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Gesetzesziel des KrWG 178

Im Dokument 03/2018 (Seite 179-184)

5 Klimaanpassung als Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge

5.5 Öffentliche Abfallbeseitigung

5.5.1 Öffentliche Abfallbeseitigung als Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge

5.5.4.1 Gesetzesziel des KrWG 178

Das nationale Kreislaufwirtschaftsrecht bezweckt gemäß § 1 KrWG, die Schonung der natürlichen Res-sourcen zu fördern und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicher zu stellen. Die Zielbestimmung des Gesetzes steht in unmittelbarem Zusammen-hang mit der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (auch in Verantwortung für künftige Generationen), welche die Exekutive und Judikative bei der An-wendung und Auslegung einfachgesetzlicher Regelungen zu berücksichtigen haben.905

Die natürlichen Lebensgrundlagen sind durch die Auswirkungen des Klimawandels besonders betrof-fen und in vieler Hinsicht in gefährdet (bspw. durch Hochwasser und Hitzebelastungen).906 Insofern verfolgt Art. 20a GG insb. das Ziel, Mensch und Umweltmedien907 vor Beeinträchtigungen zu schützen und zu bewahren. Aus diesem Schutzumfang ergibt sich eine Schnittmenge zur Klimaanpassung hin-sichtlich der Beseitigung bereits eingetretener Schäden und der vorsorgenden Verhinderung des Ent-stehens möglicher zukünftiger908, nicht völlig auszuschließender Schäden an den natürlichen Lebens-grundlagen, die durch den Klimawandel hervorgerufen werden.909 Geboten ist demnach die Gefahren-abwehr, ebenso wie die Risikovorsorge.910

Die vollziehende Gewalt hat am o. g. Auftrag der vorsorgenden Verhinderung des Entstehens mögli-cher zukünftiger Schäden an den natürlichen Lebensgrundlagen im Einklang mit der geltenden Rechts-ordnung mitzuwirken.911 Diese Verpflichtung trifft auch die Kommunen. Diese sind als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger insoweit aufgefordert, die soeben erörterten Inhalte des Art. 20a GG im Hinblick auf die Anpassung an den Klimawandel bei der Auslegung von Gesetzen sowie im Rahmen ihrer Ermessen- und planerischen Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen.912

5.5.4.2 Pflichten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger

Nach § 20 Abs. 1 S. 1 KrWG haben die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die in ihrem Gebiet gefallenen und überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Beseitigung aus an-deren Herkunftsbereichen nach Maßgabe der §§ 6 – 11 KrWG zu verwerten oder nach Maßgabe der

§§ 15 und 16 KrWG zu beseitigen. Das Gesetz weist den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern keine originäre Entsorgungsverantwortung zu, sondern nur eine Verpflichtung zur Entsorgung der ihnen in ihrem Zuständigkeitsbereich überlassenen Abfälle (s. § 17 Abs. 1 KrWG).913

Bezug zur Anpassung an den Klimawandel kann insb. aus den Grundpflichten der Abfallbeseitigung nach § 15 KrWG hergeleitet werden, die sich gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 KrWG ausdrücklich an die öffent-lich-rechtlichen Entsorgungsträger richten. Die Beseitigung von Abfällen und damit die dauerhafte Herausnahme aus der Kreislaufwirtschaft stellt die letzte Stufe der fünfstelligen Abfallhierarchie (§ 6

905 Beckmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, KrWG Kommentar, 76. EL Mai 2015, § 1 Rn. 3.

906 Reese, in: Reese et al., Rechtlicher Handlungsbedarf für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, 2010, S. 27.

907 Hierzu zählen Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Tiere und Pflanze sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen; s.

Hömig, in: Hömig, GG Kommentar, 10. Auflage, 2013, Art. 20a Rn. 2.

908 Art. 20a GG ist zudem zukunftsbezogen („… auch in Verantwortung für die künftigen Generationen…“).

909 Hierzu Fischer, Grundlagen und Grundstrukturen eines Klimawandelanpassungsrechts, Tübingen 2013, S. 75.

910 Hömig, in: Hömig, GG Kommentar, 10. Auflage, 2013, Art. 20a Rn. 2.; Fischer, Grundlagen und Grundstrukturen eines Kli-mawandelanpassungsrechts, 2013, S. 76.

911 Hömig, in: Hömig, GG Kommentar, 10. Auflage, 2013, Art. 20a Rn. 6.

912 Vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 2014, Art. 20a Rn. 21.

913 Dippel, in: Giesberts/Reinhardt (Hrsg.), Beck`scher Online Kommentar Umweltrecht, KrWG, Ed. 36, Stand: 01.07.2015,

§ 20 Rn. 1.

179 Abs. 1 KrWG) dar.914 § 15 Abs. 2 S. 1 KrWG bestimmt, dass Abfälle so zu beseitigen sind, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Der als unbestimmter Rechtsbegriff voll justiziable Termi-nus der Beeinträchtigung des Allgemeinwohls wird in § 15 Abs. 2 S. 2 KrWG durch die Regelbeispiel-technik näher beschrieben.915 Die dort aufgezählten Belange sind als Auslegungshilfe zu verstehen und bilden keine absoluten Ausschlussgründe, sondern im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Faktoren, die jeweils mit dem grundsätzlichen öffentlichen Interesse an der Durchführung der Beseiti-gungsmaßnahme konkurrieren.916

So konkretisiert bspw. § 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 KrwG die grundrechtlich vorgesehene staatliche Schutz-pflicht für die körperliche Unversehrtheit. Eine Beeinträchtigung ist bereits schon dann anzunehmen, wenn eine konkrete Gefährdungslage für das Schutzgut menschliche Gesundheit gegeben ist.917 Glei-ches ist anzunehmen bei einer konkreten Gefährdungslage für das biologische Gleichgewicht sowie für die Umweltmedien Boden, Wasser und Luft, Tiere und Pflanzen (s. etwa § 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 KrWG).

Die in § 15 Abs. 2 S. 2 KrWG genannten Schutzgüter stehen in keiner Rangfolge; dennoch ergibt sich verfassungsrechtlich ein Vorrang der menschlichen Gesundheit und aus Art. 20a GG eine verfassungs-rechtliche Hervorhebung der Umweltmedien, so dass sich schon hieraus das Gebot der Schaffung einer angemessenen Entsorgungsinfrastruktur herleiten lässt.918 Insofern sind die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der durch den Klimawandel verursachten Herausforderungen (s. Ab-schnitt 5.5.2) angehalten, für die gesamte Bandbreite der Beseitigung von Siedlungsabfällen (z. B. Ein-sammeln, Befördern, Behandeln von Abfällen) geeignete Maßnahmen zur Anpassung der Entsorgungs-infrastruktur (s. Abschnitt 5.5.3) zu treffen und damit konkrete Gefahren für die menschliche Gesund-heit919 abzuwehren.

§ 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 KrWG geht zudem von einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit aus, wenn die Ziele oder Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung nicht beachtet werden.

§ 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 KrWG verlangt von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern daher die

„Wahrung“ der Belange der Raumordnung.920 Wie in den Ausführungen zur Klimaanpassung im ordnungsrecht (s. Abschnitt 2) bereits ausführlich dargestellt, beinhalten die Grundsätze der Raum-ordnung nunmehr auch den Schwerpunkt Klimawandel und greifen zudem die Anpassung hieran auf.

Insoweit heißt es in § 2 Abs. 2 Nr. 6 S. 7 ROG: „Den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes ist Rechnung zu tragen, sowohl durch Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen." Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben insofern Aspekte der Klimaanpassung (als Grundsatz der Raumordnung) bei der Beseitigung von Abfällen zu beachten, um diese gemeinwohlverträglich durchzuführen.921

5.5.4.3 Berücksichtigung der Klimaanpassung in Abfallwirtschaftsplänen und Abfallwirtschaftskonzep-ten

Eine erhebliche Bedeutung im Rahmen der Anpassung an den Klimawandel kommt den Abfallfallwirt-schaftsplänen der Länder (§ 30 KrWG) sowie den Abfallwirtschaftskonzepten der öffentlich-rechtli-chen Entsorgungsträger auf kommunaler Ebene (§ 21 KrWG) zu. Abfallwirtschaftliche Planungen sind

914 Hoppe/Beckmann/Kauch, Umweltrecht, 2. Auflage, 2000, § 30 Rn. 43.

915 Erbguth/Schlacke, Umweltrecht, 3. Auflage, 2010, § 12 Rn. 61.

916 Garrelmann, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 15 Rn. 24.

917 Vgl. Garrelmann, in: Schink/Versteyl (Hrsg.), KrWG Kommentar, 2012, § 15 Rn. 28.

918 Schomerus, in: Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG Kommentar, 2012, § 15 Rn. 34.

919 bspw. Infektionsgefahr durch stark kontaminierte Abfälle infolge von Hitzeperioden oder Hochwasser, vgl. Garrelmann, in:

Schink/Versteyl, KrWG Kommentar, 2012, § 15 Rn. 28.

920 Queitsch, in: Giesberts/Reinhardt (Hrsg.), Beck`scher Online Kommentar Umweltrecht, KrWG, 2016, § 15 Rn. 19.

921 Vgl. Garrelmann, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 15, Rn. 6.

180 vorsorgeorientiert und sollen den öffentlichen Verwaltungen, der Wirtschaft sowie der Bürgerschaft vorausschauende, langfristig angelegte Zielsetzungen als Leitlinien vorgeben.922

Die in § 30 KrWG geregelte und in die Zuständigkeit der Länder fallende Abfallwirtschaftsplanung dient der vorausschauenden zentralen Steuerung der Abfallströme unter Berücksichtigung ökologi-scher und ökonomiökologi-scher Gesichtspunkte.923 Der Abfallwirtschaftsplan schafft dabei die Rahmenbedin-gungen für die Landkreise, kreisfreien Städte und Abfallverbände beim Umgang mit Abfall. Vorge-nannte Institutionen sind neben den Gemeinden im Aufstellungsverfahren zu beteiligen (§ 31 Abs. 2 KrWG).

Die für die Erstellung des Abfallwirtschaftsplans zuständigen Stellen (d. h., die oberste Abfallbehör-den) sind u. a. verpflichtet, die Ziele für die Abfallvermeidung, -verwertung, -beseitigung und für die Sicherung hinreichender Beseitigungskapazitäten festzulegen (§ 30 Abs. 1 KrWG), den Entsorgungsbe-darf auch langfristig zu ermitteln (mind. für zehn Jahre gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 KrWG) und unter Be-rücksichtigung der Raumordnung sowie in Abstimmung mit sonstigen betroffenen Fachbehörden und den Gemeinden ein geeignetes Konzept zur zielgerechten Bewältigung der Entsorgungsaufgaben fest-zulegen.924 Zudem wird die Ausweisung geeigneter Flächen (Standortvorsorge) für Deponien, für sonstige Abfallbeseitigungsanlagen sowie für Abfallentsorgungsanlagen vorgeschrieben (§ 30 Abs. 1 S.

3 Nr. 2 KrWG).

Mit der fachgesetzlichen Raumordnungsklausel in § 30 Abs. 5 KrWG wird die Art und Weise des Zu-sammenwirkens zwischen Abfallwirtschaftsplanung und Raumordnung fachgesetzlich normiert, um so auch die in § 30 Abs. 1 S. 1 KrWG genannte Überörtlichkeit der Planung zu gewährleisten.925 Inso-fern sind die Ziele der Raumordnung zu beachten (d. h. verbindlich umzusetzen) und die Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen. Die Grundsätze der Raumordnung stellen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen dar; sie müssen also in die Abwägung mit einbezogen werden. Die Klimaanpassung wurde explizit in den Grundsätzen der Raum-ordnung verankert (s. § 2 Abs. 2 Nr. 6 S. 7 ROG). Insoweit kann auf die Ausführung zur Klimaanpas-sung im Raumordnungsrecht (s. Kapitel 2) verwiesen werden. Somit bedürfen die Grundsätze der Raumordnung einer abwägenden Konkretisierung durch die Ziele der Abfallwirtschaftsplanung.926 In der Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans Sachsen aus dem Jahr 2009 wurden gemäß der Verord-nung der Sächsischen Staatsregierung über den Landesentwicklungsplan Sachsens (LEP 2003) vom 16. Dezember 2003 bspw. folgende Grundsätze berücksichtigt:

Die Sicherung der Abfallentsorgung ist durch Bereitstellung geeigneter Flächen zu unterstüt-zen.

Die Entsorgungssicherheit ist vorausschauend und für „Katastrophenfälle“ (insb. Hochwasser) zu gewährleisten. 927

922 Kranert/Cord-Landwehr, Einführung in die Abfallwirtschaft, 2010, S. 23.

923 Kleve, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 30 Rn. 22.

924 Reese/Möckel, in: Reese et al., Rechtlicher Handlungsbedarf für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, 2010, S. 174.

925 Kleve, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 30 Rn. 52.

926 Kleve, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 30 Rn. 55.

927 Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, Abfallwirtschaftsplan für den Freistaat Sachsen, Fortschreibung 2009, S. 9.

181 Insofern wird in der Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans bekräftigt, dass situationsbedingt an-fallende Abfälle (z. B. nach einem Hochwasser) von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern ge-mäß den geltenden Rechtsvorschriften (insb. des KrWG) zu entsorgen sind. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger haben zur schnellen und reibungslosen Zwischenlagerung dieser Abfälle vorhan-dene geeignete Flächen auszuwählen (Flächenvorsorge), damit die Abfälle sodann einer ordnungsge-mäßen Entsorgung zugeführt werden können. Hierzu erforderliche Festlegungen treffen die zuständen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in ihren Abfallwirtschaftskonzepten nach § 21 KrWG.928 Auch der Landesabfallwirtschaftsplan Thüringen aus dem Jahr 2011 erkennt in den Zielen der Abfall-bewirtschaftung bereits an, dass nach Hochwasserereignissen kurzfristig ein Bedarf geeigneter Flä-chen zur schnellen und reibungslosen ZwisFlä-chenlagerung von Abfällen außerhalb der öffentliFlä-chen Re-gelentsorgung auftreten kann.929

Insbesondere das Beispiel der sächsischen Abfallwirtschaftsplanung auf Landesebene zeigt, dass die vorausschauende planungsrechtliche Flankierung der Entsorgungsinfrastruktur unter Berücksichti-gung der zu erwartenden Entwicklungen Möglichkeiten für eine Anpassung an klimatisch veränderte Erfordernisse bietet. Neben den bereits vielfältig eingearbeiteten Aspekten des Klimaschutzes in der Abfallwirtschaft werden Aspekte der Klimaanpassung zunehmend eine Rolle spielen, um die Entsor-gungssicherheit langfristig zu gewährleisten. Zudem sind die Abfallwirtschaftspläne gemäß § 31 Abs. 5 KrWG mind. alle sechs Jahre auszuwerten und bei Bedarf fortzuschreiben. Insoweit setzt die Auswer-tung eine Prüfung und Auseinandersetzung mit den Planinhalten vor dem Hintergrund aktueller Ent-wicklungen voraus.930 Die Revision der Abfallwirtschaftspläne eröffnet im Rahmen der Klimaanpas-sung die Chance, unvorhergesehene Veränderungen und neue Erkenntnisse über künftigen Anpas-sungsbedarf in die Planüberlegungen einzubeziehen.

Ein weiteres zur Klimaanpassung geeignetes Planungsinstrument stellen die Abfallwirtschaftskon-zepte nach § 21 KrWG dar, wobei sich die genauen Anforderungen an solch ein Konzept nach Landes-recht richten (so etwa nach § 2 SächsABG). Sie bilden zudem eine wesentliche Grundlage der Abfall-wirtschaftsplanung der Länder (vgl. Gegenstromprinzip des § 30 Abs. 2 S. 2 KrWG). Bei den Abfallwirt-schaftskonzepten handelt es sich um kommunale Planentscheidungen der öffentlich-rechtlichen Ent-sorgungsträger, in denen Stand, Ziele und Entwicklung der öffentlichen Abfallentsorgung dargelegt werden (vgl. § 20 SAWG931, § 5a LAbfG NRW). Sie bilden den Kern einer langfristigen, transparenten, bürgernahen und verantwortlichen kommunalen Daseinsvorsorge auf dem Gebiet der Abfallentsor-gung.932

Weiterhin haben die kommunalen Abfallwirtschaftskonzepte die Aufgabe, die Entsorgungsinfrastruk-tur auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger darzustellen (Ist-Zustand). Hierbei sind Überlegungen erforderlich, wie die Entsorgungsinfrastruktur fortentwickelt werden soll

928 Siehe hierzu Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, Abfallwirtschaftsplan für den Freistaat Sachsen, Fort-schreibung 2009, S. 117.

929 Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, Landesabfallwirtschaftsplan Thüringen (LAWP 2011), S. 13.

930 Kleve, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 31 Rn. 24.

931 Saarländisches Abfallwirtschaftsgesetz vom 26.11.1997, ABl. Saarland Nr. 58 vom 30.12.1997, S. 1352, zuletzt geändert am 16.07.2014 durch Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1833 zur Änderung abfallrechtlicher Vorschriften, ABl. Saarland I Nr. 20 vom 07.08.2014, S. 326.

932 OVG Münster, Beschluss vom 16.03.1995 - 15 B 2839/93.

182 Zustand).933 Sie sind daher grundsätzlich auf eine Dynamik und Weiterentwicklung der Entsorgungs-infrastruktur des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers angelegt.934 Dies zeigen auch die landes-rechtlich verankerten regelmäßigen Fortschreibungsfristen für Abfallwirtschaftskonzepte (bspw. § 6 Abs. 6 S. 2 BbgAbfBodG935, § 2 Abs. 1 S. 1 SächsABG).

Um die Entsorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten, sind zunehmend Überlegungen zur Anpas-sung der Entsorgungsinfrastruktur an die Auswirkungen des Klimawandels anzustellen und konkrete Maßnahmen in die kommunalen Abfallwirtschaftskonzepte zu integrieren. Bspw. enthält das Abfall-wirtschaftskonzept der Stadt Dresden (in Anlehnung an den Abfallwirtschaftsplan auf Landesebene) bereits vorsorgende Maßnahmen zur Sicherstellung der Entsorgung bei Katastrophenfällen und Groß-schadensereignissen.936 Das Abfallwirtschaftskonzept nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf die Aus-wirkungen der Hochwasserereignisse der letzten Jahre und stellt die Weiterentwicklung und Anpas-sung der Entsorgungsinfrastruktur hieran dar (bspw. durch AusweiAnpas-sung von Flächen zur Zwischenla-gerung von Abfällen).937

Auf der Grundlage der Abfallwirtschaftskonzepte können zudem die Öffentlichkeitsarbeit auf Ziele und Entwicklungen in der kommunalen Abfallwirtschaft ausgerichtet (vgl. etwa § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 BgbAb-fBodG) und insb. Bürgerinnen und Bürger für die Auswirkungen des Klimawandels sensibilisiert wer-den.

Kommunale Satzungen

Kraft ihrer Satzungsautonomie verfügen die Kommunen bei der rechtlichen Ausgestaltung von Abfall-wirtschafts- bzw. Abfallentsorgungssatzungen über weitreichende Spielräume.938 Die Gemeinden sind daher berechtigt, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (d. h., auch die Abfallentsorgung) in der ihren eigenen Zweckvorstellungen entsprechenden Art und Weise zu normieren.939 Satzungen müssen sich allerdings am höherrangigen Recht messen lassen und sich insoweit in deren Rahmen halten. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger regeln durch die Abfallwirtschafts- bzw. Abfall-entsorgungssatzungen die genauen Modalitäten der Abfallbeseitigung in ihrem Gebiet, bspw. die von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu entsorgenden Abfallarten, den Anschluss- und Be-nutzungszwang an die Einrichtungen der Abfallwirtschaft sowie die Benutzung der Abfallbehälter. Ge-genüber den betroffen Bürgern entfaltet die Satzung Außenwirkung, sodass sie durch den Satzungsin-halt berechtigt und verpflichtet werden.

Die satzungsrechtlichen Regelungen der Abfallentsorgung bieten durchaus Möglichkeiten, die Klima-anpassung in das kommunalrechtliche Regelwerk zu integrieren oder gar konkrete Anpassungsmaß-nahmen aufzugreifen. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein entsprechendes Problembewusstsein für die Herausforderungen des Klimawandels im Hinblick auf die kommunale Entsorgungsinfrastruk-tur. Verschiedene Ansatzpunkte zur Anpassung der Abfallwirtschafts- bzw. Abfallentsorgungssatzun-gen an den Klimawandel werden nachfolAbfallentsorgungssatzun-gend beispielhaft dargestellt.

933 Schink, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 21 Rn. 9.

934 Schink, in: Versteyl/Schink, KrWG Kommentar, 2012, § 21 Rn. 14.

935 Brandenburgisches Abfall- und Bodenschutzgesetz vom 06.06.1997 (GVBl.I/97, [Nr. 05], S.40), zuletzt geändert durch Ar-tikel 11 des Gesetzes vom 10.07.2014 (GVBl.I/14, [Nr. 32]).

936 Landeshauptstadt Dresden, Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft, Abfallwirtschaftskonzept 2013, S. 36.

937 Landeshauptstadt Dresden, Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft, Abfallwirtschaftskonzept 2013, S. 37 f., 63.

938 BVerfGE 9, 337, VGH München, NVwZ 1987, 154.

939 Geis, Kommunalrecht, 2008, § 8 Rn. 4.

183 Die Satzungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (sowie einige Bauordnungen der Län-der940) enthalten bauliche Anforderungen an Abfallbehälterstandplätze, Transportwege sowie Zufahr-ten.941 Hier können entsprechende Einzelheiten für den Bau von klimaangepassten Standplätzen auf-genommen werden, bspw. Stellplatzbegrünung zur Verschattung, Entwässerungslücken oder Verwe-hungsschutz.

Des Weiteren enthalten die Satzungen Regelungen zur Zeit und Häufigkeit der Leerung der Abfallbe-hälter. Entsprechende Maßnahmen zur Anpassung des Abfuhrturnus können hier festgeschrieben werden. So enthält bspw. die Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Essen bereits den Passus, dass die Stadt in besonderen Fällen eine andere Leerungsfolge bestimmen kann und dies in geeigneter Weise bekannt macht.942 Insb. bei lang anhaltenden Hitzeperioden sind flexible Regelungen zum Abfuhrtur-nus begrüßenswert.

In den Satzungen sind zumeist Regelungen bei Unterbrechung der Abfallentsorgung (etwa durch hö-here Gewalt, Streik oder betriebliche Belange) enthalten. Allerdings wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Abfuhr sobald als möglich nachgeholt wird.943 Hier können bereits Regelungen zur Verhal-tensvorsorge für betroffene Bürger, etwa bei Hochwasser oder Extremereignissen, ausgenommen werden, insb. wie mit den angefallenen Abfällen in Ausfallzeiten umzugehen ist, oder ob zu diesen Zei-ten ggf. ein Bring-System eingeführt werden kann.

5.6 Energieversorgung

Im Dokument 03/2018 (Seite 179-184)