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3.2 Fe/GaAs/Fe-Kontakte - erste Messungen

3.2.1 Grenzfl¨achenrauigkeit

In der Arbeit von Kreuzer [12] zeigte die Gr¨oße des TMR keine Korrelation zur Barrierendicke. Bemerkenswert war, dass die 8 nm dicken Barrieren systematisch keinen TMR-Effekt zeigten. Es wurde diskutiert, dass es aufgrund der Varia-tion von κ mit der Barrierendicke laut dem Bratkovsky-Modell (siehe 1.1) zu einer Abh¨angigkeit des TMR von der Dicke der GaAs-Barriere kommt und der TMR-Effekt gerade f¨ur 8 nm dicke Barrieren unterdr¨uckt sein k¨onnte. Um dies zu

¨uberpr¨ufen, wurde neues Halbleitermaterial mit einer 8 nm dicken GaAs-Barriere gewachsen und Tunnelkontakte mittels der in [12] entwickelten Prozessierung her-gestellt. Im Gegensatz zu den aus dem alten Halbleitermaterial prozessierten Tun-nelkontakten zeigten die neuen Proben einen Tunnelmagnetowiderstandseffekt (siehe Abbildung 3.3). Wertet man den Widerstand unmittelbar vor und nach dem Sprung aus und benutzt man die Definition

T MR= Rap−Rp

Rp (3.1)

(Rp = Widerstand f¨ur parallele Orientierung der Magnetisierungsrichtungen,Rap

= Widerstand f¨ur antiparallele Orientierung der Magnetisierungsrichtungen), so erh¨alt man einen TMR-Effekt von 0,84% bei einer Bias-Spannung von 20 mV und einer Temperatur von 4,2 K. Aus dem Julli`ere-Modell l¨asst sich daraus eine Spinpolarisation des Tunnelstroms von 6,5% ableiten. Eine systematische Un-terdr¨uckung des TMR-Effekts aufgrund des in [12] vorgeschlagenen Modells ist damit auszuschließen. Es m¨ussen folglich andere Mechanismen f¨ur den verschwin-denden TMR-Effekt beim alten Proben-Material verantwortlich sein. Eine ver-gleichende Untersuchung der beiden 8 nm-Materialien soll Aufschluss dar¨uber geben.

R(k W)

B (T)

232,0

233,0 233,5 234,0 234,5

232,5

-0,3 -0,2 -0,1 0,0 0,1 0,2 0,3

Abbildung 3.3: Tunnelmagnetowiderstands-Kurve f¨ur 3,5 nm Fe/8 nm GaAs/20 nm Fe bei einer Bias-Spannung von 20 mV und einer Temperatur von 4,2 K. Die Pfeile zeigen die Sweep-Richtung des Magnetfelds f¨ur eine der beiden Messungen an.

Mittels Rasterkraftmikroskopie (Atomic Force Microscope, AFM) wurden die Grenzfl¨achen der entsprechenden Barrieren untersucht, da bereits unter dem Lichtmikroskop im Dunkelfeld-Modus eine starke Rauigkeit der alten 8 nm-Bar-riere im Vergleich zu der neuen Barnm-Bar-riere zu erkennen war. F¨ur die Untersuchung wurden die GaAs-Barrieren mit Hilfe der in 2.1 vorgestellten selektiven nassche-mischen ¨Atzverfahren freigelegt. Abbildung 3.4 zeigt die Oberfl¨ache des alten 8 nm-Materials. Im Gegensatz zum neuen 8 nm-Material zeigt sich eine deutli-che Welligkeit der Probenoberfl¨adeutli-che mit einer Amplitude von etwa 15 nm und einem peak-to-peak-Abstand von etwa 2-3µm. Alle anderen untersuchten Barrie-ren zeigen diese langreichweitige Welligkeit nicht. Abgesehen von dieser Eigenart weist das alte 8 nm-Material eine Oberfl¨achen-RMS-Rauigkeit (root mean square, RMS) von etwa 0,5 nm auf, die auf ¨ahnlichem Niveau liegt wie die Rauigkeiten der anderen untersuchten Barrieren. Das Verschwinden des TMR und die

Wel-1 2

Abbildung 3.4: AFM-Aufnahme des alten 8 nm-Materials. Das Bild zeigt die nasschemisch freigelegte Oberfl¨ache der GaAs-Barriere.

ligkeit des Probenmaterials scheinen korreliert zu sein, da beides zusammen nur bei diesem Material zu finden war.

Theoretische Arbeiten sagen f¨ur ungeordnete Grenzfl¨achen eine erhebliche Unter-dr¨uckung des TMR voraus. Dies kann einerseits von der Streuung an der Grenz-fl¨ache herr¨uhren [93, 94], oder auch aus Symmetrie¨uberlegungen abgeleitet wer-den [95]. Der negative Einfluss von rauen Grenzfl¨achen auf wer-den TMR [96] und die lineare Abnahme der Spininjektions-Effizienz mit zunehmender Zahl von Grenz-fl¨achendefekten im ZnMnSe/AlGaAs-System [97] belegen diesen Sachverhalt von experimenteller Seite. Verst¨arkte Grenzfl¨achenstreuung k¨onnte auch beim alten 8 nm-Material zumindest zu einer Reduktion des TMR f¨uhren. Inwieweit eine langreichweitige Welligkeit ¨uber die Spin-Bahn-Wechselwirkung einen Einfluss auf den TMR hat, bleibt zu kl¨aren.

Eine weitere Erkl¨arung f¨ur den verschwindenden TMR beim alten 8 nm-Material w¨are, dass die beiden ferromagnetischen Schichten dort nicht getrennt voneinan-der schalten, so dass es zu keiner antiparallelen Ausrichtung voneinan-der Kontakte kommt.

Eine magnetische Kopplung zwischen den beiden ferromagnetischen Schichten in einem magnetischen Tunnelkontakt kann aufgrund ihrer r¨aumlichen N¨ahe bedeut-sam werden. Eine Zwischenschichtaustauschkopplung aufgrund spinpolarisierten quantenmechanischen Tunnelns, wie es in [11] f¨ur das Fe/MgO/Fe-System

gefun-Abbildung 3.5: Orange-Peel-Kopplung zweier magnetischer Schichten ¨uber ei-ne raue Zwischenschicht. Die Rauigkeit f¨uhrt bei eiei-ner in-plaei-ne-Magei-netisierung zu einer bevorzugten parallelen Magnetisierungsausrichtung. Details siehe Text.

Nach [99].

den wurde, kann in unserem Fall aufgrund von Barrieren, die um eine Gr¨oßenord-nung dicker sind, ausgeschlossen werden. Pinholes in der Barriere, die einen direk-ten Kontakt zwischen den beiden magnetischen Kontakdirek-ten erm¨oglichen, f¨uhren zu einer ferromagnetischen Kopplung. Pinholes w¨urden aber zu einer Zunahme des Widerstands mit steigender Temperatur f¨uhren [92]. Da die beiden 8 nm-Materialien einen ¨ahnlichen Widerstand aufweisen und die in 3.1 dargestellte Temperaturabh¨angigkeit zeigen, kann auch dieser Mechanismus ausgeschlossen werden.

Die sogenannte N´eel- oder auch Orange-Peel-Kopplung [98] f¨uhrt ebenfalls zu einer ferromagnetischen Kopplung zweier magnetischer Schichten, die durch eine raue Zwischenschicht voneinander getrennt sind (siehe Abbildung 3.5). Die eben-falls eingezeichnete magnetostatische KopplungHM aufgrund von Streufeldern an den R¨andern der ferromagnetischen Schichten d¨urfte bei der Gr¨oße der hier ver-wendeten Kontakte vernachl¨assigbar sein. Im N´eel-Modell wird eine sinusf¨ormige Rauigkeit angenommen und das Kopplungsfeld ist gegeben durch [99]

HN = π2

2

à h2 λtF

!

MSexp(−2π

2tS/λ), (3.2)

mithundλder Amplitude und Wellenl¨ange des Rauigkeits-Profils,tF undtS der Dicke der freien Schicht bzw. der Barriere undMS der Magnetisierung der freien Schicht. Da die Halbleiterschichten der verwendeten Heterostruktur schichtweise gewachsen werden, kann man von einer korrelierten Rauigkeit der oberen und

unteren Grenzfl¨ache der GaAs-Barriere ausgehen, wie es im N´eel-Modell gefor-dert ist. Ein weiteres Indiz f¨ur eine korrelierte Rauigkeit von oberer und unterer Grenzfl¨ache ist der ann¨ahernd gleiche Tunnelwiderstand der beiden Halbleiter-barrieren.

Setzt man die beim alten 8 nm-Material gefundenen Rauigkeitswerte in die Gl.

(3.2) ein, so ergibt sich ein Austauschfeld von etwa 30 mT. Will man die weichma-gnetische, 20 nm dicke Fe-Schicht umschalten, so h¨alt die hartmagnetische Schicht sie zun¨achst in ihrer urspr¨unglichen Magnetisierungsrichtung fest. Erst bei einem um 30 mT h¨oheren ¨außeren Feld (als ohne Orange-Peel-Kopplung) magnetisiert die weichmagnetische Schicht schließlich doch um. Im Gegenzug erf¨ahrt nun die hartmagnetische, 4 nm dicke Fe-Schicht ein zus¨atzliches ¨außeres Feld von etwa 30 mT, das sie wiederum veranl¨asst, fr¨uher umzumagnetisieren. Betrachtet man Abbildung 3.3, so zeigt sich, dass sich die Koerzitivfelder der beiden Fe-Schichten nur um etwa 40 mT unterscheiden. Aufgrund der Orange-Peel-Kopplung kommt es aber zu einem Angleichen der Koerzitivfelder um jeweils 30 mT, so dass in diesen Tunnelkontakten die magnetischen Elektroden wohl nicht mehr getrennt voneinander schalten und so das Verschwinden des TMR erkl¨art werden kann.

Diese ferromagnetische Kopplung sollte prinzipiell auch in Magnetometermes-sungen nachzuweisen sein. Bei Tunnelelementen wird dieser Effekt aber nicht feststellbar sein, da nur eine sehr kleine Fl¨ache der beiden ferromagnetischen Elektroden in direktem Kontakt ¨uber die GaAs-Barriere stehen. Das restliche ferromagnetische Material ist durch dicke Isolatorschichten voneinander getrennt und sp¨urt folglich nichts von der ferromagnetischen Kopplung, so dass eine Ma-gnetometermessung ein unabh¨angiges Schalten der beiden magnetischen Schich-ten ergeben w¨urde.

Eine fl¨achige Pr¨aparation der magnetischen Kontakte mit dazwischenliegender GaAs-Barriere w¨urde dieses Problem l¨osen, es zeigt sich aber, dass der Schicht-aufbau mechanisch instabil ist und es zu erheblichen Verspannungen und Rissen kommt [100]. Außerdem f¨uhrt eine fl¨achige Ausf¨uhrung in den meisten F¨allen auch zu Kurzschl¨ussen zwischen den beiden magnetischen Kontakten, was eben-falls zu einer ferromagnetischen Kopplung f¨uhrt. Eventuell k¨onnen diese Probleme durch Strukturierung von kleineren Feldern umgangen werden. Ein eingehendere Untersuchung war aber nicht Ziel dieser Arbeit.

Nur die runde Kontaktfl¨ache mit 16µm Durchmesser.