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Erhaltung der Strahlqualität

Für den stabilen Teilchentransport benötigt ein Beschleuniger einen kompakten Ein-gangsstrahl mit nicht zu großer Divergenz. Für die Beschreibung der Qualitätsanfor-derungen ist dieStrahlemittanzdie bedeutende Größe und wird als Designvorgabe verwendet. DieAkzeptanzeines Beschleunigers ist die maximal erlaubte Größe der Emittanz. Je kleiner die Emittanz des Strahls ist, desto einfacher gestaltet sich der weitere Strahltransport. Beim Strahldynamikdesign gilt es somit trotz der emit-tanzvergrößernden Effekte (siehe Unterabschnitt 2.3.2) geringe Emittanzwerte zu erzielen.

2.3.1. Emittanz

Teilchenverteilungen in einem Linac besitzen durch den Einfluss von Driftstrecken, und linearen Kräften in Fokussierelementen und Beschleunigern eine elliptische Form.

Strahlstörende Einflüsse lassen die Form der Strahlverteilung von einer Ellipse ab-weichen. So ist die Qualität des Teilchenstrahls vermindert, obwohl nach dem Satz

2.3 Erhaltung der Strahlqualität

von Liouville die Phasenraumdichte konstant bleibt [4]. Daher eignet sich zur Definition für die Qualität eines Teilchenensembles eine Ellipse, die das Ensemble umfasst, oder die sich aus den mittleren quadratischen Abweichungen der Teilchen ergibt.

Man unterscheidet zwischen der longitudinalen Emittanz z und den transversalen Emittanzen x und y. Die Angabe der Emittanz bezieht sich somit auf eine 2-dimensionale Unterebene des 6-2-dimensionalen Phasenraums. Für die transversalen Emittanzen werden die Projektionen der Teilchen auf die Ebenen x,x0 und y,y0 mit x0 = dxdz und y0 = ddyz verwendet. Bei der longitudinalen Emittanz werden die Orts-und die Geschwindigkeitsabweichung in die bei der longitudinalen Strahldynamik üblichen Größen ∆φ und ∆W angegeben.

Die strahlumfassende Emittanz wird 100% genannt. Sie erzeugt eine Ellipse, die alle Teilchen des Strahls beinhaltet. Die Aussagekraft der 100 %-Emittanz ist bei realen Teilchenverteilungen mit Halobildung nicht praxistauglich, weswegen häufig Emit-tanzen verwendet werden, die auf die Berücksichtigung der Randteilchen verzichten, wie z.B. die 95,4 %-Emittanz bzw. 2σ-Emittanz (95,4% = 2σ). Eine sinnvolle De-finition der Emittanz, die alle Teilchen eines Ensembles berücksichtigt, sich aber nicht ausschließlich an die Randteilchen anpasst, ist die RMS-Emittanz5 rms. In ihr werden die mittleren örtlichen quadratischen Abweichungen x2 und die mittleren quadratischen Geschwindigkeitsabweichungen x02 verwendet.

x,rms =q(x− hxi)2(x0− hx0i)2−((x− hxi) (x0− hx0i))2 (2.31)

=qx2x02−(xx0)2 (2.32)

Die Emittanz ist im Allgemeinen ein geschwindigkeitsabhängiger Parameter. Für ein beschleunigendes Teilchenensemble werden die Transversalgeschwindigkeiten (x0 =

dx

dz) der Einzelteilchen gedämpft (Adiabatische Dämpfung). Ebenso kommt es bei der longitudinalen Emittanz zu einer geschwindigkeitsabhängigen Dämpfung, wenn sich die Einheit auf die relative Geschwindigkeitsabweichung z0 = vvzz = d(∆dzz) bezieht.

Um eine Vergleichbarkeit von Emittanzwerten herzustellen, wird üblicherweise die geschwindigkeitsnormierte Emittanz n verwendet.

n =βγ (2.33)

Die geläufige Einheit für die transversale Emittanz lautet mm mrad. Für die

longi-5RootMean Square

tudinale Emittanz gibt es mehrere häufig verwendete Einheiten (deg MeV, ns keV/u, mm mrad). In dieser Arbeit wird die Einheit ns keV/u verwendet, die sich aus der ki-netischen Energieabweichung und der zeitlichen Abweichung zum Sollteilchen ergibt.

Für Protonen giltu= 1, somit lautet die Einheit für die longitudinale Emittanz auch vereinfacht keV ns. Da die Energieabweichung ([∆E] = keV) im Gegensatz zur rela-tiven Geschwindigkeitsabweichung ([z0] = mrad) nicht bei zunehmenden Teilchenge-schwindigkeiten gedämpft wird, ist keine Geschwindigkeitsnormierung erforderlich.

Im Folgenden sind die Formeln für die Transformation zwischen den Einheiten an-gegeben.

z [keV ns] = βγ3(m0c2)

c z [mm mrad] (2.34)

= γ2(m0c2)

c z,n [mm mrad] (2.35)

z [deg MeV] = 360f βγ3(m0c2)

c z [mm mrad] (2.36)

= 360f γ2(m0c2)

c z,n [mm mrad] (2.37)

2.3.2. Emittanzwachstum

Bei ausschließlich linear fokussierenden Kräften bewegen sich die geladenen Teilchen auf ihren elliptischen Trajektorien durch den Phasenraum (siehe Abbildung 2.5).

Die Emittanz des Teilchenensembles in den Ebenen xx0, yy0 und ∆φW würde dabei konstant bleiben, wenn nicht zahlreiche Effekte die Bewegung der Teilchen stören. Mit einem geeigneten Injektordesign gilt es die Wachstumsmechanismen für die Emittanz so weit wie möglich zu unterdrücken.

Ein Teilchenensemble besteht aus einer Vielzahl an Teilchen (1,42·108 Teilchen pro Bunch für MAX-Injektor-Spezifikationen). Im Allgemeinen sind die Teilchen inner-halb eines Ensembles inhomogen verteilt, was zu nichtlinearen Raumladungskräften führt. Bedingt durch diese Raumladungskräfte strebt die Verteilung eines Teilche-nensembles in ein statistisches Gleichgewicht, welches einer Maxwell-Boltzmann-Verteilung entspricht. Die statistische Neuanordnung ist mit einer Vergrößerung der Emittanz verbunden. [8]

Ein Teilchenensemble am Ausgang eines RFQ-Beschleunigers weist vor allem in der longitudinalen Ebene eine strukturbehaftete Teilchenverteilung auf (siehe Abbildung 4.7). Die Reorganisation der Teilchen führt zu einem unvermeidlichen Emittanzwachstum welches sich im weiteren Verlauf des Linacs auch durch eine

2.3 Erhaltung der Strahlqualität

Verschmierung der Strahlstruktur bemerkbar macht (siehe longitudinale Ausgangs-verteilungen des Injektors in Unterabschnitt 4.3.3).

Neben der Raumladung gibt es weitere nichtlineare Kräfte, die sich negativ auf die Strahlqualität auswirken. Das asymmetrische Potential der longitudinalen Phasenfo-kussierung korreliert mit nichtlinearen rücktreibenden Kräften (siehe Unterabschnitt 2.2.2). Die Rotationsgeschwindigkeit der Teilchen im Phasenraum verlangsamt sich mit zunehmenden Abstand zum Synchronteilchen. Die Randteil-chen der longitudinalen Phasenellipse erzeugen einen TeilRandteil-chenschweif und es kommt zu einer Filamentation des Phasenraums (siehe Abbildung 4.15, Abbildung 4.16 und Abbildung 4.19). Verhindern lassen sich die Teilchenschweife nur durch eine weitest-gehende Vermeidung des nichlinearen Bereichs des longitudinalen Potentials, was im Design C3 gelungen ist (siehe Abbildung 4.21).

Die transversalen und longitudinalen Bewegungen von geladenen Teilchen sind durch die Einwirkung von Linsen und Beschleunigern miteinander gekoppelt. Die Kopplung der Unterebenen im Phasenraum ist ein nicht-linearer Einfluss auf den Teilchenstrahl und lässt die Emittanz wachsen. Hier nun drei Beispiele, bei denen eine Kopplung der Unterebenen auftritt:

• Divergente Teilchen haben einen längeren Laufweg als paraxiale Teilchen, so dass ein divergenzabhängiger longitudinaler Phasenversatz entsteht.

• Der Energiegewinn eines Teilchens in einem Beschleunigungsspalt ist von der transveralen Teilchenposition abhängig.

• Die transversalelektrischen Felder im Beschleunigungsspalt erzeugen bei lon-gitudinaler Phasenfokussierung eine radial abhängige transversale Defokussie-rung.

• Verkippte Fokussierelemente und Teilchenbeschleuniger geben dem gesamten Teilchenensemble einen Transversalimpuls. Der Strahl oszilliert um die Strahl-achse und besitzt somit freie Energie die mit der Zeit die Temperatur des Teilchenensembles erhöht. Folglich steigt die Strahldivergenz und somit die Emittanz des Strahls.

Die Coulombstreuung der Strahlteilchen mit dem Restgas oder mit benachbarten Teilchen im Strahl wird in den numerischen Simulationscodes nicht berücksichtigt.

Der Beitrag der Restgasstreuung zum Emittanzwachstum ist bei üblichen Drücken im Strahlrohr von 106 bis 107mbar vergleichsweise gering. Ebenso ist die Cou-lombstreuung der Teilchen innerhalb des Strahls vernachlässigbar klein.

2.4. Numerische Simulation der