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der- und Jugendverband. Es übernimmt u. a. in politischen Diskussionen die Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche.214

3.2.5.6 Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

Der Name des Verbandes leitet sich von dem Wort paritas (lateinisch, Gleichheit) ab, steht zugleich für das Selbstverständnis des Verbandes, dem Prinzip einer Gleichwertigkeit und damit auch für soziale Gerechtig-keit verbunden mit Chancengleichheit. Als größtem Dachverband von Selbsthilfe-Initiativen im Bereich Gesundheit und Soziale Arbeit finden sich im Paritätischen über 10.000 eigenständige Initiativen und Organisationen, welche ein vielfältiges Angebot an sozialen Diensten und Einrichtungen ermöglichen. Durch die Pluralität der Mitgliederverbände zeigt sich ein breites Spektrum Sozialer Arbeit, das neben dem zunächst historisch be-gründeten Krankenhausbereich auch Hilfen für Menschen mit Behinde-rung (z. B. Sozialverband VdK), Notfallrettung und Erste-Hilfe-Ausbildung (z. B. Arbeiter-Samariter-Bund), Beratung für Sexualpädagogik (z. B. Pro Familia) oder Kinderschutz und -rechte (z. B. Deutscher Kinderschutz-bund) beinhaltet.215

3.3.1 Verständnis von Führung in der Sozialen Arbeit

Das Verständnis von Führung und Leitung, wie zu Beginn dargestellt, lässt sich zunächst einmal nicht vollständig auf die Soziale Arbeit übertragen.

Als formale Hierarchie betrachtet und verknüpft mit Macht und herausge-hobener Position wurde die Bedeutung hier lange Zeit nicht gesehen, auch, um den vorherrschenden Gedanken von Teamarbeit und Partizipa-tion nicht zu gefährden.216 Dennoch fallen auch in Organisationen der So-zialen Arbeit personen- als auch strukturbezogene Aufgaben an, die zu den Leitungsfunktionen gezählt werden.217

In ihrer Studie von 2006 halten Borutta und Giesler fest, dass Karrieren im Non-Profit-Sektor (dazu zählt die Freie Wohlfahrtspflege) anders verlaufen als in wirtschaftlich-profitorientierten Unternehmen.218 Neben der Beson-derheit, dass sowohl hauptamtlich Beschäftigte, als auch ehrenamtlich Engagierte mitwirken, zeichnen sich gerade die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege durch eine jeweils eigene Weltanschauung bzw. Ideolo-gie aus.219

Führung wird mit Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen und Leis-tungsbereitschaft verbunden. Nach neuerem Verständnis, und dies vor allem in der Sozialen Arbeit, mittlerweile auch mit Kooperation, Kommuni-kation und Teamfähigkeit. So lassen sich – sofern man geschlechtsstereo-typ argumentieren möchte – männliche und weibliche sozialisationsbe-dingte Zuschreibungen finden.220 Diese Aspekte sollen im folgenden Kapi-tel genauer untersucht werden.

216 Vgl. Merchel (2010), a.a.O., S. 8 ff.

217 Vgl. ebenda, S. 32 ff.

218 Auch im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde der Aspekt von Besonderheiten für Frauen in ihrer beruflichen Situation und Karriere im Non-Profit-Sektor im Vergleich zu z. B. Karrieren von Frauen in Wirtschaftsunternehmen berücksichtigt.

219 Vgl. Borutta; Giesler (2006), a.a.O., S. 73.

220 Vgl. Sauer-Schiffer (2000), a.a.O., S. 62 f.

3.3.2 Genderaspekte und Führung in der Sozialen Arbeit

In den meisten Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit zeigt sich ein zahlenmä-ßiges Übergewicht von weiblich Beschäftigten.221 Wie bereits dargestellt, ist dieser Punkt durch die Partizipation von Frauen bei der Entstehung des Wohlfahrtssystems auch historisch gewachsen.222 Neben der geschichtli-chen Entwicklung der Sozialen Arbeit können des Weiteren gesellschafts-politische Veränderungen, die bürgerliche Sozialreform und die bürgerli-che Frauenbewegung erwähnt werden. Aufbauend auf die Arbeit im 19.

Jahrhundert konstituierten sich die sozialen Dienstleistungsberufe über-wiegend spezifisch weiblich und wiesen bereits 1925 einen mit siebzig Prozent hohen Frauenanteil auf.223 Gleichzeitig sind Frauen in deutlich weniger Berufen und Branchen vertreten als Männer, arbeiten damit weni-ger in klassischen Frauenberufen (knapp ein Drittel), als Männer in klassi-schen Männerberufen (knapp zwei Drittel).224

Bestimmte Merkmale als auch Eigenschaften zur Differenzierung von Frauenberuf und Männerberuf spiegeln sich vor allem in dem Aspekt wi-der, wie stark die Tätigkeit mit Männlichkeit bzw. Weiblichkeit assoziiert wird. So können als Beispiele für weiblich dominierte Berufe jene mit dem Erfordernis von Familiennähe, sozialer Kompetenz oder gesellschaftlich zu erbringende Tätigkeiten (personennahe Dienstleistung, Pflege, Erzie-hung, Hauswirtschaft) genannt werden. Dadurch entsteht eine ge-schlechtsspezifische Hierarchisierung zwischen Frauen- und Männerar-beit, die Tätigkeiten beschreibt, welche beide Geschlechter beruflich er-bringen. Dabei wird deutlich, dass der Status der Frauentätigkeiten nicht hoch und damit nicht erstrebenswert für Männer ist.

221 Vgl. Zander (2006), a.a.O., S. 8.

222 Vgl. Hering, Sabine (2006): Differenz oder Vielfalt? — Frauen und Männer in der Geschichte der Sozialen Arbeit. In: Zander, Margherita (Hg.): Geschlecht Nebensache?

Zur Aktualität einer Gender-Perspektive in der sozialen Arbeit. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 19.

223 Sogenannte Männer- bzw. Frauenberufe sind Berufe mit einem Beschäftigtenanteil von mehr als 70 Prozent eines Geschlechts, auch horizontale geschlechtsspezifische Segregation, vgl. Krumpholz (2004), a.a.O., S. 13.

224 Vgl. Rabe-Kleberg, Ursula (1993): Verantwortlichkeit und Macht. Ein Beitrag zum Verhältnis von Geschlecht und Beruf angesichts der Krise traditioneller Frauenberufe.

Bielefeld: Kleine, S. 128.

Neben dieser Typisierung von Berufen aufgrund geschlechtsbezogener quantitativer Beschäftigtenzahlen ist von der Differenz aufgrund des As-pekts unterschiedlicher Einkommen eher abzuraten, da diese auch in Be-rufen mit annähernd gleichem Anteil vorzufinden sind.225

Zu der dargestellten horizontalen beruflichen Segregation findet sich in der Berufsstruktur auch eine vertikale Verschiedenheit, was bedeutet, dass berufliche Aufgaben nach Aspekten wie Einkommen und Wertschätzung hierarchisiert werden.226 Auffällig sind auch hier geschlechtsspezifische Unterschiede. Allerdings stellt Wetterer in diesem Zusammenhang eben-falls fest, dass eine Geschlechtersegregation aufgrund eigenschaftstheo-retischer Ansätze nicht nur in Frauenberufen, sondern ebenso in ge-mischtgeschlechtlichen Berufen vorhanden ist.227

In diesem Zusammenhang sei das (bereits 1977) von Kanter beschriebe-ne Token-Konzept nochmals kurz erwähnt:228 Mit token ist ein Personen-kreis mit gleichem Merkmal229 gemeint, welches jedoch bei nur ca. 15 Prozent innerhalb der Gesamtgruppe auftritt.230 Im vorliegenden Fall lässt sich das beispielsweise auf die in der Basis Sozialer Arbeit beschäftigten Männer und umgekehrt auf Frauen in Führungspositionen übertragen.

Geschlechtsspezifische Aspekte von Leitungsverhalten lassen sich dabei ebenfalls vor allem auf geschlechtsspezifische Zuschreibungen, bewusst oder implizit, zurückführen, die auch dann wirken, wenn keine grundsätzli-chen Unterschiede im Leitungsstil festgestellt werden können. So stehen männlich geprägten Stereotypen wie Dominanz und Aufgabenorientierung hier sozialem Ausgleich und Mitarbeiterorientierung, einem eher weiblich typisierten Geschlechtsrollenhintergrund, gegenüber.231

225 Vgl. Borutta; Giesler (2006), a.a.O., S. 79 ff.

226 Vgl. Wetterer, Angelika (2002): Arbeitsteilung und Geschlechterkonstruktion. "Gender at work" in theoretischer und historischer Perspektive. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft, S. 49.

227 Vgl. ebenda, S. 81 ff.

228 Vgl. Kanter (1977), a.a.O., S. 209.

229 Token, engl., Symbol, Merkmal.

230 Der Personenkreis der überwiegenden Teilgruppe wird als Dominants bezeichnet.

231 Vgl. Merchel (2010), a.a.O., S. 75 ff.

3.3.3 Geschlechterhierarchien in der Sozialen Arbeit

In den vorangegangenen Ausführungen wurde sowohl auf theoretischer als auch auf empirischer Basis dargestellt, dass sich eine grundsätzlich quantitativ einseitige Geschlechterverteilung (wie der hohe Frauenanteil im Bereich der Sozialen Arbeit) nicht automatisch auf alle hierarchischen Positionen übertragen lässt. Auch lässt sich daraus keine egalitäre Auftei-lung von Führungspositionen ableiten. Vielmehr zeigt sich hier die klassi-sche Arbeitsteilung, dass Frauen in der pädagogiklassi-schen Arbeit und Männer in leitenden Aufgaben tätig sind.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird untersucht, welche Faktoren für Frauen im Erreichen einer Führungsposition förderlichen und hinderlichen Einfluss haben. Dabei wurde besonderen Fokus auf organisationale als auch individuell-biografische Aspekte gelegt.