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Fallbeispiele für Widerständigkeiten und Bewältigungsstrategien

Dem Hass kreativ entgegentreten: »Homophobie, nein danke«

Aufgrund wiederholter homofeindlicher Übergriffe hat der CSD Rostock e.V. gemeinsam mit Un-terstützer_innen die Kampagne »Homophobie, nein danke« im Frühjahr 2012 – anlässlich des 10.

Christopher Street Days in Rostock – ins Leben gerufen. Es ist Ziel der Kampagne, mit Postkar-tenmotiven in verschiedenen Sprachen sowohl im Bundesland als auch international auf Diskri-minierung und Gewalt gegenüber LSBTI* aufmerksam zu machen. Die Initiator_innen erhalten bis heute viel Zuspruch und Unterstützung, gleichzeitig wurden sie auch beleidigt und bedroht.

Ihr Umgang damit war transparent, ermutigend und kreativ: Eine Postkarte verdeutlicht das Problem, indem eine ausgewählte Hassmail abgedruckt wird. Das ausdrucksstarke Porträt der Rosa-la-ola-Grande vom »Orden der Schwestern der Perpetuellen Indulgenz« – welches neben der Hassmail abgebildet ist – verdeutlicht, dass homo- und trans*feindliche Aussagen Bestandteil des alltäglichen Leben sind, die Betroffenen sich aber dadurch nicht einschüchtern lassen und zu ihrer Identität stehen.

Quelle: Homophobie, nein danke (2012) Wo kein Wissen ist, wachsen Vorurteile. https://www.facebook.com/

CSD.Kampagne/photos/a.280888091976708.62261.280887641976753/371137952951721/?type=3&theater. Zuge-griffen: 14.8.2016

Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider entzieht Abgeordnetem das Rederecht

Im Sommer 2014 entzieht die Präsidentin des Schweriner Landtages Sylvia Bretschneider (SPD) während einer parlamentarischen Debatte dem NPD-Abgeordneten Michael Andrejewski auf-grund seiner homofeindlichen Äußerungen das Rederecht. Als ihre Entscheidung mit Zwischen-rufen quittiert wird, verteilt sie mehrere Ordnungsmaßnahmen an weitere NPD-Abgeordnete und schließt einen der Störer vom restlichen Sitzungstag aus. Sie findet unmissverständliche Wor-te: »Wenn Sie es wagen, im Landtag MV Menschen verächtlich zu machen, Menschen zu dis-kriminieren, nur weil sie eine bestimmte sexuelle Orientierung haben, dann werden wir das hier nicht hinnehmen.« Für ihre öffentliche und konsequente Positionierung gegen Homo- und Trans*feindlichkeit erhielt sie den »Homo-Orden« des Communityportals queer.de und den Coura-gepreis 2014 des CSD Rostock e.V. und wurde Ehrenmitglied des Vereins.

Quellen: Schulze M (2014) Homo-Orden für Sylvia Bretschneider. http://www.queer.de/detail.php?article_

id=21887. Zugegriffen: 14.8.2016

Queer.de (2015) CSD Rostock ehrt Landtagspräsidentin für Courage im Amt. http://www.queer.de/detail.

php?article_id=23127. Zugegriffen: 14.8.2016

Bürgermeister engagiert sich gegen Homo- und Trans*feindlichkeit

In Boizenburg entwenden Unbekannte in 2015 bereits zum zweiten Mal die Regenbogenfahne, die im Hafen anlässlich der pride-week gehisst wurde: Der gesamte Fahnenmast wurde aus der Ver-ankerung gerissen und ins Hafenbecken geworfen. 2014 wurde die Regenbogenflagge entwendet und durch eine Deutschlandfahne ersetzt, die auf Halbmast gesetzt wurde. Der Bürgermeister Ha-rald Jäschke wendet sich daraufhin im Sommer 2015 öffentlich an seine Mitbürger_innen mit der Bitte, ein Zeichen gegen Homo- und Trans*feindlichkeit zu setzen. Der Schweriner Volkszeitung erklärt er: »Wir laden alle Boizenburger dazu ein, an ihren Häusern oder in ihren Gärten ebenfalls die Regenbogenfahne zu hissen, um zu zeigen, dass hier in der Mehrheit tolerante Menschen leben.« Zusammen mit der Gleichstellungsbeauftragten Beate Benz hisst Harald Jäschke die Re-genbogenfahne erneut – dieses Mal am Marktplatz direkt vor dem Rathaus. Für sein Engagement gegen Homo- und Trans*feindlichkeit und das Eintreten für demokratische Grundwerte erhält der Bürgermeister den »Homo-Orden« vom Communityportal queer.de.

Quellen: Schulze M (2015) Homo-Orden für Boizenburg. http://www.queer.de/detail.php?article_id=24129. Zu-gegriffen: 14.8.2016

Kfri (2015) »Homo-Orden« für Boizenburg. http://www.svz.de/lokales/hagenower-kreisblatt/homo-orden-fuer-boizenburg-id10156451.html. Zugegriffen: 14.8.2016

Jugendlicher konfrontiert Bundeskanzlerin Angela Merkel

Im Rahmen eines Bürgerdialogs besucht Bundeskanzlerin Angela Merkel im Sommer 2015 das Schulzentrum Paul Friedrich Scheel in Rostock und stellt sich den Fragen von 30 Schüler_innen.

Dabei kommt auch die Öffnung der Ehe für alle und das fehlende Adoptionsrecht für gleichge-schlechtlich Liebende zur Sprache. Ein Jugendlicher fragt die Kanzlerin, warum der Unterschied zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft weiterhin bestehe. Er berichtet davon, dass er und andere gleichgeschlechtlich l(i)ebende Jugendliche alltäglichen Beleidigungen ausgesetzt sind, und dass manche sogar gemobbt und in der Schule verprügelt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel antwortet, dass die Frage der Ehe eine Überzeugungssache sei und nicht alle der gleichen Meinung wären. Sie verweist darauf, dass diese Themen von politischen Mehrheiten be-stimmt werden und sich dann auch ändern könnten. Der Jugendliche gibt sich mit ihrer Antwort nicht zufrieden und entgegnet: »Was interessiert es jemand anderes, ob ich schwul bin oder nicht?

Deshalb finde ich es persönlich totalen Quatsch, dass es diese Grenze gibt!«

Quellen: Queer.de (2015) Merkel zu schwulem Schüler: Gesellschaft noch nicht für Ehe-Öffnung bereit. http://

www.queer.de/detail.php?article_id=24207. Zugegriffen: 14.8.2016

Bundeskanzlerin.de (2015) Merkel im Dialog mit Jugendlichen. https://www.bundeskanzlerin.de/Webs/BKin/

DE/Mediathek/Einstieg/mediathek_einstieg_podcasts_node.html?id=1401506. Zugegriffen: 14.8.2016 Coming-out: Schmerzliche Erfahrung und selbstbestimmte Bewältigung

Die Schülerin Annika plant nach ihrem out im familiären Umfeld ihr öffentliches Coming-out als trans*. Hierfür spricht sie die Schulleitung auf ihrem Internat in MV an und bittet sie um Unterstützung. Ihr Ziel ist es, innerhalb der Schulgemeinschaft als Mädchen anerkannt und selbstbestimmt leben zu können. Ihrem Wunsch nach einem Coming-out an der Schule wird je-doch nicht entsprochen. Stattdessen wird ihr Anliegen nicht ernst genommen. Die Schulleitung befürchtet negative Reaktionen von Eltern und mögliche Konsequenzen für die Anmeldezahlen des Internats. Nach mehreren Gesprächen vertrösten der Eigentümer der Schule und deren Lei-tung Annika auf einen späteren Zeitpunkt für ein Coming-out. Sie geben ihr zu verstehen, dass sie im Falle eines nicht abgestimmten Coming-outs einen Schulverweis riskiere. Nach einem Zu-sammenbruch und einer längeren Krankschreibung sucht Annika eigene Wege, um ihren Wunsch zu verwirklichen. Sie führt Gespräche mit einzelnen, ihr vertrauten Lehrer_innen und berichtet von ihrer Situation. Parallel sucht sie nach einer neuen Schule. Schließlich outet sie sich bei einem Elternsprechtag in persönlichen Gesprächen gegenüber dem Lehrer_innenkollegium und Mitschüler_innen. Die Reaktionen sind sowohl positiv als auch negativ. Eine volle Anerkennung als Mädchen erhält sie dennoch nicht. Beispielsweise wird ihr neuer Name auf der Klassenliste nicht verändert. Erst nach ihrem Coming-out an dem Internat ist es ihr möglich, das Erlebte zu verarbeiten und gestärkt die Schule zu verlassen. In ihrer neuen Schule stellt sich Annika als

Trans*Frau vor und wird sowohl von den Lehrer_innen als auch ihren Mitschüler_innen als Mäd-chen und Frau akzeptiert und anerkannt. Rückblickend betrachtet Annika ihr Coming-out als zusammenhängenden Prozess in zwei Phasen. Zum einen als eine lange und schmerzvolle Zeit des Coming-outs im Internat, zum anderen als ein kurzes Coming-out bei der Vorstellung als Transfrau in der neuen Schulgemeinschaft.

Quelle: Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (Hg.) (2014) Erfahrungsbericht und Strategien für Schulen. S 29 f.

Trans*Frau wendet sich öffentlich an Innenminister Lorenz Caffier

In Grevesmühlen betritt die Trans*Frau Karin im Sommer 2016 den Verkaufsraum einer Tank-stelle – die dort anwesenden Polizistinnen lästern und beleidigen sie mit den Worten »Den möchte ich mal so richtig fertig machen.« Karin wendet sich mit einem Kommentar an die Ostsee-Zeitung, in der sie vom Erlebten berichtet und bezieht sich dabei auf die Forderung von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) nach mehr Respekt gegenüber Polizeibeamtinnen und härtere Strafen für Menschen, die Polizeibedienstete angreifen: »Wer Respekt einfordert, sollte andere respektieren Herr Caffier.«

Quelle: Konieczny K (2016) Respekt auf beiden Seiten. http://www.ostsee-zeitung.de/Extra/Meinung/Leserbrie-fe/Politik-Leserbriefe/Respelt-auf-beiden-Seiten. Zugegriffen: 14.8.2016

Gleichgeschlechtlich Liebende widersprechen TV-Moderatorin öffentlich

Im Rahmen der ZDF-Sendung »Markus Lanz« vom 02. September 2016 hat die lesbische TV-Mode-ratorin Bettina Böttinger über Greifswald gesagt: »Ich möchte auch nicht mit meiner Frau Hand in Hand durch Greifswald rennen. Ich glaube, da sind andere Ressentiments.« Thomas Jager, der mit seinem Partner in Greifswald wohnt, widerspricht der Moderatorin öffentlich und betont, dass Greifswald eine sehr weltoffene Stadt sei. Auch sein Partner Marcel Mengdehl sagt der Ostsee-Zeitung: »Mir ist noch nichts Schlechtes widerfahren.« Der Greifswalder Oberbürgermeister Ste-fan Fassbinder (Grüne) hat die TV-Moderatorin nun in die Hansestadt eingeladen, damit sie sich von der Weltoffenheit und Toleranz der Greifswalder_innen selbst ein Bild machen kann. Bettina Böttinger hat bereits zugesagt: Sie wird 2017 beim »Tag der Akzeptanz« in Greifswald dabei sein.

Quelle: Bruns T (2016) Homosexuelle widersprechen Böttinger. http://www.ostsee-zeitung.de/Vorpommern/

Greifswald/Homosexuelle-widersprechen-Boettinger. Zugegriffen: 30.9.2016

Steinke K (2016) Nach Einladung: Böttinger wird Hansestadt besuchen. http://www.ostsee-zeitung.de/Vorpom-mern/Greifswald/Nach-Einladung-Boettinger-will-Hansestadt-besuchen. Zugegriffen: 30.9.2016