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4. Analytischer Teil

4.1.2 FT-Raman-spektroskopische Untersuchungen

Die Raman-Spektren der Substanz SiGlu12 sind in Abbildung 4.1.2 für einige ausgewählte Temperaturen dargestellt. Durch das Auftreten verschiedener Raman-Banden wird der hoch geordnete Zustand der Kohlenwasserstoffkette deutlich. Tabelle 2 enthält eine Zuordnung der wichtigsten Raman-Banden gemäß Literaturangaben (Lin-Vien et al., 1991; Minoni und Zerbi, 1982; Dollish et al., 1973). In der Tabelle sind auch die Wellenzahlen für die nachfolgend physikochemisch charakterisierten Verbindungen enthalten. Die Positionen der Wellenzahlen beziehen sich jeweils auf den kristallinen Zustand der Verbindungen und sind bei Raumtemperatur vor dem ersten Aufheizen gemessen.

Analytischer Teil 42

200 400 600 800 1000 1200 1400 1600

(a)

90 °C 80 °C 70 °C 60 °C 50 °C 40 °C

Raman Units

Wellenzahl [cm-1]

2800 2850 2900 2950 3000

(b)

90 °C 80 °C 70 °C 50 °C

60 °C 40 °C

Raman Units

Wellenzahl [cm-1]

Abbildung 4.1.2: Raman-Spektren von SiGlu12 bei ausgewählten Temperaturen in den Spektralbereichen (a) 100-1650 cm-1 und (b) 2775-3025 cm-1.

νas(CH3) Kette νas(CH3) Silizium νas (CH3) Kopf νas (CH2) νs (CH2) ν (C=O) H2 cherenschwingung ω (CH2) (CH2) (CH2) νs (C-C) νas (C-C) (CH3) Kettenendett νs (C-C) Kopf νs (C-Si) α (O-C=O) AM 3 uordnung

2985 2954 2878 2846 14391466 1366 1296 1167 1125 1061 895 638 116 P (cm -1)

m st – vs vs – st m w st w m m m – m – w I

SiGlu12

2985 2953 2878 2845 14391466 1366 1296 1167 1128 1061 893 639 107 P (cm -1)

m st vs vs – st st w st w m m m m w I SiGlu18

2987 2955 2881 2848 14371457 1370 1296 1168 1123 1063 889 633 P (cm -1)

w st vs vs – s m w st w m m m m w I SiGal12

2888 2853 2882 2847 14351456 1369 1295 1167 1128 1063 889 627 P (cm -1)

w st vs vs – st m w st w m m m m w I SiGal18

2986 2955 2878 2849 14371468 1366 1298 1169 1129 1056 895 640 P (cm -1)

m st vs vs – st m m st w m m m m w I SiGlu10

2986 2955 2876 2850 14371470 1365 1300 1174 1130 1055 895 640 P (cm -1)

m st vs vs – st m m st w m m m m w I SiGlu8

2961 2939 2882 2847 1744 14371456 1370 1296 1171 1123 1065 890 843 652 635 P (cm -1)

st vs vs vs st s m w st w m m m m m m I SiAG12

2963 2939 2882 2845 1742 14391456 1371 1296 1171 1129 1063 889 843 654 635 P (cm -1)

st vs vs vs st st m w st w m m m m m m –

SiAG18

Tabelle 2: Zuordnung der wichtigsten Raman-Banden und deren Position (P) bei Raumtemperatur gemäß Literaturangaben.Intensität (I): vs=sehr stark, st=stark, m= mittel, w=schwach,

Analytischer Teil 44 Zur Beurteilung des Ordnungszustands einer Kohlenwasserstoffkette besitzt die Bande der symmetrischen Valenzschwingung der Methylengruppen eine besondere Bedeutung, da ihre Position ein Maß für den Ordnungszustand von Alkylketten darstellt. Die Ordnung solcher Ketten ist umso größer, je niedriger diese Bandenposition ist (Mendelsohn und Moore, 1998;

Raudenkolb et al., 2003). Die Änderung der Kettenordnung kann an Hand der Positionsänderung der Bande verfolgt werden. In Abbildung 4.1.3 ist der Verlauf der Bandenposition bei SiGlu12 in Abhängigkeit von der Temperatur dargestellt.

20 30 40 50 60 70 80 90 100

2845 2846 2847 2848 2849 2850 2851 2852 2853 2854

Wellenzahl [cm-1 ]

Temperatur [°C]

Abbildung 4.1.3: Temperaturabhängige Änderung der Bandenposition der symmetrischen Valenzschwingung der Methylengruppen bei SiGlu12; (■) erstes Aufheizen, (∆) erneutes Aufheizen nach Temperierung (10h, 40°C).

Zu Beginn der Messung, also vor dem ersten Aufheizen der Substanz, beträgt die Position der symmetrischen Valenzschwingungsbande 2845,8 cm-1. Aus diesem niedrigen Wert lässt sich eine hohe Ordnung der Kohlenwasserstoffketten im festen Zustand ableiten (MacPhail et al., 1984). Beim ersten Aufheizen der Substanz zeigen sich zwei Temperaturbereiche, bei denen die Wellenzahl der Bande sprunghaft abnimmt. Diese liegen in etwa den gleichen Temperaturbereichen wie die beiden Umwandlungen in der DSC-Kurve des ersten Aufheizens (Abbildung 4.1.1). Die leichten Differenzen, die sich zwischen den Umwandlungstemperaturen bei den DSC- und Raman-Messungen ergeben, sind durch die unterschiedlichen Temperaturregime bei den beiden Methoden zu erklären. Durch die Temperierungen nach jedem Temperaturwechsel bei den Raman-Messungen erfolgt ein wesentlich langsameres Aufheizen der Substanz als bei den DSC-Messungen, bei denen die Probe mit einer konstanten Rate von 5 K/min aufgeheizt wird.

Bei der Umwandlung zwischen 45 °C und 54 °C verschiebt sich die Bande um 2,3 cm-1 zu höheren Wellenzahlen. Daraus ist ersichtlich, dass die Kettenordnung während dieses Phasenübergangs deutlich abnimmt. Bei der Umwandlung zwischen 76 °C und 80 °C findet eine weitere Verschiebung der Bandenposition auf 2852,7 cm-1 statt. Eine so hohe Position der symmetrischen Valenzschwingungsbande ist Ausdruck für den geschmolzenen Zustand der Substanz, die mit dem Verlust jeglicher Ordnung der Alkylkette einhergeht (Snyderet al., 1982). Bei der zweiten Umwandlung findet also das Schmelzen der Alkylkette statt.

Unmittelbar nach dem ersten Aufheizen wurde die Substanz für 10 Stunden bei 40 °C temperiert und erneut aufgeheizt. Auch bei diesem Aufheizen zeigen sich wieder zwei sprunghafte Verschiebungen der Position der Bande zu höheren Wellenzahlen. Dabei stimmen auch hier die Temperaturbereiche, bei denen diese Positionsänderungen stattfinden, im Wesentlichen mit den aus der DSC-Kurve nach dem Temperieren der Substanz ersichtlichen Phasenübergängen überein. Beim Vergleich des Positionsverlaufs der Bande während der beiden Aufheizvorgänge fällt auf, dass die Wellenzahlverschiebung bei der ersten Umwandlung beim Aufheizen nach dem Temperieren schon um 8 °C früher einsetzt als beim ersten Aufheizen. Dieser Sachverhalt wird auch beim Vergleich der aus den DSC-Kurven ermittelten Onset-Temperaturen deutlich, da sich daraus eine Temperaturdifferenz von 8,6 °C ergibt. Die Position auf die sich die Bande nach der ersten Umwandlung verschiebt, ist jedoch bei beiden Aufheizvorgängen identisch, so dass diese zwischen den beiden Umwandlungen jeweils bei den gleichen Wellenzahlen liegt. Auch die zweite Umwandlung findet in den gleichen Temperaturbereichen statt.

An Hand der Valenzschwingungen der Methylengruppen können noch weitere Aussagen zur Konformation der Kohlenwasserstoffketten getroffen werden, da das Verhältnis zwischen antisymmetrischer und symmetrischer Valenzschwingung von der Konformation der Alkylkette abhängig ist (Wang et al., 2000). Zur Berechnung dient der Quotient aus den beiden nach Kurvenanpassung erhaltenen Flächen der Banden (Gleichung 2), der auf 1 normiert wird:

∫ ∫

= ( )

) (

2 2

CH I CH

s as

ν

ν Gleichung 2: Flächenvergleich der Valenzschwingungsbanden.

Auf diese Weise lassen sich Aussagen über die statistische Verteilung von trans- und gauche-Konformeren treffen, da eine Abnahme von trans-gauche-Konformeren mit einer Flächenabnahme

Analytischer Teil 46 der antisymmetrischen Valenzschwingungsbande der Methylengruppen verbunden ist.

Abbildung 4.1.4 zeigt das temperaturabhängige Verhältnis zwischen antisymmetrischer und symmetrischer Valenzschwingung für SiGlu12.

30 40 50 60 70 80 90

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

I[v as(CH 2)/v s(CH 2)] (normiert)

Temperatur [°C]

Abbildung 4.1.4: Temperaturabhängige Abnahme der trans-Konformere durch Flächenvergleich der νas(CH2)- und νs(CH2)-Banden bei SiGlu12; (■) erstes Aufheizen, (∆) erneutes Aufheizen nach Temperierung (10h, 40 °C).

Beim ersten Aufheizen ist in dem Temperaturbereich der ersten Umwandlung, in dem die Kettenordnung abnimmt, auch das Auftreten von gauche-Konformeren zu beobachten. Bis zu einer Temperatur von 54 °C hat die ursprüngliche Anzahl von jeweils drei oder mehr zusammenhängenden trans-konfigurierten Methylengruppen schon um 60 % abgenommen.

Im Bereich des Kettenschmelzens nimmt sie noch weiter ab und tendiert am Schmelzpunkt gegen 0 %. Beim zweiten Aufheizen nach der Temperierung ist das Ergebnis ähnlich. Der hauptsächliche Unterschied besteht auch hier wieder darin, dass die mit der ersten Umwandlung verbundene Abnahme von trans-Konformeren bereits bei einer Temperatur stattfindet, die um etwa 8 °C unter der bei dem ersten Aufheizen liegt. Die komplette Abnahme von trans-Konformeren findet dann aber wieder bei der gleichen Temperatur wie beim ersten Aufheizen statt. Die Anzahl an trans-Konformeren zwischen den beiden Umwandlungen nimmt bei beiden Aufheizvorgängen den gleichen Wert an. Zusammen mit der Tatsache, dass auch die Position der symmetrischen Valenzschwingungsbande zwischen den beiden Phasenumwandlungen bei beiden Aufheizvorgängen die gleiche ist (s.o.), deutet dies darauf hin, dass die Phasen, die jeweils bei Temperaturen zwischen den Umwandlung durchlaufen werden, bei beiden Aufheizvorgängen identisch sind. Dies bedeutet, dass

zumindest ein Teil der Phasenumwandlungen vollständig reversibel sein könnte, was später röntgendiffraktometrisch belegt werden kann (s.u.).