• Keine Ergebnisse gefunden

Fernplanspiel-Wettbewerbe (Mario Gust, Jan H. G. Klabbers,

2. Geschlossene Planspiele

2.4 Fernplanspiel-Wettbewerbe (Mario Gust, Jan H. G. Klabbers,

Fernplanspiel-Wettbewerbe sind Computerplanspiele, in denen die mitspielenden Gruppen räumlich voneinander getrennt arbeiten. Sie können ergänzt werden durch Unterricht in Prä-senzphasen oder durch begleitendes Studienmaterial.

Fernplanspiel-Wettbewerbe sind schwierig zu moderieren. Sie haben nur dann einen echten Lerneffekt, wenn es gelingt, auf einer Metaebene die Modellstruktur nachvollzieh-bar zu machen. Dies deckt sich in der Regel nicht mit der Faszination und dem Anreiz zum Spielen für die Teilnehmenden. Teilnehmende gehen in Fernplanspiel-Wettbewerben schnell in der Konkurrenzsituation auf und interpretieren das Ziel des Spiels eindimensional als Gewinnmaximierung. Der Nachvollzug der Modellstruktur ist aber ohne begleitende Hilfe durch einen Planspielleiter schwierig, weil Fernplanspiel-Wettbewerbe für die Teilnehmen-den meist komplizierte Anforderungen vermitteln. Die fehlende physische Anwesenheit des/

der Trainers/Trainerin erschwert auch die Auswertung der Periodenergebnisse. Wenn die Gruppen sich selbst überlassen bleiben, können ein ballistisches Entscheidungsverhalten und Ermüdung folgen.

Für eine pädagogisch wirksame Organisation von Fernplanspiel-Wettbewerben ist es wichtig, den Planspielteilnehmern möglichst eine ständige Kontaktmöglichkeit zu einem spiel- und fachkundigen Trainer anzubieten. Online-Chatsysteme liefern hierfür Voraussetzungen.

Der wohl bekannteste Fernplanspiel-Wettbewerb in Deutschland ist MARGA, der von der MARGA Business Simulations GmbH in Kooperation mit ESMT European School of Manage-ment and Technology und der Verlagsgruppe Handelsblatt durchgeführt wird.

2.4.1 Beispiel „MARGA Industry“ – Simulation eines Industriebetriebes

Die Grundstruktur von MARGA ähnelt der des in Kapitel 2.2.1 vorgestellten computergestütz-ten Gruppen-Planspiels TOPSIM General Management, ist aber als Online-Planspiel erheblich umfangreicher:

Im klassischen General Management Planspiel MARGA Industry lernen die Teilnehmen-den alle Bereiche und Funktionen eines Unternehmens kennen und steuern in Teams ein simu-liertes Unternehmen. Dabei lernen sie aktuelle Managementinstrumente kennen und vertiefen betriebswirtschaftliche Zusammenhänge. Die Teilnehmenden wenden das erworbene Wissen an und lernen dadurch, Managemententscheidungen inhaltlich durchdacht und rational her-zuleiten. Im Team fällen die Teilnehmenden reale Entscheidungen, die beispielsweise die Be-reiche Forschung und Entwicklung, Marketing, Produktion, Personal sowie Controlling und Finanzen betreffen, um somit das Zusammenwirken im gesamtunternehmerischen Kontext kennenzulernen.

Ablauf und Organisation

Unternehmen melden Teams mit jeweils bis zu sechs Personen zum offenen MARGA Online Planspiel-Wettbewerb an. Diese stehen im Wettbewerb zu Teams anderer Unternehmen. Dabei bilden jeweils vier Unternehmen eine Gruppe, die eine geschlossene Simulationseinheit dar-stellt. So können bis zu 100 Gruppen mit jeweils vier Unternehmen parallel und unabhängig voneinander simuliert werden.

Vier Industrieunternehmen konkurrieren um die Gunst der Kunden an vier Märkten (Eu-ropa, Osteu(Eu-ropa, USA, Asien) mit drei Produkten (ein Konsumgut, ein Serviceprodukt und ein Hightech-Produkt), die sich in unterschiedlichen Produktlebensphasen befinden. Runde um Runde entwickeln die Teams Strategien und setzen sie in operative Entscheidungen mit-hilfe einer Software mit Online-Zugang um. Die vier besten Teams werden zum Live-Finale auf Schloss Gracht, dem Firmensitz der MARGA Business Simulations GmbH, eingeladen. Die Gesamtdauer eines Durchlaufs beträgt drei bis sechs Monate. Folgende Übersicht zeigt den zeitlichen Ablauf:

Das weitgehend selbstgesteuerte Lernen wird durch die Angebote der MARGA Toolbox ergänzt.

Dazu gehören u. a. ein persönliches Tutoring, ein Kick-off und zwischen den Runden indivi duelle Feedbacks per Webkonferenz, Lehrbriefe, Webinare und Web Based Trainings zu Management-themen und die optionale Teilnahme an einem BWL-Crashkurs in Seminarform.

Der MARGA Online Planspiel-Wettbewerb startet zweimal jährlich im April und im Ok-tober.

2.4.2 Beispiel „MARGA Service“ – Simulation eines Dienstleistungs-unternehmens

Parallel zum Online Planspiel-Wettbewerb MARGA Industry findet ein weiterer Fernplanspiel-Wettbewerb statt: MARGA Service bildet die Besonderheiten des Dienstleistungsmanagements ab. Entscheidungen, die die Teilnehmenden zu treffen haben, beziehen sich z. B. auf folgende Bereiche:

˘ Bereitstellung von Ressourcen, wie Personal, Serviceterminals, Callcenter usw.,

˘ Training des Kontaktpersonals und Budgetierung von unterschiedlichen Weiterbildungs-maßnahmen,

Inhalte

Wettbewerb unter Zeitdruck

Umsetzung erlernter Inhalte im simulierten Unternehmen

MARGA BWL-Crashkurs (optional 2-tägiger BWL-Crashkurs auf Schloss Gracht), aktives Tutoring

Inhalte vertiefen durch Lehr- briefe, WBTs und Webinare,

1. Periode online, 4 Perioden im Präsenzfinale auf Schloss Gracht, Ausgangssituation III, 4 Teams

4 Perioden, Ausgangssituation II,

Qualifikationsmodus: Top 16 aus der Gesamt rangliste der Qualirunden I + II

Finale

Halbfinale

Qualifikationsrunde I

Qualifikationsrunde I

Trainingsphase

Abbildung 19: Qualifikationsmodus des MARGA Online Planspiel-Wettbewerbs

˘ Verbesserung der internen Dienstleistungen, wie z. B. Investition in die EDV, Optimierung der Kapazitätsauslastung der Vertriebswege usw.,

˘ Steuerung der internen und externen Kommunikation, wie z. B. Festlegung der Werbeetats, Media Selection usw.,

˘ Messung und Verbesserung der Kundenzufriedenheit.

Der Abnehmermarkt ist in einen Privat- und einen Firmenkundenbereich unterteilt, die sich wiederum in unterschiedliche Segmente (z. B. Jugend, Senioren und Familien) gliedern.

Die Segmente haben unterschiedliche Bedürfnisse und Einkaufsgewohnheiten, die die vier Teams, die am Markt gegeneinander konkurrieren, zu berücksichtigen haben.

Das Marktmodell unterstellt einen positiven Zusammenhang zwischen der Kundenzufrie-denheit, dem Qualitätsurteil und Marktanteil bzw. Wiederkaufverhalten. Ziel ist, die Erwar-tungshaltung der/den Kunden/Kundinnen unter unterschiedlichen Aspekten zu überbieten, um eine überlegene Marktposition zu erreichen.

Weitere Informationen enthält der nachfolgende Beitrag:

<Fach> Alles für den Kunden – Anforderungen an ein Dienstleistungsplanspiel (Hans-Jörg Fechner)

2.4.3 Didaktische Bewertung

Die didaktische Bewertung bezieht sich hier auf Fernplanspiel-Wettbewerbe. Bei Fernplanspie-len, die als Gruppenspiel innerhalb eines Unternehmens organisiert werden, sei auf die didak-tische Bewertung im Abschnitt „Gruppen-Planspiele“ (siehe Übersicht 11) verwiesen.

Übersicht 17: Didaktische Bewertung von Fernplanspiel-Wettbewerben

Spielmotiv Bewertung

Abschlussmotiv:

Sich erfolgreich auf eine betriebswirtschaftliche Ab-schlussprüfung vorbereiten

Bei Fernplanspielen nicht von Bedeutung, da diese, wenn überhaupt, lediglich punktuell in Bildungsmaß-nahmen eingesetzt werden.

Dieses Motiv könnte aber an Bedeutung gewinnen, wenn Anbieter von Fernstudiengängen mit Abschluss-zertifikaten verstärkt Fernplanspiele einsetzen.

Wissens-/Erlebnismotiv:

Führungswissen erfahren (was Unternehmensführung bedeutet/welche Anforderungen sie stellt)

Nicht sehr wissensintensiv (geringe Dichte der Wissens-vermittlung/Zeiteinheit), dafür aber hoher Erlebnisreiz, sich mit einer großen Menge von Konkurrenten messen und vergleichen zu können. Die Wissensintensität kann durch tutorielle Begleitung deutlich erhöht werden.

Fernplanspiele fördern die Nutzung und Erschließung von BWL-Wissen für das Spiel.

Spielmotiv Bewertung Problemlöse-/Probiermotiv:

Erwerb von betriebswirtschaftlicher Problemlöseerfah-rung durch Vergleich von Strategien

Problemlösewerkzeuge werden i. d. R. durch Lehrbriefe an-geboten. Eine gezielte Strategieerprobung ist möglich, findet in Planspielwettbewerben allerdings i. d. R. nicht statt.

Handhabungsmotiv:

Umgang mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten (der Branche)

Wird nur indirekt gefördert, da die Wettbewerbe auch dann zu gewinnen sind, wenn mit den betriebswirt-schaftlichen Instrumenten nicht wirklich umgegangen wird (Black-Box-Lernen).

Konkurrenzmotiv:

Besseres Verstehen/Fokussieren der Konkurrenz, des Kun-den/Marktes, seiner eigenen Fähigkeiten

Das eigene Verhalten kann nur dahin gehend reflektiert werden, dass der/die Spieler/ -in nicht in der Lage ist, mit den zuvor genannten Instrumentarien umzugehen. Das Verhalten der Konkurrenz ist für den/die Spieler/-in nicht erfahrbar.

Austauschmotiv:

Bedürfnis nach Erfahrungsaustausch unter „Branchen- oder Funktionskollegen“

Im Prinzip unbeschränkt, aber relativ unreflektiert und häufig ohne Anleitung. Der Erfahrungsaus-tausch findet kaum als „Branchen- oder Funktions-kollege“, eher als mehr oder minder erfolgreicher

„Wettbewerbsteilnehmer/-innen“ statt.

Führungsmotiv:

Führungssichten des übergeordneten Managements nachvollziehen wollen

Fiktiv im Rahmen des Spiels als Unternehmer möglich.

Quelle: Blötz/Ballin/Gust

2.4.4 Weitere Fernplanspiel-Wettbewerbe

Fernplanspiel-Wettbewerbe werden zunehmend als interaktive Online-Spiele (vgl. Übersicht 6:

Planspielformen in Kapitel 1) über das Internet durchgeführt. Auf die detaillierte Beschreibung eines bestimmten Spiels sowie auf die didaktische Bewertung wurde hier verzichtet. Auf der DVD sind Internetadressen für Online-Spiele ausgewiesen. Da sich die Organisationsform der Online-Spiele nicht von den zuvor dargestellten Planspieltypen unterscheidet, gelten die dorti-gen Ausführundorti-gen bei einer Bewertung der jeweilidorti-gen Spiele analog.

<Fach> Fünfzehn Jahre Bankenplanspiel SCHUL/BANKER – Erfahrungen des Bankenver-bands (Vivienne Heilmann, Anne Papke)

<Fach> PriManager – Primaner managen eine AG – Erster landesweiter Planspielwettbe-werb für Gymnasien in Baden-Württemberg (Eckart Liesegang)

<Fach> Multiplayer-Strategiespiele für mehrere Tausend Teilnehmer/-innen – Das Simu-lationssystem M3 (Man-Model-Measurement) (Helge Rosé, Mirjam Kaplow)

<Fach> Wissenstransfer durch simulierte Erfahrungen (Kai Henning Florschuetz, Andreas Nill)

<Fach> Evaluation von ePlanspielen und digitalen Lernspielen – Aktuelle Evaluations-trends beim Fernplanspiel MARGA (Willy C. Kriz)

Die bei Fernplanspiel-Wettbewerben bestehende Gefahr, dass eher eine am Wettbewerbscha-rakter des Spiels orientierte Gewinnstrategie entwickelt wird statt eine an den jeweiligen Zie-len orientierte Unternehmensstrategie, verdeutlicht insbesondere der Fachbeitrag:

<Fach> Spieltheoretische Aspekte im Planspiel – Optimierung, Entscheidung und Strate-gie (Ulrich Holzbaur)

Auf der DVD finden Sie die Kurzbeschreibung zu folgenden Fernplanspiel-Wettbewerben:

Übersicht 18: Fernplanspiel-Wettbewerbe auf der DVD

2014 Bezeichnung Thema Demo bzw.

Link

  5-Euro-Business Existenzgründung  

  Betrieb im Team Betriebswirtschaftsgrundlagen  

  BIMS – Bayer International Management Simulation

Betriebswirtschaftliches Grund- und Auf-bauwissen

    EIS Europäische Integration in der

Simu-lation

Planspielfälle zu einer globalen europäi-schen Strategie

 

  Eurostudents Management Cup    

  Fernplanspiel Banken   <Demo>

  Fernplanspiel GRIPS Betriebswirtschaftsgrundlagen  

  Hochschulwettbewerb   <Link>

  Junior    

  Markt & Wettbewerb Betriebswirtschaftsgrundlagen <Demo>

  mobile Award Unternehmensplanspiel Mobile Endgeräte für die Fußball-WM <Link>

  Play the Market Marktwirtschaft  

  priME Cup Unternehmerisches Denken  

  priME Cup Bayern Unternehmerisches Denken