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Zur Beschreibung der bei MeV–Prim¨arionen–Beschuß beobachteten Photonen-ausbeuten wurde das von [15] entwickelte Modell zur ioneninduzierten Lumines-zenz mit geringen Erweiterungen verwendet. Der Vergleich der Ergebnissse von Berechnungen nach diesem erweiterten Modell mit gemessenen Werten l¨aßt sich wie folgt zusammenfassen:

• Die bei konstanter Prim¨arionen–Geschwindigkeit gemessene Abh¨angigkeit der Photonenausbeute von der effektiven Ladung des anregenden Ions wird von dem Modell sehr gut wiedergegeben.

• F¨ur Prim¨arionen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit reproduziert das Modell oberhalb von ca. 12·106m/s den Verlauf der gemessenen Photonen-ausbeute sehr gut. Der Unterschied zwischen gemessenen Werten und dem Modell bei kleinen Prim¨arionen–Geschwindigkeiten ist wahrscheinlich auf einen nicht korrekten Verlauf der verwendeten Energiedichte–Funktionen nahe der Ionenspur zur¨uckzuf¨uhren.

• Die Annahme, daß in einem hochangeregten, inneren Zylinder um die Prim¨arionenspur im Gegensatz zu [15] keine Photonen erzeugt werden, f¨uhrt zu errechneten Ergebnissen, die die Meßwerte besser beschreiben.

• Unter Ber¨ucksichtigung der aus der Probenoberfl¨ache emittierten Elektronen kann der gemessene Verlauf der Photonenausbeute mit anwachsender Pro-bendicke auch bei d¨unnen Schichten gut erkl¨art werden.

4.3 Modifikation des Modells bei mikrokristallinen Proben

Betrachtet man die REM–Aufnahmen einer aufgedampften POPOP–Probe (Kapitel 2.3.2, Abbildung 2.4 (a und b) und Abbildung 2.5), so f¨allt die ungeord-nete Ausrichtung der Kristalle auf. Diese Strukturen erstrecken sich ¨uber die ganze Probe und setzen sich in der Tiefe fort. In der Draufsicht erkennt man Kristall-nadeln mit einem typischen Durchmesser von ca. 400 nm und einer L¨ange von etwa 1 bis 2 µm.

Ein MeV–Ion erzeugt l¨angs seiner Spur durch die Probe Sekund¨arelektronen, die lateral in das umliegende Material eindringen und in Abh¨angigkeit von der Energiedichte Photonen produzieren. Begrenzt wird dieser Photonen emittierende Bereich durch eine Zone hoher Energiedichte nahe der Ionenspur, in der keine Photonen entstehen und durch die maximale Reichweite der Sekund¨arelektronen.

Vernachl¨assigt man den konkreten Verlauf der Energiedichte in diesem Bereich, so ergibt sich ein Hohlzylinder um die Prim¨arionenspur, in dessen Volumen iso-trop Photonen erzeugt werden. Dies stellt eine grobe Vereinfachung des oben verwendeten Modells dar, ist aber f¨ur eine Beschreibung von inhomogenen Proben sehr n¨utzlich und reduziert den Rechenaufwand erheblich.

-600 -400 -200 0 200 400 600

r / nm 10-6 10-5 10-4 10-3 10-2 10-1 100 101

ε(r) / [eV/VPOPOP]

60 MeV 32S POPOP

0.008 eV / VPOPOP

Rmax

rq

Abbildung 4.5: Energiedichte ε(r) als Funktion des radialen Abstan-des von der Ionenbahn, berechnet nach Gleichung 4.1 f¨ur 60 MeV

32S→POPOP und schematische Draufsicht auf die Ionenbahn. Einge-zeichnet sind die charakteristischen Gr¨oßen des hochangeregten inneren Bereichs (grau schattiert, rq) und der maximalen Reichweite der Sekund¨ar–Elektronen (Außenkreis, Rmax). Der Radius f¨ur den hoch-angeregten Bereich ergibt sich aus dem Schnittpunkt der Geraden f¨ur die Obergrenze der Energiedichte (ε(rq) = 0.008 eV/ VPOPOP) mit der Funktion der Energiedichteε(r).

Als Beispiel f¨ur diese Betrachtungen ist in Abbildung 4.5 das Energiedichte–Profil der Sekund¨arelektronen dargestellt, das durch Anregung eines 60 MeV

Schwefel-ions in einer POPOP–Probe erzeugt wurde. Die maximale Reichweite der Elek-tronen betr¨agt in diesem Fall etwa 440 nm und der hochangeregte Bereich ist fest-gelegt durch die Energiedichte vonε(rq) = 0,008 eV/VPOPOP. Das entspricht ei-nem Radius von ca. 40 nm. Damit ergibt sich dann ein Photonen emittierender Bereich von rq= 40 nm bis Rmax= 440 nm, wie er in der Abbildung 4.5 unten sche-matisch in der Draufsicht auf die Ionenflugbahn gezeigt wird.

Der Durchmesser des angeregten Bereichs ist damit deutlich gr¨oßer als die beob-achtete Breite der Kristallnadeln einer aufgedampften POPOP–Probe. In Anleh-nung an das Experiment zur Proportionalit¨at der Photonenausbeute von der Schichtdicke, soll auch im folgenden davon ausgegangen werden, daß Elektronen aus dem Material austreten k¨onnen und f¨ur den Prozeß der Photonenerzeugung verloren sind. Bei einem Treffer eines einzelnen Kristalls ist also bei den Elek-tronen, deren Reichweite gr¨oßer ist als der Abstand von der Prim¨arionenspur zum Rand des Kristalls, zu ber¨ucksichtigen, daß nur entlang des Wegs im Kristall Photonen produziert werden.

Die Unsicherheit des Auftreffortes f¨ur ein Prim¨arion auf die Probe ist gegeben durch das Strahlprofil, wie es vom Beschleuniger erhalten wird. Der angewendete Ionenstrahl in den Experimenten hat einen Durchmesser von einigen Quadrat-millimetern, so daß statistisch eine Vielzahl verschiedener Kristalle in der Probe getroffen werden. Das bedeutet, das die Lumineszenz–Messung an einer aufge-dampften POPOP–Probe das Resultat vieler Messungen an einzelnen Kristallen darstellt.

Verschiedene F¨alle der Photonenemission in einem idealisierten Kristall sind sche-matisch in Abbildung 4.6 dargestellt. Der hell schattierte Bereich steht f¨ur ein

b

h Kristall

Photonen emittierender Bereich

Abbildung 4.6: Schematische Dar-stellung eines idealisierten Kristalls in Draufsicht und Darstellung des Bereichs der Wechselwirkung der Sekund¨arelekt-ronen mit dem Kristall f¨ur unterschied-liche Auftrefforte des Prim¨arions. Der jeweils ¨außere der konzentrischen Kreise gibt die berechnete maximale Reichweite der Sekund¨arelektro-nen im Material an; der innere Kreis bezeichnet den Bereich hoher Energiedichte, bei dem keine Photonen entstehen. Die dunkel schattierten Fl¨achen geben den Photonen emittie-renden Bereich bei unterschiedlichen Auftrefforten der Prim¨arionen wieder.

Kristall mit den Kantenl¨angen b und h. Es werden drei Flugbahnen von Ionen senkrecht zur Kristalloberfl¨ache gezeigt, die umschlossen von zwei konzentrischen Kreisen sind. Der innere Kreis bezeichnet den Bereich hoher Anregungsdichte, in dem keine Photonen entstehen, und der ¨außere Kreis beschreibt die maxi-male Reichweite der Sekund¨arelektronen. Im trivialen Fall des Vorbeiflugs des Prim¨arions am Kristall tritt keine Wechselwirkung auf, es werden keine Photonen erzeugt. Trifft das Ion am Rand, so kann ein Teil der Sekund¨arelektronen ihre Energie in das Material ¨ubertragen und damit Molek¨ule zum Leuchten anregen (dunkel schattiert). Die ¨ubrigen Sekund¨arelektronen verlassen den Festk¨orper und tragen nicht mehr zur Lumineszenz–Anregung bei. Bei einem zentralen Auftreff-ort des Ions auf das Kristall und einer maximalen Reichweite der Sekund¨arelek-tronen, die kleiner ist als die geometrischen Begrenzungen des Festk¨orpers, kann der gesamte angeregte Bereich zur Photonenemission beitragen.

Aus diesen ¨Uberlegungen folgt, daß bei Verwendung von mikrokristallinen Proben ein Korrekturfaktor ben¨otigt wird, der das Verh¨altnis von Kristallgr¨oße zur Gr¨oße das Wechselwirkungsbereichs ber¨ucksichtigt. Dieser Korrekturfaktor l¨aßt sich wie folgt herleiten:

In einem Festk¨orper mit unendlich ausgedehnter Oberfl¨ache und einer konstanten Dicke d betr¨agt das Anregungsvolumen zur Erzeugung von Photonen durch ein MeV–Ion

VIon = d · Z Rmax

rq

r dr

Besitzt der Festk¨orper eine endliche Oberfl¨ache mit den Grenzen b und h, ergibt sich aus der Schnittmenge von VIonmit dem Volumen des Kristalls das effektive angeregte Volumen des Festk¨orpers Ve f f.

Ve f f =VIonVKristall(b,h)

Damit ergibt sich dann f¨ur das Verh¨altnis des Wechselwirkungsbereiches eines Ions in einem unendlich ausgedehnten Festk¨orpers zum tats¨achlich angeregten Volumen in einem Kristall folgender Ausdruck:

Vrel(x,y) = VIon

Ve f f(x,y) (4.6)

wobei x und y die Koordinaten des Auftreffpunktes des Ions auf der Fl¨ache b·h beschreiben.

F¨ur ein Kristall, das statistisch an einem beliebigen Ort an der Oberfl¨ache von einem Ion getroffen wird, ergibt sich dann ein normierter Korrekturfaktor f¨ur das relative Anregungsvolumen von

ω = 1 h b ·

Z h 0

Z b 0

Vrel(x,y)dxdy.

Bei einer kristallinen Probe muß dann unter der Vorraussetzung, daß eine große Anzahl von Prim¨arionen angewendet werden und viele gleichartige Kristalle im Strahlprofil vorliegen, der Ausdruck f¨ur die berechnete Photonenausbeute (Glei-chung 4.4) erweitert werden zu

Φ0calc = ω·Φcalc (4.7)

Um das Verhalten der Funktion 4.6 zu demonstrieren ist in Abbildung 4.7 das relative angeregte Volumen f¨ur verschiedene Energien von Schwefelionen auf ein POPOP–Kristall in einer Dimension dargestellt (Kristallbreite h = 400 nm in x nm–Schritten). Die Dicke des Kristalls wurde als konstant und die L¨ange als unendlich ausgedehnt (b =∞) festgelegt.

0 100 200 300 400

Kristallbreite x / [nm]

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1

rel. angeregtes Volumen Vrel

14 MeV 36 MeV 60 MeV

32S POPOP-Kristall (0,4 * d * ∞ µm3)

Abbildung 4.7:Relativ angeregtes Volumen in Abh¨angigkeit von der Kristallbreite. An-gewendet wurde die Gleichung 4.6 auf ein Kristall mit der Breite von 400 nm, der Dicke d und unendlicher L¨angenausdehnung. Als Prim¨arionenparameter wurden Schwefelionen mit unterschiedlichen Energien eingesetzt.

Bei kleinen Prim¨arionen–Energien (14 MeV) steigen die Werte von Vrel relativ

bei 0,5, da hier etwa die H¨alfte der Sekund¨arelektronen das Material verlassen und damit nicht mehr zur Anregung des Materials beitragen. Das Maximum von 1 wird erreicht, sobald die doppelte maximale Reichweite der Sekund¨arelektronen vollst¨andig im Kristall liegt. Im Fall von 14 MeV 32S–Ionen in POPOP liegt die maximale Reichweite der Elektronen bei etwa 40 nm. Bei Verwendung h¨oher-energetischer Ionen verl¨auft die Funktion deutlich flacher, da die Reichweite der Sekund¨arelektronen ebenfalls stark anw¨achst (siehe auch Abbildung 4.1). Ist die Reichweite gr¨oßer als der Durchmesser des Kristalls, gehen mehr als die H¨alfte der Elektronen f¨ur den Anregungsprozeß verloren und die Werte von Vrel liegen unterhalb von 0,5 (60 MeV32S).