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Waldstruktur

Unmittelbar nach dem Beginn des For-schungsprogramms im Jahr 1988 wurde das Naturwaldreservat „Meißner“ auf insgesamt 87 systematisch verteilten Pro-bekreisen waldkundlich erfasst. Zu die-sem Zeitpunkt waren Totalreservat und bewirtschaftete Vergleichsfläche aus 85 bis 150 Jahre alten Buchenmischwäldern und 80 bis 120-jährigen Fichtenbestän-den aufgebaut.

Aufgrund der guten Nähr-stoffversorgung und der ab-wechslungsreichen Standorte weist das Naturwaldreservat eine große Palette an Misch-baumarten auf. Neben dem Berg-Ahorn als wichtigster Laubbaumart nach der Rot-buche kommen in geringeren Anteilen Stiel-Eiche, Spitz-Ahorn, Esche, Berg-Ulme, Winter-Linde, Sand-Birke, Schwarz-Erle und Eberesche vor. Als einzige Strauchart ist die Hasel auch in der Baum-schicht vertreten. Außer der Gemeinen Fichte wurden in einzelnen Probekreisen weni-ge Douglasien erfasst.

Totalreservat (TR) und Ver-gleichsfläche (VF) zeigten bereits im Ausgangszustand einige Unterschiede in der Bauartenzusammensetzung und Bestockungsdichte. So war der Anteil der Fichte im Totalreservat erheblich hö-her. Während der Vorrat in der Vergleichsfläche im Jahr 1988 durchschnittlich 258 m³ je ha betrug, lag der Wert des

Totalreservats bei 384 m³ je ha. Hinsicht-lich der Stammzahl waren sich die beiden Teilflächen ähnlicher. Hier wies die Ver-gleichsfläche lediglich eine etwas höhere Baumdichte auf.

In dem 22-jährigen Beobachtungszeit-raum ist der Vorrat im Totalreservat auf etwas mehr als 500 m³ je ha ange-wachsen. Trotz fortschreitender Nutzung konnten auch die Waldbestände in der Vergleichsfläche ihren Vorrat auf 320 m³

Totholz: Entwicklung von Stückzahl und Holzmasse je Hektar im Naturwaldreservat „Meißner“ von 1988 bis 2010

Lebender Baumbestand: Entwicklung von Stammzahl und Holzmasse je Hektar im Naturwaldreservat „Meißner“ von 1988 bis 2010

Stückzahl bzw. Kubikmeter Holz je Hektar

Totholz stehend

Anzahl Bäume bzw. Kubikmeter Holz je Hektar

1988 2010

Anzahl Bäume Holzmasse in Kubikmeter

Sonstige Fichte Bergahorn Rotbuche Eiche

je ha erhöhen. In beiden Flächen hat die Stammzahl geringfügig zugenommen.

Diese Zunahme geht im Wesentlichen auf Rotbuchen zurück, die in den Derbholz-bestand eingewachsen sind. Erklärungs-ansätze hierfür bieten die 1988 entstan-dene Eisbruchfläche im Totalreservat und aufgelichtete Althölzer mit Nachwuchs in der Vergleichsfläche.

Die Totholzmenge (liegend ≥20 cm Durchmesser, stehend ≥7 cm BHD, kei-ne Stubben berücksichtigt) war mit 17 m³ je ha im Totalreservat und 11 m³ je ha in der Vergleichsfläche bereits im Aus-gangszustand recht hoch. Bis zum Jahr 2010 haben Stückzahl und Volumen in beiden Flächenvarianten weiter zuge-nommen. Diese Entwicklung ist im To-talreservat allerdings stärker ausgeprägt.

Der Berg-Ahorn ist die häufigste Mischbaumart im Naturwaldreservat „Meißner“.

Hier wird mit 40 m³ je ha ein in etwa doppelt so hoher Wert erreicht wie in der Vergleichsfläche.

Bereits bei der Ausweisung des Natur-waldreservates wurde auf die hohe Be-lastung der Waldverjüngung durch Scha-lenwildverbiss hingewiesen. Werden die Ergebnisse der Verjüngungsaufnahmen 1988 und 2010 miteinander verglei-chen, so zeigt sich, dass dieses Problem nach wie vor offenbar nicht befriedigend gelöst ist. Die Gesamtzahl an Jungpflan-zen beträgt im Jahr 2010 nur noch in etwa ein Viertel der Ausgangszahl. Die-se Entwicklung geht darauf zurück, dass sich die Pflanzenzahl in der untersten Höhenklasse erheblich verringert hat und gleichzeitig offenbar kaum Pflanzen in die höheren Schichten aufwachsen konnten.

Auffällig ist der konstant ge-ringe Anteil an Jungpflanzen über Äserhöhe, der auf einen anhaltend starken Verbiss-druck zurückzuführen sein dürfte.

Die weitere Beobachtung des Naturwaldreservates „Meißner“

wird zeigen, ob sich lebender Holzvorrat und Totholzmenge weiter erhöhen und welche Rolle der Wildeinfluss, na-türliche Störungen und Alte-rungsprozesse in den Buchen-mischwäldern künftig spielen werden. Eine wirklich natür-liche Entwicklung erscheint unter den gegenwärtigen Rah-menbedingungen eines offen-bar deutlich erhöhten Scha-lenwildbestandes fragwürdig.

Jahr Baumart Höhenklasse Summe <1,3 m 1,3 bis 3,0 m >3,0 m

1988 Berg-Ahorn 9.153 14 0 9.167 2010 Berg-Ahorn 2.242 5 9 2.256 1988 Esche 2.237 0 0 2.237

2010 Esche 735 0 0 735

1988 Fichte 367 0 0 367

2010 Fichte 367 5 14 386

1988 Rotbuche 6.005 135 140 6.279 2010 Rotbuche 1.405 158 112 1.674 1988 Spitz-Ahorn 1.037 0 0 1.037 2010 Spitz-Ahorn 33 0 0 33

1988 andere Laubbäume 419 0 0 419

2010 andere Laubbäume 586 9 5 600

1988 andere Nadelbäume 70 0 0 70

2010 andere Nadelbäume 0 0 0 0 1988 Summe 19.288 149 140 19.577 2010 Summe

5.367 177 140 5.684 Durchschnittliche Anzahl Jungpflanzen pro Hektar in den Untersuchungsjahren 1988 und 2010

Starker Verbiss an jungen Rotbuchen

Bodenvegetation

Im Naturwaldreservat „Meißner“ und seiner Vergleichsfläche dominieren ver-schiedene Buchenwald-Gesellschaften (Waldmeister-, Hainsimsen- und Wald-gersten-Buchenwald), deren Vorkom-men in erster Linie vom Basengehalt des Bodens abhängt. Die häufigste Wald-gesellschaft ist hier der Waldmeister-Buchenwald, der auf den im Gebiet weit verbreiteten schwach bis mäßig sauren Standorten auftritt. Der Hainsimsen-Bu-chenwald ist der zweithäufigste Waldtyp und kommt auf sauren bis stark sauren Böden vor. Solche Standorte sind vor allem in windexponierten Plateaurand- und Hangbereichen zu finden, wo der Nährstoffkreislauf unterbrochen ist, weil die Laubauflage weggeblasen wird. Der Waldgersten-Buchenwald ist auf

basen-Hainsimsen-Buchenwald mit Wald-Schwingel (Festuca altissima) am Plateaurand

reichen Böden nur kleinflächig ausgebil-det. Neben den Buchenwäldern kommen auf blocküberlagerten Sonderstandorten Ahorn-Linden-Hang- und Schluchtwälder sowie natürlich waldfreie bzw. mit Ele-menten des Karpatenbirken-Ebereschen-Blockwaldes bewachsene Blockhalden vor. An Quell- und Bachstandorten tre-ten kleinflächig Feuchtwälder auf. Insbe-sondere im Totalreservat sind Fichten vor allem in aufgelichtete Buchenwaldstand-orte eingebracht worden.

An 85 dauerhaft markierten Rasterpunk-ten (39 im Totalreservat und 46 in der Vergleichsfläche) wurden im Jahr 2011 Vegetationsaufnahmen auf 100 Qua-dratmeter großen Probeflächen durchge-führt. Im Totalreservat tritt die Rotbuche in 92 %, in der Vergleichsfläche in 83 % der Aufnahmeflächen in der oberen Baum-schicht auf, wo sie häufig auch dominant

ist. Zweithäufigste Baumart ist die Fichte, die vor allem im Totalreservat eine gro-ße Rolle spielt und dort an der Hälfte der Probepunkte (51 %) in der oberen Baum-schicht gefunden wurde. Sie tritt meist als Mischbaumart mit der Buche auf, bildet vereinzelt aber auch Reinbestände. In der Vergleichsfläche ist die Fichte deut-lich seltener und wurde in nur 7 % der Aufnahmeflächen angetroffen. Hier spielt der Berg-Ahorn als Mischbaumart der oberen Baumschicht eine größere Rolle.

Er kam in der Vergleichsfläche an mehr

als 22 % und im Totalreservat an 15 % der Probepunkte vor. Weitere wichtige Baumarten sind Spitz-Ahorn und Esche.

Im Hinblick auf die mittlere Deckung der Baumschicht besteht am Meißner kein großer Unterschied zwischen Totalreser-vat (71 %) und Vergleichsfläche (74 %).

Hauptgrund hierfür ist, dass in beiden Teilflächen neben sehr dicht geschlosse-nen Beständen auch sehr stark aufgelich-tete oder sogar baumfreie Bereiche vor-kommen. So ist die durch einen Eisbruch 1988 entstandene große Lücke im nord-Offene Blockhalde mit Karpaten-Birke in der Vergleichsfläche

Ausschnitt aus der Krautschicht eines Waldgersten-Buchenwaldes mit Wald-Bingelkraut, Hoher Schlüsselblume, Haselwurz, Buschwindröschen und Gold-Hahnenfuß

östlichen Teil des Totalreservats auch nach 25 Jahren noch nicht geschlossen, weil die Gehölzverjüngung durch Wildverbiss und eine dichte Krautschicht gehemmt wird.

In der südlichen Vergleichsfläche existie-ren durch die fortgeschrittene Endnutzung entstandene lichte Partien. Daneben hat auch der Sturm „Kyrill“ 2007 im Bereich des Plateaurandes größere Lücken geris-sen. Eine Strauchschicht spielt mit 2 bzw.

4 % weder im Totalreservat noch in der Vergleichsfläche eine größere Rolle und wird meist von der Baumverjüngung (Bu-che und Fichte) gebildet. Die mittlere De-ckung der Krautschicht beträgt im Total-reservat 19 % und in der Vergleichsfläche 17 %. Dabei liegt sie im Bereich der Wind-wurflücken und der durch Holzernte stark aufgelichteten Bereiche meist zwischen 50 und 95 %, in anderen Gebietsteilen hin-gegen nur zwischen 0 und 20 %. Ähnlich wie bei den Deckungsgraden unterschei-den sich Totalreservat und Vergleichsflä-che hinsichtlich der mittleren Artenzahl für Gefäßpflanzen und Moose nicht bzw.

kaum. Im Totalreservat wurden im Mittel 16 Gefäßpflanzen- und 2 Moosarten auf 100 Quadratmetern gefunden, in der Vergleichsfläche 16 Gefäßpflanzen- und 1 Moosart.

Häufigste Arten der Krautschicht sind in Waldmeister- oder Hainsimsen-Buchen-wäldern weit verbreitete Arten wie Busch-Windröschen (Anemone nemorosa), Wald-Frauenfarn (Athyrium filix-femina), Wald-Segge (Carex sylvatica), Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa), Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa), Breitblättriger Dornfarn (Dryopteris dila-tata), Gewöhnlicher Wurmfarn (Dryop-teris filix-mas), Wald-Schwingel (Festuca altissima), Waldmeister (Galium odora-tum), Eichenfarn (Gymnocarpium dryop-teris), Großes Springkraut (Impatiens noli-tangere), Berg-Goldnessel (Lamium montanum), Weißliche Hainsimse (Luzu-la luzuloides), Gewöhnliches F(Luzu-lattergras (Milium effusum), Dreinervige Nabelmie-re (Moehringia trinervia), Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella), Hain-Rispengras (Poa Das Totalreservat weist einen höheren Fichtenanteil auf als die Vergleichsfläche.

nemoralis) und die vor allem in höheren Lagen vorkommende Quirlblättrige Weiß-wurz (Polygonatum verticillatum). Hinzu kommt Verjüngung der Baumarten Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus), Rotbuche (Fagus sylvatica), Esche (Fraxinus excel-sior) und Eberesche (Sorbus aucuparia).

Die häufigsten Moosarten sind Schönes

Frauenhaarmoos (Polytrichum formosum) und Einseitswendiges Kleingabelzahn-moos (Dicranella heteromalla).

Eine Analyse der Waldbindung der im Totalreservat und in der Vergleichsfläche gefundenen Gefäßpflanzen- und Moos-arten zeigt, dass im Totalreservat Arten geschlossener Wälder mehr als die Hälfte

des Artenspektrums aus-machen. Die zweitgrößte Gruppe bilden hier die im Wald wie im Offenland ver-breiteten Arten. Umgekehrt ist es in der Vergleichsflä-che. Hier herrschen die im Wald wie im Offenland ver-breiteten Arten vor und Ar-ten geschlossener Wälder machen gut ein Drittel des Artenbestandes aus. Hinzu kommt ein etwas höherer Anteil von Waldarten mit Schwerpunkt im Offenland und reinen Offenlandarten.

Hauptgründe für diesen Prozentualer Anteil der Waldartengruppen (Farn- und

Blüten-pflanzen, Moose, Flechten), gewichtet mit deren Stetigkeit

100 im Wald wie im Offenland

verbreitete Arten

Blocküberlagerter Buchen-Mischwald im Totalreservat

Unterschied sind Auflichtungen und Bo-denstörungen bei der Holzernte, durch die in der Vergleichsfläche lichtliebende und störungszeigende Arten gefördert werden. Als Störungen gelten in der Öko-logie Ereignisse, die – oft schlagartig – die Verfügbarkeit von Ressourcen (z. B. Licht-, Wasser- oder Nährstoffangebot) verän-dern und damit Einfluss auf die Artenzu-sammensetzung haben (z. B. Windwurf oder Eisbruch). Die Wirkung von solchen direkten Störungen wird heute oft ver-stärkt durch indirekte Störungen wie den Stickstoffeintrag aus der Luft. Im Natur-waldreservat „Meißner“ ist eine Gruppe von Störungszeigern sowohl in Teilen der Vergleichsfläche als auch in Teilen des To-talreservats häufig vertreten. Dabei han-delt es sich um Rotes Straußgras (Agrostis capillaris), Land-Reitgras (Calamagrostis epigejos), Hasenfuß-Segge (Carex ovalis), Sparrige Segge (Carex muricata), Pillen-Segge (Carex pilulifera), Schmalblättriges Weidenröschen (Epilobium angustifoli-um), Kletten-Labkraut (Galium aparine),

Weiches Honiggras (Holcus mollis), Flat-ter-Binse (Juncus effusus), Himbeere (Rubus idaeus) und Knotige Braunwurz (Scrophularia nodosa). Sie treten gehäuft insbesondere in den durch Eisbruch und Windwurf stark gestörten Flächen auf.

Durch den Orkan „Kyrill“ gerissene Lücken am oberen Rand der südlichen Vergleichsfläche Die Berg-Flockenblume (Centaurea montana) kommt vorwiegend in montanen Lagen vor. Im Naturwaldreservat besiedelt sie Felsstandorte.

Gebietsfremde Pflanzenarten fehlen hin-gegen, mit Ausnahme der forstlich ein-gebrachten Douglasie, im Naturwaldre-servat wie auch in der Vergleichsfläche in den Vegetationsaufnahmen völlig.

Insgesamt gehört das Gebiet aufgrund seiner standörtlichen Vielfalt zu den flo-ristisch interessantesten Buchen-Natur-waldreservaten mit einer größeren Anzahl seltener und gefährdeter Gefäßpflanzen-arten, zu denen Arten wie der Großblü-tige Fingerhut (Digitalis grandiflora), der Riesen-Schachtelhalm (Equisetum telma-teia), der Märzenbecher (Leucojum ver-num) oder die Sumpf-Sternmiere (Stellaria palustris) zählen. Die größte floristische Besonderheit ist jedoch Brauns Schildfarn (Polystichum braunii), eine der seltens-ten Waldpflanzen Hessens, über deren Vorkommen nachfolgend noch berichtet wird.

Der Meißner ist seit langem für seinen flo-ristischen Reichtum bekannt. So ist durch Rechnungen belegt, dass schon im aus-gehenden 16. Jahrhundert der hessische Landgraf seine Kräuterfrau auf den Meiß-ner schickte. Im 18. Jahrhundert wurde der Berg zunehmend von Naturwissen-schaftlern aufgesucht. So nahm Johann

Christian Polycarp Erxleben (1744-1777), später Professor für Physik und Tierheil-kunde in Göttingen, in der Pfingstwoche 1765 von Göttingen aus an einer von dem Naturhistoriker Prof. Christian Wil-helm Büttner (1716-1801) veranstalteten Exkursion zum Meißner teil und berich-tete darüber. Dabei muss er nach seiner Wegbeschreibung auch die Wälder des heutigen Naturwaldreservates durchquert haben. Viele der von ihm aufgeführten Pflanzenarten kommen hier noch heu-te vor. Auch Professor Conrad Moench veröffentlichte 1777 und 1786 Artenlis-ten seiner Exkursionen. Er fand im heu-tigen Naturwaldreservat unter anderem den Großblütigen Fingerhut an den Fel-sen beim „Lusthaus“, wo er immer noch wächst. Eine umfangreiche Liste mit 125 Moos-, Flechten- und Gefäßpflanzenarten vom Meißner veröffentlichte 1799 der Bo-taniker Christian Hendryk Persoon (1761-1836). Schließlich ist zu den Pionieren der floristischen Erfassung des Meißners noch der Pharmazeut und Botaniker Georg Wil-helm Franz Wenderoth (1774-1861), Pro-fessor in Rinteln und Marburg, ein Schüler Moenchs, zu zählen.

Das Hain-Veilchen (Viola riviniana) ist eine typi-sche Art von Waldmeister-Buchenwäldern.

Eichenfarn, Wald-Sauerklee und Schönes Frau-enhaarmoos

Artenschutzprojekt