• Keine Ergebnisse gefunden

Grundlegende Empfehlungen zur Konzeption von regiosuisse

4 Neue Herausforderungen durch Veränderungen im Kontext

5.2 Grundlegende Empfehlungen zur Konzeption von regiosuisse

Wie die vielen positiven, zum Teil sehr positiven Bewertungen zu den vergangenen zwei Umset-zungsperioden belegen, wird es angesichts der NRP 2016+ darum gehen, das aufgebaute System er-folgreich weiterzuführen und damit eine Systemkontinuität zu sichern. regiosuisse hat sich im Wis-senssystem Regionalentwicklung erfolgreich positioniert und nimmt nun eine wichtige Drehscheiben-funktion zwischen NRP-Strategie und NRP-Umsetzung ein. Doch angesichts der identifizierten Her-ausforderungen stellt sich die Frage, welche Anpassungen und Optimierungen vorgenommen werden sollen, um diese Position von regiosuisse auf lange Sicht sinnbringend zu gestalten. Denn Wissens-managementsysteme können niemals statische Gebilde sein, sie müssen kontinuierlich mit ihrem Um-feld interagieren und auf entsprechende Veränderungen flexibel reagieren (Schnell et al. 2006).

Die Sinnhaftigkeit wird dabei durch den Nutzen definiert, den regiosuisse für seine Zielgruppen ge-nerieren kann. Den grössten Nutzen und Mehrwert aus einem nationalen Wissensmanagement zu Regionalentwicklung und NRP können die zentralen Umsetzungsverantwortlichen für die NRP zie-hen, also die kantonalen Fachstellen und Regionen mit NRP-Verantwortung. Beide können als Transmissionsriemen der Bundesstrategie in die regionale Praxis gelten. In Folge ist es konsequent, dass regiosuisse diese beiden Zielgruppen in den Mittelpunkt seiner Ausrichtung rückt. Sie waren be-reits in der Machbarkeitsstudie zum Wissensmanagement als Zielgruppen genannt worden, ihre Ab-grenzung ist jedoch im Zuge der gewichtigen Aufbauphase und einer breiten Nachfrage nach Unter-stützungsleistungen im Laufe der Umsetzungsarbeiten etwas unscharf geworden.

 Es wird empfohlen, dass regiosuisse wieder verstärkt die Zielgruppe der kantonalen Fachstel-len und Regionen mit NRP-Umsetzungsverantwortung und deren Bedürfnisse in den Mittel-punkt seiner Aktivitäten stellt.

Das heisst, dass auch die Ausrichtung der Leistungsgebiete auf den Bedarf dieser beiden Zielgruppen hin gesichtet werden muss. Mit dieser Schärfung der Zielgruppen ist auch die Grundmenge an poten-ziellen Nutzern weitgehend bekannt. Während die kantonalen Fachstellen einen übersichtlichen, mitt-lerweile weitgehend vertrauten Adressatenkreis bilden, müssten jene regionalen Einheiten mit NRP-Umsetzungsauftrag noch konkreter abgegrenzt werden. Hierfür können die Kantone die entspre-chenden Informationen liefern, oder es wäre ein Abgleich mit den in CHMOS aufgenommenen Regi-onen vorzunehmen. Durch diese Schärfung besteht in Folge auch die Möglichkeit, bisherige Nicht-Nutzer gezielt anzusprechen und deren Bedürfnisse kennenzulernen.

Während die NRP-Verantwortlichen somit im Mittelpunkt stehen, werden alle anderen Wissensträger (Forschende, Projektträger, Verbände etc.) ergänzend, gemäss ihrer Bedürfnisse in Bezug auf die NRP-Umsetzung bzw. die Regionalentwicklung integriert. Sie dienen zudem auch als wesentliche Inputge-ber und werden anlassbezogen als zusätzliche Wissensquelle angesprochen.

 In Ergänzung sollten die anderen Wissensträger gemäss ihrer Bedürfnisse in Bezug auf die NRP-Umsetzung und auf Fragen zur Regionalentwicklung durch regiosuisse Angebote be-rücksichtigt werden.

Die grösste Veränderung betrifft hierbei wohl die Rolle der regionalwissenschaftlichen Forschung, die dank eines mittlerweile aktiveren Umfelds nicht länger auf Unterstützungs- und generelle Vernet-zungsaktivitäten von regiosuisse angewiesen ist. Dennoch sind Mechanismen vorzusehen, um einen fruchtbaren Austausch und die Vernetzung von Forschung und Praxis sicherzustellen. Es besteht wei-terhin grosser Bedarf an Unterstützungsleistungen zur Dissemination von Forschungsergebnissen in die Praxis und umgekehrt zur Rückkopplung von Erfahrungswissen in die Forschung. Diese Mecha-nismen können in Form von Veranstaltungen, aber auch in Form von unterstützenden Dienstleistun-gen (Overview) erfolDienstleistun-gen.

 Es sollten Unterstützungsleistungen angeboten werden, die einen fruchtbaren Austausch zwi-schen Forschung und NRP-Umsetzung sicherstellen.

Angesichts dieser Schärfung der Zielgruppe gehören der (Erfahrungs-) Austausch, die zielgerichtete Diskussion und die gemeinsame Bearbeitung von Fragestellungen zum Kern des benötigten Wis-sensmanagements. Denn der Austausch impliziten Wissens auf einer persönlichen Ebene ist von zent-raler Bedeutung (Porschen 2008). Diese interaktive Ebene muss den Kern des Angebots für die regio-suisse Zielgruppen bilden, wie es bisher gewissermassen auch schon der Fall war.

 (Erfahrungs-) Austausch und zielgerichtete gemeinsame Diskussion müssen den Kern des Wissensmanagements für die NRP-Umsetzungsakteure bilden.

Alle weiteren Angebote von regiosuisse, wie sie in den vergangenen beiden Umsetzungsperioden an-geboten wurden, können ergänzend eingesetzt werden. Das heisst nicht, dass diese weniger sinnvoll oder hilfreich sind, doch können diese auch – ohne grossen Mehraufwand – einem breiteren Publikum zugänglich sein. Von grosser Bedeutung sind hierbei das bisher so erfolgreiche und aktiv nachgefragte Wissensportal zur Verbreitung relevanten Wissens und formation regiosuisse mit seinem ebenfalls gut nachgefragten Kursangebot zur Qualifizierung von Akteuren, die mit der NRP oder auch mit an-deren Fragen der Regionalentwicklung zu tun haben.

Aus dieser Überlegung heraus ergibt sich letztendlich eine stringente Ausrichtung von regiosuisse, die einerseits eine Fokussierung der beiden Zielgruppen vornimmt, diese aber in breitere Informa-tions- und Qualifikationsaktivitäten einbettet (vgl. Abbildung 9).

Abbildung 9: Eine pyramidenförmige Ausrichtung von regiosuisse an ihren Zielgruppen (Quelle: eigene Darstellung, 2014.)

Diese Ausrichtung würde pyramidenförmig in die Tiefe der NRP-Umsetzungsakteure eindringen und dabei den drei Ebenen Information („Wissen generieren und zur Verfügung stellen“), Qualifikation („Wissen vermitteln“) und Interaktion („Wissen vernetzen“) folgen. Bei diesem Aufbau wirkt die Vernetzung als Querschnittsziel für die beiden Ebenen Qualifikation und Interaktion. Insbesondere auf Ebene der Interaktion sollte das Vernetzungsziel zum Teil expliziter werden.

Auf Basis dieser Ausrichtung wäre denkbar, die aktuell acht Leistungsgebiete ebenfalls anzupassen und damit im Profil zu schärfen. Überlegenswert wäre beispielsweise eine Konzentration auf vier Leistungsgebiete (vgl. Abbildung 10: Reduktion von acht auf vier Leistungsgebiete), die der dargeleg-ten Ausrichtung entspräche und stärker nach Funktionen, denn nach Instrumendargeleg-ten erfolgen könnte.

Die nationale Netzwerkstelle als Stabstelle der operativen Umsetzung des Wissensmanagements würde dabei weiterhin als Querschnittsaufgabe fortgeführt und das Leistungsgebiet 1 bilden. Das Wissensportal (L6), das gegenwärtige Leistungsgebiet Kommunikation (L5) sowie das Monitoring würden gemeinsam zum neuen Leistungsgebiet 2 („Wissen generieren und zur Verfügung stellen“) zusammengefasst. Dieses hat die breite Information und Kommunikation zur Verbesserung von Stra-tegic (Policy) Intelligence und Entscheidungsgrundlagen zum Ziel. Die kommunizierten Informatio-nen kommen zum Teil von Dritten, zum Teil (Monitoring, Datenbanken etc.) werden sie selbst gene-riert. formation regiosuisse wird mit Elementen aus dem Forschungsnetz (L4) und aus dem Leis-tungsgebiet 8 Spezialprodukte (WTT-Konferenz etc.) ergänzt und als LeisLeis-tungsgebiet 3 „Wissen ver-mitteln“ weitergeführt. Das neue Leistungsgebiet 4 „Wissen vernetzen“ baut massgeblich auf den ge-genwärtigen Wissensgemeinschaften (L3) auf, wird aber sowohl mit Elementen aus dem Forschungs-netz und den Project Visits ergänzt als auch durch neue stark interaktiv, kooperativ ausgerichtete An-gebote intensiviert.

Abbildung 10: Reduktion von acht auf vier Leistungsgebiete (Quelle: eigene Darstellung, 2014.)

Mit dieser Anpassung der Leistungsgebiete wäre erstens ein klares Profil nach aussen verbunden, zweitens wären die grundsätzlichen Zielgruppen des jeweiligen Leistungsgebietes weitgehend defi-niert und drittens würden sie ein klares Rollenbild und –verständnis für den regiosuisse Auftragneh-mer erlauben: In L 4 ist rein die ermöglichende und unterstützende Rolle mit der Funktion als Platt-form gefragt, in L3 hingegen ist eine aktive Rolle als Inputgeber und Wissensvermittler möglich. Al-lein in L2 können beide Rollen zutreffen, je nachdem ob Wissen Dritter verfügbar gemacht oder neues Wissen generiert wird.

 Die gegenwärtig acht Leistungsgebiete von regiosuisse könnten auf vier Leistungsgebiete konzentriert werden, die sich an den grundsätzlichen Aufgaben Information, Qualifikation und Interaktion/ Vernetzung orientieren.

Ein wesentliches Element dieser Fokussierung ist auch die aktive Einbettung in das Gesamtsystem Regionalentwicklung. Wie in Kapitel 2 beschrieben, hat sich das System weiterentwickelt und damit das Umfeld in dem und für das regiosuisse agiert. Dementsprechend müsste regiosuisse mit seiner grundsätzlichen Ausrichtung darauf reagieren. Die empfohlene Fokussierung von regiosuisse könnte massgeblich dazu beitragen, dass ein bewussteres Zusammenspiel mit den anderen Akteuren des Wissenssystems gesucht werden kann. Dieses Zusammenspiel als Miteinander hat zwei Seiten, es um-fasst für regiosuisse die Nutzung von Aktivitäten anderer, d.h. das aktive Zurückgreifen auf externe Angebote einerseits sowie die eigene Annahme von Aufträgen und Anfragen anderer andererseits.

Dabei gilt für beide Aspekte, dass ein Miteinander immer auf den Goodwill von beiden Seiten ange-wiesen ist.

• Aktives Zurückgreifen auf Aktivitäten anderer Akteure des Wissenssystems Regionalentwick-lung: Diese Option besteht fast ausschliesslich auf Ebene der Qualifikation (neues L3), wo eventuell auf neu entstandene regionalwissenschaftlich orientierte (Weiter-) Bildungsangebo-te der Hochschulen zurückgegriffen werden könnBildungsangebo-te. Hierfür ist eine bewussBildungsangebo-te Abstimmung und Auseinandersetzung mit den Angeboten im Umfeld notwendig, um kompatible Schnitt-stellen zu identifizieren und mögliche Ergänzungen nutzen zu können. Gleichzeitig soll und kann dabei nicht einfach eine Auslagerung stattfinden, sondern regiosuisse müsste seine Vor-stellungen und Vorgaben einbringen können, um damit auch das gewohnt hohe Niveau und das kompakte Format von formation regiosuisse Veranstaltungen gewährleisten zu können.

Damit sind nicht zu vernachlässigende Koordinationskosten verbunden. Dennoch ist diese Nutzung externer Angebote von Vorteil, da nicht nur das Gefühl des Miteinanders im Wis-senssystem gestärkt, sondern auch Konkurrenzsituationen und in Folge Marktverzerrungen vermieden werden.

• Annahme von Anfragen: Auf der anderen Seite kann auch regiosuisse seine für die nationale Ebene formulierten Angebote anderen (gegen Entgelt der Mehraufwands) zur Verfügung stel-len. Hier sind insbesondere Kantone und Regionen angesprochen, die ihrerseits auf derartige regiosuisse Instrumente zurückgreifen könnten. Dies würde erstens eine stärkere Kapitalisie-rung von regiosuisse-Wissen und Vorarbeiten erlauben, da diese breiter genutzt werden und dementsprechend einen grösseren Mehrwert generieren können. Zweitens könnten die jewei-ligen Nachfrager (Kantone und Regionen) auf diesem Weg stärker an regiosuisse beteiligt werden. Das heisst, hier sind verstärkt Überlegungen anzustellen, welche Produkte im Sinne von Veranstaltungsformaten etc. in diesem Sinne zur Verfügung gestellt werden können, oh-ne dass Wettbewerbsverzerrungen entstehen. Dabei stellt sich die Herausforderung, diese Produkte vom allgemeinen Portfolio, das ohne spezielle Kostenbeteiligung durchgeführt wird, abzugrenzen. Grundsätzlich sollten diese Produkte mit dem Charakter der Spezialaus-wertungen des Regionenmonitorings vergleichbar sein, wo regions- oder kantonsspezifische Anpassungen oder Übertragungen von vorhandenen Produkten vorgenommen werden.

 Aktives Zurückgreifen auf (Qualifikations-)Angebote von anderen Akteuren des Wissenssys-tems und andersrum das Zur-Verfügung-Stellen von regiosuisse Instrumenten für Dritte würde die Einbettung von regiosuisse in das Wissenssystem gestärkt.

Auch in anderen Ressorts der Standortpolitik gibt es Bedarf nach einem Wissensmanagement bzw.

nach einzelnen Elementen davon. regiosuisse wird hier als Good-Practice eingestuft und würde gerne übernommen. In dieser Hinsicht empfiehlt es sich, bei jenen Themen, die für eine funktionalräumlich gedachte Regionalentwicklung von Relevanz sind (Tourismus, Agglomerationspolitik etc.) parallele Wissensmanagementsysteme zu vermeiden. Um Synergien ohne grosse Abstimmungs- und Koordi-nationsaufwände nutzen und die Benutzerfreundlichkeit gewährleisten zu können, sollte eine Bear-beitung dieser Politikfelder durch regiosuisse geprüft werden. Grundsätzlich scheint die Nutzung

vorhandener Erfahrungen viele Vorteile zu bieten. In Bezug auf Instrumente und Methoden sind Übertragungsmöglichkeiten gewiss gegeben. Auf inhaltlicher Ebene finden sich die meisten Über-schneidungen wahrscheinlich auf Ebene „Wissen generieren und zur Verfügung stellen“, sowie bei der Qualifikation. Dort können funktionale Verflechtungen und Zusammenhänge aufgegriffen wer-den. Auf Ebene „Wissen vernetzen“ könnten gezielte WiGe oder andere Veranstaltungen zu gemein-samen Themen zu einem Mehrwert führen.

Abbildung 11: Potenzielle Überschneidungen bei der Bearbeitung weiterer Politikfelder durch regiosuisse (Quelle: eigene Darstellung, 2014.)