• Keine Ergebnisse gefunden

Flexibilität in der Wasser- Wasser-versorgung Cham

Wasserpumpen zur Entlastung des Stromnetzes

Die Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Regensburg geht in Zusammen-arbeit mit den Kreiswerken Cham der Frage nach, ob ein flexibilisierter Einsatz von Trinkwasserpumpen dazu beitragen kann, in kritischen Zeitpunkten die Stromnetze zu entlasten. Weitere Beteiligte dieser Demonstrationszelle „Cham und Umgebung“

sind die Münchener Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE), Bayernwerk, Con-solinno ENERGY, die Stadtwerke Cham und die Stadtwerke Waldmünchen. Siehe die geografische Übersicht in Abbildung 65.

In Zusammenhang mit dem steigenden Bedarf, Netzengpässen im Verteilnetz vor-zubeugen, entstand bei den Kreiswerken Cham im nördlichen Bayerischen Wald die Idee, den Betrieb ihrer Trinkwasserpumpen an den Sonnenverlauf und somit an die Photovoltaik-Einspeisung anzupassen. Dies soll vor Ort dazu beitragen, das Strom-netz zu entlasten, zum Beispiel wenn die Photovoltaik-Einspeisung hoch ist. Die Trinkwasserpumpen eignen sich aus zwei Gründen besonders für flexible Nutzung:

Zum einen verbrauchen sie eine beträchtliche Menge elektrische Energie, zum ande-ren stehen die vorhandenen Hochbehälter ohne weitere Umbaumaßnahmen als Zwi-schenspeicher für das Trinkwasser zur Verfügung. Dadurch können die Kreiswerke die Pumpen innerhalb gewisser Grenzen zeitlich versetzt zu ihrer heutigen Betriebsweise F Seite 90

Abbildung 65:

Geografische Lage der Demonstra-tionszelle „Cham und Umgebung“

im C/sells-Ver-bund

SUNGEN FÜR VERTEILNETZE

Waldmünchen

Cham Wenzenbach

Regensburg Versorgungsgebiet KW Cham

Cham Waldmünchen Wenzenbach

Demonstrationszelle „Charm und Umgebung“

ZELLFUNKTIONEN BASISINSTRUMENTE Partizipation an der Energiewende × Ausgleich von Erzeugung & Verbrauch Infrastruktur-Informationssystem

Aggregation von Daten Regionale Energieprodukte Abstimmungskaskade

Bereitstellung netzdienlicher Flexibilität × Netzwiederaufbau & Inselnetzbetrieb Regionalisierter Handel mit Energie & Flexibilität ×

einsetzen. Außerdem ist der Wasserverbrauch tendenziell der Photovoltaik-Einspei-sung sowohl im Tages- als auch im Jahresverlauf sehr ähnlich – tagsüber mehr als nachts, im Sommer mehr als im Winter.

„Wir möchten untersuchen, ob unsere Pumpen auf stromnetz-seitige Anforderungen reagieren und somit zukünftig einen Beitrag zur Energiewende leisten können. Erste Erkenntnisse zeigen, dass dies grundsätzlich möglich ist. Wir stellen jedoch auch fest, dass die Änderungen am komplexen Steuerungs-system zeitlich sehr aufwändig sind. Die Flexibilität unterliegt bestimmten Grenzen, um eine zuverlässige und qualitativ hoch-wertige Wasserversorgung nicht zu gefährden.“

Johann Aschenbrenner, Sachgebietsleiter Wasserversorgung bei den Kreiswerken Cham. Die Kreiswerke Cham stellen der OTH Regensburg Daten für ein Simulationsmodell bereit und unterstützen bei der Auswahl relevanter Pumpen und Hochbehälter. Ebenso sind sie maßgeblich an der Umsetzung eines Feldversuchs beteiligt.

Lässt sich die Flexibiltät praxistauglich und sicher einsetzen?

Die folgenden Forschungsfragen stehen im Mittelpunkt der Demonstrationszelle:

• Als Wasserversorger möchten die Kreiswerke Cham untersuchen, inwiefern sie die Einsatzzeiten ihrer Pumpen verlagern können, ohne einen Engpass in der Wasserversorgung zu riskieren. Konkret heißt dies: Wann und wie lange können sie die Trinkwasserpumpen abstellen, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint? Und wie viel länger können sie die Pumpen laufen lassen, wenn Wind und Sonne viel Energie erzeugen?

• Die beteiligten Netzbetreiber – Bayernwerk sowie auch die Stadtwerke Cham und Waldmünchen – interessiert zum einen: Wie können sie zuverlässig und manipu-lationssicher auf die Flexibilitätsleistungen zugreifen? Zum anderen: Wie können die Netzbetreiber finanzielle Anreize dafür schaffen, dass die Kreiswerke Cham bereit sind, die Flexibilität ihrer Trinkwasserpumpen bereitzustellen? Außerdem:

Wie kann das Bayernwerk diese Flexibilität in ihrer Netzplanung verankern?

• Die OTH Regensburg arbeitet an Lösungen, um die Flexibilitätspotenziale der Wasserpumpen und die Flexibilitätsanforderungen des Stromnetzes automati-siert zu charakterisieren: Wann und wie lange können die Netzbetreiber die Fle-xibilität nutzen? Wie lang dürfen die Pausen zwischen den Abrufen sein? Welche

Vorlaufzeit ist erforderlich zwischen der Ankündigung eines potenziellen Abrufs und dem tatsächlichen Flexibilitätseinsatz? Dies soll sowohl den Betreibern der Wasserpumpen als auch den Netzbetreibern ermöglichen abzuschätzen, ob und in welchem Umfang Flexibilität technisch machbar, wirtschaftlich sinnvoll und praxistauglich einsetzbar ist.

Dabei ist die Flexibilität der Trinkwasserpumpen nicht vollständig verlässlich. Das Bayernwerk muss zum Beispiel mit vorübergehenden technischen Störungen der An-lage und mit Wettereinflüssen rechnen. Daher musste die OTH Regensburg auch Fall-back-Strategien analysieren, zum Beispiel die bereits zulässige und in der Praxis häufig eingesetzte Kappung von Einspeisespitzen. Außerdem sollte ermittelt und bewertet werden, wie praxistauglich diese Flexibilität ist, um sie auf andere Versorgungsgebiete übertragen zu können. In einem Feldversuch untersuchen die Kreiswerke Cham des-halb, ob sie einen vorgegebenen Flexibilitätsfahrplan in das bestehende Steuerungs-system mit geringen Softwareanpassungen integrieren können. Die ermittelten Flexi-bilitätspotenziale können die Kreiswerke Cham auf einer der im Projekt entwickelten Flexibilitätsplattformen bereitstellen.

Vorteile für Wasserversorger und Stromnetzbetreiber

Die Demonstrationszelle zeigt bislang: Die Kreiswerke Cham als Wasserversorger und Betreiber der Trinkwasserpumpen können durch die Bereitstellung von Flexibilität zusätzliche Einnahmen erzielen. Wie hoch diese Einnahmen sind, wird davon ab-hängen, wie effektiv die Flexibilität zur Behebung eines Netzengpasses beiträgt. Auch muss der Gesetzgeber den regulatorischen Rahmen erst anpassen, damit Netzbetrei-ber Flexibilität entgelten können.

Der Netzbetreiber kann die vorhandenen Stromleitungen effizienter zu nutzen und beispielsweise auf Netzausbaumaßnahmen verzichten, was wiederum in der Be-völkerung positiv aufgefasst werden dürfte. Denn für neue Leitungen in der Mittel- und Niederspannungsebene müssen die Netzbetreiber in der Regel Straßen aufgraben und Kabel neu verlegen.

Die OTH Regensburg hat die Anforderungen und Potenziale charakterisiert, wie der Betreiber die Trinkwasserpumpen in der Praxis flexibel nutzen kann. Dies ermög-licht es, die Lösung auf andere Anlagen und Netzgebiete zu übertragen. Das ist wich-tig, denn nur ein flächendeckender Flexibilitätseinsatz bringt volkswirtschaftliche und ökologische Vorteile und steigert die Chancen für eine erfolgreiche Energiewen-de. Nach Projektende wird die OTH Regensburg die finalen Ergebnisse und Hand-lungsempfehlungen veröffentlichen.

F Seite 100

TOBIAS FIESELER, ERIK HEILMANN, HEIKE WETZEL