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Expert-N 5.0 als Landoberflächenmodell

6.4 Expert-N 5.0 kann als Landoberflächenmodell verwendet werden

Landoberflächenmodelle werden verwendet, um die untere Randbedingung von atmo-sphärischen Wetter- und Klimamodellen zu quantifizieren (Skamarock u. a. 2008). Auch wenn z. B. das allgemein anerkannte und weit verbreitete Noah-Landoberflächenmodell (Chen u. a. 1996) stetig erweitert wurde, um die Austauschprozesse zwischen Landober-fläche und Atmosphäre besser abzubilden, werden in diesem Modell dennoch viele Pro-zesse stark vereinfacht beschrieben (Gayler u. a. 2014; Klein u. a. 2017b; Liu u. a. 2016).

So werden selbst in der weiterentwickelten Modellversion Noah-MP (Niu u. a. 2011) Blattflächen- oder Wurzelwachstum lediglich mithilfe von empirischen Wachstumsraten und Regressionsgleichungen abgebildet. Die Integration von dynamischem Pflanzen-wachstum in Noah-MP ermöglicht hingegen eine bessere Beschreibung der Energiebi-lanz an der Erdoberfläche und der Austauschprozesse zwischen Boden, Vegetation und Atmosphäre (Gayler u. a. 2014; Kim u. a. 2013; Klein u. a. 2017b; Liu u. a. 2016).

Die Simulationen der aktuellen Evapotranspiration in Nordrhein-Westfalen mit bis zu1km×1km räumlicher Auflösung (Abschnitt 5.3) zeigen, dass der Wasseraustausch zwischen Boden, Pflanze und Atmosphäre innerhalb einer Region aufgrund unterschied-licher Böden und unterschiedlichem Wetter/Klima stark divergieren kann. Das Spek-trum der Simulationsergebnisse kann zwar auch durch die Wahl von wenigen zu simu-lierenden Gitterpunkten abgebildet werden (vgl. Analyse der simulierten Weizenerträge von Van Bussel u. a. 2016), die genaue, geographische Zuordnung allerdings nicht. Die Kenntnis dieser Verteilung ist jedoch nötig, um die Austauschprozesse zwischen mitein-ander gekoppelten Landoberflächen- und Wettermodellen zu simulieren.

Expert-N 5.0 kann schon jetzt mit dem Wetter- und Klimamodell WRF (Skamarock u. a. 2008) gekoppelt betrieben werden. Eine räumlich hochaufgelöste Simulation über einen längeren Zeitraum, bei der die Kopplung zwischen Expert-N und WRF umfassen-der getestet werden kann, sollte künftig auf einem Hochleistungsrechner durchgeführt werden. Durch die dynamische Repräsentation des Pflanzenwachstums innerhalb von Grasland- und Waldökosystemen sowie von Ackerpflanzenbeständen ist zu erwarten, dass die Austauschprozesse zwischen der Landoberfläche und der Atmosphäre in einem gekoppelten Modell aus Expert-N und WRF realistischer abgebildet werden können als bei dem bisher verwendeten Landoberflächenmodell Noah in Verbindung mit WRF.

Somit könnten zukünftige Wetter- und Klimasimulationen verbessert werden.

Aufgrund der modularen Struktur von Expert-N gäbe es auch die Möglichkeit – neben einer vollständigen Kopplung der Modelle Expert-N und WRF – nur Teilprozesse aus Expert-N in das Landoberflächenmodell von WRF zu integrieren.

Das Xylemflussmodell, mit dem momentan die Transpiration von Bäumen und Mais-pflanzen simuliert werden kann, könnte ebenfalls in einer mit dem WRF-Modell gekop-pelten Version von Expert-N angewendet werden. Hierfür wäre jedoch eine Redukti-on der Rechenzeit vRedukti-on Vorteil. Diese ReduktiRedukti-on könnte durch eine etwas vereinfachte Modellversion realisiert werden, die nur den vertikalen Wasserfluss entlang des Haupt-stammes der Pflanzen simuliert. Die Quellen- und Senkenterme der Richards-Gleichung könnten in diesem Fall durch eine vertikale Verteilung der Wurzellängendichten und des Blattflächenindexes definiert werden.

Kapitel 7

Zusammenfassung

Das Klima der Erde ändert sich durch die anthropogene Erhöhung der Treibhausgas-konzentrationen in der Atmosphäre. Diese Treibhausgase werden u. a. von Agrarökosys-temen emittiert. Gleichzeitig wird der Klimawandel – bedingt durch die Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration und der Temperatur sowie durch eine zeitlich und räumlich veränderte Verteilung des Niederschlags – einen Einfluss auf das zukünftige Wachstum von Pflanzen haben. Insbesondere Extremereignisse wie längere Dürreperi-oden und Starkregenereignisse, deren Häufigkeit zunehmen wird, können die Erträge von Ackerpflanzen verringern.

Die Auswirkungen dieser zukünftigen Extremereignisse (z. B. Wassermangel) auf das Pflanzenwachstum werden von traditionellen Pflanzenwachstumsmodellen, die häufig mit Tageszeitschritten rechnen, nicht oder nur unzureichend abgebildet. Um die Ein-flüsse von zukünftigem Wassermangel auf das Wachstum von Pflanzen zu simulieren, ist deshalb ein mechanistischer Modellansatz nötig, der nicht nur die potentielle Wurzel-wasseraufnahme mit der potentiellen Transpiration direkt in Verbindung setzt, sondern auch den Wasserfluss in der Pflanze explizit berücksichtigt. Mithilfe eines mechanisti-schen Modells zur Beschreibung des Wasserflusses im Xylem konnten jedoch bisher nur realistische Transpirationswerte von Bäumen simuliert werden.

Im Rahmen dieser Dissertation sollte darauf aufbauend untersucht werden, ob dieses neuartige, mechanistische Modell auch zur Simulation des Wasserflusses in Mais an-wendbar ist. Diese Fragestellung erfordert zur Verifizierung des Modells Messungen des Wasserflusses in Maispflanzen und die Prüfung dieser Messdaten durch unabhängige Vergleichsmessungen.

Der Saftfluss, der mit der Heat-Ratio-Methode gemessen wurde, stimmte gut mit der zeitlich hochaufgelösten Lysimeter-Messung der Evapotranspiration überein. Der Zu-sammenhang zwischen gemessenem Saftfluss und gemessener Evapotranspiration

konn-te zusätzlich durch Simulationen der Lysimekonn-ter-Wasserbilanz mit dem Modellsyskonn-tem Expert-N verifiziert werden. Ebenfalls standen erneute Saftflussmessungen in Mais-pflanzen auf einem Feld der Forschungsplattform Scheyern mit unabhängigen Eddy-Kovarianz-Messungen der Evapotranspiration und mit Messungen der Stängeldurch-messer der Pflanzen in Einklang.

Der Saftfluss und die Stängeldurchmesser von Maispflanzen sowie der latente Wärme-fluss wurden mit Expert-N unter Verwendung des neuartigen, für Mais parametrisierten Xylemflussmodell simuliert. Die Simulationsergebnisse wiesen gute Übereinstimmungen mit den gemessenen Tagesgängen des Saftflusses und des latenten Wärmeflusses so-wie mit den täglichen Schwankungsbreiten der Stängeldurchmesser auf. Lediglich das Wachstum und der Rückgang der Stängeldurchmesser sowie einige Tagesmaxima des latenten Wärmeflusses wurden unzureichend durch das Xylemflussmodell abgebildet.

Die Simulationen mit dem Xylemflussmodell ermöglichen es, Saftfluss, latenten Wär-mefluss und tägliche Schwankungsbreite der Stängeldurchmesser zueinander in Relation zu setzen.

Darüber hinaus wurden Expert-N-Simulationen der Evapotranspiration und der Per-kolation für Weizenbestände auf der Fläche Nordrhein-Westfalens über einen Zeitraum von 30 Jahren durchgeführt. Bei diesen Modellrechnungen wurde festgestellt, dass sich sowohl die Mittelwerte als auch das Spektrum der Simulationsergebnisse deutlich än-dern können, wenn mit räumlich unterschiedlich aufgelösten Boden- und Wetterdaten simuliert wird.

Aus den Ergebnissen dieser Dissertation können folgende Schlussfolgerungen abgelei-tet werden: der Saftfluss von Maispflanzen kann mit der Heat-Ratio-Methode gemessen werden. Das Xylemflussmodell ist in der Lage, die Transpiration von Maispflanzen rea-listisch abzubilden. Da das mechanistische Xylemflussmodell die Dynamik der Wasser-aufnahme durch die Pflanzen realistischer als traditionelle Pflanzenwachstumsmodelle abbilden kann, hat es Potential, die Auswirkungen von Extremereignissen auf das Pflan-zenwachstum besser zu beschreiben. Dafür muss das Modell aber noch weiter getestet werden.

Unter anderem können mithilfe dieser Erkenntnisse Bewässerungsmaßnahmen genau-er geplant und gesteugenau-ert wgenau-erden. Es ist anzunehmen, dass die Vgenau-erwendung von Expgenau-ert-N als Landoberflächenmodell für Klimasimulationen, auch inklusive des Xylemflussmo-dells, zu einer besseren Beschreibung der Austauschprozesse zwischen Landoberfläche und Atmosphäre auf regionaler Skala führen würde. Dadurch könnten regionale Wetter-und Klimasimulationen optimiert werden.