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GAMIT/GLOBK

Im Dokument in der Antarktis (Seite 64-71)

Grundlagen des NAVSTAR-GPS

4.4 GPS-Software

4.4.1 GAMIT/GLOBK

Wissenschaftliche Softwarepakete nutzen f¨ur ihre Auswertungen die Tr¨ager-phasenbeobachtungen (Unterkapitel 4.1.5). Im Rahmen dieser Arbeit ist die Post-Processing Software GAMIT (GPS at MIT, (King und Bock, 2006)) f¨ur die Auswertungen herangezogen worden. Bernese GPS Software (Uni Bern,

(Dach u. a., 2007)) oder GIPSY/OASIS II (Nasa/JPL, (Zumberge u. a., 1997)) sind ¨ahnlich funktionierende Pakete, die eine weite Verbreitung gefunden ha-ben. Der Vorteil dieser Module liegt in der M¨oglichkeit, durch die Einf¨uhrung von abgeleiteten Beobachtungsgr¨oßen durch Differenzbildung globale Auswer-tungen durchf¨uhren zu k¨onnen. Durch Ber¨ucksichtigung diverser Fehlermodelle und erfolgreicher Mehrdeutigkeitsl¨osungen bei Stationsabst¨anden ¨uber mehre-re 1000 Kilometer werden auch bei langen Basislinien die M¨oglichkeiten der hochpr¨azisen Koordinatenberechnung im sub-cm-Bereich gegeben. Weitere Bei-spiele f¨ur eine undifferenzierte Herangehensweise w¨are die Software Geonap (W¨ubbena, 1989). Je gr¨oßer die Basislinien allerdings werden desto schwieriger ist eine globale Auswertung mit undifferenzierten Beobachtungen auf Grund der Dekorrelation der einzelnen entfernungsabh¨angigen Fehleranteile. Vor al-lem bei der Mehrdeutigkeitsfindung treten vermehrt Schwierigkeiten auf. GA-MIT wurde f¨ur diese Auswertungen herangezogen, da es mit dem Programm GLOBK/GLORG m¨oglich ist, Koordinaten in einem einheitlichen Bezugsrah-men samt Geschwindigkeiten zu sch¨atzen. Des Weiteren eignet sich diese Soft-ware f¨ur die troposph¨arische Auswertung durch die Implementierung neuester Fehlermodelle (King und Bock, 2006). Die detaillierte Funktionsweise der Soft-ware ist im Anhang A.1.1 beschrieben.

GAMIT bildet aus den L1- und L2-Phasenbeobachtungen die jeweiligen in 4.2.2 eingef¨uhrten Doppeldifferenzen. F¨ur lange Basislinien kann dann aus die-sen L1- und L2-Doppeldifferenzen die Lc-Linearkombination gebildet werden, um ionosph¨arische St¨orungen zu eliminieren (siehe 4.7). Aus diesen Linear-kombinationen werden bei GAMIT im Rahmen der Ausgleichung nach kleins-ten Quadrakleins-ten dann Koordinakleins-ten, Signalverz¨ogerungen, Erdrotationsparameter und Satellitenparameter samt der Varianz-Kovarianz-Matrix berechnet (King und Bock, 2006). Die Signalverz¨ogerungen in Zenitrichtung wird im Rahmen eines st¨uckweise linearen stochastischen Prozesses gesch¨atzt unter Verwendung der eingegebenen zeitlichen Abst¨ande und stochastische Werte f¨ur die Behand-lung der Korrelation im Rahmen eines Markov-Rauschens. Unter Verwendung der a-priori Werte f¨ur den hydrostatischen und den feuchten Anteil an der Si-gnalverz¨ogerung wird der ZTD-Wert mit Hilfe der feuchten Projektionsfunktion als partielle Ableitung in der Ausgleichung bestimmt. Dieser ZTD-Wert dient der weiteren Ableitung eines Wertes f¨ur den ausf¨allbaren Wasserdampfgehalt.

Das Programm GLOBK wurde entwickelt, um Auswertungen von verschiede-nen Beobachtungsmethoden miteinander zu kombinieren und daraus eine rea-listische, einheitliche Koordinatenl¨osung inklusive Geschwindigkeiten in einem einheitlichen Referenzrahmen zu sch¨atzen. Aus Koordinaten resultierend aus verschiedenen Beobachtungsmethoden (Quasi-Beobachtungen aus VLBI, GPS, Doris ) wird ein einheitlicher Satz von Parametern gesch¨atzt. Der Hauptbe-standteil dieser Software wurde nach dem Prinzip der Kalman-Filterung konzi-piert (Niemeier, 2002). Die Funktionsweise der Kalman-Filterung und das Funk-tionsprinzip des Moduls GLOBK wird im Anhang A.1.2 eingehend erl¨autert.

Das Verfahren wird f¨ur alle Beobachtungen der vorhandenen Beobachtungs-epochen angewendet, so dass man als Ergebnis die ausgeglichenen Parameter (Koordinaten der einzelnen Stationen bezogen auf eine Referenzepoche, Ge-schwindigkeiten, Erdortationsparameter) erh¨alt, die mit Hilfe der modellierten Systemdynamik und unter Ber¨ucksichtigung aller vorhandenen Beobachtungen gesch¨atzt wurden. Ein großer Vorteil der Kalman-Filterung ist die Modellierung des stochastischen Verhaltens. Hier wird unter anderem eine zeitabh¨angige Kor-relation gesch¨atzt, so dass auf Grund des zeitabh¨angigen Verhaltens der Stati-onskoordinate ein realistischeres Ergebnis f¨ur die Koordinaten- und Geschwin-digkeitssch¨atzung mit vollst¨andigen Varianz- und Kovarianzinformationen er-wartet werden kann.

4.4.2 Mehrdeutigkeitsbestimmung

Der Mehrdeutigkeitsterm f¨ur die GPS-Beobachtung wurde in Kapitel 4.2 ein-gef¨uhrt. Die Bestimmung dieser Mehrdeutigkeiten, d.h. die Festlegung ihres ganzzahligen Werte, ist ein zentrales Thema in der GPS-Auswertung mit Tr¨ager-phasen, da durch die korrekte Festsetzung dieses Terms die Genauigkeit der Auswertung gew¨ahrleistet wird. F¨ur die hier durchgef¨uhrten Auswertungen wurde das Programmpaket GAMIT herangezogen. Dieses Post-Processing Pa-ket benutzt die eingef¨uhrten Doppeldifferenzen (siehe Gleichung 4.6) als Beob-achtungsgr¨oße.

Nach Bock u. a. (1986) lassen sich die Doppeldifferenzen der Phasenbeobach-tungen in Matrizenform folgendermaßen darstellen:

∆l= ∆Ax+ ∆v. (4.33)

Der Operator ∆ spiegelt die gebildeten Differenzen wieder, die nach Bock u. a.

(1986) linear unabh¨angig sind. Der Beobachtungsvektor l beinhaltet die Re-siduen der Doppeldifferenzen f¨ur ∆ΦL1&L2 und eine Unbekannte f¨ur die io-nosph¨arischen Einfl¨usse. Die ioio-nosph¨arischen Bedingungen werden durch die Einf¨uhrung von a-priori Informationen ber¨ucksichtigt in Zusammenhang mit der hier benutzten Zwei-Frequenz-Auswertung. A ist die Design-Matrix mit den partiellen Ableitungen der Doppeldifferenzen nach den Unbekannten, v der Verbesserungsvektor und x der Unbekanntenvektor (Niemeier, 2002). Zu den Unbekannten z¨ahlen in diesem Fall die nicht mehrdeutigen Parameter (Sta-tionskoordinaten, Orbit- und Atmosph¨arenparameter), der nl9- und der wl10 -Mehrdeutigkeitsvektor. Schaffrin und Bock (1988) haben einen Algorithmus ent-wickelt, welcher die Parameter dieser Gleichung im Rahmen einer gewichteten Ausgleichung nach kleinsten Quadraten bestimmt (Niemeier, 2002). Bei lan-gen (≥100km) Basislinien, welche eine geringe Korrelation der ionosph¨arischen Bedingungen vorweisen, werden keine ionosph¨arischen Informationen a-priori eingesetzt und somit die ionosph¨arenfreie Linearkombination φLc zur L¨osung

9narrow-lane

10wide-lane

der gesuchten Parameter herangezogen. Bei Basislinien mit geringer L¨ange wer-den die PhasenbeobachtungenφL1 undφL2 als getrennte Beobachtungen unter Nutzung ionosph¨arischer Parameter als dritte Unbekannte in die Ausgleichung eingef¨uhrt, da die ionosph¨arischen Bedingungen an beiden Orten nahezu gleich sind und somit die Linearkombination durch das erh¨ohte Rauschen von Nachteil w¨are.

Die GAMIT-Software l¨ost die Phasenmehrdeutigkeiten und die weiteren Para-meter des ParaPara-metervektors mit dem Gleichungssystem 4.33 nach Dong und Bock (1989) und King und Bock (2000) in folgenden Schritten:

1. Alle Parameter werden unter Benutzung derφLc Kombination gesch¨atzt.

Die mehrdeutigen Terme werden auf Fließkommazahlen festgesetzt. Diese L¨osung wird auch als ”biases-free“-L¨osung bezeichnet.

2. In diesem Schritt werden die nicht mehrdeutigen Parameter aus Schritt 1 festgehalten und es wird nur die WL-Mehrdeutigkeit gesch¨atzt, dies-mal unter Benutzung vonφL1 und φL2 als separate Beobachtungen mit ionosph¨arischen a-priori Informationen.

3. Mit der Entscheidungsfunktion nach Dong und Bock (1989) werden dann die gel¨osten Mehrdeutigkeitswerte, die in Schritt 2 als Fließkommazahl festgesetzt wurden auf eine ganze Zahl gesch¨atzt.

4. Mit Hilfe der φLc-Kombination werden nun nochmals die in Schritt 1 gesch¨atzten, nicht mehrdeutigen Terme und die NL-Mehrdeutigkeiten mit Hilfe der festgesetzten WL-Mehrdeutigkeiten bestimmt.

5. Die erw¨ahnte Entscheidungsfunktion setzt nun die NL-Mehrdeutigkeits-werte auf ganze Zahlen fest. Gelingt dies mit Hilfe der Funktion nicht, nimmt das Programm die Summe der gewichteten Mittel zur Hilfe, um die-se Summe zu minimieren und ganze Zahlen f¨ur die NL-Mehrdeutigkeiten zu sch¨atzen (King und Bock, 2000).

6. In diesem letzten Schritt werden nun die geod¨atischen, nicht mehrdeutigen Parameter mit Hilfe der NL-Mehrdeutigkeiten bestimmt unter Benutzung der LC-Kombination f¨ur lange Basislinien. Diese L¨osung heißt ”biases-fixed“-L¨osung.

Sind die genannten Parameter erfolgreich gesch¨atzt worden, wird die beschriebe-ne Prozedur nochmals unter lockeren Zw¨angen auf Stationskoordinaten (100m pro Komponente) und Satellitenparameter durchgef¨uhrt. Die dadurch gel¨osten Parameter und die Varianz-Kovarianzmatrix werden als Eingangsparameter f¨ur das Kalman-Filter GLOBK benutzt.

4.5 Referenzsysteme

Durch einheitliche und aktuelle Referenzsysteme wird es m¨oglich gemacht, glo-bale GPS-Messungen auf ein einheitliches Koordinatensystem zu beziehen und

Abbildung 4.11: ITRF-Stationen der Realisierung ITRF.2000

somit miteinander vergleichbar zu machen. Nach Seeber (2003) ist ein Refe-renzsystem die Gesamtheit der Definitionen f¨ur ein Koordinatensystem, welches durch einen Referenzrahmen realisiert wird. Ein terrestrisches Referenzsystem (TRS) ist ein r¨aumliches System, welches mit der Erde rotiert. Die auf der fes-ten Erdoberfl¨ache verankerte Punktpositionen des TRS weisen nur geringf¨ugige Variationen auf, welche durch geophysikalische Effekte wie Plattentektonik oder Gezeiten begr¨undet sind. Durch den terrestrische Referenzrahmen werden f¨ur diese Punkte mittels Beobachtungen geod¨atischer Raumverfahren (GPS, VLBI, SLR, usw.) pr¨azise Koordinaten berechnet, die dann das definierte TRS reali-sieren.

Eine Definition eines globalen Referenzrahmens ist das International Reference System (ITRS) durch den International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS), welches seinen Mittelpunkt im Massenzentrum der Erde unter Ber¨ucksichtigung der Ozeane und der Atmosph¨are hat (Altamimi u. a., 2007, 2003). Das System wird gew¨ohnlicherweise in dreidimensionalen kartesischen Koordinaten angegeben. Die Z-Achse wird durch den Conventional Terrestrial Pole (CTP) definiert, dies ist der Referenzpol des IERS. Die X-Achse f¨allt in den Schnittpunkt der 0-Meridianebene mit der ¨Aquatorebene und die Y-Achse komplettiert das System dementsprechend. Die Orientierung der Achsen wurde durch das BIH (Bureau International de l‘Heure) zur Epoche 1984.0 festgelegt.

Im Rahmen dieses System wird die Einheit Meter benutzt.

Der IERS realisiert den ITRS mit dem International Reference Frame (ITRF) aus diversen geod¨atischen Raumverfahren (Doris, VLBI, Doppler, SLR, GPS).

Mit jeder individuellen Beobachtungsmethode werden Koordinaten und

Ge-Abbildung 4.12: Stationen des IGS

schwindigkeiten global verteilter Beobachtungsstationen berechnet. Diese Ko-ordinatenl¨osungen werden dann mit ihren Varianz-Kovarianz-Matrizen zu einer Gesamtl¨osung kombiniert. Neben dem ITRF ist der IERS haupts¨achlich noch f¨ur die Berechnung von raumfesten Referenzrahmen, von Transformationspara-metern zwischen erdfesten und raumfesten Bezugsrahmen sowie die Bereitstel-lung von Erdrotationsparametern zust¨andig (Ray u. a., 2004).

In unregelm¨aßigen Zeitabst¨anden werden einheitliche Referenzrahmen bestimmt.

Der f¨ur diese Arbeit benutzte Rahmen enth¨alt Daten bis zum Jahr 2000 und heißt folglich ITRF2000. Dies war der aktuelle Referenzrahmen f¨ur den hier ausgewerteten Zeitraum. In Abbildung 4.11 sind die Stationen dargestellt, wel-che zur Bildung des ITRF2000 herangezogen wurden. Insgesamt waren dies mehr als 800 Beobachtungsstationen an ¨uber 500 Orten (Seeber, 2003). Der darauffolgende Referenzrahmen ließ Daten bis zum Jahr 2005 in die Auswer-tung einfließen und wurde als ITRF2005 ver¨offentlicht (Altamimi u. a., 2007).

Der International GNSS (Global Navigation Satellite System) Service (IGS) be-treut weltweit mehr als 350 permanente GPS und GLONASS Stationen (siehe Abbildung 4.12 11) (Gendt und Nischan, 2008). Der IGS archiviert die Beob-achtungsdaten an drei globalen und sechs regionalen Datenzentren. Zehn Ana-lysezentren prozessieren die Beobachtungsdaten und schicken die Produkte an ein Hauptauswertezentrum in den USA, welche eine kombinierte L¨osung aller Teilprodukte erstellt. Produkte des IGS sind Satellitenbahnen, Uhrparameter der Satellitenuhren, troposph¨arische Zenitverz¨ogerungen, globale Karten ¨uber die Ionosph¨arenaktivit¨aten, Erdrotationsparameter und Koordinaten der sich im IGS befindlichen GPS- und GLONASS-Stationen. Die horizontale Genau-igkeit dieser Koordinaten wird mit 3 Millimetern angegeben und die vertikale

11http://igscb.jpl.nasa.gov/overview/viewindex.html

Abbildung 4.13: Rahmenstationen des IGS

Genauigkeit mit 6 Millimetern. Des weiteren werden noch Geschwindigkeits-vektoren f¨ur die einzelnen Stationen mit einer horizontalen Genauigkeit von 2 Millimetern pro Jahr bzw. einer vertikalen Genauigkeit von 3 Millimetern pro Jahr gesch¨atzt. Die Koordinaten und Geschwindigkeiten der GPS-Stationen ge-hen dann in die jeweiligen ITRF-L¨osungen des IERS ein, um daraus dann eine Gesamtl¨osung zu berechnen.

F¨ur die Koordinatenberechnung werden pr¨azise GPS-Stationen ausgew¨ahlt, um sie als Rahmenstationen einzusetzen. Anhand dieser Beobachtungsdaten und der Genauigkeit der benutzten Satellitenbahnen steht und f¨allt die Genauigkeit der jeweiligen Koordinatenl¨osung, da durch die Referenzstationen der Koor-dinatenrahmen festgelegt wird, die Satellitenbahnen bilden neben den Refe-renzstationen die Koordinatenbasis f¨ur die L¨osung. In Abbildung 4.13 sind die aktuellen Rahmenstationen dargestellt.

Nachdem nun die Grundlagen der GPS-Theorie eingehender erl¨autert wur-den, soll auf Grundlage der bisher erarbeiteten meteorologischen und satelli-tengeod¨atischen Kenntnisse einzelne meteorologische Messverfahren betrachtet werden und die Genauigkeit derselben, um anschließend eine geeignete Strategie f¨ur die GPS-basierte Auswertung ableiten zu k¨onnen.

Im Dokument in der Antarktis (Seite 64-71)