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Teil I Kinetik der konventionellen radikalischen Polymerisation an Oberflächen

3 ESR-Untersuchungen mit immobilisierten Azoinitiatoren

3.4 Fazit

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3.4 Fazit

In diesem Kapitel wurden ESR-Experimente zur Untersuchung von Polymerisationen an Oberflächen, die durch einen gepulsten Laser initiiert wurden, vorgestellt. Dafür wurde zunächst der oberflächengebundene Azoinitiator ACTA, der bereits erfolgreich in vorherigen Arbeiten10,11,46,166,167 – unter anderem zur Analyse der Propagationskine-tik oberflächeninitiierter Polymerisationen mit Hilfe der PLP–SEC-Methode – einge-setzt wurde, verwendet. Es konnte gezeigt werden, dass die Immobilisierungsmethode einen signifikanten Einfluss auf die Stabilität und die Beweglichkeit der während der Polymerisation auftretenden Radikale hat. Bei der Verankerung des Initiators während der Partikelsynthese durch eine Cokondensation wird der Initiator unkontrolliert so-wohl im Inneren als auch im Äußeren der Partikel eingebaut. Die während der durch Laserpulse initiierten Polymerisation von DMA an der Oberfläche gebildeten Radikale sind dadurch langlebig und wenig flexibel.

Im Gegensatz dazu zeigen die oberflächengebundenen Makroradikale bei der Verwen-dung von Silica-ACTA, bei dem der Initiator durch katalytische Kondensation aus-schließlich auf die Oberfläche von kommerziell erhältlichen Silica-Partikeln gebunden wurde, eine erhöhte Mobilität und sie terminieren rapide. Der ermittelte Terminie-rungsgeschwindigkeitskoeffizient für die oberflächeninitiierte Polymerisation von DMA ist um ca. eine Größenordnung kleiner als der Literaturwert für die entsprechende homogene Polymerisation. Der Unterschied kann zum einen darauf zurückgeführt wer-den, dass die Terminierung oberflächengebundener Radikale unter einer anderen Dif-fusionskontrolle stattfindet als die in Lösung. Zum anderen beeinflusst das Auftreten einer zweiten Radikalspezies den gemessenen zeitlichen Verlauf der Makroradikalkon-zentration und verfälscht somit das ermittelte kt. Das Vorliegen der zweiten Radikalspe-zies wurde dadurch begründet, dass die trifunktionellen Silangruppen von ACTA wäh-rend der Immobilisierung untereinander kondensieren und somit dreidimensionale Netzwerke auf der Silica-Oberfläche ausbilden. Dadurch können während der Poly-merisation Radikale entstehen, die in diesem Netzwerk gefangen sind.

Zur Vermeidung des Auftretens gefangener Radikalspezies durch ein dreidimensiona-les Netzwerk der oberflächengebundenen Silane wurden ESR-Untersuchungen unter Verwendung des monofunktionellen Initiators ACMA, der mit Hilfe derselben Methode wie zuvor ACTA auf Silica-Partikel gebunden wurde, durchgeführt. Während der graf-ting-from-Polymerisation von DMA konnte neben dem Methacrylatradikal die zweite Radikalspezies in signifikant kleineren Mengen als bei Verwendung von ACTA-funktio-nalisierten Partikeln beobachtet werden. Der ermittelte Wert von kt bei Verwendung von Silica-immobilisiertem ACMA ist ca. halb so groß wie der Literaturwert der ent-sprechenden homogenen Polymerisation, was durch die unterschiedliche Diffusions-kontrolle der Terminierung erklärt werden kann. Gleichzeitig ist der Wert für kt unter Verwendung von A3 ca. doppelt so groß wie der bei Verwendung von A2. Dies zeigt,

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dass durch die Verankerung von monofunktionellen Silanen auf Silica die Ausbildung stabiler Radikalspezies verhindert wird.

Zusammenfassend erscheint demnach die Verwendung von Reagenzien mit monofunk-tioneller Silangruppe zur Immobilisierung auf Silica-Partikeln für die ESR-spektrosko-pischen Untersuchungen der Kinetik oberflächeninitiierter Polymerisationen am sinn-vollsten. Der Einsatz trifunktioneller Silane bleibt trotzdem denkbar, wenn das zu un-tersuchende Radikal während der oberflächeninitiierten Polymerisation ein Maximum, das ausschließlich ihm zugeordnet werden kann, im ESR-Spektrum zeigt. Die Veranke-rung sollte sowohl bei mono- als auch bei trifunktionellen Ankergruppen einzig auf der Oberfläche von bereits vorliegenden Silica-Partikeln vorgenommen werden.

Zur Analyse der Terminierungskinetik mittels Einzelpulsexperimenten in Kombination mit der zeitaufgelösten ESR-Spektroskopie sind die in diesem Kapitel verwendeten Azoinitiatoren nicht geeignet. Es konnte mittels PREDICI®-Simulationen gezeigt werden, dass die scheinbare Radikalkonzentration, die mit jedem Laserpuls durch den Zerfall des Initiators erzeugt wird, sehr gering ist. Außerdem zerfällt der Initiator nicht instan-tan, sodass nach der Bestrahlung der Probe mit einem Laserpuls keine einheitlichen Kettenlängen der Makroradikale erhalten werden. Dadurch könnte die Kettenlängen-abhängigkeit der Terminierung durch zeitaufgelöste SP–PLP–ESR-Experimente nur un-genügend beschrieben werden. Weitere Nachteile der eingesetzten Azoinitiatoren sind ihre geringe Initiatoreffizienz und, dass sie nicht nur als Photoinitiatoren, sondern auch als thermische Initiatoren fungieren, sodass sie nur in einem begrenzten Temperatur-bereich einsetzbar sind.

Stattdessen sollte ein reiner Photoinitiator, der eine schnelle Initiierung zulässt, auf der Oberfläche verankert werden. Da das Ziel ist, ausschließlich die Terminierungskinetik oberflächengebundener Makroradikale zu untersuchen, muss der immobilisierte Ini-tiator weitere wichtige Kriterien erfüllen. Die Initiierung der Polymerisation sollte dazu möglichst nur an der Oberfläche stattfinden. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist, dass der Initiator wie bei den zuvor verwendeten Azoinitiatoren mit beiden Seiten auf den Silica-Partikeln verankert ist, sodass nach der Initiierung beide Fragmentradikale auf der Oberfläche fixiert sind. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, einen Initiator, der unter UV-Bestrahlung in ein kettenstartendes und ein unreaktives Fragment bezüg-lich der Initiierung zerfällt, über seine reaktive Seite kovalent an die Oberfläche zu bin-den. Da für PLP-Experimente häufig verwendete Photoinitiatoren, wie z.B. 2-Methyl-4-(Methylthio)-2-morpholinopropiophenon (MMMP)168,169 und 2,2-Dimethoxy-2-phe-nylacetophenon (DMPA)170,171, asymmetrisch sind, ist die Funktionalisierung beider Initiatorfragmente mit Silangruppen zur Ermöglichung der Immobilisierung aufwän-dig. Wie jedoch im nächsten Kapitel genauer beschrieben ist, erfüllt der Initiator DMPA die Bedingung, dass hauptsächlich ein Initiatorfragment reaktiv hinsichtlich des Ket-tenstarts ist. Durch eine einfache Funktionalisierung ist es möglich, diesen Initiator kovalent auf Silica-Partikel zu binden, sodass er im Folgenden für weitere kinetische

3.4 Fazit

53 Untersuchungen bezüglich der Terminierung oberflächeninitiierter Polymerisationen verwendet wurde.

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4 Oberflächeninitiierte Polymerisation mit