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Tierarten, die in Gehegen zoologischer Gärten gehalten werden, sind ähnlichen epidemiologischen Gegebenheiten ausgesetzt wie Haus- und landwirtschaftliche Nutztiere. Darunter fallen zum Beispiel die Haltung und Versorgung auf einem begrenzten Gebiet mit resultierend höheren Tierdichten im Vergleich zu wildlebenden Artgenossen, sowie die Exposition gegenüber einer vergleichsweise hohen Konzentration an Infektionserregern innerhalb einer Population. Dies kann zu einem erhöhten Infektionsdruck und Populationsstress im Vergleich zu freilebenden Arten führen (MANNING 2011).

Im „Mikrokosmos Zoo“ sind dabei die folgenden Bereiche von besonderem epidemiologischem Interesse:

- Diagnostik von Infektionserregern

- Importe und Tiertransporte zwischen zoologischen Einrichtungen - Vergesellschaftung von Tierarten in Haltungssystemen

- Zoonotische Infektionskrankheiten

1.1.3.1. Diagnostik von Infektionserregern

Systematische epidemiologische Studien zum Vorkommen und zur Verbreitung von Infektionskrankheiten in zoologischen Gärten sind in vielen Fällen aufgrund der eingeschränkten Möglichkeit zur Handhabung der Tiere und der Entnahme von Probenmaterial nicht vorhanden.

Anderes als bei den meisten Nutztieren muss die Notwendigkeit einer Probenentnahme genau abgewogen werden, da aufgrund der erschwerten Zugänglichkeit zu den verschiedenen im Zoo gehaltenen Tierarten oftmals ein Gesundheitsrisiko durch eine nötige Fixierung oder Immobilisierung besteht sowie aufwendige Managementmaßnahmen damit verbunden sein können.

Weiterhin ist die Diagnostik bei vielen Infektionskrankheiten an lebenden Zoo- und Wildtieren mit den zur Verfügung stehenden Testverfahren nicht immer zuverlässig (GARDNER et al. 1996), da diese ausschließlich für den Menschen beziehungsweise Haus- oder Nutztiere validiert sind. Die oftmals mangelhafte Sensitivität diagnostischer Tests führt in der tierärztlichen Bestandsbetreuung immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Detektion von infizierten und erkrankten Individuen.

1.1.3.2. Importe und Tiertransporte zwischen zoologischen Einrichtungen

Zwischen zoologischen Gärten findet ein reger Austausch von Zuchttieren und deren Nachzuchten statt. Diese Transfers dienen hauptsächlich der Aufrechterhaltung von koordinierten Zuchtprogrammen zur Arterhaltung. Diese Zuchtprogramme sichern den Erhalt von seltenen Tierarten und haben das Ziel den Genpool der Zootierpopulationen über Generationen hinweg aufrecht zu erhalten, während sie gleichzeitig versuchen einen niedrigen Inzuchtkoeffizienten zu gewährleisten.

Auch wenn hierzu heutzutage selten Importtiere aus dem Ursprungshabitat der entsprechenden Art genutzt werden, so stellen Import und Austausch von Tieren zwischen zoologischen Gärten im Hinblick auf das Risiko einer Einschleppung und Ausbreitung von Infektionskrankheiten eine erhebliche Gefährdung dar (SMITH et al.

2017).

1.1.3.3. Vergesellschaftung von Tierarten in Haltungssystemen

In der direkten oder indirekten Gemeinschaftshaltung unterschiedlicher Arten, welche in zoologischen Gärten zunehmend an Bedeutung gewinnt, spielen zwischen verschiedenen Tierarten übertragbare Infektionserreger, neben Traumata und fütterungsbedingten Problemen, eine besonders große Rolle (LOWENSTINE 1999;

KAANDORP 2012). Unterschieden werden muss dabei zwischen spezialisierten Pathogenen, die auf eine Art beschränkt sind, und generalisierten Pathogenen, welche mehr als eine Spezies betreffen können.

Untersuchungen zur Prävalenz relevanter Infektionserreger unter Berücksichtigung verschiedener Haltungsbedingungen (Vergesellschaftung, Gehegegröße und Populationsdichte) wurden von PROBST et al. (2011) in elf zoologischen Gärten mit einer großen Anzahl an Gemeinschaftsanlagen durchgeführt. Die Ergebnisse ließen die Verfasser der Studie schließen, dass die Gefahr der Interspezies-Übertragung in einer Gemeinschaftsanlage nicht höher ist, als zwischen Tierarten auf unterschiedlichen Anlagen innerhalb einer Einrichtung. Demnach sollte jeder zoologische Garten als eigenständige epidemiologische Einheit betrachtet und entsprechend behandelt werden.

Vor allem bei Tierarten, welche jedoch häufig in Multispezies-Anlagen mit anderen Huf- beziehungsweise Klauentieren gezeigt werden (z.B. Nashörner, Tapire, Equiden, sowie afrikanische und asiatische Paarhufer) kann das Auftreten eines Infektionserregers ein deutlich gesteigertes Infektionsrisiko darstellen und sollte ein umfassendes Screening der Kontakttiere, inklusive der Nachkommen, zur Folge haben (KAANDORP 2012).

Ein weiterer Punkt ist der unfreiwillige und unerwünschte, direkte oder indirekte Kontakt zu Haus- und Wildtieren (z. B. Katzen, Hunde, Füchse, Nagetiere, Vögel, Insekten), von denen ebenfalls eine enorme Infektionsgefährdung ausgehen kann (SPELMAN 1999).

1.1.3.4. Zoonotische Infektionskrankheiten

Die Übertragung von Infektionserregern von Zootieren auf den Menschen und umgekehrt ist vielfach dokumentiert. Hauptsächlich sind hierbei Berichte über die zooanthroponotische Übertragung der Tuberkulose veröffentlicht (HABERLE 1974;

MICHALAK et al. 1998; OH et al. 2002; KIERS et al. 2008; MURPHREE et al. 2011).

Eine besondere Gefährdung für die Verbreitung von zoonotischen Erkrankungen stellen vor allem Bereiche mit direktem oder indirektem Tierkontakt dar, wie beispielsweise Zooschulen, Streichelzoos und andere begehbare Tieranlagen (JAMES 2012). Besonders von asymptomatischen Tieren und intermittierenden Ausscheidern, bei denen eine Infektion beziehungsweise eine Infektiosität nicht unbedingt festgestellt werden kann, können dabei zoonotische Erreger übertragen werden (LEJEUNE u. DAVIS 2004).

Aus diesem Grund wird die Durchführung eines systematischen Managements im Umgang mit Zoonosen in zoologischen Gärten empfohlen, welches dabei hilft, auftretende Fälle konsequent und professionell bewältigen zu können (LEJEUNE u.

DAVIS 2004). Solche Richtlinien beinhalten die Identifizierung des Auslösers, die Benachrichtigung und Aufklärung der potentiell betroffenen Personen, die Kontrolle der Infektion (einschließlich der Isolierung des betroffenen Tieres beziehungsweise der betroffenen Tiergruppe und der Unterbrechung einer durch Kontaminationen verursachten Infektionsgefährdung), die unverzügliche Weiterleitung der Informationen an die zuständigen Gesundheits- und Veterinärbehörden sowie dem medizinischen Management der Tiererkrankung (JANSSEN 2012, 2015).

Dazu sei jedoch auch gezielt auf die Gefährdung von Zootieren durch von Menschen eingeschleppte Erkrankungen verwiesen. Hierunter fallen nicht nur die Infektionserreger, welche beispielsweise bei der Versorgung der Tiere und Säuberung der Anlagen zwischen einzelnen Tierhaltungen übertragen werden können, sondern auch Erkrankungen, die von infektiösen Mitarbeitern und Besuchern auf empfängliche Tiergruppen übertragen werden können. Dieser anthropozoonotischer Infektionsweg kann in vielen Fällen jedoch nur vermutet werden (MESSENGER et al. 2014).

Beispielsweise können Elefanten (MICHALAK et al. 1998) und Primaten (DUNAY et al. 2018) einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sein, welches durch strikte Hygiene- und Kontaktvorschriften in der Haltung dieser Tierarten eingedämmt werden sollte.