten Ionen neutral, und die zusätzlichen Ladungsträger werden durch die hinzukommende N-Leerstelle und die dabei verschwindenden kompensierenden

Ga-Leer-3 4 5 6 7 8 9 10 0.4

stellen freigesetzt. Dieser Fall ist auch kompatibel mit den 72Se-Daten, da AsN und GaGa zwanglos als neutral angesehen werden können und Ge in dieser Probe eventuell elektrisch nicht aktiviert werden konnte. Übereinstimmend mit den PL-Daten wird auch aus Sicht der elektrischen Messungen kein GaN-Anti-site nachgewiesen.

Abb. 5.20: Halldaten und die beim Anpassen der Messwerte mit einer Exponentialfunktion erhaltenen Parameter: a) Halbwertszeit, c) Netto-Ladungsträgerkonzentration n0 und d) Vorfaktor An in Abhängigkeit von der Messtemperatur. b) Bei 270 K gemessene Ladungsträgerkonzentration und die daran angepasste Exponentialfunktion.

Mit der von Jenkins et al. [Jen89] berechneten Aktivierungsenergie von 400 meV für den GaN-Defekt, kann man anhand der Beziehung n ~ n0 exp(-EA/kBT) abschätzen, dass bei 1017 cm-3 insgesamt vorhandenen Anti-sites nur etwa 1014 cm-3 thermisch ionisiert sind und somit die GaN-Anti-sites unter die Nachweisgrenze fallen. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Fälle 1-3 anhand der gezeigten Daten nicht unterschieden werden können.

Der vierte Fall zeigt, dass bei einem Platzwechsel während des Übergangs von 71Ge zu

71Ga der Anstieg der Ladungsträgerkonzentration wesentlich langsamer erfolgt als in den Messungen beobachtet. Dieser Fall kann daher, obwohl auch er zu einer Konzentrations-erhöhung führt, ausgeschlossen werden.

0 20 40 60 80 100

100 150 200 250 300 5

Tab. 5.1: Zusammenstellung verschiedener Ladungsträgerbilanzen, wobei n(t) den Platzwechsel aufgrund des radioaktiven Zerfalls berücksichtigt. Die verwendeten Bezeichnungen stehen für: N = neutrales Verhalten, D = donatorartig, K = kompensierend, + = Erzeugung und - = Vernichtung der jeweiligen Leerstelle bei einem Platzwechsel.

In Abb. 5.21b ist der bei 270 K gemessene spezifische Widerstand über der Zeit aufgetragen. Das Anpassen der Messwerte mit einer Exponentialfunktion ergibt eine mittlere Halbwertszeit von 3.8(0.4) d. Die Abnahme des spezifischen Widerstandes steht damit im Einklang mit der Zunahme der Ladungsträgerkonzentration und zeigt ein analoges Zeit-verhalten. Der spezifische Widerstand ρ0 nimmt dabei mit steigender Temperatur ab, während der Vorfaktor Aρ zu tiefen Temperaturen hin ebenfalls abnimmt. Auch dieses Verhalten spricht dafür, dass alle implantierten Ionen sich neutral verhalten, da scheinbar zu tiefen Temperaturen hin die Leitfähigkeit nicht durch die implantierte Schicht bestimmt wird, wie es in den bisher gezeigten Experimenten der Fall war.

Fall As Ge Ga VN VGa Platzwechsel n = f(t)

1 N D N + - As žGe

2 K D N + - As žGe

n

t

3 N N N + - As žGe n

t

4 N N N + - Ge žGa n

t

Abb. 5.21: Halldaten und die beim Anpassen einer Exponentialfunktion erhaltenen Para-meter: a) Halbwertszeit, c) spezifische Widerstand ρ0 und d) Vorfaktor Aρ in Abhängigkeit von der Messtemperatur. b) Bei 270 K gemessener spezifischer Widerstand und die daran angepasste Exponentialfunktion.