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2.2 Kristallfeldtheorie

2.2.2 Mn in GaN

Mangan kann in GaN verschiedene Ladungszustände annehmen, je nach Lage des Fermi-Niveaus. So wurden von Mn2+ [27, 16] bis Mn4+ [28] alle Zustände gefunden, meist aber

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Mn3+ [16]. Mn4+ konnte ausschließlich durch Kodotierung mit Mg erreicht werden, wäh-rend Mn2+ zumindest anteilig auch in reinem Material gefunden wurde, das Verhältnis zu Mn3+ durch Si-Kodotierung allerdings erheblich erhöht werden konnte [29].

Der neutrale Ladungszustand für MnGa ist Mn3+, weshalb er auch für intrinsisches GaMnN erwartet wird. Da allerdings GaN ohne Dotierung durch Rest-Verunreinigungen und elektrisch aktive strukturelle Defekte immer n-leitend ist, erklärt sich der teilweise vorhandene Mn2+-Zustand. Schematisch sind die Umladungsniveaus für Mn in GaN in Abbildung 2.9 gezeigt.

Abbildung 2.9: Umladungsniveaus von Mn in verschiedenen III-V-Halbleitern nach [16]. Das Mn4+/Mn3+-Niveau befindet sich0.3 eV, das Mn3+/Mn2+-Niveau 1.8 eV über dem Valenzband-maximum. Die durchgezogenen Linien zeigen den universellen Trend der so genannten Langer-Heinrich-Regel, nach der es einen festen Zusammenhang zwischen Umladungsniveaus und Band-Diskontinuitäten gibt.

Im Folgenden soll der Ladungszustand Mn3+ und die Auswirkungen des Kristallfeldes darauf genauer studiert werden. In diesem Zustand besitzt Mn vier d-Elektronen, kurzd4. Der Hamilton-Operator wie er in Gleichung 2.6 definiert wurde, enthält jetzt also sowohl einen Coulomb-Term für die Wechselwirkung zwischen den d-Elektronen als auch das Kristallfeld mit jeweils vergleichbarer Stärke. Die Spin-Bahn-Wechselwirkung ist deutlich schwächer und kann im ersten Schritt vernachlässigt werden. Zur Lösung dieses Problems ist eine vollständige gruppentheoretische Behandlung sinnvoll, wie sie von Tanabe und Su-gano [30, 31, 32] durchgeführt wurde. Dabei werden die Ein-Elektronen-Wellenfunktionen benutzt (siehe Gleichungen 2.17 und 2.18), die man aus der Diagonalisierung vonHˆ0+ ˆHc erhalten hat. Aus diesen werden Kombinationen berechnet und die Matrixelemente mit Hˆ bestimmt, aus denen sich schließlich die Mehr-Elektronen-Zustände ergeben. Deren Symmetrie entspricht nach wie vor grundsätzlich der des Kristallfeldes, sie werden in der Schreibweise 2S+1Γ dargestellt, wobei Γ der entsprechenden irreduziblen Repräsenta-tion der Symmetriegruppe des Mehr-Elektronen-Zustands im Kristallfeld entspricht. Der Grundzustand einesd4-Systems ohne Kristallfeld wird durch das Termsymbol5D beschrie-ben. Durch ein tetraedrisches Kristallfeld spaltet er nun in den dreifach entarteten 5T2

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und den doppelt entarteten 5E-Zustand auf, wobei 5T2 der neue Grundzustand ist. Man kann sich diese Zustände in diesem Fall mit einem Ein-Elektronen-Bild wie in Abbildung 2.10 gezeigt veranschaulichen.

Abbildung 2.10:Aufspaltung des Grundzustandes einesd4-Elektronensystems im Tetraederfeld. Rechts die Anordnung der einzelnen Elektronen in dene- undt2-Orbitalen.

Der energetische Abstand zwischen 5T2 und5E entspricht dabei genau 10Dq, also dem Wert, den man auch im Ein-Elektronen-Bild erwartet hätte. Höhere elektronische Zustän-de wie1Ispalten ebenfalls im Kristallfeld auf, in diesem Fall in die fünf Zustände1A1,1T1,

1T2,1E und 1A2. Deren Energieniveaus zeigen verschiedene Abhängigkeiten von der Kris-tallfeldstärke 10Dq und bei starken Kristallfeldern wird 1A1 sogar energetisch günstiger als5T2 und somit der neue Grundzustand. Dies entspricht dem aus der Chemie bekannten Wechsel vonhigh-spin- zulow-spin-Systemen. Die Aufspaltungen und deren Abhängigkei-ten von der Kristallfeldstärke werden in den so genannAbhängigkei-ten Tanabe-Sugano-Diagrammen zusammengefasst, wie es in Abbildung 2.11 zu sehen ist. Die Energie des Grundzustandes wird dabei auf Null gesetzt und alle angeregten Zustände relativ dazu betrachtet. Die senkrechte gestrichelte Linie markiert den Übergang zum neuen Grundzustand 1A1.

Man sieht außerdem in diesen Diagrammen, dass bei hohen Kristallfeldstärken die Zustände mit der gleichen Verteilung der Elektronen aufe- undt2-Orbitale parallel laufen, während bei schwachen Feldern die Coulomb-Wechselwirkung dominiert. Im Grenzfall Dq = 0erhält man die Zustände des freien Ions.

Gitterverzerrungen und Spin-Bahn-Kopplung GaN in der Wurtzit-Struktur weist auf den Ga-Gitterplätzen keine ideale tetraedrische Umgebung auf; es ist eine uniaxiale Ver-zerrung vorhanden. Durch diese VerVer-zerrung des Tetraeders in [0001]-Richtung ergibt sich eine kleine trigonale Feldkomponente, die die Symmetrie des Kristallfeldes von Td auf C3v erniedrigt. Zusätzliche Verspannungen durch das epitaktische Wachstum in [0001]-Richtung haben ebenfalls diese Symmetrie und werden damit durch den gleichen Term beschrieben.

Eine weitere Symmetrieerniedrigung ergibt sich aus der Möglichkeit eines so genannten Jahn-Teller-Effektes. Das Jahn-Teller-Theorem [33, 34] sagt aus, dass (außer in linearen Molekülen) durch eine Verzerrung jeder entartete Mehr-Elektronen-Zustand aufgespaltet werden kann. Dies bedeutet gleichzeitig, dass durch diese Verzerrung die Energie minimiert werden kann, da mindestens einer der neuen Zustände energetisch unter dem Ausgangs-zustand liegen muss. Entartete Zustände sind also in allen nicht-linearen Molekülen und

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Abbildung 2.11:Tanabe-Sugano Diagramm einesd4-Systems im tetraedrischen Kristallfeld (nach [26]).

Es werden die Energieniveaus in Abhängigkeit von der Kristallfeldstärke aufgetragen, jeweils nor-miert auf den Racah-ParameterB. Links sind die Niveaus des freien Ions angegeben.

insbesondere Festkörpern instabil. Die Verzerrungen hängen direkt mit den Phononen-moden zusammen, die aus Symmetriegründen die gleichen Normalkoordinaten besitzen.

Woloset al.[35] haben die Absorptionsspektren von Mn3+ in GaN durch Berücksichtigung eines statischen Jahn-Teller-Effektes erklärt, der die Symmetrie von Td aufD2derniedrigt (siehe Abbildung 2.12). In dieser Beschreibung koppelt der Grundzustand 5T2 mit einer Phononenmode in E-Symmetrie, was zu Verzerrungen führt, die in den Normalkoordina-ten Q und Qθ beschrieben werden. Wie in D2d-Symmetrie erwartet , ergeben sich drei Potentialminima, in denen der Kristall „einfrieren“ kann (siehe Abbildung 2.13).

Das Potential verläuft in der Nähe der Minima parabelförmig, wie es einem harmoni-schen Oszillator entspricht. Die Potentialdifferenz zwiharmoni-schen den Minima und dem Schnitt-punkt bei Q = Qθ = 0 entspricht der Stabilisierungsenergie dieses Effektes, der so ge-nannten Jahn-Teller-Energie EJ T. Diese Energie hängt über den Huang-Rhys-Faktor S

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Abbildung 2.12:Abweichungen der Kristallstruktur vom idealen Tetraeder. Links die tetragonale Ver-zerrung durch einen Jahn-Teller-Effekt nach [35], es gibt dabei drei äquivalente VerVer-zerrungen entlang der kubischen Achsen [001], [010] oder [100]. Rechts die trigonale Verzerrung entlang der kubischen [111]-Achse.

Abbildung 2.13:Potentielle Energie eines T-Zustandes gekoppelt mit einerE-Mode aus [35].Q und Qθ sind die Normalkoordinaten derE-Mode mit Energieω,EJT ist die Jahn-Teller-Energie.

mit der Phononenenergie ω der gekoppelten Mode zusammen:

EJ T =Sω. (2.20)

Der Huang-Rhys-Faktor S ist anschaulich betrachtet damit ein Maß für die Verzerrung des Kristalls. Man sieht auch in Abbildung 2.13, dass das orbitale Triplett durch ein vibronisches Triplett ersetzt wurde. Ham [36] hat gezeigt, dass die Nicht-Diagonalelemente des Hamilton-Operators, die nun auf dieses vibronische Triplett wirken, in erster Ordnung abgeschwächt werden. Dies wird durch den Ham-Faktor κ=e−3S/2 beschrieben. Effektiv wird damit der Bahndrehimpuls für diese Elemente abgeschwächt: Lef f =κL.

Sowohl tetragonale als auch trigonale Verzerrungen sind in Abbildung 2.12 bildlich dargestellt. Solange diese Verzerrungen klein gegenüber der tetraedrischen Komponente des Kristallfeldes ist, können sie störungstheoretisch berücksichtigt werden. Alleine aus der Symmetrie und der entsprechenden gruppentheoretischen Behandlung folgt aber be-reits, welche Entartungen aufgehoben werden. So wird bei tetragonaler Verzerrung der Grundzustand 5T2 in zwei Niveaus der Symmetrien 5B2 (der neue Grundzustand) und 5E

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aufspalten. Der angeregte Zustand 5E des unverzerrten Falles wird zu 5A1 und 5B1. Im trigonalen Feld bleibt die Entartung des 5E-Zustandes erhalten, nur der Grundzustand spaltet zu 5E und 5A1 auf.

Ein Effekt, der bisher unberücksichtigt blieb, ist die Spin-Bahn-Wechselwirkung. Sie ist typischerweise wesentlich schwächer als das Kristallfeld und wird deshalb zunächst ver-nachlässigt. Hier spielt nun zum ersten Mal der Spin der Elektronen eine Rolle. Im freien Ion ergibt sich die bekannte Aufspaltung nach J, wie bereits beschrieben. In Verbindung mit dem Kristallfeld wird auch hier wieder eine gruppentheoretische Beschreibung benutzt und aus den einfachen Symmetriegruppen der Bahndrehimpuls-Zustände werden die so genannten Doppelgruppen. Letztendlich werden damit weitere Entartungen aufgehoben und die Feinstruktur der experimentell beobachteten Linien wird erklärbar.

dynamischer Jahn-Teller-Effekt Die obige Beschreibung des Jahn-Teller-Effektes be-ruht auf dem statischen Fall, was bedeutet, dass die lokale Umgebung des Mn3+ sta-tisch verzerrt wird und dann in einem der Potentialminima aus Abbildung 2.13 als neuer Gleichgewichtsposition zur Ruhe kommt. Diese Beschreibung ist gerechtfertigt, wenn der Huang-Rhys-Faktor sehr groß ist S 1und gleichzeitig die Temperatur sehr niedrig ist, so dass nie genügend Phononen angeregt sind, um die Konfiguration zu verändern. Aller-dings wurden von mehreren Gruppen [37, 38] Huang-Rhys-Faktoren in der Nähe von 1 gefunden, was diese Beschreibung zweifelhaft macht. Im dynamischen Fall des Jahn-Teller-Effektes kann das System von einer äquivalenten Konfiguration in die andere tunneln. Zur Beschreibung verwendet man eine Superposition der verschiedenen Grundzustände.

Marcet et al. [37] haben gezeigt, dass für eine verbesserte Beschreibung ihrer expe-rimentellen Daten das dynamische Regime angenommen werden muss. Dazu haben sie sowohl den Grundzustand 5T2 als auch den angeregten Zustand5E mit einerE-Mode ge-koppelt und damit eine konsistente Beschreibung erhalten. Der Jahn-Teller Effekt wirkt sich jetzt nicht mehr durch Aufhebung von Entartungen aus, sondern im Wesentlichen nur noch durch seinen Ham-Faktor. Dieser spielt überall dort eine Rolle, wo der Bahndre-himpuls beiträgt, also bei der Spin-Bahn-Wechselwirkung und beim Zeeman-Term (siehe Kapitel 2.2.3).