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Es können hier auf Grund der Mutterschaft der jungen Frauen zwei Formen der Berufsausbildung unterschieden werden. Zum einen die gängige Vollzeitberufsausbildung und zum anderen die Teilzeitberufsausbildung.

Im Jahr 2005 hat das BBiG mit dem § 8 ein Gesetz erlassen, in dem die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer „Teilzeitberufsausbildung“ verankert ist. Hier heißt es,

„Bei berechtigtem Interesse kann sich der Antrag auch auf die Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit richten (Teilzeitberufsausbildung).“(§ 8 Absatz 1 Satz 2 BBiG) Hierfür ist ein gemeinsamer Antrag von der Auszubildenden und dem Ausbildenden an die zuständige Kammer zu richten. Ein solches

„berechtigtes Interesse“ liegt vor, wenn die Auszubildende Mutter ist.

Eine Teilzeitberufsausbildung bedeutet, verkürzt beschrieben9, sechs statt acht Arbeitsstunden pro Tag, wobei die Berufsschule in Vollzeit besucht wird. Hinzu kommend wird analog zu den 75 Prozent geleisteter Arbeitszeit das Ausbildungsgehalt auf 75 Prozent gekürzt. Sollte es dem Lehrling nicht möglich sein, die Berufsausbildung in der angesetzten Regelzeit von drei oder dreieinhalb Jahren zu beenden, so kann, nach § 8 Absatz 2, Satz 1 BBiG, eine Verlängerung beantragen werden.

Ziel ist es, speziell der Personengruppe junge Mütter und Väter eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Die Verkürzung der Arbeitszeiten lässt es zu, Beruf und Familie kompatibler miteinander zu verbinden. Für die jungen Mütter und Väter ist diese Form der Ausbildung oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt einen Beruf zu erlernen.

In Hamburg wird die Teilzeitausbildung aus verschiedenen Gründen noch sehr verhalten genutzt. Zum einen scheint dies an fehlender Werbung und Aufklärungsarbeit gegenüber Firmen und der potenziellen Personengruppe, die diese Form der Ausbildung in Anspruch nehmen könnte, zu liegen. Zum anderen äußern die Betriebe nach Aussagen von Experten eine hohe Skepsis gegenüber der Klientel sowie dieser Form der Ausbildung. Diese Haltung erklärt zum Teil das rare Angebot

9 Die genaue Gesetzesgrundlage lässt noch weitere flexible Zeiteinteilungen für die infrage kommende

Klientel zu.

an Teilzeitausbildungsstellen in Hamburg. Die Betriebe haben Bedenken hinsichtlich hoher Fehlzeiten, welche durch Krankheit des Kindes entstehen könnten, und der

„Doppelbelastung“, der die jungen Mütter nicht standhalten könnten (vgl. Hamburger Wochenblatt, „Mirja hat eine Lehrstelle“, 06.09.06). Hinzu kommt die Sorge, dass sich eine „Sonderbehandlung“ der jungen Mütter schlecht auf das Betriebsklima auswirken könnte. Des Weiteren müssen die jungen Mütter einen unverhältnismäßig großen formalen Aufwand erfüllen, um zu einer solchen Ausbildungsform zugelassen zu werden (vgl. Gesprächsmitschriften, Anhang: 89 ff.).

Trotz der verkürzten Zeiten ist es für die jungen Mütter immer noch ein Kraftakt, die verschiedenen Anforderungen, die Beruf und Familie an sie stellen, zu befriedigen und ihre Zeit erfolgreich zu koordinieren. Auch in dieser Ausbildungsform sind die möglichen Fehlzeiten begrenzt, die, unter anderem durch Krankheit des Kindes, oftmals schnell erreicht sind. Ein häufiges Fernbleiben des Berufsschulunterrichtes, der je nach Berufsaubildung in seiner Ausgestaltung variiert10, führt zu einem unaufholbaren Wissensrückstand, der letztendlich zum Abbruch der Ausbildung beiträgt. Gerade die Anfangszeit wird von Experten immer wieder als die kritischste Zeit innerhalb der Berufsausbildung benannt, in der es die häufigsten Abbrüche gibt.

In Hamburg werden aktuell circa 7211 junge Mütter in Teilzeit ausgebildet, die meisten von ihnen im Büro- und Einzelhandelsbereich. Allein bei der Hamburger Arge sind über 5.000 alleinerziehende Personen im Alter von 16 bis 35 Jahren gemeldet, die keine Berufsausbildung haben. Nach Schätzungen kommen 10 bis 20 Prozent von ihnen für eine Teilzeitausbildung in Frage (vgl. Leistungsbeschreibung ESF, 200912). Im Verhältnis zu anderen Städten wie Lübeck – dort sind es aktuell 167 Teilzeitausbildungsverträge13 – hat Hamburg in diesem Bereich noch einen großen Entwicklungsspielraum.

10 Der Berufsschulunterricht kann zeitlich unterschiedlich gestaltet werden, die gängigsten Formen hierbei sind, ihn zwei mal wöchentlich anzubieten oder ihn in verblockter Form an mehrere Wochen am Stück zu unterrichten.

11 Diese Zahl setzt sich aus Angaben der Handwerkskammer (31), des Öffentlichen Dienstes

(1Teilzeitauszubildende im Beruf Hauswirtschaftlerin) und einer von der Handelskammer geschätzten Zahl von 40 Teilzeitauszubildenden zusammen.

12 „Öffentliche Aufforderung zur Abgabe eines Projektvorschlags für die Durchführung von

Maßnahmen in der ESF-Förderperiode 2007-2013

13Nach Angaben von Frau Dr. Hahner aus dem Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung, Projekt Teilzeitausbildung der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck sind in dieser Zahl auch die Verträge der Handwerkskammer mit einbezogen. Seit dem Projektbeginn im Januar 2005 wurden über 275 Verträge in Teilzeit geschlossen.

Nach Aussagen unterschiedlicher Experten kommt langsam Bewegung in die weitere Publikmachung der Teilzeitausbildung. Der Ausbildungsleiter Herr M., der das Projekt

„Teilzeitausbildung für junge Mütter“, vom Landesbetrieb Erziehung und Bildung (LEB) betreut, berichtet von einer AG zum Thema „Teilzeitausbildung in Hamburg“, die Anfang des Jahres gegründet wurde und an der auch der LEB teilnimmt. Ebenso gäbe es auch immer mal wieder Veranstaltungen zur Ausbildung in Teilzeit, bei denen leider zu wenige Interessierte anwesend seien.

Hamburg hat, gemeinsam mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF), eine Projektstelle für den Zeitraum 2010 bis 2012, ausgeschrieben, die durch Fördergelder der Stadt und des ESF finanziert wird. Das Projekt soll sich der

„Förderung der [Teilzeit]Ausbildung und der Erhöhung des [Teilzeit]Ausbildungsplatzangebotes“ (vgl. Leistungsbeschreibung ESF, 2009) annehmen.

Aktuell wird die Berufsausbildungslage der jungen Mütter von allen angesprochenen Experten als sehr schwierig und sehr verbesserungswürdig, beschrieben.

Die Projektkoordinatorin des „Passage“ – Bildungsprojektes „Eltern und Beruf“, Frau Sch. und ihre Kollegin Frau Z., beschreiben die Politik, Kammern und Behörden als äußerst unbeweglich. Diese hielten an ihren Ausbildungskonzepten fest und sähen anscheinend keinen Grund zur Veränderung. Die Praxis hingegen, in der mit den theoretischen Konstrukten gearbeitet werden muss, stößt auf Probleme. Hier wird der Frust und die Verzweiflung der Klientel wahrgenommen, die keine geeignete, ihrer Lebensphase gerecht werdende Ausbildung findet (vgl. Gesprächsmitschriften, Anhang: 89-93).

Die Politik besetzt in der weiteren Verbreitung der Teilzeitausbildung eine wichtige Position. Sie sitzt an oberster Stelle und hat somit mehr Möglichkeiten, die entscheidenden Personen und Stellen zu erreichen, damit sich endlich etwas bewegt. Frau Sch. berichtet des Weiteren, dass sie über einen langen Zeitraum vieles versucht habe, um die Teilzeitausbildung in Hamburg bekannter zu machen.

Ihre Erfahrungen in diesem Bereich beschreibt sie als frustrierend, müßig und immer wieder bei Null anfangend. Es könne nicht von unten nach oben gearbeitet werden.

Für sie ist es unverständlich, weshalb die Behörden, Kammern und Politik nicht mit ihnen in der Weiterentwicklung und Förderung zusammenarbeiten und dabei auf ihr vorhandenes gesammeltes Praxiswissen zurückgreifen. Stattdessen werden Treffen

zu dem Thema anberaumt, zu denen sie nicht eingeladen werden (vgl.

Gesprächsmitschriften, Anhang: 89 ff.).

Wie lange es braucht, um die Berufsausbildungslage der jungen Mütter zum Positiven zu wenden, vermag niemand zu sagen. Eine Mitarbeiterin des Arge Projektes „Teilzeitausbildung in Hamburg“, Frau R., beschrieb Hamburg im Hinblick auf die Teilzeitausbildung als einen schweren großen Lastwagen, der erst einmal angeschoben werden müsse. Und das könne dauern (vgl. Gesprächsmitschriften, Anhang: 98-99)!