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GESETZLICHE REGELUNGEN ZUR DURCHFÜHRUNG DER DNA-ANALYSE IN DER BUNDESREPUBLIK

DEUTSCHLAND

1. GESETZLICHE ENTWICKLUNGEN IN BEZUG AUF DIE DNA-ANALYSE

Seit dem Jahr 1990 werden bei den Polizeibehörden DNA-Spuren verwertet. Da es zur Erhebung und Verarbeitung solcher Daten bisher noch keine gesetzliche Grundlage gab, wurde mit dem Strafverfahrensänderungsgesetz – DNA-Analyse (StVÄG) vom 17.03.199760 in den heutigen §§ 81a III, 81c V S. 2, 81e und 81f StPO eine Rechtsgrundlage geschaffen, worin die Durchführung der DNA-Analyse geregelt wurde.

Aufgrund zahlreicher Fälle mit Sexualbezug im Jahre 1998 wurde zusätzlich das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz (DNA-IFG) vom 07.09.199861 geschaffen, um DNA sowohl für Altfälle (Retrograd-Erfassung) als auch für künftige Verfahren (Vorwärts-(Retrograd-Erfassung) zu speichern. Dies beinhaltete die Einführung des § 81g StPO. Die Einführung dieser Gesetze verursachte jedoch zahlreiche Probleme, da § 81g StPO bzw. § 2 DNA-IFG zu ungenau gefasst wurden.62

Daraufhin wurde das Gesetz zur Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetz vom 02.06.199963 erlassen. Jedoch erst Art. 10 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des

60 BGBl. I 1997, Nr. 18, S. 534 f.

61 „Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung (DNA-Identitätsfeststellungsgesetz)“, BGBl. I 1998, Nr. 61, S. 2646 f.

62 Siehe Graalmann-Scheerer, „Entwicklung und Tendenzen der

molekulargenetischen Untersuchung im Strafverfahren“, in: Sokol, Der gläserne Mensch, S. 39 [40 f.] mwN.

63 BGBl. I 1999, Nr. 29, S. 1242 f.

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Strafverfahrensrechts 1999 (StVÄG 1999) vom 02.08.200064 hat die vorhandenen Probleme hinreichend beseitigt.65

Weitere Änderungen ergaben sich mit dem Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung vom 06.08.200266 sowie mit dem Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27.03.200367.

Mit Einführung des Gesetzes zur Novellierung der DNA-Analyse (DNA-Gesetz) vom 12.08.200568 sind sowohl das DNA-IFG als auch sämtliche vorherigen Änderungen hinfällig geworden, vgl. Art. 4 DNA-Gesetz. Einzig die Änderungen des StVÄG 1997 –mit Ausnahme des § 81f StPO – sowie die Änderung des § 81e I S. 1, 2.

HS durch das letzte Änderungsgesetz vom 27.03.2003 genossen noch Geltung, da diese durch das DNA-Gesetz nicht berührt wurden. Mit der Einführung des DNA-Gesetzes wurden zahlreiche Änderungen vorgenommen. Zum einen wurde der Richtervorbehalt für Spurenmaterial gestrichen und zum anderen wurde ein Einwilligungsvorbehalt für den Betroffenen in Bezug auf Personendaten eingeführt. Bei den Anlasstaten zur Speicherung der Daten in der DNA-Datei wurden die Anforderungen herabgesetzt, d.h. zur Speicherung reicht bereits die wiederholte Begehung irgendeiner Straftat aus. Das letztgenannte Kriterium reicht auch für die Negativprognose, d.h. für die Speicherung ist es zukünftig hinreichend, wenn prognostiziert werden kann, dass der Betroffene irgendwann wieder eine Straftat begeht. So reicht es schon aus, wenn eine Person bereits wegen Ladendiebstahls

64 BGBl. I 2000, Nr. 38, S. 1253 ff.

65 Siehe Graalmann-Scheerer, „Entwicklung und Tendenzen der

molekulargenetischen Untersuchung im Strafverfahren“, in: Sokol, Der gläserne Mensch, S. 39 [41].

66 BGBl. I 2002, Nr. 56, S. 3018 f.

67 BGBl. I 2003, Nr. 67, S. 3007 ff.

68 BGBl. I 2005, Nr. 49, S. 2360 ff.

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bekannt ist und nun nochmals ein Vergehen begeht, indem sie bspw. eine Zahnbürste für zwei Euro stiehlt. Allein diesbezüglich erscheint die Verhältnismäßigkeit sehr fraglich. Eine diesbezügliche Prüfung bleibt jedoch anderen Arbeiten vorbehalten.

Im Übrigen wurde nun auch der Reihengentest gesetzlich festgeschrieben.

Heute dürfte die Diskussion um die Entnahme von DNA-Zellen ihre Schärfe verloren haben. Die Gesetze sind nun wesentlich präziser gefasst und letztlich führt eine DNA-Untersuchung nicht nur zur Überführung des Täters, sondern dient in vielen Fällen auch zum Beweis der Unschuld. So wurde im Rahmen einer Studie des amerikanischen Justizministeriums festgestellt, dass in 28 dokumentierten Fällen die Unschuld jener Täter, welche bereits zu Tode bzw. zu lebenslanger Haft verurteilt waren, durch nachträgliche DNA-Tests bewiesen werden konnte.69

2. ÜBERBLICK ÜBER DIE AKTUELLE GESETZESLAGE

Die molekulargenetische Untersuchung ist heute in den §§ 81e ff.

StPO geregelt.

§ 81e StPO regelt die molekulargenetische Untersuchung in anhängigen Verfahren. Für die Gewinnung der DNA sind allerdings § 81a und 81c StPO heranzuziehen, da in § 81e StPO nur die DNA-Analyse selbst geregelt ist. Somit ist nicht nur für die Gewinnung des Probenmaterials ein Richtervorbehalt vorgeschrieben, sondern auch für die Untersuchung des Materials (vgl. § 81f StPO). Zeitweise wurde die Streichung des Richtervorbehalts diskutiert, was jedoch wieder verworfen wurde.

Eine DNA-Analyse kann nicht mit einem herkömmlichen

69 Siehe Connors, E. et al.: Convicted by Juries, Exonerated by Science: Case Studies in the Use on DNA Evidence to Establish Innocence after Trial; Nogala, in: CILIP 61.

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Fingerabdruck verglichen werden. Nicht ohne Grund hat das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen70 festgehalten, dass die DNA-Analyse nur mit Blick auf die derzeitigen Voraussetzungen verfassungsmäßig ist, d.h. es muss eine Tat von erheblicher Bedeutung vorliegen, welche eine negative Prognose zulässt. An eine DNA-Analyse ohne richterliche Anordnung ist also nicht zu denken.71

§ 81e StPO teilt sich wiederum auf in die Analyse von Personen-DNA (Abs. 1) und in die von Spurenmaterial (Abs. 2).

§ 81g StPO regelt die DNA-Untersuchung zur Feststellung der Identität in künftigen Strafverfahren. In dieser Vorschrift ist nicht nur die genetische Untersuchung geregelt, sondern auch die Erhebung, also die Entnahme von Körperzellen. Da dieser Eingriff schwer wiegt, sind die Voraussetzungen auch strenger geregelt. Es bedarf einer Straftat von erheblicher Bedeutung bzw. der wiederholten Begehung und einer Negativprognose. Des Weiteren muss die Entnahme erforderlich und verhältnismäßig sein. Die Körperzellen sind nach § 81g II S.1 StPO sofort zu vernichten, wenn die Analyse abgeschlossen ist. Das aus den Zellen gewonnene Identifizierungsmuster wird gemäß den Bestimmungen des Bundeskriminalamtgesetzes (BKAG) in einer Datei gespeichert.

Zu beachten ist, dass auch die durch die nach § 81e StPO durchgeführte Untersuchung gewonnenen Identifizierungsmuster in der DNA-Datei gespeichert werden können, vgl. § 81g V StPO.

Hierzu ist allerdings im Unterschied zu § 81g StPO die Benachrichtigung des Beschuldigten erforderlich. Des Weiteren steht dem Beschuldigten dann das Recht der richterlichen Überprüfung zu.

70 Siehe u.a. BVerfG, Urteil vom 15.03.2001, 2 BvR 1841/00, in: NJW 2001, S. 2320 ff.;

BVerfG, Urteil vom 12.03.2003, 1 BvR 330/96, in: NJW 2003, S. 1787 ff.

71 Siehe Pressemitteilung (5/05) des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, in:

RDV 2/2005, S. 89.

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