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Die in den beiden vorangehenden Abschnitten beschriebene nachhaltige (ganzheitliche) Sicht zeigt, dass für einen Ausbau der Wasserkraft komplexe Abwägungen auf mehreren Ebenen vorzunehmen sind. Diese können nicht abstrakt, sondern nur anhand konkreter energiepolitischer Szenarien vorgenommen werden. Hierfür müssten mehrere Szenarien (z.B. forcierter Ausbau der Wasserkraft versus forcierter Ausbau von Wind- und Solarenergie versus weitere Strategien) bezüglich ihrer Wirkungen (anhand der oben gezeigten Kriterien) verglichen werden. Es ist wenig sinnvoll, hierzu ein noch weiter ausgefeiltes (operationalisier-tes) Indikatorensystem zu erarbeiten, weil die Abwägung der Vor- und Nachteile verschiede-nere Szenarien letztlich eine politische Beurteilung bleibt, jedoch kann man sich an den oben

aufgeführten Indikatoren – im Rahmen einer Nachhaltigkeitsbeurteilung – orientieren (vgl.

Abbildung 2-119).

Ferner gilt es auch verzerrende Wirkungen der Förderung einzelner Produktionsformen zu berücksichtigen. So schenkt beispielsweise die Förderung der Kleinwasserkraft durch die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) der Nachhaltigkeitsdimension Umwelt zu wenig Beachtung und läuft auch Nachhaltigkeitsindikator W4 zu wider (Marktmechanismen, Knapp-heitsfaktoren, externe Kosten etc., vgl. Abbildung 2-1).

Für die gemeinsame Planung des Ausbaus der Wasserkraft ist es wichtig, dass die Grundla-gen für solche Szenarien und die nötiGrundla-gen Informationen für die entsprechenden AbwägunGrundla-gen vorliegen. Die kantonalen Planungen müssen also – zunächst sehr grob, später genauer – Auskunft über Kosten, die energetischen Potenziale und die Umweltauswirkungen geben.

Zudem müssen die Planungen sicherstellen, dass innerhalb eines Szenarios diejenigen Aus-bauoptionen priorisiert werden, die eine bestimmte Energieproduktion zu den geringstmögli-chen Umweltbelastungen und wirtschaftligeringstmögli-chen Kosten sowie bestmöglicher gesellschaftlicher Akzeptanz erzielen können.

Basierend auf den bisherigen Erkenntnissen wurden in einer provisorischen Fassung fünf Leitsätze für den zukünftigen Ausbau der Wasserkraft formuliert. Diese können u.U. als eine Orientierungshilfe für die anstehenden Planungen beigezogen werden. Die Leitsätze sind in Anhang D: Leitsätze für den Ausbau der Wasserkraft aufgeführt.

Im Rahmen der Konkretisierungsvorschläge für die gemeinsame Planung für den Aus-bau der Wasserkraft gemäss Kapitel 5 „Planungsabläufe und Zusammenspiel der Akteure“

geht es darum, den Abwägungsprozess zwischen den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Kriterien in der Praxis sicherzustellen. Die hier (im Kapitel 2) diskutierten Kriterien-systeme bilden dabei einen wichtigen Hintergrund, und sie sind im Rahmen der Konkretisie-rung der Planungsabläufe (d.h. im Rahmen der Grundlagen und Vorgaben, siehe Abschnitt 5.3.1) ebenfalls weiter zu konkretisieren.

19 Siehe auch Methoden und Kriterien der NHB oder auch Nachhaltigkeitskompass des Kantons Bern.

3 Bisherige Planungsansätze in den Kantonen

Im Auftrag der Wasser-Agenda 21 (in Zusammenarbeit mit BAFU und BFE) hat die BG Inge-nieure und Berater AG 2012 eine Übersicht über bestehende und geplante kantonale Werk-zeuge und Strategien zur Interessenabwägung zwischen Schutz und Nutzung im Falle der Wasserkraft erstellt. Die Ergebnisse dieser Studie sind im Bericht "Übersicht über kantonale Strategien und Werkzeuge zur Nutzung der Wasserkraft" zu finden.20 Die für die Übersicht notwendigen Informationen wurden im Rahmen einer Internetrecherche beschafft und mit einzelnen Kantonsvertretern verifiziert und ergänzt.

Die Analyse zeigt, dass die einzelnen Kantone strategisch sehr unterschiedlich mit den Her-ausforderungen einer nachhaltigen und rechtskonformen Nutzung der Wasserkraft umgehen.

Ihren Bedürfnissen und rechtlichen Möglichkeiten entsprechend, haben verschiedene Kanto-ne Hilfsmittel, Werkzeuge und Strategien erarbeitet. Diese unterscheiden sich bezüglich Ziel-setzung und Funktionalität zum Teil erheblich. Grundsätzlich können zwei Stossrichtungen unterschieden werden:

 Werkzeuge, welche auf den Einzelfall fokussieren (z.B. Kriterienkataloge zur Beurteilung von Konzessionsgesuchen)

 Strategien, welche einen räumliche Ansatz verfolgen (z.B. mit Karten, die zeigen, wo Schutz resp. Nutzung Vorrang haben)

In der Karte in Abbildung 3-1 sind die wichtigsten Ergebnisse der Erhebungen zusammenge-fasst (Stand Oktober 2012).21

20 Vgl. BG (2012), Übersicht über kantonale Strategien und Werkzeuge zur Nutzung der Wasserkraft. Online im Internet auf der Webseite der Wasser-Agenda 21: http://wa21.ch/index.php?page=496 (26.02.2013)

21 Eine Übersicht über die Werkzeuge und Strategien pro Kanton befindet sich in BG (2012), Übersicht über kanto-nale Strategien und Werkzeuge zur Nutzung der Wasserkraft, Anhang 1.

Abbildung 3-1: Übersicht über kantonale Strategien und Werkzeuge, Bearbeitungsstand, Anzahl beim Kanton hängige Gesuche und Potenzial Kleinwasserkraft*

* Die dargestellte Anzahl Gesuche wurde bei den Erhebungen bei den Kantonen erfragt. Sie umfasst neben den offiziellen Konzessionsgesuchen teilweise auch Projektideen, Gesuche zur Vorprüfung und mehrere Gesuche für denselben Standort.

Die dargestellten Kleinwasserkraftpotenziale wurden aus BFE (2012), Wasserkraftpotenzial der Schweiz übernommen.

Die Übersicht über vorhandene und geplante Werkzeuge und Strategien zeigt, dass in den meisten Kantonen, in denen eine grosse Anzahl an Gesuchen (>10) vorliegt, ein Werkzeug oder eine Strategie erarbeitet wurde, in Bearbeitung ist oder zumindest geplant ist. Einzig der Kanton Waadt mit einer hohen Anzahl Gesuchen hat sich bewusst gegen ein Werkzeug oder eine Strategie entschieden. Er sieht den Vorteil darin, bei der Prüfung auf die spezifischen

Rahmenbedingungen der Gesuche eingehen zu können (z.B. Optimierung von Projekten in wertvollen Gebieten).

In den vier Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Schwyz und Zug, die sich gegen die Erarbeitung eines Werkzeugs oder einer Strategie entschieden haben, liegen keine oder nur wenige (<2) Gesuche vor, und das Wasserkraftpotenzial ist klein. Der Kanton Thurgau hat sich noch nicht entschieden, ob ein Werkzeug notwendig ist.

In den übrigen Kantonen, in denen wenige bis einige Projekte vorliegen, ist ein Werkzeug oder eine Strategie geplant, in Bearbeitung oder bereits publiziert.

4 Vernehmlassung Energiestrategie 2050