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Die für dieses Forschungsvorhaben benötigten anonymisierten Patientendaten wurden freundlicherweise von den EARLY-Investigatoren zur Verfügung gestellt. Übermittelt wurden demographische Daten (Geschlecht, Alter, Body-Mass-Index [nachfolgend: BMI], Ethnizität, der Raucherstatus [Raucher, Ex-Raucher, Nichtraucher; in EARLY nicht näher spezifiziert], die Art der EARLY-Behandlung und eventuelle Studienabbrüche) sowie die mRS- und NIHSS-Punktewerte der Studientage 0, 8 und 90. Weiterhin wurden Angaben, aus einer Kombination aus Anamnese, Medikation, körperlicher Untersuchung, Elektrokardiogramm, Standardlabor und ggf.

vorliegender Vordokumentation (z.B. Arztbriefe), zu vorliegenden Begleiterkrankungen übersendet (Hypertonie, Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, vorherige Schlaganfälle). Auch wurden die Daten des kombinierten Endpunktes (vgl. Kapitel 2.1.3), also Angaben zu unerwünschten Ereignissen wie einem vaskulär bedingten Tod, eingetretenem Tod ohne vaskulären Hintergrund, nicht-tödlichem Schlaganfall, nicht-tödlichem

Myokardinfarkt, Blutung, TIA oder auch Fehlen eines unerwünschten Zwischenfalls gemacht. Die verwendete Software zur elektronischen Sammlung und Aufbereitung der Daten war das Programm Excel von Microsoft in der Version 12.1.7.

2.2.1 Das klinische Outcome anhand von Skalen und Indices

Im Kontext der neurologischen Befunderhebung bei Verdacht auf Schlaganfall wurden zur Früherkennung, Verlaufsbeobachtung und aus Dokumentationsgründen verschiedene Score-Systeme eingeführt.

Die jeweiligen Angaben der in EARLY verwendeten Scores mRS sowie NIHSS flossen mit in die statistische Analyse für diese Arbeit ein. Beide Parameter haben einen erheblichen Einfluss auf das Schlaganfall-Outcome. Die initiale NIHSS zeigt eine Assoziation zu dem funktionellen Outcome nach 90-Tagen (vgl. Kapitel 2.2.1.1);85-87 weiterhin konnte für die innerhalb der ersten drei Monate nach dem Infarkt erhobene mRS ein prädiktiver Wert auf die 10-Jahres-Letalität festgestellt werden.88,89

Wie allgemein üblich wurde auch für die vorliegende Arbeit die mRS vom Tag 90 als der primäre Endpunkt verwendet, um das funktionelle neurologische Outcome der Patienten drei Monate nach dem Infarktereignis zu beschreiben.

Im Folgenden wird detailliert auf die Hintergründe der NIHSS und der mRS eingegangen.

2.2.1.1 National Institutes of Health Stroke Scale

Bei der NIHSS handelt es sich um einen standardisierten, reproduzierbaren Schlaganfall-Score.

Entwickelt wurde die NIHSS durch Neurologen der University of Cincinnati, der University of Iowa und dem National Institute of Neurological Disorders and Stroke.90 Mit Hilfe dieser klinischen Testung lässt sich der Grad einer neurologischen Beeinträchtigung nach Schlaganfall objektivieren und quantifizieren. Ursprünglich wurde die NIHSS als ein 15-Item-Score eingeführt;

aufgrund von Kritikäußerung bezüglich der Komplexität und Variabilität der NIHSS führte man außerdem eine modifizierte Version des Scores mit lediglich 11 Test-Items ein und konnte dadurch eine höhere Test-Reliabilität erreichen.91 Die vom Patienten erreichte Punktzahl lässt

der Bewusstseinsgrad, die horizontalen Augenbewegungen, das Gesichtsfeld und die Motorik von Gesicht sowie oberer und unterer Extremität überprüft. Weiterhin wird auf Extremitätenataxie, Sensibilitätseinschränkungen, Aphasie, Dysarthrie und Neglect getestet.

Die NIHSS ist nicht nur nützlich für die Erfassung von Schlaganfallpatienten in der Akutphase der Ischämie, sondern eignet sich auch als Prädiktor in Bezug auf das funktionelle Outcome nach Schlaganfall. In einer Studie mit rund 1300 Patienten konnte so demonstriert werden, dass ein initialer Punktewert von 16 oder mehr mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Exitus letalis oder zumindest schwerwiegender bleibender Behinderung nach drei Monaten einherging, wohingegen eine Punktzahl von sechs oder weniger mit einer meist guten Genesung des Patienten im Krankheitsverlauf vergesellschaftet war. Jeder zusätzliche Punkt auf der Skala am Tag des Infarktereignisses verringerte die Wahrscheinlichkeit eines guten 90-Tage-Outcomes um 17%.85

Die ursprüngliche Version der NIHSS, so wie in EARLY verwendet, ist dieser Arbeit im Appendix beigefügt (vgl. Tabelle 17).

2.2.1.2 Modified Rankin Scale

Die mRS beschreibt eine standardisierte Maßzahl, mit Hilfe derer sich der Grad einer Behinderung nach Schlaganfall quantifizieren lässt. Die Skala umfasst eine Spannweite von null bis sechs Punkten; null Punkte zeigen eine völlige Symptomfreiheit und sechs Punkte den Tod des Patienten an. Die Punkteskala beschreibt im Allgemeinen das Ausmaß der alltagsrelevanten Beeinträchtigung des Patienten (vgl. Tabelle 1).

Ursprünglich wurde die Skala 1957 von Rankin in Glasgow, Schottland, beschrieben;92 eine Modifikation erfuhr die Skala im Rahmen einer Studie über die präventiven Effekte einer Aspirintherapie auf vaskuläre Ereignisse, die durch eine Gruppe um Warlow 1991 veröffentlicht wurde.93 Kritiker stellen die Qualität sowohl der eigentlichen Rankin Scale (nachfolgend: RS) als auch der mRS und der Oxford Handicap Scale - einer weiteren Modifikation der RS - in Frage;

Grund sei eine eingeschränkte Reliabilität, Validität sowie Realisierbarkeit der Skalen.94 In einer Arbeit über die klinische Bedeutung der Rankin-Einteilung im Rahmen von Schlaganfällen wird die mRS als Index der globalen Gesundheit bezeichnet; der Index wird aufgrund seiner einfachen und zügigen Umsetzbarkeit als nützlich zur Bewertung des neurologischen Outcomes eingeschätzt.95 In einer Studie von van Swieten et al. über die Interobserver-Reliabilität der mRS

wurde diese als befriedigend, aber steigerungsfähig eingestuft.96

Ungeachtet der Uneinigkeit über den eigentlichen Wert der mRS hat die modifizierte Skala seit der Beschreibung durch van Swieten große Verbreitung und allgemeine Anwendung gefunden und gilt generell als etabliertes Maß zur Messung eines beim Patienten vorliegenden neurologischen Funktionsdefizits – dabei wird die mRS zum einen in der klinischen Praxis zur Evaluation des neurologischen Outcomes eines Patienten nach Schlaganfall benutzt, zum anderen aber auch im Sinne eines primären Endpunktes für klinische Studien angewandt.97

In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Tele-mRS, ergo die mRS-Erhebung mittels telefonischem Interview, in Bezug auf die Reliabilität und Validität mit der mRS-Bestimmung im persönlichen Kontakt vergleichbar ist.98,99 Weil die Tele-mRS eine zeit- und kosteneffiziente Methode zur Outcome-Erfassung darstellt, bietet sie sich für Studienzwecke an.98

In Tabelle 1 ist die mRS, wie sie auch 1988 durch van Swieten et al. veröffentlicht wurde, gezeigt.96 Bei eingetrenem Tod durch den Apoplex wurde den Patienten in EARLY eine mRS von 6 zugeordnet.

Tabelle 1: Definition der mRS-Werte

Wert Definition

0 Keine Symptome.

1

Keine relevante Beeinträchtigung. Patient kann trotz gewisser Symptome Alltagsaktivitäten verrichten.

2

Leichte Beeinträchtigung. Patient kann sich ohne Hilfe versorgen, ist aber im Alltag eingeschränkt.

3

Mittelschwere Beeinträchtigung. Patient benötigt Hilfe im Alltag, kann aber ohne Hilfe gehen.

4

Höhergradige Beeinträchtigung. Patient benötigt Hilfe bei der Körperpflege, kann nicht ohne Hilfe gehen.

5

Schwere Behinderung. Patient ist bettlägerig, inkontinent und benötigt ständige pflegerische Hilfe.

6 Tod infolge des Apoplex.