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2 Grundlagen des EMR-Verfahrens 1

2.3.3 Gravimetrische Verfahren

Gravimetrische Verfahren basieren darauf, da die Dichte des Eises deutlich geringer ist als die von Gestein. Zur Bestimmung der Eismächtigkei setzt diese Methode vor- aus, da ein Bezugspunkt m i t bekannter Schwere sowie die Dichte des Gesteins des Felsuntergrundes, geographische Position und topographische Höh des Mespunk- tes bekannt sind. Das kann insofern problematisch werden, da keine Gesteinsprobe des Felsuntergrundes zu bekommen ist und die Dichte somit abgeschätz werden muss. Auch die Topographie des Untergrundes und somit der Eismächtigkei muss abgeschätz werden [Bull und Hardy, 1956; Behrendt, 19621.

Änderunge der Felstopographie und der Eismächtigkei sowie die Unkenntnis der Beschaffenheit des Felsuntergrundes kann dabei leicht zu große Fehlern führen Da- her werden gravimetrische Verfahren i n der Glaziologie meist nur in Verbindung m i t seismischen Verfahren eingesetzt, u m so die Abschnitte zwischen den seismischen Meßpunkte zu interpolieren [Bentley und Ostenso, 19611.

Kapitel 3

Entstehung, Aufbau und

Eigenschaften von Eisschilden

Der Wasserdampf i n der Atmosphär geht bei bestimmten Temperaturen vom gasförmi gen i n den festen Aggregatzustand uber, entweder durch Sublimation, oder die Was- sertröpfche i n der Atmosphär gefrieren und kristallisieren als fester Niederschlag, Schnee, aus. Schnee geht durch verschiedene Prozesse in Firn uber. Andere Prozesse der Metamorphose, die jetzt diskutiert werden, wandeln den Firn in Eis um.

Bislang bekannt sind 14 verschiedene Phasen von Wasser, wobei neun der Phasen als Wasser i n gefrorenem Zustand, als Eis, vorkommen [Fletcher, 19701 (Abbildung 3.1). Das Wassermolekü bilden ein SauerstofFatom und zwei Wasserstoffatome.

In der Natur findet man Eis stets hexagonal kristallisiert vor. Eis I/; kristallisiert i m Kristallsystem &/'mmc. Dabei bezeichnet h1 das primitive Kristallgitter; 63 die he- xagonale Kristallstruktur, m die Spiegelebenen und C eine Gleitebene. Eis kann man also auch als ein monomineralisches Gestein betrachten. Die Dichte des reinen Eises p = 0 , 9 2 3 ist zwar geringer als bei den meisten Gesteinen1, aber es besitzt eine Härte die i n der Größenordnu von Gesteinen liegt.

Da der Schmelzpunkt von Eis bei Atmosphärendruc bei O° liegt, der von vielen Gesteinen aber bei einigen 100' C, weist Eis viskose und elastische Eigenschaften auf.

Daher ist ein Eisschild stets i n Bewegung. I n der Glaziologie wird zwischen kaltem Eis und temperiertem Eis unterschieden. Die Temperatur des temperierten Eises ent- spricht stets dem Druckschmelzpunkt, die des kalten Eises liegt darunter.

Häufi wird jedoch das Eis in den Polargebieten als polares Eis, und Eis von Gletschern, z.B. die der Anden, des Himalaya oder der Alpen, als Gletschereis bezeichnet. Polares Eis und Gletschereis unterscheiden sich nur aufgrund ihrer geographischen Lage. Dar- 'Die Dichte von Sedimentgesteinen liegt bei 1,92-2,7

&,

von magmatischen Gesteinen bei 2,52-3,15

5

und von metamorphen Gesteinen bei 2,60-3,37

5.

2 6 K A P I T E L 3. E N T S T E H U N G , A U F B A U U N D E I G E N S C H A F T E N V O N E I S S C H I L D E N

aus resultieren Unterschiede in ihrem Gehalt von Spurenelementen und Staubanteil, aber nicht in den chemischen und physikalischen Eigenschaften. I m Rahmen dieser Arbeit wird zwischen Eis und reinem Eis unterschieden. Reines Eis hat keine Spu- renelemente, Defekte und Ablagerungen und kommt i n der Natur sehr selten vor.

Das Eis, das hier Gegenstand der Untersuchung ist, ist natürliche Eis, das hexagonal kristallisiert. M i t der Bezeichung Eis ist i m Rahmen dieser Arbeit Eis l h gemeint.

3.1 Transformation von Schnee in Eis

Die Transformation von Schnee in Eis ist in der Abbildung 3.2 dargestellt. Bei be- stimmten Temperaturen in der Atmosphär sublimiert der Wasserdampf entweder von seinem gasförmige Aggregatzustand in den festen, d.h. es bildet sich Reif, oder die Wassertröpfche i n der Atmosphär gefrieren und kristallisieren als fester Nieder- schlag und fallen als Schnee aus.

Der Neuschnee ist Gravitationskräfte ausgesetzt. Sie drücke die neu gefallenen Schneekristalle auf die bereits deponierten Schneeschichten, wobei sie brechen und ihre Form ändern Außerde deformiert der W i n d die Kristalle, indem er sie trans- portiert und umlagert.

3.1. TRANSFORMATION VON SCHNEE IN EIS

atmosphärische +

Wasserdampf

Verdunstung

Rauhreif

-

1 1

Neuschnee

Schneefall\

1 >

Firn

-

Eis Abfluss L

windgedrifteter Schnee

Abbildung 3.2: Kreislauf der festen Phase des Wasserdampfs.

Der atmospärisch Wasserdampf gefriert oder sublimiert in die feste Phase und fäll als Schnee aus. Durch die Schneemetamorphose entsteht Firn. Firn wird durch Rekristallisation und Kriechen zu Eis. Durch Schmelzen und Verdunstung von Eis oder Eisbergkalben wird der Kreislauf geschlossen. Gezeichnet nach Wilhelm [1975].

Die Vorgäng bei der Metamorphose von Schnee in Firn und weiter in Eis werden in vier Prozesse eingeteilt [Paterson, 19941 und wie folgt charakterisiert:

1. Setzung: Neu gefallener Schnee an der Oberfläch eines Eisschildes hat eine Dichte von 0,3

5

bis 0,4 $. Der W i n d verdichtet den Neuschnee mecha- nisch, indem er die hexagonalen Kristalle der Schneeflocken bricht. Weitere Verdichtung des Schnees erfolgt durch Setzung. Dabei werden einzelne M o - lekül innerhalb des Kristalls verschoben, u m auf eine energetisch günstiger Form zu kommen. So findet eine Umordnung durch Oberflächen und Volu- mendiffusion statt. Bei 0,4

5

bilden sich erste Firnkörner Maximal durch Setzung erreichbar ist eine kritische Dichte von 0,55

5.

2. Rekristallisation: Weitere Kompaktierung geschieht durch molekulare Diffusi- on. Bei diesem Vorgang änder sich Form und Gröà der Kristalle. Die Kontakt- fläche der Kristalle nehmen zu, es entstehen Firnkörner Größe Firnkörne wachsen auf Kosten der kleineren. Durch Rekristallisation kann eine Dichte von maximal 0,73

5

erreicht werden.

28KAPITEL 3. ENTSTEHUNG, AUFBAU UND EIGENSCHAFTEN VON EISSCHILDEN

3. Kriechen: Bei der Dichte von 0,73

5

ist die L u f t i n Räume zwischen den Körner eingegrenzt. Der Luftaustausch zwischen den Räume erfolgt übe Kanäl an die Oberfläche Verformt sich das Eis, kann sich die Dichte weiter erhöhen Wegen der hexagonalen Kristallstruktur bricht die Verbindung zwi- schen den einzelnen Schichten bei Druck einfacher auf als innerhalb der Schicht.

So beginnt das Eis zu gleiten und deformiert sich. Dabei bilden sich abgeschlos- sene Luftblasen neben dem Eiskristall. Dieser Mechanismus dominiert, bis das Eis eine Dichte von 0,83

5

erreicht hat.

4. Kompression: Bei der Dichte von 0,83

5

bildet sich schließlic Eis. Die tuftgefüllte Zwischenräum der Körne sind bei dieser Dichteabgeschlossen.

Weiter zunehmen kann die Dichte nur, wenn die Luftblasen in Folge der Kriech- bewegungen des Eises komprimiert werden. Dabei wird die i n den Luftblasen enthaltene L u f t in das Eiskristall eingebaut. Es bilden sich die sogenannten Cla- thrate. Die maximal erreichbare Dichte durch diesen Prozeà liegt bei 0,917

&.

Die Dichte von reinem (defekt- und ablagerungsfreiem) Eis liegt bei 0,920

-&

IPetrenko, 1993al.

3.2 Aufbau und innere Struktur von Eisschilden

Wenn der gefallene Schnee deponiert wird und nicht wegschmilzt, kann sich ein Eisschild bilden. Klimatische Voraussetzungen, die diese Bedingung erfüllen sind in höhere geographischen Breiten und i n den Hochgebirgen der mittleren Breiten erfüllt

Ein Eisschild läà sich in verschiedene Zonen einteilen, in denen der neu gefallene Schnee unterschiedlichen Bedingungen ausgesetzt ist (siehe 2.6. Paterson [1994]).

Das Gebiet, in dem die Messungen dieser Arbeit durchgeführ worden sind, liegt i n einer Trockenschnee-Zone. Der jährlich Schneezutrag ist in so große Gebieten wie Grönlan nicht überal gleich. Das führ zu unterschiedlichen Akkumulationsraten, die wiederum die Fließeigenschafte beeinflussen. Die unterschiedliche Auflast fuhrt so zu einer Fließbewegun des Eises und weiter zur Deformation des Eisschildes.

Der schematische Querschnitt durch einen Eisschild i n Abbildung 3.3 zeigt, da der am Summit gefallene Schnee m i t zunehmender Dicke des Eiskörper nach und nach kompaktiert wird und radial abfließt Der Eisfluà folgt dabei der größt Oberflächen neigung. Dieses Schema gilt aber auch fur eine Eisscheide. Von einer Eisscheide fließ das abgelagerte Eis senkrecht zu Potentiallinien (Höhenlinien dazu ab. Bei einer Eisscheide muà noch die Bewegung des Eises entlang der Eisscheide berücksichtig werden.

3.3. ÄNDERUN DER DICHTE MIT DER TIEFE

Summit

I

Akkumulation

1

Akkumulation

Abbildung 3.3: Modell eines Eisschildes.

Diese Betrachtung gilt sowohl fü eine Eisscheide als auch fü den Summit. Die Akku- mulation (Schneezutrag) wird bei einem Gletscher irn stationäre Zustand durch Ablation (Eisbergkalben, Schmelzung) ausgeglichen. Ein Eisschild kann nur dann wachsen, wenn die Differenz aus Akkumulation und Ablation größ 1 ist.

Bei der Beschreibung des Meßgebiete i n 1.2 wurde erwähnt da sich die Bohrlo- Ration NGRIP auf einer Eisscheide befindet. Nach der Abbildung 3.3 fließ das Eis demnach von dieser Eisscheide vorwiegend vertikal ab. Diese Eigenschaft muà vor allem bei der Interpretation der internen Horizonte berücksichtig werden.

3.3 Änderun der Dichte mit der Tiefe

Schnee und Firn bestehen zum große Teil aus Luft, die Schneekristalle und Firnkörne enthält Eis dagegen enthäl Luftblasen oder m i t i n den Kristall eingebaute Luftmo- leküle die sogenannten Chlathrate oder Lufthydrate. Dabei n i m m t die Dichte von Schnee zu Firn zu Eis zu.

Die Dichte von Eiskernen wird standardmäß durch Wägun ermittelt. Seit einigen Jahren haben sich auch noch andere Verfahren bewährt die Messung der Absorption von 7- oder Röntgenstrahlen Das ?-Verfahren h a t sich bereits i n der Materialfor- schung [Smith und Whiffin, 19521, bei der Dichtebestimmung von Sedimenten [Ger- land, 19921 oder von kristallinen Gesteinen [Bücke e t al., 19901 bewähr und wurde auch schon o f t bei Eis erfolgreich angewandt [Minikin und Kipfstuhl, 1992; Gerland et al., 19941.

Die Dichte-Tiefen-Funktion i n der Abbildung 3.5 s t a m m t von Dichtemessungen am

30KAPITEL 3. ENTSTEHUNG, AUFBAU UND EIGENSCHAFTEN VON EISSCHILDEN

Variation der Dichtep in polarem Eis mit Tiefe z 0

-20

-40

Dichte p [g/cm3]

Abbildung 3.4: Dichte-Tiefen-Funktion.

Die Dichte des Eiskerns B16 aufgezeichnet gegen die Tiefe, verdeutlicht die Zunahme der Dichte mit der Tiefe. Der Firn- ~ i s - à œ b e r ~ a n liegt bei ca. 70 m.

Eiskern B16 der Nordgrönland-Travers [Wilhelms, pers. Mitteilung]. Die Dichte von Schnee bewegt sich zwischen 0,3 und 0,4

5 ,

von Firn zwischen 0,4 und 0,83

5

und die von Eis läuf von 0,83 gegen 0,917

5 .

Die Dichte von reinem Eis beträg 0.920

5 .

Eis erreicht diesen Wert aufgrund der Lufteinschlüss meist nicht. D i e Dichte näher sich dem Wert 0.917

5

assymptotisch an.

3.4 Änderun der Dielektrizitätskonstante

Dichteänderunge in Firn und Eis tragen zur Änderun der Leitfähigkei und der Dielektrizitätskonstante er! bei. Firn ist näherungsweis als Material m i t Einschluà von Eiskugeln i n L u f t und polares Eis als Material m i t Einschluà von kugelförmige Luftblasen zu behandeln. Somit setzt sich die relative Dielektrizitätskonstant von polarem Eis zusammen aus der Dielektrizitätskonstante des reinen Eises und der Dielektrizitätskonstante der eingeschlossenen L u f t . Looyenga [I9651 hat zur Berech- nung der relativen Dielektrizitätskonstant er! eines Gemisches zweier Substanzen ein Modell angegeben. Sein Mischungs-Modell geht von kugelförmige Einschluà aus, es gilt auch fü komlexes e* und ist sowohl auf Firn als auch auf Eis anwendbar, da die erhaltenen Gleichungen symmetrisch in den Materialkonstanten fü die beiden Medien sind. Das Looyenga-Mischungs-Modell gibt fü die relative Dielektrizitätskonstant

3.5. ÄNDERUN DER AUSBREITUNGSGESCHWINDIGKEIT 3 1 folgende Relation an:

= [ V ( & - ^)

+ ^/^I'.

(3.1)

Dabei wird fü e r , = e 1 = 1 und fü er; = e 1 = 3 , 2 eingesetzt. D i e

f t T r e t n e a ~ w

Dichte von reinem Eis ist po = 0,9203 und die Dichte p gibt die Dichte des umgebenden Eises m i t p = pyV an, wobei V der Volumenanteil von Eis ist [Hempel, 19941. Die Abbildung 3.1 zeigt den Verlauf der nach dem Looyenga-Mischungs-Modell (Gleichung 3.1) berechneten relativen Dielektrizitätskonstante e r / .

Abbildung 3.5: Verlauf von e , , berechnet nach dem Looyenga-Mischungs-Modell, Der Verlauf der Dielektrizitätskonstante zeigt eine Zunahme m i t der Tiefe. Der W e r t der Dielektrizitätskonstante in L u f t beträg 1. In Eis näher sie sich dem Wert von 3.18 an [Hempel, 19941. Reines Eis weist eine Dielektrizitätskonstant von 3.20 auf [Petrenko, 1 993b].

3.5 Änderun der Ausbreitungsgeschwindigkeit

Die Geschwindigkeit elektromagnetischer Wellen i n Eis errechnet sich unter Berück sichtigung der nach Looyenga [I9651 ermittelten Dielektrizitätskonstant e t zu:

I m Gegensatz zur Geschwindigkeit akustischer Wellen irn Eis, die ebenfalls von der Dichte des Mediums abhängt n i m m t die Geschwindigkeit elektromagnetischer Wellen

32KAPITEL 3. ENTSTEHUNG, AUFBAU UND EIGENSCHAFTEN VON EISSCHILDEN

m i t der Dichte ab. So ist im Schnee ihre Geschwindigkeit höhe als im Firn, und in diesem höhe als im Eis.

In der Abbildung 3.6 gibt der blaue Graph die Geschwindigkeit ohne Korrektur an.

Der violette Graph stellt die korrigierte, nach Looyenga ermittelte Geschwindigkeit dar. Dieser näher sich m i t der Tiefe einem Wert von 168

2

an. Die Geschwindigkeit der Welle in reinem Eis beträg 167 p n d in Eis 168,1

E

[Hempel, 19941.

-120

160 170 180 190 200 210 220 230 240 250

Geschwindigkeit V angepasst [rnlps]

Abbildung 3.6: Geschwindigkeits-Tiefen-Funktion.

Die Geschwindigkeit ist gegen die Tiefe aufgetragen. In den ersten 5 m n i m m t die Geschwin- digkeit bis auf 220

5

ab. Im Firnbereich, bis in rund 70 m Tiefe, nimmt die Geschwindigkeit bis a u f etwa 175

E

ab. I m weiteren Verlauf, im Bereich des Eises, näher sich die Geschwin- digkeit dem Wert von 168

5

an.

In der Praxis wird fü die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wert fü die Geschwindig- keit der Welle in Eis V = 1 6 8 , l benütz [Hempel, 19941. Da die Geschwindigkeit in Firn aber höhe ist, ergibt diese Abschätzun zu geringe Firn- bzw. Eismächtigkei ten. Daher wird ein konstanter WKorrekturwert zur Firn- bzw. Eismächtigkei addiert [Hempel, 19941:

t .

VE,S

X = -

2

+

A ~ ~ i r n .

Dabei gibt t die Reflexionszeit, v^iS die Geschwindigkeit der Welle in Eis und Azpãr die Firnkorrektur, die allgemein konstant zu 10 m angesetzt wird [Hodge et al., 19901.

Kapitel 4

Eigenschaften von Eis

4.1 Der Eiskristall

4.1.1 Aufbau des Wassermolekül

Von Wasserstoff existieren drei Isotope (lH=H, ^=D, 3H=T), wovon nur H und D stabil sind. Sauerstoff hat sechs Isotope, davon sind drei stabil: "'0, " 0 , " 0 . D i e Verhältniss der Isotope betragen ' H : D = 105:15 und 1 6 0 : ^ 0 = 104:20, wobei die anderen Verhältniss wesentlich geringer ausfallen. Eis besteht hauptsächlic aus der Verbindung H 2 l 6 O .

Wasserstoffatom Sauerstofiatom

Wasserstoffbruckenbindung

Abbildung 4.1: Das Wassermolekül

Anordnung der beiden Wasserstoffatome und des Sauerstoffatoms im Wassermolekü H m . Der Winkel von 104,527 zwischen den beiden Wasserstoffatomen k o m m t dem eines reguläre Tetraeders von 109,467 sehr nahe.

Die folgenden Betrachtungen werden fü das Wassermolekü Hg160 angestellt. Der Wasserstoff h a t i m Orbitalmodell die Elektronenkonfiguration lsl. Der Sauerstoff aus der sechsten Hauptgruppe des Periodensystems hat l s 2 , 2s' und 2p4 Orbitale. I h m fehlen also 2p (pz und pã Elektronen zur vollen Nebenschale. Fü das gesamte Was- sermolekü ergeben sich also acht Elektronen auf der Valenzschale. Fü diese ist es energetisch günstiger sich zu vier Orbitalen m i t j e zwei Elektronenpaaren zu hybridi- sieren (s-p-Hybridisierung). Zwei der Orbitale binden Protonen. Die anderen bleiben als "ungebundene Paare" übrig Deshalb spreizt sich der Bindungswinkel zwischen den

34 KAPITEL 4. EIGENSCHAFTEN VON EIS

beiden Wasserstoffatomen, also zwischen den 0-H-Bindungen, auf 104,523' [Holle- man, 19951.

Wie in Abbildung 4.1 zu sehen, ähnel dieser Winkel dem eines reguläre Tetraeders von 109,467'. Da Sauerstoff erheblich elektronegativer ist als Wasserstoff, werden bei den bindenden Orbitalen die Bindungselektronen nähe an den Sauerstoffkern heran- gezogen. Dadurch nimmt der Sauerstoff eine negative Partialladung an. Die Wasser- stoffatome werden teilweise entblöà und bekommen eine positive Partialladung.

4.1.2 Die Kristallstruktur

von

Eis

Irn Wassermolekü geht das Sauerstoffatom mit den beiden Wasserstoffatomen eine Dipol-Deforrnations-Wechselwirkung besonderer Art ein: eine Wasserstoffbrückenbin dung [Hollernan, 19951. Diese sind in der Abbildung 4 . 1 als schwarze Verbindungs- linien dargestellt. Die Wasserstoffbrückenenergi besteht zum große Teil aus der Delokalisierungsenergie eines Protons. Das Proton (Wasserstoffatom) hat bevor das Wassermolekü kristallisiert eine bestimmte Energie und befindet sich somit in einem Potentialtopf.

Bei der Bildung eines Eiskristalls steht das Wasserstoffatom zwischen zwei Sauerstoff- atornen. Das Proton kann sich aber nicht in der Mitte der Verbindungsachse zwischen den beiden 0-Atomen positionieren, da es nun zwei Potentialtopfe zur Verfügun hat.

Zwischen den beiden Positionen kann das Proton, da die Potentialbarriere sehr klein ist, quantenmechanisch tunneln [Vogel, 19951. In der Abbildung 4.2 sind die beiden mögliche Positionen des Protons auf der Verbindungsachse zwischen den Sauerstof- fatornen eingezeichnet.

4.1. DER EISKRISTALL

So kann das Proton i n einem Eiskristall also zwei bevorzugte Stellen einnehmen, sich aber nie in der M i t t e der Verbindungsachse zwischen den 0 - A t o m e n aufhalten. Daher muà sich das Proton fü eine Vorzugslage, also fü eines der beiden Sauerstoffatome entscheiden. Aus diesen Überlegunge haben Bernal und Fowler [I9931 (entnommen aus IPetrenko, 1993al) Bedingungen fü eine ideale, defektlose Kristallstruktur v o n Eis in den "Eisregeln" zusarnrnengefaßt

1. Jedem Sauerstoff sind zwei Protonen zugeordnet

2. Jeder Wasserstoffbrückenbindun ist ein Proton zugeordnet

Bei der Bildung des Eiskristallgitters stellt sich die Frage, weshalb es hexagonal u n d nicht anders kristallisiert. Denn i m Eiskristall bindet der Sauerstoff, da er noch zwei ungebundene Elektronenpaare hat, je ein Wasserstoffatom der beiden benachbarten H z O Molekül als Partner einer Nebenvalenz übe kovalente Bindung an sich [Vogel, 19951. Dadurch entsteht ein Gitter, das sowohl aus zwei ineinandergestellten, kubisch flächenzentrierten dichtesten Kugelpackungen, als auch aus zwei ineinandergestell- ten, hexagonal dichtesten Kugelpackungen zusammengesetzt sein kann.

Die Molekülstruktur das Wassermolekü hat zwei ungebundene Elektronenpaare, ermöglich aufgrund des Molekülwinkel ein Kristallisieren i n einer tetraedrischen U m - gebung, das in der Abbildung 4.2 bereits angedeutet ist. Baut sich der Kristall weiter aus, so entsteht eine hexagonale Kristallstruktur (Abbildung 4.3). Aus dieser Bauwei- se ergibt sich die C-Achsen-Orientierung der Eisrnatrix und die dreizählig Symmetrie, die wie eine sechszählig erscheint.

36 KAPITEL 4. EIGENSCHAFTEN VON EIS

4.2 Ablagerungen im Eis

Reines monokristallines Eis, das nur aus hexagonal kristallisierten Wassermoleküle besteht, findet sich in der Natur äußer selten. Der Eiskristall weist meist Defekte auf. Defekte treten auch in anderen Kristallen auf, wie z.6. bei den Halbleitern, die ein Valenzband haben, in denen der Transport von Defektelektronen bzw. Löcher einen Ladungstransport darstellt [Vogel, 19951. Irn Eis gibt es folgende Defekte:

o Orientierungdefekte: Dieser Defekt bildet sich, wenn ein Proton von seiner Normallage auf die zweite Vorzugslage springt. Dadurch wird die erste Eisregel verletzt. Ein Sauerstoffatom ist somit von drei statt zwei Protonen umgeben, so da es irgendwo im Eiskristall ein anderes 0-Atom gibt, dem ein Proton fehlt.

Es bilden sich H 3 0 t und O H Ionen. Sie könne sich immer nur paarweise bilden und besitzen stets eine Ladung.

0 Stellungsdefekte: Dieser Defekt ensteht durch Molekülrotatio im Kristall.

Er verletzt die zweite Eisregel. Idealerweise befindet sich auf einer Verbindung zwischen den Sauerstoffatomen immer nur ein Proton. Das heißt da immer nur eine Vorzugslage auf dieser Verbindung von einem Proton besetzt ist. Jedoch kommt es vor, da keine oder beide der Vorzugslagen belegt sind. Die ,,doppelteu Belegung nennt man d-Fehler und die ,,leereu Belegung !-Fehler. Der d-Defekt träg ein postives Vorzeichen und der !-Defekt ein negatives. Ein d- und 1-Fehler entstehen immer gemeinsam. Ein normales HgO-Molekü dreht sich um 120' um eine seiner vier Valenzrichtungen, was dem Tunneln eines Protons von einem Orbital des Wassermolekül zu einem anderen entspricht. Zum Wandern eines Bjerrum-Fehlers genüge eine weitere Drehung der benachbarten Molekül bzw.

weitere Tunneleffekte.

Chemische Defekte: Chemische Defekte sind Einlagerungen, etwa von Sal- zen. Sie könne teilweise in die Kristallstruktur eingebaut werden. Salze haben marinen, bio-geochemischen oder anthropogenen Ursprung.

0 Mikropartikel: Lagen von Mikropartikeln im Eis werden nicht in das Eiskristall eingebaut. Sie liegen "neben" dem Kristall. Mineralstaub der kontinentalen Kruste oder Säureablagerunge von Vulkaneruptionen sind als Mikropartikel im Eis vertreten.

Einlagerungen und Ablagerungen im Eis sind fü das EMR-Verfahren von große Interesse. Sie werden wie folgt klassifiziert:

0 biogener Eintrag: Den biochemischen Eintrag bilden Ammonium (NHZ) und Methansulfonsäur (MSA). Der Eintrag von Ammonium stammt aus der bak- teriellen NHi-Exhalation des Bodens, sowie aus Wald- und Steppenbranden [Legrand und Angelis, 19961. Das Phytoplankton in den Weltmeeren emmitiert Dimethylsulfid (DMR), das teilweise in der Atmosphär zu SOa oxidiert und

4.2. ABLAGERUNGEN IM EIS

übe einen anderen Reaktionszweig zu Methansulfonsäur (MSA) umgebildet wird. Währen der Algenblüt weist MSA maximale Werte auf [Asman u n d Drukker, 19881.

0 Mineralstaub: Der Mineralstaub im Eis von Grönlan ist meist Krustenma- terial, das überwiegen aus Carbonaten wie CaC03 zusammengesetzt ist. D e r Rückgan der Schneebedeckung in mittleren Breiten m i t dem Ende des W i n - ters findet sich i m Eis als erhöhte Mineralstaubeintrag [Steffensen et al., 19881.

Daher beinhalten Lagen von Eiszeiten i m Eis mehr Staub. Der erhöht Staub- anteil der Atmosphär bedeutet aber weniger Säureablagerungen z.B. aus V u l - kanausbrüchen im Eisschil;, denn Carbonate neutralisieren Säuren

Seesalz: Die Stärk des Eintrags von Seesalzaerosolen wie NaCI häng von der Windgeschwindigkeit übe den Ozeanen ab. Seesalzaeorsole entstehen durch die Dispergierung von Meerwasser durch höher Windstärke [Steffensen et al., 19881.

0 Mineralsäuren Zunehmende Verbrennung fossiler Stoffe (Industrialisierung) und Photooxidation von N O , NOa und N z O , produzieren hauptsächlic die M i - neralsäur N i t r a t NO; [Neftel et al., 19851. Die Mineralsäur Sulfat SO:" h a t verschiedene Quellen. Die antropogene Verbrennung fossiler Brennstoffe stellt einen kontinuierlichen Sulfateintrag [Neftel et al., 19851 dar. Der natürlich A n -

0 Mineralsäuren Zunehmende Verbrennung fossiler Stoffe (Industrialisierung) und Photooxidation von N O , NOa und N z O , produzieren hauptsächlic die M i - neralsäur N i t r a t NO; [Neftel et al., 19851. Die Mineralsäur Sulfat SO:" h a t verschiedene Quellen. Die antropogene Verbrennung fossiler Brennstoffe stellt einen kontinuierlichen Sulfateintrag [Neftel et al., 19851 dar. Der natürlich A n -