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Ein Fitnessprogramm für die Zähne

Modernes Biofilmmanagement – das ist weit mehr als die einfache Entfernung von Plaque. Schließlich ist das Ziel dieser Maßnahme die Gesunderhaltung und ein langfristiger Schutz vor der Entstehung von Karies und Parodontal-erkrankungen, für die u. a. in der Mundhöhle vorhandene Bakterien verantwortlich sind. Diese lassen sich weder durch die häusliche Mundpflege noch durch eine professionelle Zahnreinigung vollständig aus dem Mund ver-bannen. Ziel muss demnach sein, trotz Biofilm die Mundgesundheit zu fördern. Dentalhygienikerin Gülistan Tapti stellt im Folgenden ein umfassendes Konzept zur Prävention anhand eines Patientenfalles vor.

Abb. 1: Ausgangssituation mit Verfärbungen im Unterkiefer-Frontzahn-Bereich und freiliegenden Zahnhälsen, hier beson-ders gut sichtbar an den Zähnen 13, 23 und 24.

vor Säureattacken schützen und nachhaltig remineralisieren lassen. Ihre Anwendung und die damit verbundenen Vor-teile werden im Folgenden erläutert.

Hintergrund

Der 49-jährige Patient (Abb. 1) hatte bereits vor einigen Jahren eine Parodontaltherapie abgeschlossen. Seitdem er-scheint er alle vier Monate zur professionellen Zahnreini-gung (UPT) in der Fachzahnarztpraxis Ates in Köln. Aufgrund des Zahnfleischrückgangs im Seitenzahnbereich leidet er unter Überempfindlichkeiten, deren Behandlung im Rahmen des anstehenden Recall-Termins geplant war.

Reinigung

Zur Entfernung von sub- und supragingivaler Plaque sowie von Verfärbungen kam die Ultraschalleinheit mit dem Pulver-strahlgerät combi touch (mectron Deutschland, Köln) zum Einsatz (Abb. 2). Zur Vorbereitung wurde die Perio-Pulver-kammer mit 3M ESPE Clinpro Glycine Prophy Powder gefüllt (Abb. 3), die Prophy-Kammer mit Natriumbicarbonat-Pulver von mectron. Zur Einstellung des Pulverstrahls und Über-prüfung einer gleichmäßigen Ausgabe wurden beide Strahl-geräte über der Absaugung für einige Sekunden aktiviert.

Abb. 2: combi touch, Ultraschalleinheit und Pulverstrahlgerät in einem.

PLAQUE N CARE 11, 1, 46-49 (2017) 47

Anwenderbericht

Zu Beginn der PZR spülte der Patient den Mundraum mit einer 0,2%igen Chlorhexidinlösung. Anschließend erfolgten die Befundaufnahme (PA-Status, BOP- und Plaqueindex) und die Remotivation des Patienten. Zu seinem Schutz wurden das Gesicht und seine Augen mit einem Tuch abgedeckt (Abb. 4). Die behandelnde Dentalhygienikerin bzw.

Prophy-laxefachkraft sollte eine Schutzbrille tragen. Nun wurden die mineralisierten Beläge mittels Ultraschallgerät entfernt und die starken Verfärbungen im Schmelzbereich mit Natrium-bicarbonat beseitigt. Da NatriumNatrium-bicarbonat eine höhere Partikelgröße aufweist als glycinbasiertes Prophylaxepulver, wirkt es abrasiver auf der natürlichen Zahnhartsubstanz. Es sollte deshalb nur indikationsbezogen (bei schwer entfern-baren Verfärbungen auf Schmelz) angewendet werden. In jedem Fall ausgeschlossen ist der Einsatz auf Wurzelzement und Dentin. Um Natriumbicarbonat ausschließlich supra-gingival einzusetzen, wurde die Düse vom Weichgewebe weg in einem Arbeitswinkel von rund 45 Grad über die Zähne geführt (Abb. 5).

Anschließend wurde flächendeckend das weniger abrasive glycinbasierte Clinpro Glycine Prophy Powder angewendet.

Hierbei ist eine Two-in-one-Reinigung möglich, d. h., sowohl supra- als auch subgingival lässt sich substanzschonend Plaque entfernen. Der Arbeitswinkel betrug gemäß den Her-stellerangaben 30 bis 60 Grad – geneigt wurde die Düse zum Sulkus hin, um das Pulver in die Taschen zu leiten (Abb. 6).

Die Anwendung ist auf allen natürlichen und künstlichen Zahnoberflächen im „Patchwork-Gebiss“ möglich.

Die nachfolgende Behandlung mit Polierpaste (hier: 3M ESPE Clinpro Prophy Paste) ist bei ausschließlicher Anwendung von Clinpro Prophy Powder optional möglich (Abb. 7). Die Glattflächenpolitur erfolgte im vorliegenden Fall selektiv in dem Bereich, in dem Natriumbicarbonat zum Einsatz kam.

Das Ergebnis der Zahnreinigung zeigt Abbildung 8.

Abb. 5: Anwendung von Natriumbicarbonat zur Entfernung der starken Verfärbungen.

Abb. 6: Subgingivale Reinigung mit Glycin-Pulver.

Abb. 3: Befüllen der Pulverkammer mit Clinpro Glycine Prophy Powder.

Abb. 4: Schutz des Patienten mit einem Tuch. Alternativ ist das Tragen einer Schutzbrille möglich.

Abb. 7: Politur mit Clinpro Prophy Paste. Abb. 8: Ergebnis der Reinigung.

Schutz

Dentin- und Wurzeloberflächen appliziert (Abb. 11). Wichtig ist, dass die Oberflächen vor der Applikation frei von Plaque und Verunreinigungen sind; Ansammlungen von Speichel und Wasser sind zu entfernen. Es folgte das Lichthärten der Schutzschicht (Abb. 12). Abschließend ist zu prüfen, ob Kanten, Überstände und Materialüberschüsse vorhanden sind, die entfernt werden müssen (Abb. 13).

So angewendet, schützt das Glasionomer-Versiegelungs-material die Zahnsubstanz zuverlässig vor Säuren, Bakterien und Abrasion. Zudem wird die Widerstandskraft des Zahnes gestärkt, da die Schutzschicht über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten kontinuierlich Fluorid, Calcium und Phosphat freisetzt. Dieser langfristige Effekt wird u. a. durch die Wieder-aufladbarkeit mit fluoridhaltiger Zahncreme sichergestellt.

Clinpro XT Varnish eignet sich auch zum Schutz von karies-anfälligen Bereichen (z. B. erodiertem Zahnschmelz) und wird in diesem Zusammenhang nach Anätzen der Oberfläche eingesetzt.

Abb. 11: Applikation auf die gereinigten, feuchten Zahnhälse.

Abb. 12: Polymerisation für 20 Sekunden je Oberfläche.

Abb. 9: Anmischen des Glasionomer-Materials.

Abb. 10: Glänzende Masse mit homogener Konsistenz.

Ein zügiges Auftragen wird empfohlen.

Abb. 13: Kontrolle der nahezu unsichtbaren Schutzschicht.

Um die Hypersensitivitäten zu lindern und die freiliegenden Zahnhälse vor erosiven Schädigungen sowie der Entstehung von Wurzelkaries zu schützen, wurde 3M ESPE Clinpro XT Varnish ortsspezifisch angewendet. Dafür wurde das Zwei-Komponenten-Material auf einen Anmischblock gegeben, mit einem Spatel zu einer homogenen, glänzenden Masse vermischt (Abb. 9 u. 10) und schließlich Quadrant für Qua-drant in einer hauchdünnen Schicht auf alle freiliegenden

Anwenderbericht

Remineralisierung

Neben der lokalen Stärkung der geschwächten bzw. beson-ders anfälligen Zahnhartsubstanz galt es, die Wibeson-derstands- Widerstands-fähigkeit der Schmelzareale zu erhöhen. Zu diesem Zweck wurde 3M ESPE Clinpro White Varnish verwendet. Dabei handelt es sich um einen Fluoridlack, der bis zu zwölf Stunden auf den Zahnoberflächen haftet, in Zwischenräume fließt und die Zähne mit Calcium, Phosphat (in Form von funktio-nalisiertem Tricalciumphosphat) und Fluorid versorgt. Das Material wurde in der Einzelverpackung durchgeknetet (Abb. 14), auf ein Mischtablett aufgebracht, gemischt und schließlich in horizontalen Bewegungen in einer dünnen Schicht appliziert (Abb. 15). Bei Patienten mit Milchzähnen bzw. Mischgebiss sollte nicht die gesamte Menge des Mate-rials appliziert werden – hier empfiehlt sich die Verwendung des mitgelieferten Dosierstickers. Zur Abbindung des Mate-rials wurde der Patient gebeten, den Mund zu schließen.

Für eine tägliche Zufuhr von Fluorid, Calcium und Phosphat sorgt der Patient ab sofort selbst: Er verwendet zweimal täglich 3M ESPE Clinpro Tooth Creme mit fTCP und 950 ppm Fluorid.

Fazit

Durch die beschriebene Behandlung ist es möglich, nicht nur die Anzahl der Bakterien im Mund zu verringern, sondern beste Voraussetzungen für die Erhaltung eines Gleichge-wichts in der Stoffwechselaktivität der im Biofilm enthaltenen Bakterien zu schaffen. Solange genügend Calcium zur Ver-fügung steht, wird einer Demineralisierung des Zahnes ent-gegengewirkt und zugleich die Remineralisierung angeregt.

Gleichzeitig lassen sich mit den geeigneten Produkten schutz-bedürftige Oberflächen vor Säureattacken abschirmen und zusätzlich stärken. Der Effekt ist vergleichbar mit dem eines Fitnessprogramms für den Körper.

Abb. 14: Vorbereitung des Varnish zur optimalen Durchmischung. Abb. 15: Horizontales Auftragen auf mehrere Zähne.

Gülistan Tapti, Dentalhygienikerin

Praxis Sivan und Banu Ates

Fachzahnarztpraxis für Oralchirurgie Gotenring 1

50679 Köln-Deutz Tel.: 0221 812105 E-Mail: info@praxisates.de

„Jemandem auf den Zahn fühlen“ – dieses Sprichwort, das etwa seit dem 17. Jahrhundert in Gebrauch ist, beschreibt ursprünglich einen Aspekt der zahnmedizinischen Diagnose:

Durch das Befühlen und Klopfen auf die Zähne kann der Zahnarzt den schmerzenden Zahn ermitteln und so nach bestem Wissen der Behandlung zuführen und ihn im Ideal-fall heilen. Im übertragenen Sinn bedeutet es, den Dingen auf den Grund zu gehen. Das funktioniert auch bei sich selbst. Sich selbst auf den Zahn fühlen heißt: sich selbst befühlen und klopfen, hinhorchen, wo es weh tut und wo Handlungsbedarf besteht.

Das ist gerade etwas, das man zur Jahreswende tut. Man zieht zu Silvester einen Schlussstrich, die Zeit ist gekom-men, sich auf einen Neuanfang zu konzentrieren. Um Mit-ternacht zum Jahreswechsel: Heiterkeit, Glückwünsche, Sektgläser, Raketen! Und ganz von allein, wie geheime Part-ner der gezündeten Feuerwerkskörper, tauchen plötzlich alte Bekannte auf – die guten Vorsätze für das neue Jahr:

„das Gewicht reduzieren“, „weniger Stress“, „nicht mehr rau-chen“, „mehr für die Fitness tun“, „gesünder leben“, „mehr Freunde treffen“, „sich mehr um die Familie kümmern“

und so weiter und so fort! Das vollzieht sich jedes Jahr aufs Neue, mit denselben Wünschen ...