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Eine Strategie, um dem Bedrohungsszenario des gesellschaftlichen Abstiegs zu begegnen und gleichzeitig den Anschluss an die besser situierte Klasse nicht zu verpassen, ist, im Kontext der Gramsci’schen Assimilierung, auch die Aneignung ihres Habitus. In Anlehnung an Norbert Elias (1897–1990) prägte Bourdieu die fachterminologische Verwendung des Begriffs, den er in seiner StudieDie feinen Unterscheidezum Teil auch mit„Hexis“oder„ Dispositions-system“synonym setzt.20

Habitus ist eine vom Erfahrungswert beeinflusste Konstruktion und umfasst das gesamte Auftreten einer Person: Lebensstil, Geschmack sowie Sprache und Kleidung, die in Summe den Status und die soziale Zugehörigkeit abbilden. Für Schaukals Habitus war sein früher Umgang mit den Wiener Kaffeehaus-Dichtern entscheidend. Die später vorgebrachte Ablehnung ist dabei ex negativo ein Be-standteil der Habitusfestigung als unabhängiger Dichter, der eines literarischen Zirkels zur Geschmacksfindung nicht bedarf. Abgesehen von diesen ersten Erfah-rungen im Umgang mit der Wiener Kulturszene des Fin de Siècle prägten vor allem Militär und Adel Schaukals Weltanschauung und seine sozialen Praxisfor-men. Während seiner Zeit in Mährisch-Weißkirchen (1899–1903) verkehrte er mit den an der Kavallerie-Kadettenanstalt als Lehrer wirkenden Offizieren.

19Schaukal: Mathias Siebenlist. In: WE. Bd. 4: Erzählungen. München/Wien 1966, S. 121174, hier S. 136137.

20Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 283 und S. 25.

Der Kontakt zum böhmisch-mährischen Adel, mit dem der junge Beamte in Berührung kam und der sich nicht zuletzt im Briefverkehr mit Marie von Ebner-Eschenbach ausdrückt, war von entscheidender Bedeutung für die Etablierung seiner aristokratischen Gesinnung. Schaukals Standesaspiration schlägt sich in den frühen Werken nieder, etwa in der Person Hectors im Drama Scenen aus einer Gesellschaft junger Leute(1902); der junge Dekadent bekennt:„Ich bin ein Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle [. . .]. Die Freunde würden über mich herfal-len [bei diesem Bekenntnis, CM]. Und dabei bin ich bürgerlich.“21

Haltung und Attitüde bedeuteten für den angehenden Dichter und Ministe-rialbeamten mehr als den bloß körperlichen Ausdruck einer vorgezeigten Klas-senzugehörigkeit. Bourdieu definiert den Habitus als„Erzeugungsprinzipobjektiv klassifizierbarer Formen von Praxis und Klassifikationssystem (principium divi-sionis) dieser Formen“, womit gemeint ist, dass der Habitus einheitsstiftende Praxisformen hervorbringt, zum Beispiel das Sammeln und Pflegen von antiquar-ischen Büchern, und dass jene Praktiken den Akteur natürlich auch klassifizier-bar machen. Das Anlegen einer Sammlung ist für Bourdieu ein kleinbürgerliches Merkmal, an dem der Wunsch nach dem Wechsel in eine höhere Position haf-tet.22Als ahnte Schaukal, dass es diese prekäre Klassifikation zu entkräften gälte, unterschied er zwischen dem bibliophilen Büchersammler und dem ernsthaften Leser (sich selbst), der die äußerliche wie geistige Ästhetik eines Buches wertzu-schätzen weiß:

Ich bin es [bibliophil] nicht in dem Sinne, wie ihn der Begriff erheischen mag. Ich liebe nicht Bücher um der Bücher willen, mir ist das schönste Buch gleichgültig, wenn sein Inhalt mit mir nichts zu tun hat. Ichsammlekeine Bücher. Ich interessiere mich weder für Bibliotheken noch für das Bücherwesen überhaupt. Und was die Vereinigungen von Bibliophilen ihren Mitgliedern an Jahresgaben zu bieten pflegen, entspricht ebenso wenig wie Hundertdrucke und derleifertigeSachenfast nie dem, was ich mir unter einem erwünschten und sonst schwer zu beschaffenden Buche vorstelle.23

Mit „Wollust“habe ihn Kürschners Deutsche National-Litteratur erfüllt, „jene gelbbrochierten Bände mit schwarzem und rotem Titeldruck.“24

Geschmacksurteile als Ausdrucksformen einer klassenspezifischen Haltung sind ganz wesentliche Praxisformen Schaukals. Die Neigung und Fähigkeit, sich Gegenstände und Praktiken einer bestimmten Klasse anzueignen, prägen

21 Schaukal: Scenen aus einer Gesellschaft junger Leute. In: Schaukal: Einer, der seine Frau besucht und andere Scenen. Dramatische Skizzen. Linz 1902, S. 104.

22 Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 206.

23 Schaukal: Meine Bücher. In: Deutscher Bibliophilen-Kalender für das Jahr 1914. Jahrbuch für Bücherfreunde und Büchersammler. Hg. von Hans Feigl. Wien 1914, S. 5865, hier S. 59.

24 Schaukal: Meine Bücher, S. 61.

und konstituieren den„Raum der Lebensstile“25oder, so Bourdieu deutlicher:

Die Lebensstile sind Produkte des Habitus.26 Diese setzen sich wiederum zu-sammen aus Eigenschaften, objektivierten Gütern (Bücher, Möbel, Kleidung, Häuser etc.) und den Praktiken, die als distinktive Merkmale zur Abgrenzung gegenüber den anderen Klassen sichtbar sein sollen (zum Beispiel Theaterbesu-che oder sportliTheaterbesu-che Aktivitäten).

Wenn Schaukal abwertend über Fragen der Inneneinrichtung oder des Klei-dungsstils schwadroniert, dann bestätigt er die dem Habitus inhärente Funkti-onsweise: die Konstituierung und Konturierung der sozialen Identität in der Differenz. Die Gegenstände einer geschmackvollen Einrichtung werden zu Bedeu-tungsträgern und Zeichen aufgeladen, diephysische Ordnungder Dinge in eine symbolische Ordnungübertragen und ihre Distinktionsmerkmale ostentativ nach außen gekehrt.27Soziale Gegensatzpaare bilden dabei die entscheidenden Struk-turierungsformen der hervorgebrachten Praxis und ihrer Wahrnehmung.28

Schaukals Geschmacksurteile richteten sich aber nicht allein auf Innenräume und Gebrauchs- oder Sammelobjekte, sondern auch auf die Stadt und ihre archi-tektonische Gestaltung, wie in seiner Kritik an den Wiener Zinskasernen ersicht-lich wird, die den Umstand städtischer Wohnungsnot unterprivilegierter Klassen gänzlich ignoriert.29

Wie Adolf Loos und Karl Kraus sah auch Schaukal einen Zusammenhang zwischen dem architektonischen Ornament im Historismus und Jugendstil, dem sprachlichen Ornament der Phrase in den Zeitungsfeuilletons und einer allgemeinen moralischen Dekadenz.„Ethik und Ästhetik sind eins“, so eine bekannte Passage in Wittgensteins (1889–1951) 1918 vollendetemTractatus lo-gico-philosophicus.30 Loos vertritt in Ornament und Verbrechen (1908) den Standpunkt, dass Körperschmuck wie etwa Tätowierungen indigene Abstam-mung oder kriminelle Gesinnung ausdrücke und Verzierungen somit Zeichen der Vormoderne oder Stigmata eines Verbrechers darstellen. Daher sei„ Evo-lution der kultur [. . .] gleichbedeutend mit dem entfernen des ornamentes aus dem gebrauchsgegenstande.“31 Ein ökonomischer Kritikpunkt am Ornament

25Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 277278 und S. 282283.

26Vgl. Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 281.

27Vgl. Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 282284.

28 Vgl. Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 279.

29Vgl. das Kapitel Bemerkungen zur ästhetischen Wohnungsnotin: Schaukal: Vom Ge-schmack. Zeitgemäße Laienpredigten über das Thema Kultur. München 1910, S. 1722.

30 Wittgenstein, Ludwig: Tractatus logico-philosophicus. 1922. Online: http://www.gutenberg.

org/ebooks/5740 § 6.421, S. 159. (Zuletzt: 11.9.2018).

31 Adolf Loos: Ornament und Verbrechen. In: Adolf Loos: Sämtliche Schriften in zwei Bänden.

Hg. von Franz Glück. Wien/München 1962, Bd. 1, S. 276288, hier S. 277.

ist die Verschwendung an Baumaterial, die durch schmückendes Beiwerk an Gebäuden verursacht werde.

Loos tritt zu einer Zeit auf den Plan, als sich, wie Bourdieu schreibt, die

„Kunst ihrer selbst bewußt“geworden ist und mit„Verneinung, Ablehnung, Ver-zicht“auf das bis dahin vorherrschende Dekor reagierte, welches nur oberflächli-che Befriedigung eines vulgären Geschmacks bedeutete. Verzierungen aus Zement und vergoldete Ornamente wandelten sich mit der Zeit zum Ausdruck eines philis-terhaften Stilempfindens, weswegen sie, so Bourdieu weiter, von Verfechtern eines prätentiösen Geschmacks abgelehnt wurden.32 Loos’ Wirken in Wien ist gleichbedeutend mit dem asketisch-ethischen Einbruch in den ornamentalen Mainstream der Wiener Architekturlandschaft. Zwar kritisierte auch Schaukal„die nutzlose Arbeit“des Dekorierens, von der man sich befreien müsse, um„die Pro-duktion zu vereinfachen“, sodass Handwerker mit geringeren Mitteln höhere Ge-winne erzielen.33Aber er beruft sich dabei nicht nur auf Loos, sondern vor allem auf eine Architektur, wie sie vor dem„eisernen Jahrhundert“realisiert worden sei, also im 18. Jahrhundert, als Kirchen, Bürgerhäuser und Schlösser eine bauliche wie ästhetische Einheit gebildet hätten.34 Gemeint ist damit die architektonisch ausgedrückte, rigide Standesgliederung.

Die Verbindung von Moral, Sprachkritik, Kulturkritik und Architektur themati-siert Schaukal vor allem auch in seiner 1910 veröffentlichten EssaysammlungVom Geschmack. Im Gegensatz zur„ehrlichen Physiognomie“des früheren Wiener Stadt-bildes, trügen die Straßen nun„eine widerlich gemeine Maske.“Dies hänge damit zusammen, dass sich damals eine„schön gestufte Gesellschaftsordnung“in den Bauwerken ausgedrückt habe, die nun von„Barbaren“und„unter dem Gedränge der schändlichen Ankömmlinge“verschandelt worden sei.35Loos spricht von den tätowierten „papua“, die alle ihre Gebrauchsgegenstände verzieren.36 Schaukal greift diese Diktion auf und bezeichnet das Ornament an den geschmückten Bau-werken Wiens als„Hottentottenzier“, eine Gleichsetzung von Zierde und vermeintli-cher Primitivität.37

In einer zwei Jahre später publizierten „grundsätzlichen Glosse“ stellt Schaukal die auch heute noch aktuelle Frage:„Wem gehört die Stadt?“

Aus-32 Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 357.

33 Schaukal: Gegen das Ornament. In: Deutsche Kunst und Dekoration, Bd. 22 (1908), S. 1215, hier S. 15.

34 Schaukal: Vom ästhetischen Wesen der Baukunst. In: Deutsche Kunst und Dekoration, Bd. 21 (1907), S. 4852, hier S. 48.

35 Schaukal: Vom Geschmack, S. 15.

36 Loos: Ornament und Verbrechen, S. 277.

37 Schaukal: Vom Geschmack, S. 16.

schlaggebend für seine Polemik waren bauliche Maßnahmen am Wiener Gra-ben, die zur Intervention der„Vereinigung bildender Künstler Österreichs‚ Se-zession‘ [sic!]“ geführt hatte, von Seiten der Bezirksvertretung aber mit der Begründung zurückgewiesen wurde, Künstler hätten sich in Fragen der Stadt-planung nicht einzumischen.38Wien würde zusehends vermarktet oder musea-lisiert, so Schaukal:„Sieht man wirklich noch die ‚Pestsäule‘, oder steht sie bereits im Museum [. . .]?“39Auch die Grabenfiaker würden durch Stellwagen und Autotaxis verdrängt,40insgesamt gehe die Stadt zusehends in den Besitz von„Hausherren“über, die sie in eine kommerziell ausgebeutete „ Barbaren-Ansiedlung“transformierten.41 Marie von Ebner-Eschenbach und weitere Mit-glieder der Familie Kinsky-Dubský beglückwünschten Schaukal zur Glosse, die ein Anliegen zur Sprache gebracht habe, das alteingesessene und Wahl-Wiener nicht gleichgültig lassen könne.42

Bourdieu meint, dass„sich der gesamte Lebensstil einer Klasse aus deren Mobiliar und Kleidungsstil“und aus der Art und Weise, wie über diesen Stil ge-sprochen wird, ablesen lasse. Die Gegenstände drücken auf körperlich wahr-nehmbare Art (Beschaffenheit und Form des Materials wie Parkett, Linoleum, Fliesenboden, aber auch Gerüche: Parfüm, Holz, Putzmittel) die soziale Zugehö-rigkeit der Träger, Verwender oder Bewohner der Dinge und Materialien aus.43 Schaukal leitet inVom Geschmackvon der Kritik an historistischen Bauten auf Fragen der Inneneinrichtung über. Kultur sei„Harmonie der Lebensgestaltung“ und müsse vor allem dem Bürgertum anerzogen werden, das sich viel eher ein

„Konversationslexikon“ oder „‚reich illustrierte‘Geschichtswerke“ leiste, als in die Wohnungseinrichtung zu investieren.44Schaukal vollzieht in der Abwertung der bürgerlichen Raumgestaltung (und damit auch ihrer Lebensführung) nichts anderes als die distinkte Setzung und Formulierung der eigenen Position über ein selbstbewusstes Geschmacksurteil in Sachen Interieurs. Mit Bourdieu gespro-chen: Die von ihm formulierten„ästhetischen Positionen, die ebenso in Kosme-tik, Kleidung oder Wohnungsausstattung zum Ausdruck kommen, beweisen und bekräftigen den eigenen Rang und die Distanz zu anderen im sozialen Raum.“45

38Schaukal: Wem gehört die Stadt? Eine grundsätzliche Glosse. In: Deutsche Kunst und De-koration, Bd. 31 (1912/1913), S. 3440, hier S. 34 und S. 38.

39Schaukal: Wem gehört die Stadt?, S. 37.

40Schaukal: Wem gehört die Stadt?, S. 37.

41 Schaukal: Wem gehört die Stadt?, S. 39.

42 Der Brief findet sich in: Girardi: Der Dichter Richard von Schaukal alsKonservatorder guten alten Zeit, S. 295.

43 Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 137.

44 Schaukal: Vom Geschmack, S. 29.

45 Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 107.

Schaukal distanziert sich mit seinem Geschmacksurteil deutlicher vom Bür-gertum als vom Bauernstand und ist somit einer der „konservativen Ideologen der untergehenden Aristokratie“, die die Naivität der Prätention vorziehen.46 Seine Verachtung richtete sich gegen die kulturlose Lebensführung sowohl der Kleinbürger als auch des prätentiösen Großbürgertums, das sich„öde Prunkko-losse“errichten hat lassen, wie er in Anspielung auf die Bürgerpalais moniert.47 Richard Schaukals an Fragen des Geschmacks angelehnte Generalabrechnung mit seinem eigenen Stand liest sich folgendermaßen:

Es steckt mehr Kultur in einer in bescheidenem Wohlstand lebenden Bauernschaft als in demgebildeten Mittelstand, der bei uns Deutschen die sogenannte öffentliche Meinung vorstellt und so ziemlich in allen Fragen der Sozialpolitik, Wissenschaft, Kunst und Religion als sachverständig gilt.Es klafft ein Abgrund zwischen diesem Mittelstand und der acker-bautreibenden Einwohnerschaft des Flachlandes. Ich spreche nicht von sozialen Differenzen, sondern einzig und allein von der Kultur der Lebensführung. Mein Tadel richtet sich an die breite Masse der kleinen Besitzenden, die nach des Tages gleichförmiger Bureau-, Kanzlei-, Ladenarbeit ihr geistiges Heil in der Zeitung, ihr leibliches am Stammtisch, ihr gesellschaftli-ches in trübseligem Vereinsleben sieht. Diese Klasse lebt in ästhetischer Öde.48

In einer künstlerisch, städtebaulich, politisch und technisch pulsierenden Me-tropole wie Wien, in der sich auch die sozioökonomische Schere zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer weiter öffnete, herrschte ein Klima besonderer Sensibi-lisierung für die Wirkmacht der symbolischen Ordnung. Daher ist es auch be-zeichnend, dass sich die Errichtung des sogenannten Loos-Hauses vis-à-vis der Hofburg zum Politikum auswuchs.

Was damals wie heute die Leser von Schaukals Texten–je nach eigenem Habitus und Geschmack–befremdet oder begeistert haben dürfte, ist das von Bourdieu dargelegte Ineinandergreifen und produktive Antizipieren von Werk und Leben, auf das mit Rückgriff auf Peter-André Alt bereits hingewiesen wurde. Bourdieu erläutert am Beispiel der „Arbeitsmoral eines alten Kunst-tischlers“, wieopus operatum(das er- oder bearbeitete Werk) undmodus ope-randi(die Art des Er- und Bearbeitens) einander bedingen. Das eine findet sich im anderen wieder und drückt insgesamt des Tischlers„Weltbild wie seine Art und Weise, mit seinen Finanzen, seiner Zeit und seinem Körper zu wirtschaften, seine Verwendung der Sprache wie seine Kleidervorliebe“aus.49Im Werk steckt also, so der Umkehrschluss vom handwerklich gearbeiteten Möbelstück zum

46 Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 115.

47 Schaukal: Vom Geschmack, S. 27.

48 Schaukal: Vom Geschmack, S. 30.

49 Bourdieu: Die feinen Unterschiede, S. 283.

dichterischen Produkt, der Lebensstil. Dieser wird wiederum von Geschmack und spezifischen Praktiken geprägt, die ihrerseits vom Habitus erzeugt worden sind. Schaukal formuliert einen ähnlichen Gedanken in seiner 1923 veröffent-lichten Biographie über E.T.A. Hoffmann:„das Werk als Verobjektivierung des Autors, der Autor als Daseinsgrund und‚Kommentar‘des Werks, beide sozusa-gen durch ein seliges Du mystisch vermählt.“50

Verlage stellten ein störendes Glied im künstlerischen Anfertigungsprozess des Buches dar. Dass bestimmte Vertriebsstrukturen notwendig waren, um als Schriftsteller auch ökonomisch zu reüssieren, war Schaukal bewusst, doch er kokettierte mit einer Idealvorstellung vonopus operatumundmodus operandi.

Den Bourdieu’schen Merkmals-Begriff antizipierend bekannte er 1904 gegen-über Hermann Hesse, Isolation gehöre„wie der versierte Schnurrbart und das gelegentliche Koquettieren mit dem Monokle zu meinen‚Merkmalen‘für die Öf-fentlichkeit, [. . .] die mich einen lyrischen Dichter heißt und weder liest noch kauft, während ich mich im Hintergrund mit allen Verlegern und Zeitschriften nach kurzem Höflichkeitsaustauschen zerstreite.“51

50 Schaukal: E.T.A. Hoffmann. Sein Werk aus seinem Leben. Zürich/Leipzig/Wien 1923, S. 284.

51 Brief Schaukals an Hesse, 13. September 1904, H-NL, LAM.