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Firnverdichtung in Nordgrönland

Zur regionalen Charakterisierung der Firnverdichtung in Nordgrönland stehen neben den drei in dieser Arbeit gemessenen Dichteprofilen B19, B22 und B30 noch sechs weitere Dichteprofile aus vorangegangenen Arbeiten (B16, B17, B18, B21, B26 und B29 [Wilhelms, 1996; Freitag et al., 2004, Hörhold, 2010]) zur Verfügung. Alle Kernpositionen besitzen ungefähr die gleiche Jahresmitteltemperatur von -30°C ( 2°C).

Diese unterscheiden sich jedoch deutlich im jährlichen Schneezutrag mit Akkumulationsraten zwischen 97 mm w.e./a und 179 mm w.e./a.

Ein Vergleich der mittleren Dichten (Abbildung 6.6) zeigt, dass zunächst unabhängig von der Akkumulationsrate die Kerne die gleiche Verdichtungsrate haben. Damit scheint die Verdichtung in diesem Stadium von den Verdichtungsprozessen der Setzung und der Umlagerung der Eiskristalle verursacht zu werden [Paterson, 1981]. Diese haben an-schließend keinen Einfluss mehr auf die Verdichtung, da bei Erreichen der kritischen Dichte von 0,55 g/cm³ die maximale Packung durch Setzung erlangt wird [Anderson und Benson, 1963; Paterson, 1981]. Die Setzung ist damit abhängig von der Auflast aber unabhängig von der Zeit [Herron und Langway, 1980].

Ab einer Dichte von 0,56 g/cm³ besitzen die Kurven einen unterschiedlichen Verlauf. Die Kerne mit niedriger Akkumulationsrate weisen dabei eine höhere Verdichtungsrate auf.

Werden bespeispielsweise der B18 mit 104 mm w.e./a und der B26 mit 179 mm w.e./a verglichen, ist zu erkennen, dass der B26 die zweite kritische Dichte von 0,73 g/cm³ in einer Tiefe von 27 m w.e. nach einem Verdichtungszeitraum von 150 Jahren erreicht.

Diskussion Der B18 hingegenen erreicht diese Dichte aufgrund des niedrigeren Schneezugtrags pro Jahr bereits nach 23 m w.e. benötigt dafür aber mit 220 Jahren wesentlich länger.

Demzufolge braucht der Firn um die selbe Tiefe zu erreichen in Niedrigakkumulationsgebieten länger als der Firn in Hochakkumulationsgebieten, wodurch dieser stärker verdichten kann. Es zeigt sich damit, dass die Verdichtung ab einer Dichte von 0,56 g/cm³ von dem jährlichen Schneezutrag (Akkumulationsrate) abhängig ist.

Dies entspricht auch den Modellvorhersagen der klassischen Verdichtungsmodelle. Der ähnliche Dichteverlauf bis zur kritischen Dichte von 0,56 g/cm³ wird auch durch die Modelle wiedergegeben [Herron und Langway, 1980].

Abbildung 6.6: Vergleich der gemessenen radioskopischen Dichte B19, B22 und B30 (Mittelung über 1 m w.e.) mit den Gammastreudichten für B16, B17, B18, B21, B26 und B29 [Wilhelms, 1996; Freitag et al., 2004, Hörhold, 2010] (Mittelung über 1 m w.e.).

Eine interessante Klassifizierung der Dichteprofile ergibt sich, wenn die Dichtevariabili-tät in Abhängigkeit der Akkumulationsrate betrachtet wird. Es ist zu erkennen, dass der Verlauf der Dichtevariabilität mit der Tiefe je nach Akkumulationsrate zwei unter-scheidbare Formen annimmt. Bei den mittleren bis hohen Akkumulationsraten ist ein ausgeprägtes Minimum und zweites sekundäres Maximum im Verlauf der

Dichtevariabi-0.9

Diskussion lität zu erkennen, wohingegen bei den niedrigen Akkumulationsraten ein Plateau auf-tritt (Abbildung 6.7).

Damit ein Minimum in der Dichtevariabilität entsteht, ist, wie für den B30 beobachtet wurde (siehe Kap. 6.1), eine feste Phasenbeziehung zwischen der Dichte und der Staubkonzentration nötig. Die Dichte und Staubkonzentration muss dabei an der Schneeoberfläche antikorreliert sein. Dies bedeutet, dass die weniger verdichteten Schichten eine höhere Staubkonzentration aufweisen als die stärker verdichteten. Dies führt aufgrund des schnelleren Kompaktierens der staubreicheren Schichten zu einem Überkreuzen der anfänglich weniger und anfänglich stärker verdichteten Schichten, wodurch ein Minimum in der Dichtevaribilität entsteht.

Da dieses Minimum in den Regionen mit niedrigen Akkumulationsraten nicht ausgebildet ist, müssen die Schichten mit höherer Staubkonzentration bereits stärker verdichtet sein. Im Frühling bis Sommer sind demzufolge stärker verdichtete Schichten mit höheren Staubkonzentrationen vorhanden. Aufgrund dessen, dass die Schichten mit höherer Staubkonzentration schneller kompaktieren, diese aber bereits eine höhere Dichte haben, kann es nicht zu einem Überkreuzen der Sommer- und Winterschicht kommen, wodurch sich ein Plateau ausbildet.

Infolgedessen, kann anhand des Verlaufes der Dichtevariabilität auf das Verhalten der Dichte an der Schneeoberfläche geschlussfolgert werden.

Für Kerne aus Hochakkumulationsgebieten kann, wegen dem ausgeprägten Minimum und zweiten sekundären Maximum, die für den B30 beobachtete Phasenbeziehung zwi-schen der Dichte und der Staubkonzentration angenommen werden. Diese Phasenbe-ziehung wurde durch den saisonalen Eintrag des Staubes und dem idealisierten Schnee-deckenmodell nach Shimizu [1964] abgeleitet. Demzufolge müssen die Kerne B16, B22, B26 und B29 bereits an der Schneeoberfläche ein saisonales Dichteverhalten haben.

Damit könnte bei Regionen mit hoher Akkumulationsrate die Dichtevariabilität, auf-grund der saisonalen Dichteschichtung, als Zeitmarker verwendet werden. Dadurch würden andere Zeitmarker beispielsweise Spurenstoffe, welche teilweise mit höherem Aufwand zu bestimmen sind, nicht mehr nötig sein.

Diskussion Für Niedrigakkumulationsgebiete bedeutet dies, dass das idealisierte Schneedeckenmo-dell nach Shimizu [1964] nicht angewendet werden kann, da dieses den saisonalen Dich-teverlauf mit hoher Dichte im Winter und kontinuierlichen Absinken der Dichte im Frühling beschreibt. Dies scheint aber bei niedrigen Akkumulationen nicht der Fall zu sein. Shimizu [1964] geht bei der Herleitung des idealisierten Schneedeckenmodells da-von aus, dass im Sommer wenig durch Wind kompaktierter Schnee abgelagert wird und überdauert. Diese Annahme scheint jedoch für die Niedrigakkumulationsgebiete nicht zu gelten. Ein Grund könnte sein, dass ein höherer Windeinfluss vorliegt, wobei höhere Windgeschwindigkeiten zu höheren Oberflächendichten im Sommer führen können.

Folglich besteht keine feste Phasenbeziehung zwischen der Dichte und der Staubkon-zentration. Daher besitzt die Dichte in Gebieten mit niedriger Akkumulationsrate an der Schneeoberfläche kein saisonales Verhalten, sondern nimmt dieses aufgrund des Spu-renstoffeffektes erst mit zunehmender Tiefe an.

Abbildung 6.7: Vergleich der Dichtevariabilität für die Kerne B19, B22 und B30 (Radioskopie) mit den Kernen B16, B17, B18, B21, B26 und B29 (Gammaabsorption) in Abhängigkeit der Tiefe unterteilt in niedrige Akkumulationsrate sowie mittlere und hohe Akkumulationsrate. Bei mittleren und hohen Akkumulationsraten ist ein Minimum und zweites sekundäres Maximum im Verlauf der Dichtevariabilität zu erkennen. Bei niedrigen Akkumulationsraten hingegen tritt ein Plateau auf.

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Diskussion

6.3 Einfluss der Akkumulationsrate auf die