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Große Maräne (Coregonus spp.)

Verbreitung in Sachsen-Anhalt

Bei den Großen Maränen (auch Renken oder Felchen genannt) handelt es sich um eine formen- bzw. arten-reiche Gruppe von vielfach sehr nahe miteinander verwandten Fischen, deren systematische Stellung bis jetzt zum großen Teil unklar ist. Bis Ende des 20. Jahr-hunderts neigten die meisten Autoren jahrzehntelang dazu, die Großen Maränen Europas zu einigen wenigen bzw. einer einzigen polymorphen Art (Coregonus lava-retus) zusammen zu ziehen, welche in vielen Standort-varietäten in größeren oligotrophen Seen und Flüssen vorkommt. Dieses System wird aber neuerdings von Kottelat & Freyhof (2007) verworfen. Stattdessen sollen jetzt wieder zahlreiche eigenständige lokale Arten, insbesondere im Donaueinzugsgebiet und den Alpenseen unterschieden werden, ähnlich wie es schon Vogt & Hofer (1909) oder Wagler (1941) taten. Das neue System findet unter den Vertretern der prakti-schen Fischerei bislang keine Anerkennung (Wißmath 2009 a, b). Die historische Diversität der Großen Ma-ränen ist heute kaum mehr nachvollziehbar, da manche Arten bereits ausgerottet sind und die Fische zudem bereits seit dem 15. und 16. Jahrhundert aus wirtschaft-lichen Gründen von einem See zum anderen umgesetzt wurden. Während die Kleinen Maränen des norddeut-schen Tieflandes und wahrscheinlich auch die Felchen und Renken des Alpenraumes als postglaziale Einwan-derer gelten (Thienemann 1926, Wißmath 2009a), ist der Herkunftsstatus der Großen Maränen Norddeutsch-lands bislang noch nicht hinreichend geklärt. Von ei-nigen Fischereiexperten aus Schleswig-Holstein wird sogar behauptet, dass viele der dortigen Seen erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Großmaränen aus den Seen Ostpreußens und Russlands besetzt wurden und so diese Fische in der Folgezeit auch in die anderen Norddeutschen Seen gelangt sind.

In Sachsen-Anhalt lebte im Arendsee lange Zeit eine Großmaränenart (Lehrmann & Schmidt 1912), die vermutlich von Besatz aus nahen Mecklenburger oder Schleswig-Holsteiner Seen, eventuell sogar dem Schaalsee, stammte. Der Bestand war allerdings so dünn, dass den Berufsfischern zu DDR-Zeiten pro Jahr nicht mehr als ein Dutzend Fische in die Netze gingen.

Es handelte sich dabei um sehr großwüchsige Marä-nen, welche bis 4 kg schwer und über 70 cm lang werden konnten. Mit der zunehmenden Eutrophierung des Arendsees wurden diese Großen Maränen immer seltener und sind vermutlich ausgestorben. Die heute im Arendsee von den Berufsfischern gefangenen Gro-ßen Maränen stammen aus Besatz von Schleswig-Holsteiner Seen. Diese Besatzherkunft wurde deshalb gewählt, weil aus alten Besatzstatistiken hervorging, dass bereits vor der DDR-Zeit Großmaränenbrut aus der Brutanstalt Alt-Mühlendorf des Fischereivereins Schleswig-Holstein bezogen wurde. Nach Kottelat &

Freyhof (2007) gehören die Großen Maränen Nord-deutschlands mit Ausnahme der Großen Schaalsee-maräne (Coregonus holsatus) alle zur äußerst variablen Art Coregonus maraena, also zur selben Art, zu der neuerdings auch Ostsee- und Elbschnäpel gezählt werden. Für den unvoreingenommenen Betrachter ist diese Zuordnung überraschend, da der Elbschnäpel mit seiner „langen Schnauze“ und die großen Maränen der norddeutschen Seen sich ja schon äußerlich stark von einander unterscheiden. Die Art soll aufgrund ihrer Anpassung an verschiedenste Lebensräume (See, Fluss, anadrome Wanderer) diese erstaunliche Formen-vielfalt hervorgebracht haben.

Das Vorkommen der Großen Maränen im Arendsee scheint heute ausschließlich vom Besatz abhängig zu sein, denn wird dieser für einige Jahre unterbrochen, dann verringern sich sofort spürbar die Fänge. Eine

Lachsar tig e

Große Maräne (Coregonus spp.)

selbstständige Vermehrung ist augenscheinlich bei dem aktuellen Trophiezustand des Sees nicht möglich.

Auch in einigen neu entstandenen Bergbaurestgewäs-sern im Land Sachsen-Anhalt wurde versucht, Große Maränen aus Schleswig-Holstein einzubürgern (z. B.

Bergwitzsee, Goitzsche, Kiessee Wegeleben). Während dies mit der Kleinen Maräne vom Arendsee meist auf Anhieb gelang, ist die Einbürgerung der Großen Ma-räne relativ schwierig. Daneben werden sowohl von den Berufsfischern in Sachsen-Anhalt als auch in Brandenburg in Havel und Elbe nahezu jährlich ein-zelne Großmaränen gefangen, deren Artzugehörigkeit schwer zu definieren ist. Die Vermutung, dass es sich hierbei eventuell um Elbschnäpel handelt, wurde mittlerweile zerstreut, weil seit 1994 mehrere gefan-gene Exemplare eindeutig ohne typische Merkmale („Nase“) festgestellt wurden. Diese Großmaränen kommen offensichtlich in sehr dünnem Bestand im Flussseensystem der Havel und der Elbe vor. Insgesamt liegen für den Zeitraum 1996 bis 2003 17 Nachweise von Großmaränen in der Elbe vor. Ein durch die Fische-rei Schulze, Warnau, im Mai 2003 gefangenes Exem-plar (60 cm, 2.630 g) wurde als Ostseeschnäpel (Core-gonus maraena) bestimmt.

Biotopansprüche/Lebensweise

Alle Maränenarten bewohnen als sogenannte kalt stenotherme Fische vor allem größere Seen mit kla-rem, sauerstoffreichem Tiefenwasser. Neben den ty-pischen Freiwasserformen gibt es auch Bodenmarä-nen, die sich vorwiegend von Benthosorganismen ernähren. Die Bodentierfresser sollen sich von den Planktonfressern gewöhnlich durch kürzere, gröbere und weniger zahlreiche Kiemenreusendornen unter-scheiden. Die Erfahrungen bei der Einbürgerung von Coregonus maraena aus Schleswig-Holsteiner Seen in mitteldeutsche Tagebaurestseen zeigen jedoch, dass die Art sich je nach Nahrungsangebot sowohl zum Bodentierfresser als auch zum Planktonfresser entwickeln kann. Die Unterscheidung dieser beiden Lebensformen anhand der Kiemenreusendornenzahl trifft daher wohl nur für die unterschiedlichen Marä-nenarten der Alpenseen zu.

Die Laichzeit der norddeutschen Großmaränen fällt in die Monate November/Dezember und beginnt, wenn sich die Homothermie im See eingestellt hat (bei 4 – 6 °C Wassertemperatur). Die Eiablage erfolgt meist in mehreren Portionen über festem Grund, bevorzugt werden Sand- oder Steingrund. Die Eizahl schwankt je nach Größe der Rogner zwischen 20.000 und ma-ximal 50.000 Stück mit 2,2 – 3,2 mm Eidurchmesser.

Die Eier sinken zu Boden und können sich in den gro-ßen Tiefen nur bei ausreichendem Sauerstoffgehalt entwickeln. Die Inkubationsperiode dauert wegen der

niedrigen Wassertemperaturen meist 3 – 4 Monate.

Die Laichreife wird mit etwa 3 – 4 Jahren erreicht. Das ist auch die Altersgruppe, in der die Fische erstmalig von der Berufsfischerei gefangen werden. Das durch-schnittliche Endalter liegt etwa bei 8 – 10 Jahren. Die Fische können relativ groß werden und bei 60 – 70 cm Totallänge über 3 – 4 kg schwer werden.

Gefährdungen

Infolge zunehmender Nährstoffeinträge und Eutro-phierungserscheinungen beim Arendsee kommt es am Seeboden zu Sauerstoffmangelsituationen, wo-durch die Entwicklung der Eier gestört bzw. ganz verhindert wird. Die künstliche Vermehrung im Brut-haus Zießau am Arendsee scheiterte früher immer an der ungenügenden Anzahl gefangener Laichfische.

Heute besteht aus wasserwirtschaftlicher Sicht eine Ablehnung gegen die Förderung und den Brutbesatz mit Plankton fressenden Fischen wie Maränen. Da sich für die Berufsfischerei in Sachsen-Anhalt der aufwän-dige Besatz mit Großen Maränen im Vergleich zur hier bekannteren Kleinen Maräne nicht rechnet, wird der künstlichen Vermehrung der Art keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In anderen Gegenden Deutschlands (Schleswig-Holstein, Süddeutschland), wo die wirtschaftliche Bedeutung der Großen Marä-nen höher ist, werden dagegen massive Bestandsstüt-zungen mittels künstlicher Erbrütung und Besatz durchgeführt. Da die Großen Maränen im Gegensatz zur Kleinen Maräne auch mit der Angel gefangen werden können, werden in Sachsen-Anhalt gegenwär-tig einige der zahlreichen Tagebaurestseen, die nicht berufsfischereilich genutzt werden, versuchsweise mit Großmaränen besetzt. Die Bestandsituation im Land wird sich deshalb in Zukunft eher verbessern als ver-schlechtern.

Schutzmaßnahmen

Schutzmaßnahmen sind in Eutrophierung verhindern-den Maßnahmen zu sehen. Eine besondere Förderung der Art erscheint nicht unbedingt notwendig, da sie in Sachsen-Anhalt ursprünglich nicht bodenständig war. Das Scheitern einiger Einbürgerungsversuche in neu entstandenen Tagebaurestseen Mitteldeutsch-lands zeigt, dass die Großen Maränen sehr anspruchs-voll hinsichtlich ihrer Lebens- und Fortpflanzungsbe-dingungen sind. Welche Faktoren im Einzelnen das Vorkommen dieser Fische limitieren, ist derzeit noch nicht genau bekannt.

Alle Maränen (Coregonus spp.) sind in der FFH-RL im Anhang V aufgeführt, wodurch ihr Fang bestimmten Vorschriften unterliegt.

Große Maräne (Coregonus spp.)

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Große Maräne (Coregonus spp.)

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