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Foresight industrielle Nutzung

Im Dokument Rohstoffe für (Seite 80-84)

effizienz und Substitution

Stufe 5 – Fahrerloses Fahren

3.1.4.3 Foresight industrielle Nutzung

Der Markt für Assistenz- und bzw. oder Automa-tisierungssysteme entwickelt sich seit einigen Jahren sehr dynamisch. Während zwischenzeit-lich durch einige unfallbedingte Rückschläge und teilweise vorschnelle bzw. schlecht vorbereitete Markteinführungen von Autopilot-Systemen auf der Straße der Optimismus einer schnellen Markt-einführung der Automatisierungsstufe 4 einem Realismus gewichen ist, zeigen sich nun durch die derzeitigen Bemühungen einiger Hersteller doch bereits erste Erfolge. Anhand von Exper-teninterviews mit Entscheidungsträgern aus der Automobilindustrie kann die Einführung der Auto-matisierungsstufe 4 innerhalb der nächste Jahre bereits erwartet werden. Roadmaps verschiede-ner Verbände, beispielsweise dem VDA oder der europäischen ERTRAC, bestätigen diese Erwar-tungen. Ob und wann die finale Automatisie-rungsstufe 5 realisiert werden kann, ist jedoch in Expertenkreisen fraglich. Da sich die

Funktionali-täten zwischen Stufe 4 und Stufe 5 jedoch nicht wesentlich unterscheiden und der Umfang des automatisierten Fahrens nur durch die Rahmen-bedingungen (Straßenbeschaffenheit, Wettersitu-ation, Verfügbarkeit von hochauflösenden Karten und die Abdeckung mit schnellem Mobilfunk) bei Stufe 4 eingeschränkt sind, ist die Einführung der Stufe 5 nicht entscheidend für die Entwicklung der Technik und damit des Rohstoffbedarfs.

KrAil et al. (2019) haben auf Basis von Lernkur-ven auf der Ebene der Systemkomponenten und der Akzeptanz bzw. der Bereitschaft zur Zahlung eines Aufpreises mögliche Markthochlaufkurven für Pkw, Lkw und Busse in verschiedenen Grö-ßenklassen und für die fünf Automatisierungsstu-fen für den deutschen Markt abgeschätzt. Über-trägt man die Erkenntnisse zum Markthochlauf auf den globalen Markt nach Pkw und Nutzfahr-zeugen, ergibt sich der skizzierte Markthochlauf für Pkw bzw. Nutzfahrzeuge, die bis 2040 weltweit mit Systemen der Automatisierungsstufen 2 (teil-automatisiertes Fahren) bis 5 (fahrerloses Fah-ren) ausgestattet und neu zugelassen werden.

Grundlage für die Berechnung ist zunächst eine Abschätzung der Entwicklung der

Neuzulas-sungen von Pkw und Nutzfahrzeugen (Nfz) bis 2040. Diese Abschätzung geht von einem Anstieg der weltweiten Neuzulassungen bei Pkw von 74,2 Mio. im Jahr 2019 auf 99,6 Mio. Pkw im Jahr 2040 aus bzw. bei Nfz von 18,7 Mio. in 2019 auf 24,7 Mio. in 2040. Unter der Annahme, dass nur die Märkte der Industrieländer den gleichen Pfad bzw. der gleichen Geschwindigkeit des Markt-hochlaufs folgen und Märkte in Schwellen- bzw.

Entwicklungsländer mit einem zeitlichen Verzug von fünf bzw. zehn Jahren folgen, ergibt sich das folgende Bild (siehe Abb. 3.7 und Abb. 3.8). Bei Pkw könnten anhand der Abschätzung bis 2040 zwischen 34 Mio. (für das Szenario SSP1) und 54,6 Mio. Pkw (für das Szenario SSP5) mit Sys-temen ausgestattet sein, die pilotiertes Fahren auf verschiedenen Automatisierungsstufen ermög-lichen. Bei Nutzfahrzeugen klettert die Zahl der Neuzulassungen von automatisierten Fahrzeugen bis 2040 auf Zahlen zwischen 17,8 Mio. (für das Szenario SSP2) und 24,2 Mio. Nutzfahrzeugen (für das Szenario SSP5).

60

50

[Mio. neu zugelassene Pkw]

40

30

20

10

0 2020 2025 2030 2035 2040

SSP1 SSP2 SSP5

Abb. 3.7: Weltweite Neuzulassungen an automatisierten Pkw der Stufen 2 bis 5 (Quelle: FRauNhOFeR ISI)

3.1.4.4 Foresight Rohstoffbedarf

Für die Abschätzung des künftigen Rohstoff-bedarfs soll das technische Konzept des schon anwendungsnahen Velodyne LiDAR Alpha Prime VLS-128 zugrunde gelegt werden. Es enthält 128 Lasersysteme. Es wird ferner angenommen, dass, wie im zuvor erwähnten selbstparkenden Forschungsfahrzeug BMW i3, vier LiDAR pro Fahrzeug eingesetzt werden (PrieMer 2015).

Die geometrischen Abmessungen der Laser im Alpha Prime VLS-128 sind nicht bekannt. Für die Abschätzung des künftigen Rohstoffbedarfs werden die in Tab. 3.12 dargestellten Annahmen zugrunde gelegt.

Mit diesen Annahmen errechnet sich ein Gewicht des einzelnen YAG-Kristalls von 0,32 g, bei 128 verbauten Lasern 40,96 g YAG pro LiDAR und pro Fahrzeug. Für die Ausstattung von 78,8 Mio. Pkw und Nutzfahrzeugen mit LiDAR-Laserscannern entsteht demnach ein jährlicher Bedarf an YAG-Kristall von 3.228 t.

Die chemische Summenformel für mit 1 Atom-%

Neodym dotiertes YAG lautet Y2,97Nd0,03Al5O12.

Das Molekulargewicht dieses Materials beträgt 595,3 g. Es enthält nach Tab. 3.13 0,72 Gew.-%

Neodym und rund 44 Gew.-% Yttrium. Daraus ergibt sich mit den getroffenen Annahmen ein jährlicher Bedarf von etwa 14,7 t bis 22,2 t Neo-dym und 928 t bis 1.401 t Yttrium, wenn die laut Abschätzungen in Szenario SSP1 ca. 52,2 Mio.

bzw. in SSP5 ca. 78,8 Mio. in 2040 produzierten Fahrzeuge mit Laserscannern ausgestattet wür-60

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[Mio. neu zugelassene Nfz]

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0 2020 2025 2030 2035 2040

SSP1 SSP2 SSP5

Abb. 3.8: Weltweite Neuzulassungen an automatisierten Nutzfahrzeugen der Stufen 2 bis 5 (Quelle: FRauNhOFeR ISI)

Tab. 3.12: Annahmen zur Abschätzung des Rohstoffbedarfs

Wirtskristall YAG

Aktives Material 1 Atom-% Nd YAG-Dimension 3 mm Durchmesser,

10 mm Länge

YAG-Dichte 4,55 g/cm3

Anzahl Laser pro LiDAR 128 Anzahl LiDAR

pro Fahrzeug 1

Fahrzeug-Produktion

2040 52,2 bis 78,8 Mio.

Fahrzeuge pro Jahr

den (Tab. 3.14). Um den vorhandenen Unsicher-heiten Rechnung zu tragen, ist das formulierte Szenario eine Potenzialabschätzung und bildet die Obergrenze für den erwarteten Rohstoffbedarf der Anwendung.

Der Vergleich des erwarteten Rohstoffmengenpo-tenzials für Laserscanner mit der Weltproduktion zeigt, dass in dieser Anwendung kein kritisches Nachfragesegment entsteht. Diese Einschätzung gilt auch für die übrigen Fahrzeugsensoren.

Anhand der abgeschätzten Menge der Fahrzeuge (Pkw und Nutzfahrzeuge) für das Jahr 2040 ergibt sich für die Steuergeräte ein Bedarf in Höhe von 105 – 160 Mio. CPUs und 210 – 320 Mio. GPUs.

3.1.4.5 Recycling, Ressourcen­

effizienz und Substitution

Der Laserscanner ist eine der zentralen Sensor-komponenten für die Realisierung des pilotier-ten Fahrens von Straßenfahrzeugen. Durch das schnelle Abtasten des Fahrzeugumfelds um 360°

mit zahlreichen Laserstrahlen (Laserscanner mit

bis zu 128 Lasern sind mittlerweile auf dem Markt erhältlich) lässt sich in Kombination mit anderen Sensoren ein zuverlässiges und hochaufgelös-tes Bild der Umgebung erzeugen. Laserstrah-lung ist monochromatisch und lässt sich deshalb sehr gut bündeln. Dadurch ist auch in größerer Entfernung der Abtaststrahl schmal und in der Lage feine Strukturen aufzulösen. Bis heute ist der Laserscanner in nahezu allen entwickelten automatisierten Fahrzeugkonzepten elementares Bestandteil, da bisher die Leistungsfähigkeit kos-tengünstiger Ultraschall- und Radarsensoren nicht so weit gesteigert werden konnte, dass sie alleine das benötigte hochgenaue Abbild der Fahrzeug-umgebung erzeugen können. Als Alternative kämen lediglich Mustererkennungsverfahren in Betracht, die das Bild optischer Stereokameras auswerten. Tesla baut als einziger Hersteller stark auf die Kameratechnologie, hat jedoch nach eini-gen Unfällen die Systeme auch um Laserscanner ergänzt.

Es ist möglich das LiDAR von Laserscannern mit unterschiedlichen Halbleiter- und Festkörper-Lasersystemen zu realisieren. Die Forschungs-fahrzeuge von Ford arbeiten mit Laserscannern Tab. 3.13: Gewichtsanteile der Rohstoffe im Nd:YAG-Festkörper-Laser

Element Atomgewicht

g/Mol Atomanzahl Molekulargewicht

g/Mol Gewichtsanteil

%

Yttrium 88,9 2,97 264,0 44,35

Neodym 144,2 0,03 4,3 0,72

Aluminium 27,0 5 135,0 22,68

Sauerstoff 16,0 12 192,0 32,25

Nd:YAG 20 595,3 100,00

Tab. 3.14: Globale Produktion (BGR 2021) und ermittelte Rohstoffbedarfe für Laserscanner zum automatischen Pilotieren von Kraftfahrzeugen in t

Rohstoff Produktion 2018 Bedarf 2018

Bedarfsvorschau 2040 NachhaltigkeitSSP1 SSP2

Mittelweg SSP5 Fossiler Pfad

Neodym 23.900 (R) ~0 14,7 16,2 22,2

Yttrium 7.600 (R) ~0 928 1.050 1.401

Aluminium 63.756.000 (R) ~0 480 540 720

R: Raffinadeproduktion (t Inh.)

der Velodyne Laser Incorporation, die für die Erzeugung der 903 nm Laserstrahlung InGaAs-Halbleiterlaser vermutlich verwenden. Aber auch mit dem gängigen Nd:YAG-Festkörper-Laser kön-nen mit 946 nm und 1.064 nm Wellenlängen in der Nähe der InGaAs-Laserstrahlung realisiert werden.

Für die Entsorgung von gebrauchten Autos gibt die Altfahrzeug-Verordnung anspruchsvolle Recy-clingziele vor. Seit dem 1. Januar 2015 müssen 95 % des Leergewichts wiederverwendet oder stofflich oder energetisch verwertet werden. Die energetische Verwertung wird beschränkt, indem mindestens 85 % wiederverwendet oder stofflich zu verwerten sind (AltFAhrzeugV 2016). Unterlau-fen werden die gesetzlichen Vorgaben in erheb-lichem Umfang, indem hochbetagte Gebraucht-fahrzeuge, darunter, so die Vermutung, auch schrottreife Autos, in Entwicklungsländer und nach Osteuropa exportiert werden (EUWID 2015).

Sensoren, Aktuatoren und Prozessoren können am Ende einer Autolebensdauer nicht wiederver-wendet werden, weil der technische Wandel nach mehr als einem Jahrzehnt dies nicht zulässt. Für diesen komplexen Elektronikschrott sind auch die Möglichkeiten der stofflichen Rückgewinnung aus technischen und wirtschaftlichen Gründen unbefriedigend. Es ist zu erwarten, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Komponenten energe-tisch verwertet (Platinen, Isolierungen, Kunststoff-gehäuse) oder beseitigt wird.

Ein zentraler Begleiteffekt des pilotierten Fah-rens ist die Unfallvermeidung. Erste Feldstudien mit automatisierten Fahrzeugen auf europäischer Ebene (z. B. die EU-Projekte euroFOT, AdaptiVe oder L3Pilot) haben auf Basis von Millionen Test-kilometer bestätigt, dass 90 bis 100 % der Unfälle durch automatisierte Systeme in Kraftfahrzeu-gen vermieden werden können. Die vermiedene Verschrottung und Wiederinstandsetzung von Unfallfahrzeugen verbessert die Rohstoffeffizienz.

Assistenzsysteme helfen, Verkehrsstaus zu ver-meiden, den Parkraum besser auszunutzen (Flä-chenentsiegelung), und unterstützen behinderte und ältere Menschen mit eingeschränkten senso-rischen Fähigkeiten. Sie verbessern die Energie-effizienz und reduzieren die Emissionen von CO2

und Schadstoffen, indem sie den Fahrzeugan-trieb um den optimalen BeFahrzeugan-triebspunkt aussteuern (siehe KrAil et al. 2019).

Darüber hinaus kann das automatisierte Fahren einen revolutionären Innovationschub einleiten, der mit dem fahrerlosen Führen von Autos im Straßenverkehr seine Kulmination erreicht. Es wird mit erheblichen gesellschaftlichen Implika-tionen verbunden sein, kennzeichnend für eine Zukunftstechnologie. Taxis werden zu fahrerlo-sen Robotaxis, die per Smartphone angefordert werden und denen man per Sprachbefehl das Ziel vorgibt. Carsharing oder Carpooling-Dienste werden zunehmend flexibilisiert und ermöglichen komfortable Tür-zu-Tür Fahrten ohne Wartezei-ten. Das angeforderte Fahrzeug fährt zum vor-gegebenen Zeitpunkt fahrerlos vors Haus und ist bereit zum Einsteigen. Am Ende der Fahrt steuert es automatisch den nächsten Auftrag an. Der Nut-zer merkt kaum einen Unterschied zum eigenen Auto und steigt ohne Komforteinbuße auf Car-sharing um. Die bestehende Fahrzeugflotte wird effizienter ausgenutzt, die Neuproduktion und die Menge der benötigten Rohstoffe nehmen ab.

Solche Effekte auf die Rohstoffnachfrage lassen sich auch heute noch nicht mit der nötigen Sicher-heit einschätzen, da zahlreiche andere Aspekte, die diese Entwicklung treiben oder bremsen noch nicht klar sind. Dies sind zum einen die techni-schen Rahmenbedingungen besonders im Stadt-verkehr, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Frage der Akzeptanz und von Aspekten wie dem Wunsch nach Privatheit.

3.1.5 Luftfahrzeuge für 3D­Mobilität

Im Dokument Rohstoffe für (Seite 80-84)