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C.   EXPOSITION DURCH EAS-GERÄTE

9   EXPOSITION DURCH GERÄTE FÜR DIE ELEKTRONISCHE

9.4   Messungen unter Laborbedingungen und numerische Berechnungen 118

9.4.3  Exposition von Personen mit metallischen Implantaten

Abbildung 9.41: Betrachtete Expositionsszenarien mit den EAS-Etiketten-Deaktivatoren im Standby, entsprechend der Situation bei Überbeugen für d = 0 cm und d = 25 cm

Aus Ihren Ergebnissen und den durchgeführten Literaturrecherchen folgern die Autoren in [75], dass in der Praxis (übliche Implantatsgrößen und Gewebeparameter) bezüglich der SAR für die meisten Implantate keine Probleme im Hinblick auf die Einhaltung der Basiswerte ergibt, solange die Referenzwerte nicht überschritten werden. Explizit die Notwendigkeit für weitere detailliertere Betrachtungen führen die Autoren für (Herzschrittmacher-) Elektroden und nicht vollständig geschlossene ringförmige Implantate (z.B. Drahtbügel) an.

Für den Frequenzbereich unterhalb von 100 kHz bzw. für den Einfluss metallischer Implantate auf die Verteilung der induzierten Stromdichte liegen jedoch keine vergleichbaren systematischen Untersuchungen vor, weshalb diese Fragestellung in Zusammenhang mit EAS-Systemen hier speziell untersucht wurde.

Da gemäß ICNIRP 1998 Basiswerte für die induzierte elektrische Stromdichte nur im Zentralnervengewebe festgelegt sind, wurden vor allem solche Implantate betrachtet, die direkt im oder nahe des Zentralnervensystems implantiert sind. Aufgrund der Häufigkeit ihres Auftretens und der Tatsache, dass Hüftprothesen sehr nahe dem Bereich maximaler Feldstärken von EAS Systemen kommen können, wurden auch solche Implantate berücksichtigt.

Konkret wurden die folgende Implantate betrachtet:

• Deep Brain Stimulator • Cochlea Implantat

• Rückenmarkstimulator • Hüftgelenksprothese

• Herzschrittmacher • Fixierung der Lendenwirbelsäule Als Feldquellen wurden vor allem solche RFID- bzw. EAS-Geräte ausgewählt, für die sich aus den vorangegangenen Arbeitspaketen bereits ohne im Körper vorhandene Implantate relativ große Expositionswerte ergaben und mit denen in der Praxis eine Exposition der Körperregion(en) möglich ist, in denen sich die jeweils betrachteten Implantate befinden.

9.4.3.1 Deep Brain Stimulator

Deep Brain Stimulatoren (DBS) werden zur Milderung des Zitterns (Tremor), wie es vor allem bei Parkinson-Patienten auftritt, eingesetzt. Ein DBS ist, vereinfacht ausgedrückt, ein Pulsgenerator, dessen Ausgangssignal mittels Elektroden in einen tiefen Hirnbereich geleitet wird. Dort bewirkt die elektrische Stimulation eine Unterdrückung bzw. starke Reduktion des Tremors, was eine große Erleichterung für die Patienten im Hinblick auf die Verrichtung alltäglicher Dinge (Essen, Toilette, etc.) bedeutet. Der Pulsgenerator wird üblicherweise im Bereich der Schulter (ähnlich wie Herzschrittmacher) implantiert. Vom Pulsgenerator verlaufen die Elektrode(n) unter der Haut entlang des Halses und Hinterkopfes bis etwa zum Scheitel, wo sie die knöcherne Schädeldecke durch ein operativ gesetztes Bohrloch durchsetzen und in Richtung des Zielareals im Bereich des Thalamus verlaufen.

Abbildung 9.42 zeigt das entwickelte numerische Modell des DBS implantiert ins anatomische Körpermodell. Es wurde eine beidseitige Stimulation nachgestellt, da dies aufgrund physikalischer Überlegungen bei Exposition gegenüber einem äußeren Magnetfeld höhere zwischen den Elektrodenspitzen auftretende Stromdichten erwarten lässt (worst case Betrachtung). Die zusätzlich modellierten Schleifen im Elektrodenverlauf entsprechen ebenfalls der Praxis (wurden auf der Grundlage von Röntgenbildern nachgestellt), da die Überlänge der Elektroden vom Chirurgen üblicher Weise einfach in solchen Schleifen unter die Haut geschoben wird.

Abbildung 9.43 zeigt die untersuchten Expositionsszenarien für eine Person mit Deep Brain Stimulator. Um realistische worst case Situationen abzudecken, wurden die Höhenverhältnisse zwischen EAS-Antenne und Körpermodell, bei unverändertem Antennenmodell, teilweise unterschiedlich angenommen. Beispielsweise wurde bei den

verschoben, um die Situation einer kleinen Person zu erfassen, die in der Praxis mit dem Kopf in einen Höhenbereich kommen kann, wo die Antenne beträchtliche Feldstärken erzeugt. Würde man das verwendete Körpermodell „Duke“ (1,74 m Körperlänge) mit den Fußsohlen auf unterkante der Antenne modellieren, würde der Kopf (und das Implantat) immer deutlich über die Antennenoberkante hinausragen und damit im Bereich nur relativ geringer Feldstärken liegen, was als nicht repräsentativ für kleiner Personen angesehen werden müsste.

Abbildung 9.42: Numerisches Modell des Deep Brain Stimulators (DBS) im anatomischen Körpermodell

Abbildung 9.43: Untersuchte Expositionsszenarien mit dem AM-EAS System Ultra Post (oben) und dem RF-EAS System PG39 (unten) mit einem Modell mit implantiertem Deep Brain Stimulator

9.4.3.2 Rückenmarkstimulator

Rückenmarkstimulatoren werden üblicherweise in der Schmerztherapie eingesetzt und sind, sehr ähnlich den Deep Brain Stimulatoren, als Pulsgeneratoren konzipiert, dessen Ausgangssignal mittels Elektroden, die in den Wirbelkanal eingeführt werden, direkt an das Rückenmark geleitet wird. Dort bewirkt die elektrische Stimulation eine Unterdrückung bzw.

starke Reduktion des Schmerzempfindens. Der Pulsgenerator wird typischerweise im Lendenbereich implantiert und die mit einer Silikonisolierung versehenen Elektroden verlaufen von dort durch einen Zwischenwirbelspalt in den Wirbelkanal. Eine etwaige Überlänge der Elektrode wird durch schleifenartiges Einschieben unter die Haut beseitigt.

Abbildung 9.44 zeigt das entwickelte numerische Modell des Rückenmarkstimulators, implantiert ins anatomische Körpermodell. Die Implantationsart wurde auch hier anhand von verfügbaren Röntgenbildern nachgestellt.

Abbildung 9.45 illustriert die mit dem Rückenmarkstimulator die untersuchten Expositionsszenarien, die in gleicher Weise auch für das Modell mit Hüftprothese (Kapitel 9.4.3.3) und Fixierung der Lendenwirbelsäule (Kapitel 9.4.3.4) zur Anwendung kamen.

Abbildung 9.44: Numerisches Modell des Rückenmarkstimulators im anatomischen Körpermodell

Abbildung 9.45: Untersuchte Expositionsszenarien mit dem AM-EAS System Ultra Post (links) und dem RF-EAS System PG39 (rechts) mit einem Modell mit implantiertem Rückenmarksstimulator bzw. Hüftprothese bzw. Fixierung der

9.4.3.3 Hüftprothese

Hüftprothesen gibt es in unterschiedlichsten Ausführungsformen. Vor allem im Hinblick auf die Materialien im Bereich des Gelenkskopfes und der Gelenkspfanne sind unterschiedliche Ausführungsformen im Einsatz. Allen gemeinsam ist ein metallischer Schaft, der in den Markraum des Oberschenkelknochens eingesetzt wird. Abbildung 9.46 zeigt das numerische Modell der Hüftgelenksprothese, im anatomischen Körpermodell.

Abbildung 9.46: Numerisches Modell der Hüftgelenksprothese im anatomischen Körpermodell

Bezüglich der Ausrichtung des Körpermodells zu den EAS-Systemen, siehe Abbildung 9.45.

9.4.3.4 Fixierung der Lendenwirbelsäule

Nach Frakturen im Bereich der Lendenwirbelsäule werden oftmals Fixierungen des betroffenen Wirbelsäulenbereichs mittels eines metallischen Gestänges, das mit den Wirbelkörpern verschraubt wird, vorgenommen. Die Implantationsart wurde wieder auf Basis von Röntgenbildern nachgestellt.

Abbildung 9.47: Numerisches Modell der Fixierung der Lendenwirbelsäule

Bezüglich der Ausrichtung des Körpermodells zu den EAS-Systemen, siehe Abbildung 9.45.

9.4.3.5 Herzschrittmacher

Ein numerisches Modell eines typischen modernen Herzschrittmachers (das Modell Philos II von Biotronik diente als Vorlage) wurde realitätsgetreu im CAD Modul von SEMCAD X entwickelt. Nähere Details zur Modellierung können Kapitel 11 entnommen werden.

Die dazugehörigen Elektroden wurden in realitätsgetreuen Dimensionen (Außendurch-messer ca. 3 mm) modelliert, wobei aus numerischen Gründen (im Hinblick auf die Diskretisierung des Rechenraumes) ein quadratischer anstatt eines kreisrunden Querschnitts gewählt wurde. Als weitere notwendige Vereinfachung wurde der Innenleiter als solider Draht mit quadratischem Querschnitt modelliert.

Die numerischen Modelle des Herzschrittmachers und der Elektroden wurden schließlich realitätsgetreu in das anatomische numerisches Modell „Duke“ aus der Virtual Family integriert, wobei auf anatomisch korrekten Verlauf der Elektrode in der Hohlvene, über den rechten Vorhof bis in die rechte Herzkammer geachtet wurde. Für die hier beschriebenen Berechnungen wurde ein Modell mit links-pektoral implantiertem Herzschrittmacher modelliert (Abbildung 9.48). Abbildung 9.49 zeigt die untersuchten Expositionsszenarien für eine Person mit links-pektoral implantiertem Herzschrittmacher.

Abbildung 9.48: Numerisches Modell des Herzschrittmachers (unipolar, links-pektoral implantiert) im anatomischen Körpermodell

Abbildung 9.49: Untersuchte Expositionsszenarien mit dem AM-EAS System Ultra Post (links) und dem RF-EAS System PG39 (rechts) mit einem Modell mit implantiertem Herzschrittmacher

9.4.3.6 Cochlea Implantat

Cochlea Implantate (CI) werden eingesetzt, um schwere Hördefekte im äußeren bzw.

Mittelohrbereich, bei intakter innerer Hörbahn (Hörnerv) zu therapieren. Das Implantat besteht aus einem etwa 2,5 cm x 3,5 cm x 5 mm großem Gerät das hinter dem Ohr unter die Kopfhaut implantiert wird, wobei im Zuge der Implantation aus dem Schädelknochen eine passende, das Gerät aufnehmende Mulde herausgefräst wird. Vom implantierten Gerät führt die silikonummantelte Elektrode (mit mehreren gegeneinander elektrisch isolierten Einzelleitern) durch ein Bohrloch im Mastoid zunächst in die Paukenhöhle, und weiter durch ein Bohrloch im Bereich des Promontoriums ins Innere der Gehörschnecke (Cochlea), wo die Elektrode entlang des Schneckenganges bis zur Spitze vorgeschoben wird. Im vordersten (ca. 20-25 mm langen) Bereich der Elektrode, der innerhalb der Gehörschnecke zu liegen kommt, werden die Einzelleiter nach und nach vom Inneren der Silikonumhüllung nach außen geführt und stehen dadurch mit dem Hörnerv in elektrischem Kontakt, so dass mehrere Stimulationsorte entlang des Schneckenganges (entlang der Hörnervs) realisiert werden können (notwendig für die Frequenzauflösung der Hörwahrnehmung). Der außen hinter dem Ohr sitzende Sprachprozessor inklusive Mikrophon erfasst den an das Ohr dringenden Schall und übermittelt entsprechend aufbereitete Signale durch induktive Übertragung durch die Kopfhaut an das Implantat, das diese entsprechend aufbereitet an die in der Silikon ummantelten Elektrode verlaufenden Einzelleiter weitergibt. Für die induktive Übertragung trägt der Patient außen am Kopf eine direkt über dem Implantat liegende kleine Sendespule und das Implantat enthält seinerseits eine entsprechende Empfangsspule. Da in zunehmenden Maße, vor allem bei Kindern beidseitige Implantation praktiziert wird und diese aus physikalischer Sicht höhere induzierte Stromdichten erwarten lässt, wurde für die Modellbildung die Situation einer beidseitigen Implantation zugrunde gelegt. Abbildung 9.50 zeigt das entwickelte numerische Modell des Cochlea Implantats, implantiert in das anatomische Modell eines fünfjährigen Mädchens (Modell „Roberta“ aus dem Virtual Classroom), wobei zuvor ein hochaufgelöstes Innenohrmodell in das anatomische Körpermodell integriert wurde.

Abbildung 9.50: Numerisches Modell des Cochlea Implantats (CI)

Abbildung 9.51 zeigt die untersuchten Expositionsszenarien für das Kind mit beidseitigen Cochlea Implantat.

Abbildung 9.51: Untersuchte Expositionsszenarien mit dem AM-EAS System Ultra Exit (links) und dem RF-EAS System PG39 (rechts) mit einem Modell mit implantiertem Cochlea Implantat