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13.2. Das Phantastische in der europäischen Kultur

1.4.1. Erkenntnis oder Therapie - ein Dilemma der heutigen Humanistik

In ihrem 1974 erschienenen, den Problemen der literaturwissenschaftlichen Methodologie und ihrer Geschichte sowie der allgemeinen Aufgabenstellung der Geisteswissenschaften gewidmeten Buch "Humanistyka: poznanie 1 terapia" ("Humani- stik: Erkenntnis und Therapie") greift Janion die bereits in ihren früheren Publikationen behandelten Themen, wie z.B. "Streit um Genese und Struktur" (Positivismusstreit) nochmals auf und erweitert sie um Überlegungen zu einem grundsätzlichen "Funktions- Zwiespalt" (podwójność) der heutigen Humanistik Wie im Titel ihres Buches angekün- digt, geht Janion von der Hypothese aus, daß "wir es heute mit zwei Arten von Humanistik zu tun haben, von denen jede anderen Bedürfnissen eines anderen Empfängers entspricht" (Janion 1974, 6) Einerseits haben wir, so Janion, eine Humanistik, die vor allem Erkenntnisfunktionen erfülle, andererseits eine Humanistik, die auf eine therapeutische Mission (m isja posiæ tnictwo) angelegt sei.

Diese Situation resultiere aus der Tatsache, daß die Gesellschaft zwei scheinbar gegensätzliche Forderungen an die Geisteswissenschaften stelle: einerseits sind Nachprüfbarkeit, Exaktheit und Objektivität, andererseits allgemeine Verständlichkeit und Bezug auf konkrete, existentielle Probleme der Menschen gefragt. Als Vertreter einer hauptsächlich erkenntmsonentierten Humanisitk nennt Janion vor allem Literatur- und Sprachwissenschaftler (R Banhes, G. Lukács), einer therapeutisch orientierten dagegen Psychologen und Religionstheoretiker (E Fromm, M Eliade)

In ihrer Publikation zum Dilemma (dylem at) der Geisteswissenschaften in der heutigen Industnegesellschaft bemüht sich Maria Janion danim, die Regeln des wissenschaftlichen Diskurses so wenig wie möglich zu verletzen Das Anliegen ihrer Untersuchung sei festzustellen, "inwiefern beide Versionen der Humanistik berechtigt sind und ob ihre Annäherung nicht nur möglich, sondern auch wünschenswert 1st"

Angestrebt wird eine Antwort auf die Frage, "wie man Humanistik betreibt und wie man sie in der zweiten Hälfte des 20 Jhs betreiben könnte" (Janion 1974, 16).

Bereits in der Einführung spncht Janion von einer wünschenswerten Verbindung der Er- kenntnis mit der Therapie in der Aufgabenstellung der Geisteswissenschaften. Diese Ausgangsthese wird im letzten Kapitel ihres Buches, das einer detaillierten Darstellung der einzelnen literaturwissenschaftlichen Richtungen folgt, weiterentwickelt und

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det Das "nach geistigen Werten hungernde" Individuum, dessen Interessen sich Janion anzunehmen versucht, wird in diesem zusammenfassenden Kapitel den technokratischen, totalitären Gesellschaftssystemen gegenübergestellt (Janion 1974, 16). Aus dieser Opposition resultiere eine andere: eine dehumanisierte, der "Tragödie des Menschen"

gegenüber gleichgültige W issenschaft einerseits, und die im kollektiven Bewußtsein vermeintlich vorhandene Utopie des Humanismus und der Humanistik andererseits (1974, 210). Lebensfremdheit und Lebensnahe, hermetische Unzugänglichkeit und allgemeine Verständlichkeit, gesellschaftliche Irrelevanz und Relevanz, Wissenschaft und "Leben", Struktur und Mensch, Erkenntnis und therapeutische Mission stehen sich in Janions Konzept des Zwiespalts der Humanistik zunächst unversöhnlich gegenüber Durch die aufgezeigte Kluft zwischen der überwiegend unmenschlichen Gestalt der W issenschaft und den gesellschaftlichen Erwartungen entstehe eine groteske Situation, als ob man "das Humane" nicht mit "dem Wissenschaftlichen" verbinden könnte (1974, 219). In "Humanistyka: poznanie i terapia" bemüht sich Janion zu beweisen, daß dies ein Mißverständnis sei.

In ihren Überlegungen hierzu stützt sich Janion auf Thesen des Wissenschaftstheoretikers Jean Fourastie zur Krise (kryzys) des gesellschaftlichen Vertrauens in die Wissenschaft. Sie schließt sich seiner Behauptung an, daß die heutige Unzugänglichkeit der Wissenschaft einerseits und die Fragwürdigkeit der Religion andererseits eine massive Hinwendung der Menschen zu "Geheimwissenschaften״, zum Spiritismus, Okkultismus, Satanismus und zur Astrologie zu Folge hätten 15 Das Ausmaß dieser Erscheinungen zeuge (wie bereits von Fromm, Alleau und Eliade diagnostiziert) davon, daß die Seele (dusza) des modernen Menschen sehr knmk (chora) sei:

"Gdy bowiem przyjrzeć się uważniej amatorom alchemii, astrologii, chiromancji (...), ujawnić się musi jedna cecha wspólna ich namiętności i pasji do 'mistycznych' wtajemniczeń, a mianowicie ־ kiytyka przerostów zimnej i ,nieludzkiej' cywilizacji technicznej, poczucie nieznośności położenia w wyobcowanym świecie, szukanie ־ poza nim oczywiście ־ środków terapeutycznych na nowożytny 'ból życia' " (Janion 1974, 221)

[Schaut man sich die Liebhaber der Alchimie, Astrologie, der Handlesekunst ( .) genauer an, so kommt ein gemeinsames Merkmal ihrer Leidenschaften und Vorlieben für die "mystischen" Einweihungen zum Vorschein, und zwar ־ die Kritik an Auswüchsen der kalten und "unmenschlichen" technischen Zivilisation, das Gefühl der

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15Es handelt sich auch hier um eine Übereinstimmung mit den New-Age-Diagnosen zur Krise des szientistischen Rationalitätstypus in der Wissenschaft einerseits und des christlichen Weltbildes andererseits, einer Krise, die zur Suche nach alternativen Zugängen zur W irklichkeit führt

Unerträglichkeit der Lage in der entfremdeten Welt, die Suche ־ natürlich außerhalb dieser Welt - nach therapeutischen Mitteln gegen den neuzeitlichen "Lebensschmerz".]

Folgende New-Age־Schlüsselbegnffe sind in den angeführten Zitaten zu beachten mystische Einweihungen (mistyczne wtajemniczenia), unmenschliche technische Zivilisation (nieludzka cywilizacja techniczna), entfremdete Welt (w yobcow aty świat), Schmevz (bol)

Was die Menschen in der heutigen Wissenschaft vergeblich suchen und vermissen, sei Trost, Geborgenheit und Lebenssinn (Janion 1974, 221) Janion ruft dazu auf, dieser Tatsache nicht mit Ablehnung zu begegnen, und macht sich zum Fürsprecher des

”kleinen Menschen״, Hdem man nicht erlauben darf, im Chaos der immer unbegreiflicheren und erschreckenderen Wirklichkeit zu versinken" (1974, 225). Mit Ehade und Alleau hält Janion eine "Restitution der poetischen Funktion" (restytucja fu n k c ji poetyckiej) im Menschen, dessen Gleichgewicht mit der Natur und mit sich selbst ins Schwanken geraten sei, für eine dringende Aufgabe der humanistischen Therapie (1974, 223) "Die poetische Funktion erneuern" heiße, mit archetypischen Urbildern, mit Träumen und Symbolen umzugehen lernen und den "inneren Menschen"

in sich selbst zu entdecken, der durch den "äußeren", seine Aktivität vor allem nach außen richtenden Menschen weitgehend zurückgedrängt wurde. Die Teilung in einen inneren und einen äußeren Menschen (człow iek wewnętrzny i zewnętrzny) spielt auch in Janions späteren Schriften eine bedeutende Rolle.

In der Humanistik (im Sinne von: Geisteswissenschaften), die Janion nachdrücklich mit Humanismus in Zusammenhang bringt, sei es kaum möglich, "nur einen Gegenstand zu untersuchen, ohne etwas von sich selbst, vom Subjekt und dessen Streben nach Wertsetzung, dazuzugeben" (W humanistyce ( ..) nie można tylko badać przedmiotu, nie dodając doń niczego z siebie ־ z podmiotu, jego dążenia do kształtowania wartości) (Janion 1974, 217) Diese Behauptung Janions bezieht sich auch auf ihre eigene Arbeitsweise Die Wertsetzung und die Beeinflussung von Entwicklungstendenzen in der Kultur ־ dies sind Aufgaben, die sie sich in ihren Büchern ganz bewußt stellt. Denn in ihrem Verständnis "untersucht die Humanistik nicht nur die Wirklichkeit, sondern gestaltet sie auch mit" (1974, 217) Die Aufgabe der aktiven Mitgestaltung der kul- turellen Realität wird besonders stark hervorgehoben Hierzu verweist Janion auf die Aufhebung der Antinomie zwischen Erkenntnis und Tat in der Marxschen "praktischen Philosophie" sowie auf das Marxsche, Aktivität fordernde Verständnis des Humanismus (1974, 7) Wie bereits von Marx postuliert wurde, solle die Humanistik "die Welt inter- pretieren und verändern, sie verstehen, verstehen lernen und verbessern" (1974, 226).

Die Diskrepanz zwischen Erkenntnis und Therapie könne die Humanistik, so Janion abschließend, nur "unter der Bedingung des Vertrauens auf den Verstand" überwinden (Janion 1974, 226) Wohlgemerkt bedeutet der "Verstand" an dieser Stelle nicht nur Rationalität, sondern durchaus auch Emotionalität Es handelt sich hier um eine

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postulierte Synthese von V e n tn d und Heiz 10

NT0 rozum, rozum krytyczny i dialektyczny, więc Rozum Rozumu i Rozum Uczucia, ma sprawić, by obalone i usunięte zostały 'wszelkie stosunki - przytaczam słow a Marksa, cytowane ju z we W prowadzeniu ־ w których człowiek jest istot? poniżoną, ujarzmioną, opuszczoną i godną pogardy' " (Janion 1974, 226)

[Es 1st der Verstand, der kritische und dialektische Verstand, der Verstand des Verstandes und der Verstand des Herzens, der bewirken soll, daß "alle Verhältnisse - ich führe die bereits in der Einführung zitierten Worte von Marx an ־ in denen der Mensch ein erniedrigtes, versklavtes, verlassenes und verachtungswürdiges Wesen ist", umgestürzt und beseitigt werden ]

W ir haben es hier wiederum mit einer utopischen Vision zu tun. Es ist die Vision einer Humanistik, die "zu leben lehrt", und eines "humanistischen Verstandes", dessen Bedeu- tung für das Heil d er M enschheit (dobro ludzkości) Janion folgendermaßen beschreibt:

"Rozum humanistyczny ma być uzdrowicielem i gwarantem sprawiedliwości 'tu na ziemi', rozum działający nie poza historią czy przeciw historii, lecz w historii, nie poddający się irracjonalnemu mitotwórstwu, lecz odkrywający jego historyczną logikę, logikę bytu ziemskiego. Poznanie wartości staje się terapią." (Janion 1974, 226)

[Der humanistische Verstand soll ein Heiler und ein Garant der Gerechtigkeit "hier auf Erden" sein, ein Verstand, der nicht außerhalb der Geschichte oder gegen sie, sondern in ihr agiert, der sich nicht einer irrationalen M ythenbildung hingibt, sondem ihre historische Logik aufdeckt, die Logik des irdischen Seins Das Erkennen der Werte wird zur Therapie ]

Der Janionsche Diskurs in "Humanistyka: poznanie i terapia" enthält zwar, wie die Zitate verdeutlichen, zahlreiche New-Age-Elemente (z B Verstand, Heiz, Heilung, irrationde Mythenbildung), doch weicht ihre Semantisierung in dieser noch sehr stark marxistisch geprägten Entwicklungs-Phase Jantons in manchen Fällen von den New- Age-Anwendungen ab Die "irrationale Mythenbildung" erscheint z.B in der pejorativen Bedeutung, der "Verstand" degegen in einer betont positiven (Dies ändert sich wesentlich im Laufe der Entwicklung von Janions Konzeption) Die Visionen des Heils, der Glückseligkeit auf Erden usw werden, wie im New-Age-Diskurs, sehr positiv semantisiert

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16Vgl. das New Age-Postuiat, die entgegengesetzten Kräfte innerhalb des menschlichen Gehirns, d.h. die linke Gehirnhälfte (die Macht der Sprache, des Verstandes, der Technokrate, das männliche Element) mit der rechten (das Gefühl, die herzliche Wärme, das Weibliche) in Einklang zu bringen (Pem er, Tholen 1991, 68 ff).

1.4.2. ,Historismus" und Strukturalismus als zwei Denkstile der zeitgenössischen Epoche

HHat das Konzept des bisherigen Humanismus völlig Bankrott gemacht und soll jetzt den Platz, der dem ,Menschen* gebührt, das ,System* einnehmen?” (Czy formula dotychczasowego humanizmu zbankrutowała całkowicie i miejsce przynależne ”czło- wiekowi” ma zająć obecnie "system"?) (Janion 1974, 64) - hauptsächlich dieser, aus den früheren Publikationen bekannten Problematik, sind Janions literatur- und kulturwissen- schaftliche Aufsätze aus den 60er und 70er Jahren gewidmet, die in ”Humanistyka:

poznanie i terapia” gesammelt sind und dem letzten, hier bereits besprochenen Kapitel ihres Buches vorausgehen. Die Antinomie zwischen Genese und Struktur, Erklärung und Beschreibung, Geschichte und System, die Janion letztlich mit dem Dilemma ”Therapie”

oder ”Erkenntnis” in Zusammenhang bringt, bildet die Achse, um die sich ihre Überlegungen über den Charakter der Geisteswissenschaften nach dem Positivis- musstreit, den Janion ”positivistischer UmbnjcIT nennt, organisieren.

Der ”Streit um die Genese” (Positivismusstreit), welcher, wie Janion angibt, in den Jahren 1967-1968 in den französischen Fachzeitschriften stattgefunden habe, sei der Anfang eines als ”fundamentale Bestrebung” der modernen Humanistik bezeichneten Dialogs zwischen ”transzendenten” und ”immanenten” Methoden der Literaturforschung (Marxismus - Strukturalismus) An diesem Dialog möchte Janion in der Rolle eines

”Schlichters” teilnehmen, der beide Positionen entschärft und die Möglichkeiten ihrer Annäherung prüft Die Tatsache, daß persönliche Emotionen dabei nicht aus dem Spiel gelassen werden, sondern sich sowohl auf der stilistischen als auch auf der Inhaltsebene manifestieren, ist ebenfalls kein Novum mehr

Janions Sympathie gilt dem genetischen Standpunkt, der von der ”ganzen wissenschaftlichen Avantgarde des 20 Jahrhunderts" zwar heftig bekämpft werde, sich aber dennoch immer wieder "hartnäckig” zu Wort melde (Janion 1974, 59). Die strukturalistische Sichtweise sei jedoch aus unserer modernen, konformistischen (konform istyczne) Gesellschaft ebenfalls nicht mehr wegzudenken Der menschliche Drang zur Erforschung der Genese sei kein Zeitphänomen, sondern etwas Ursprüngliches, Angeborenes, deshalb könne er, auch in der Wissenschaft, nicht als

”Fehler” bezeichnet werden Es sei denn, man spreche von einem "Fehler des menschlichen Verstandes” (biçd ludzkiego rozum u)t einem "Fehler der Menschheit"

(btgd ludzkości).

"To ona [ludzkość, В M.) ־ niepoprawna - ciągle wraca w przeszłość, ciągle odczytuje Księgi Genezis (...), ciągle chce poznać swój początek Dlaczego? Chyba dlatego, że stale pragnie odkryć tajemnice stworzenia i życia, ponowić gest kreatorski, doznać objawienia twórczości ” (Janion 1974, 64)

[Sie (die Menschheit, B M ) 1st es - die Unverbesserliche ־ die immer in die

Ver-gangenheit zurückkehrt, immer wieder das Buch Genesis liest (...), immer ihren Ursprung kennenlemen will W arum0 Wohl deshalb, weil sie immer die Geheimnisse der Schöpfung und des Lebens entdecken, den Schöpfer-Gestus wiederholen, eine Schöpfungsoffenbarung erleben möchte ]

Dem strengen Strukturalismus gegenüber bleibt Janion weiterhin sehr kritisch: "Hier regiert die Struktur den Menschen und nicht der Mensch die Struktur1* (Tu struktura rządzi człowiekiem, nie człowiek strukturą) (Janion 1974, 100). Dies bedeutet jedoch nicht, daß sie das strukturalistische Gedankengut aus der Humanistik völlig verbannen möchte Vielmehr betont sie, daß "wir in einer Zeit leben", die ״von der Antinomie des strukturalen und des historischen Gedankens intellektuell geprägt ist.(8 ,1974) ״

״Historismus״ und Strukturalismus betrachtet Janion folglich als zwei grundlegende Denkstile und ״Sprachen״ der Epoche, die zwar grundsätzlich in Opposition zueinander stehen, sich aber dennoch in einer ״aufgeklärten״ und ״dialogfähigen״ Gesellschaft ergänzen könnten und sollten.

Diesen Überlegungen folgen konkrete Richtlinien für die polnische Gesellschaft.17 Bereits in der Schule sollten sich die jungen Polen die zwei Denkstile unserer Epoche der wissenschaftlich-technischen Revolution aneignen können, damit sie sich in der Welt der europäischen Kultur wie in einem geistigen Zuhause (duchowe domostwo) fühlen können (Janion 1974, 124). Notwendig sei eine breitangelegte Modernisierung des Denkens der polnischen Gesellschaft, die Janion wegen ihrer Verschlossenheit gegenüber den Errungenschaften der europäischen Geisteswissenschaften kritisiert.

Implizit zeichnet sich vor dem Hintergrund dieser Postulate die Opposition ״Polen (Rückständigkeit) - W esteuropa (Fortschrittlichkeit)״ ab, auf die im weiteren V erlauf der Janion-Analyse noch eingegangen wird

Mit dem ״historischen Denkstil1 ״st für Janion weiterhin das marxistische, ״kritische, schöpferische, aktive und revolutionäre Verhältnis zur W irklichkeit״ (Janion 1974, 109 ff) und die ״Vision״ eines Strukturen überschreitenden Menschen eng verbunden:

״Marksizm jest nadal pociągającą historyczną dynamiczną antropologią ( .) marksizm stwarza wielkie możliwości humanistyce twórczej - otwartej, podmiotowej 1 wrażliwej na historyczną zmienność rzeczywistości, na ludzki wysiłek przekraczania zastygłych

1 krępujących struktur ״ (Janion 1974, 102)

[Der Marxismus ist immer noch eine anziehende historische, dynamische Anthropologie.

(...) Der Marxismus schafft große Möglichkeiten für eine schöpferische - eine offene, subjektbezogene und auf die historische Veränderbarkeit der W irklichkeit sowie die menschliche Mühe der Überschreitung von erstarrten und einengenden Strukturen sensibilisierte Humanistik ]

17 Zur Janions Rolle des "W eltverbesserers” vgl Kapitel 1.0.

Festzuhalten sind die in diesem Zusammenhang angewandten Schlüsselbegriffe:

Dynwúk(</>'m*ff/&a),Subjeklbezogenhtit(/?oJm/0/OH'0& ), \tr§K sdtfbm U tit(2mienność) und Ü benchreitung (przekroczenie)

Durch die Bildung einer Reihe von Oppositionen, die in der Gegenüberstellung ״Leben ־ Tod״ gipfeln, veranschaulicht Janion wiederum die Überlegenheit des Marxismus und der Hermeneutik (des antipositivistischen, ״romantischen” Denkens überhaupt) gegenüber den neopositivistischen, szientistischen Bestrebungen in der Literaturforschung (vor allem dem orthodoxen Strukturalismus) Es handelt sich um folgende Oppositionen, die au f den Forschungsgegenstand der erwähnten literaturwis- senschaftlichen Richtungen bezogen sind:

Tabelle 3 Janions Struk turaitsm us-К n itk (2)

I MARXISMUS, HERMENEUTIK STRUKTURALISMUS

1 Semantik (semantyka) Flexion (fleksja)

Bedeutung, Sinn Genenerungsregeln

(znaczenie, sens) (reguły generujçce sens)

Inhalt (treść) Form (forma)

Wertsetzung moralische Indifferenz

( w aח ościowanie ) (neutralność moralna)

Dynamik (dynamika) Statik (statyczność)

der Strukturen überschreitende. die erstarrte, tote Struktur lebendige Mensch (zywy.przekraczajgcy

struktury człow iek)

(skamieniała martwa struktura)

Janion weist daraufhin, wie stark die genannten Oppositionen mit der romantischen, auf Mickiewicz zurückgehenden Gegenüberstellung von versteinerter, äußerlicher Lava und dem inneren Feuer (ogień wewnętrzny) Zusammenhängen Wie in ״Romantyzm, rewolucja, marksizm״ (Janion 1972) werden auch hier Bezüge zwischen der Romantik, der Hermeneutik, dem Marxismus, der Revolution, dem Sozialismus und dem Humanis*

mus hergestellt. Diese diversen Kulturphänomene werden als Gegenpol zu Positivismus, Strukturalismus, Technokrate, Kapitalismus, Unmenschlichkeit verstanden.

Eine "revolutionäre” und "verstehende Persönlichkeit״ (osobowość rewolucyjna i rozumiejgca), welcher freilich auch das strukturelle Denken nicht fremd bleiben soll, ist Janions Ideal eines modernen Menschen An dieser Vorstellung solle sich, wie sie postuliert, die Schulbildung orientieren Die "in die Welt des Menschen und der Kultur״

eintretende Jugend solle bereits in der Schule am Modellfall Literatur die Fähigkeit zu

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einer ethisch geprägten, hermeneutischen Interpretation erlangen, die von Janion als

"Kunst der Künstler und der W issenschaftler1* (sztukaartystów i naukowców) bezeichnet wird (Janion 1974, 110). Die Relevanz der moralischen und der therapeutischen Mission der Hermeneutik, die "Licht", Geborgenheit und ethische Klarheit zu vermitteln vermag, hebt Janion bei dieser Gelegenheit nochmals hervor:

"(...) herm eneutyka toczy walkę o wartości (...). Przypisując sobie misję tłum aczenia świata, stawiania drogowskazów, rozświetlania mroków, hermeneutyka tak często nazywa siebie 'domem ludzkości*. (...) Nie pozostawać na zewnątrz, znaleźć się w ,kręgu hermeneutycznym', pozwolić się zagarnąć i oświecić światłu, które jest symbolem domu, domu jako osi świata, oto wyraźnie widoczna, a skierowana do Każdego intencja pedagogiczna hermeneutyki.** (Janion 1974, 124)

[(.״ ) Die Hermeneutik führt einen Kam pf um die Werte (...). Indem sie sich die Mission der Erklärung der Welt, der Aufstellung von Wegweisern, der Erhellung der Dunkelheit zuschreibt, nennt sie sich häufig **das Haus der Menschheit". (...) Nicht draußen bleiben, sich im "hermeneutischen Kreis" einfinden, sich von dem Licht mitreißen und erhellen lassen, das ein Symbol des Hauses 1st, des Hauses als Achse der Welt, das ist die deutlich sichtbare, an Jeden gerichtete pädagogische Absicht der Hermeneutik ]

In "Humanistyka: poznanie i terapia" besteht Janion nicht darauf, die Hermeneutik als Wissenschaft zu bezeichnen. Mit Ricoeur tendiert sie vielmehr dazu, sie als Philosophie zu verstehen, die die Wissenschaft unbedingt begleiten solle, und die dazu berufen sei, die europäische Tradition und den Humanismus durch ständige Reinterpretation und Neusemantisierung der kulturellen Inhalte (Hinterfragung der Dogmen) immer wieder neu zu beleben (Janion 1974, 131)

In ihrer "Vision einer neuen Humanistik" ("W izja nowej humanistyki"), wie der Titel eines der Aufsätze lautet, entwirft Janion das optimistische Bild einer zukünftigen

"Wissenschaft vom Menschen", die sowohl den Strukturalismus und die Semiologie, als auch die Hermeneutik und den Marxismus in einer anthropologischen Synthese umfassen w ürde (Janion 1974, 87). Derartige Bestrebungen seien bereits heute in den Geisteswissenschaften feststellbar:

"Humanistyka współczesna stw orzyła kilka fascynujących wizji człow ieka 1 jego kultury Jakkolwiek różne bywają specjalności i postawy metodologiczne wielu interesujących humanistów naszych czasów (np. Lévi-Strauss zajmuje się etnologią, Eliade - religioznawstwem, a Lotman poetyką), ich ambicje zbiegają się w jednym dążeniu, często nawet wprost nie ujawnianym: w dążeniu do syntezy antropologicznej.

Interesuje ich człowiek jako całość, mają ambicję powiedzenia wszystkiego o wszystkim, co ludzkie." (Janion 1974, 96)

[Die moderne Humanistik schuf einige faszinierende Visionen des Menschen und seiner Kultur. Obwohl die Fachgebiete und die methodologisches: Standpunkte von vielen interessanten Humanisten unserer Zeit unterschiedlich sind (z.B beschäftigt sich

Levi-49

Strauss mit der Ethnologie. Eliade mit der Religionswissenschaft und Lotman mit der Poetik), treffen ihre Absichten in einer, manchmal sogar nicht direkt genannten Bestrebung zusammen; im Bestreben nach einer anthropologischen Synthese. Es interessiert sie der Mensch als Ganzheit, sie haben den Ehrgeiz, alles zu sagen über alles, was menschlich ist ]

1.5. Die Aktualisierung des romantischen KultuvpanKtigmas in der polnischen Kultur - *Die Erneuerung der Bedeutungen" (1980)