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Fazit in Hinblick auf die Hypothesen

3.3 Diskussion der Ergebnisse

3.3.6 Fazit in Hinblick auf die Hypothesen

Im folgenden werden die aufgestellten Hypothesen mithilfe der Argumente der vorangehenden Punkte beurteilt.

H1: Die Organisation in vier Säulen führt zu einer Netzwerksbildung, die die richtigen Akteure vereint.

Für die Hypothese sprechen die Offenheit der TMO gegenüber allen Akteuren, die aktive Netzwerksarbeit der Koordinatoren und die Begegnungen und Austausche der verschiedenen Akteure auf unterschiedlichen Ebenen. Gegen die Hypothese spricht die Tatsache, dass sich teilweise auch Vertreter der nationalen Verwaltungen, denen das nötige Wissen und Interesse fehlt, in der TMO engagieren müssen.

H2: Die Organisation der TMO führt zu einer effizienten Koordination und Aufgabenteilung.

6 http://www.oberrheinkonferenz.org/de/oberrheinkonferenz/finanzierungsmoeglichkeiten.html, 27. Juni 2013.

7 http://www.eurodistrict.eu/de/Ihre-Projekte-129.html, 10. Juli 2013.

8 http://www.eurodistrictbasel.eu/de/unsere-projekte/kleinprojekte.html, 10. Juli 2013.

9 http://www.interreg-oberrhein.eu/, 27. Juni 2013.

44 Wie unter Punkt 3.3.2 diskutiert wurde, erlaubt der Aufbau der TMO in vier Säulen, drei Ebenen und den dazugehörigen unterschiedlichen Treffen tatsächlich, Aufgaben und Arbeiten der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit so zu koordinieren, dass Doppelarbeiten vermieden und Synergien genutzt werden können.

H3: Aufgrund der Organisation der TMO können der strategische und der projektorientierte Ansatz der Zusammenarbeit kombiniert werden.

Dies trifft weitgehend zu, da die Akteure in der TMO gemeinsam eine Strategie entwickelt haben und gleichzeitig weiterhin Projekte generieren können. Der ständige Dialog unterstützt die Bildung von Vertrauen und die Angleichung unterschiedlicher Sichtweisen und Perspektiven.

H4: Dank der Säule Zivilgesellschaft werden die Bürger mit einbezogen.

Die Säule Zivilgesellschaft engagiert sich durch die Organisation von Bürgerforen und -dialogen für die bessere Integration der Bevölkerung in die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Natürlich ist der Einbezug der Bürger auch ein säulenübergreifendes Thema. Allein die Existenz der Säule drückt den Willen aus, die Bürger mit einzubeziehen und gleichzeitig wird der Handlungsauftrag dazu konkret zugewiesen.

Nach der Auswertung der vier Teilhypothesen, muss nun noch die eigentliche Hypothese beantwortet werden. Diese lautete:

Aufgrund ihrer Organisation und der damit errichteten Mehrebenen-Governance, hat die Bildung der TMO zur Entstehung einer Metagovernance am Oberrhein geführt.

Da die einzelnen Teilhypothesen als grundsätzlich zutreffend befunden wurden, kann auch diese Hypothese positiv bewertet werden. Zur Beantwortung der Forschungsfrage „Warum wird mit dem Aufbau der TMO eine grenzüberschreitende, integrierte Governance für die Oberrheinregion geschaffen?“ wurde Abb. 5 erstellt. Daraus geht hervor, dass durch den Aufbau der Trinationalen Metropolregion zahlreiche Akteure – wozu hier auch die Bürger gehören – vernetzt wurden. Diese säulenspezifischen Netzwerke wurden wiederum miteinander verbunden. Dank dieser Mehrebenen-Vernetzung werden der Austausch und der Kontakt zwischen den Akteuren intensiviert, was die Abstimmung und die Aufgabenteilung sowie die Konsensfindung begünstigt und dadurch die Festlegung gemeinsamer Ziele und

45 Richtungen ermöglicht. Zu letzterem gehört ebenfalls die gemeinsame Aussendarstellung der Metropolregion. Diese Prozessschritte führen schliesslich zu einer integrierten Governance.

Abbildung 5: Prozess von der TMO zur Metagovernance Eigene Darstellung

Es stellt sich nun die Frage, ob diese integrierte Governance der TMO der in der Theorie vorgestellten Metagovernance entspricht. Dafür sprechen die bestätigten Hypothesen. Es wurde jedoch noch keine Narration so weit entwickelt, dass sich daraus eine gemeinsame Identität hätte bilden können. Natürlich muss dabei die Neuheit der TMO berücksichtigt werden. Zusätzlich wird die zentrale Rolle der gemeinsamen Aussendarstellung betont, was in der Theorie nicht verlangt wird.

4 Zusammenfassung der Ergebnisse und kritische Betrachtung

Abschliessend lassen sich folgende Ergebnisse der vorliegenden Fallstudie zusammenfassen:

Der theoretische Governance-Ansatz der Metagovernance lässt sich auf die Trinationale Metropolregion Oberrhein anwenden, obwohl noch nicht alle Kriterien umgesetzt wurden und darüber hinaus auch das gemeinsame Lobbying sowie die Aussendarstellung eine wichtige Rolle einnehmen. Zudem hat sich der Aufbau der TMO für die Erfüllung der aus der Theorie abgeleiteten Metagovernance-Kriterien als geeignet erwiesen.

Im folgenden Abschnitt wird das angewandte methodische Vorgehen kritisiert. Die Fallstudie ist dafür geeignet, einen Fall detailliert zu analysieren. Die so gewonnene Tiefe lässt sich

46 jedoch nur auf Kosten der Breite und der Generalisierbarkeit der Ergebnisse realisieren. Die hier gewonnenen Erkenntnisse treffen speziell auf den untersuchten Fall der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Oberrhein zu, lassen sich aber nur schwer auf andere Grenzregionen übertragen. Aufgrund fehlender Experimentiermöglichkeiten bleibt die Untersuchung zudem sehr deskriptiv. Weiterführende Studien könnten, wie das bereits für Governance im Allgemeinen geschehen ist, andere grenzüberschreitende Regionen auf ihre Metagovernance überprüfen und schliesslich mit der Oberrheinregion vergleichen. Ein Vergleich zur Metagovernance nicht grenzüberschreitender Metropolregionen wäre ebenfalls sehr interessant.

Es müssen hier auch die Fehlerquellen bei Interviews angesprochen werden. Sowohl die Formulierung und die Reihenfolge der Fragen, Merkmale der Befragten und des Interviewers sowie die Interviewsituation können die Antworten beeinflusst haben. Es wurde zwar versucht, die Fragen möglichst neutral und ohne die Verwendung von Wertbegriffen zu formulieren. Da die befragten Personen aber direkt vom Thema betroffen sind, ist es durchaus vorstellbar, dass für Unbeteiligte neutrale Begriffe, wie z.B. „integrierte Governance“ oder die

„Einbindung der Bürger“, für die Beteiligten bereits eine starke Wertung beinhalten.

Insgesamt wurden die Fragen offen, direkt und verständlich formuliert. Als Eingangsfrage wurde eine sehr offene, weite Frage gestellt, damit die Befragten möglichst viel und frei sprechen konnten. Die nachfolgenden Fragen wurden dann in Funktion der Antwort auf die erste Frage angepasst. Dasselbe gilt für den letzten Teil des Leitfadens, wo es um die Beteiligung der Bürger geht. Die beiden letzten Teilfragen wurden teilweise bereits im Rahmen der ersten Frage in diesem Teil beantwortet. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass der Interviewer direkt auf den Befragten reagieren kann. Zudem wirkt das Interviewgespräch natürlicher, wenn nicht Fragen gestellt werden, die bereits beantwortet wurden oder die gerade nicht an der vorangegangenen Antwort anknüpfen. Natürlich hat es auch zur Folge, dass nicht alle Interviews in genau derselben Art und Weise durchgeführt wurden. Zudem mussten drei Interviews schriftlich durchgeführt werden, von welchen eines noch durch ein persönliches Kurzinterview ergänzt werden konnte. In der qualitativen Forschung werden jedoch kontextabhängige Forschungsverfahren standardisierten Verfahren vorgezogen und das Gütekriterium der Reliabilität (Zuverlässigkeit der Messinstrumente) wird nicht oft angewendet. Auch das Gütekriterium der Objektivität (andere Forscher gelangen zu denselben Ergebnissen, wenn sie dieselben Messinstrumente anwenden) wird in der qualitativen Forschung nicht verlangt. Stattdessen gilt es, intersubjektive Nachvollziehbarkeit und

47 Transparenz zu gewährleisten. Die Validität garantiert, dass auch wirklich gemessen wird, was gemessen werden soll. Die externe Validität, bzw. die Gültigkeit der Ergebnisse im realen Lebensraum, wird von qualitativen Forschern grundsätzlich akzeptiert (Blatter et al., 2007, S. 36-37).

5 Fazit

Mit dem Aufbau einer Trinationalen Metropolregion Oberrhein wird das Ziel verfolgt, eine integrierte Governance für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Oberrheinregion schaffen. Mit der spezifischen Organisation der TMO und der Einrichtung einer Mehrebenen-Governance werden möglichst viele Akteure sowie die Bürger mit einbezogen, die bestehenden Strukturen enger vernetzt und die Aufgaben und die Rollen effizienter verteilt.

Obwohl es von den Akteuren und Initianten der Trinationalen Metropolregion nicht explizit so gesagt wird, hat die Auswertung der durchgeführten Interviews ergeben, dass mit der Gründung der TMO die Erfüllung der Metagovernance-Kriterien angestrebt wird.

Die bestehenden Strukturen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit können im Rahmen der TMO noch besser aufeinander abgestimmt werden. Wie es auch bereits vorgeschlagen wurde (Technische AG der Säule Politik, 2012), könnten die Vorstandstreffen des ORR und die Präsidien der ORK in Zukunft unter dem Dach der TMO als gemeinsame Sitzungen stattfinden. Dadurch könnten gemeinsame Beschlüsse gefasst werden, was bis anhin immer noch separat in den einzelnen Instanzen geschieht.

Die gemeinsame Strategie der TMO dient ihr als Leitbild. In diesem Zusammenhang wäre es wichtig, möglichst konkrete Ziele zu formulieren sowie Termine zu setzen, um die Umsetzung der Strategie zu erleichtern und die Zusammenarbeit zu optimieren.

Umfragen haben ergeben, dass sich die Menschen in erster Linie an ihrer Nationalität identifizieren (Griebel, 2010, S. 19). Damit sich die Menschen in zweiter, oder auch in dritter Linie, als Oberrheinbürger identifizieren, müssen die gemeinsame Geschichte(n) und das kulturelle Erbe hervorgehoben und gemeinsame Traditionen, z.B. Feste oder Messen,

48 erfunden werden10. Diese Gemeinsamkeiten müssen die am Oberrhein lebenden Menschen nicht nur verbinden, sondern auch gegen aussen abgrenzen.

Es wurden zwar schon viele Schritte in diese Richtung unternommen: Es gibt ein Oberrhein-Schulbuch, verschiedene Veranstaltungen und sogar eine deutsch-französische Zeitung im Internet. Der Grossteil der Bevölkerung ist jedoch gar nicht darüber informiert. Die Öffentlichkeitsarbeit muss noch stark verbessert werden. Besonders wichtig ist es, nach aussen gemeinsam als Oberrheinregion aufzutreten, damit u.a. die unterschiedlichen Veranstaltungen aus einer Hand geschehen. Jedenfalls sollte es für den Bürger so aussehen, damit er nicht den Überblick über die zahlreichen Institutionen und Organisationen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit verliert. Um dies zu erreichen und um gegen aussen als eine Region auftreten zu können ist es wichtig, Veranstaltungen, Events und Projekte in erster Linie im Namen und unter dem Logo der TMO durchzuführen.

Die Trinationale Metropolregion Oberrhein ist jedoch bereits jetzt ein innovatives Konzept, mit dessen Hilfe es gelungen ist, die Strukturen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu integrieren und zahlreiche Akteure miteinander zu vernetzen. Angesichts ihres Bestrebens, die Metagovernance-Kriterien vollumfänglich zu erfüllen, befindet sich die TMO auf bestem Wege, die Rolle des Steuerers der Steuerung in der grenzübergreifenden Kooperation am Oberrhein einzunehmen.

10 Siehe zu diesem theoretischen Ansatz z.B. Hobsbawm, Eric & Ranger, Terence (1983). The invention of tradition. Cambridge: University Press.

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