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Nutzenpotenzials einer verbesserten Todesfallerfassung und eines nationalen

5.2.4 Epidemiologische Krebsregistrierung

Die epidemiologische Krebsregistrierung ist ein Aufgabenbereich, indem bereits heute regelmäßig die Mortalitätsdaten aus den To-desbescheinigungen verwendet werden. Die epidemiologischen Krebsregister der Bundesländer „sind Einrichtungen zur Erhebung, Speicherung, Verarbeitung, Analyse und Interpretation von Daten über das Auftreten und die Häufigkeit von Krebserkrankungen in definierten Erfassungsgebieten.“105

Die Daten der Register werden zum Beispiel eingesetzt

• zur Analyse des Ausmaßes und der Art der Krebsbelastung in der Bevölkerung sowie ihrer Entwicklung im Zeitverlauf und räumlichen Verteilung,

• für Überlebenszeitanalysen, um die Effektivität von Diag-nose, Therapie und Nachsorge bei Krebserkrankungen zu bewerten,

105 Robert Koch-Institut (2012): Krebs in Deutschland 2007/2008, Berlin, S. 6.

• für Prognosen zur voraussichtlichen Zahl der Krebsneuer-krankungen als Grundlage einer Bedarfsplanung,

• zur Analyse der Effektivität von Präventions- und Früher-kennungsprogrammen sowie

• zur Krebsursachen- und Versorgungsforschung.

Darüber hinaus werden die Daten der Krebsregister auch im Rah-men von Fall-Kontroll-Studien und Kohortenstudien genutzt.106 Bisherige Nutzung

Für ihre Überlebenszeitanalysen sind die epidemiologischen Krebsregister in regelmäßigen Abständen auf personenbeziehbare Informationen zum Vitalstatus, Sterbezeitpunkt sowie zur Todesur-sache für alle bereits zu Lebenszeiten gemeldeten Registerfälle angewiesen. Ohne diese Angaben wäre es nicht möglich, zuver-lässige Aussagen zur krebsspezifischen und zur Gesamtmortalität der erfassten an Krebs erkrankten Menschen zu treffen.

Um ihre Inzidenzanalysen zu verbessern, benötigen die epidemio-logischen Krebsregister darüber hinaus personenbeziehbare Da-ten zu allen Verstorbenen des Bundeslandes, bei denen Krebs als Todesursache auf der Todesbescheinigung erwähnt aber zu Le-benszeiten nicht an das Krebsregister gemeldet wurden. Diese Personen gehen als sogenannte Death Certificate Only-Fälle (DCO-Fälle) in das Register ein. Soweit möglich, werden über die auf der Todesbescheinigung angegebenen Ärztinnen und Ärzte nachträglich Informationen zur Art der Krebserkrankung sowie zum Diagnosedatum nachrecherchiert. Ohne die Recherche dieser DCO-Fälle würde die Inzidenz von Krebsfällen systematisch unter-schätzt.

Den epidemiologischen Krebsregistern werden im Rahmen der Landes-Krebsregistergesetze bereits heute umfassende Zugriffs-rechte auf die personenbeziehbaren Daten aus den Todesbe-scheinigungen eingeräumt.

Die konkreten Zugriffswege unterscheiden sich dabei von Bundes-land zu BundesBundes-land.107 So sehen einige Krebsregistergesetze vor, dass die Vertrauensstellen der epidemiologischen Krebsregister eine Kopie der Todesbescheinigungen direkt durch die Gesund-heitsämter oder durch das Statistische Landesamt erhalten kön-nen (z.B. Bayern, Niedersachsen, neue Bundesländer). Eine

106 Robert Koch-Institut (2012): Krebs in Deutschland 2007/2008, Berlin, S. 6-7.

107 Für eine ausführliche Darstellung der Verfahren in den einzelnen Bundesländern siehe Prognos (2010): Aufwand-Nutzen-Abschätzung zum Ausbau und Betrieb bundesweit flächendeckener klinischer Krebsregister, Berlin. Download unter:

http://www.bmg.bund.de/fileadmin/redaktion/pdf_publikationen/Gutachten-Aufwand-Nutzen-Abschaetzung-Krebsregister.pdf

re Möglichkeit ist die elektronische Übermittlung der Angaben aus allen Todesbescheinigungen von den Gesundheitsämtern oder dem Statistischen Landesamt an die Vertrauensstellen (z.B. Ba-den-Württemberg, Nordrhein-Westfalen). Zudem erhalten einige Krebsregister die Mortalitätsdaten direkt von den Einwohnermel-deämtern.

In den Vertrauensstellen müssen eingehende Daten der Todesscheinigungen – abhängig davon, ob sie in Papierform oder be-reits elektronisch vorliegen – vollständig neu erfasst oder zumin-dest kodiert werden.

Veränderungen durch eine verbesserte Todesfallerfassung Durch eine verbesserte Todesfallerfassung erschließen sich für die epidemiologischen Krebsregister keine grundsätzlich neuen Nut-zungsmöglichkeiten, da bereits heute umfassende Zugriffsrechte auf personenbeziehbare Mortalitätsdaten gegeben sind. Jedoch sind mit diesem Instrument Erwartungen an eine höhere Daten-qualität und Verfahrenseffizienz verbunden:

Durch die bessere Schulung der Ärztinnen und Ärzte sollte die Va-lidität der auf den Todesbescheinigungen angegebenen Todesur-sachen steigen. Weitere qualitative Verbesserungen werden für den Fall erwartet, dass die Todesbescheinigungen zukünftig zent-ral durch eine Registerstelle im Auftrag aller Gesundheitsämter des Bundeslandes elektronisch erfasst und mit Hilfe von IRIS ko-diert werden: Zum einen wird erwartet, dass eine zentrale Regis-terstelle eine zeitnahe und vollständige Datenlieferung eher garan-tieren kann als die einzelnen Gesundheitsämter. Erfolgt die Erfas-sung in der Registerstelle – anders als häufig in kleineren

Gesundheitsämtern – durch medizinisch erfahrenes und geschul-tes Personal, könnte dies zum anderen wiederum die Validität der erfassten Todesursachen erhöhen.

Für Krebsregister, die bislang Kopien der Todesbescheinigungen erhalten, sind zudem Einsparungen dadurch zu erwarten, dass sie die Daten zukünftig auf elektronischem Wege über die Gesund-heitsämter oder die Registerstelle im Auftrag der Gesundheitsäm-ter erhalten können. Hierdurch entfällt der Aufwand einer eigenen elektronischen Erfassung. Auch für Krebsregister, die bereits heu-te elektronische Lieferungen erhalheu-ten, vermindert sich der Auf-wand, wenn die Todesursachen bereits kodiert übermittelt werden und diese Aufgaben für die Vertrauensstellen entfallen.

Relevanz für die Gesundheitspolitik: Im Ergebnis kann durch die verbesserte Todesfallerfassung die Qualität der todesursachen-spezifischen Auswertungen der epidemiologischen Krebsregister verbessert werden. Dadurch können auf Basis der Registerdaten zuverlässigere Aussagen zur Inzidenz und Prävalenz sowie zur Entwicklung des Überlebens von Krebserkrankten getroffen wer-den.

Veränderungen durch ein nationales Mortalitätsregister Unter den Rahmenbedingungen eines nationalen Mortalitätsregis-ters würden sich weitere Änderungen für die epidemiologische Krebsregistrierung ergeben:

Insbesondere epidemiologischen Krebsregistern, die Todesbe-scheinigungen direkt von den Gesundheitsämtern erhalten, fehlen bislang systematisch die Vitalstatus- und Todesursacheninformati-onen zu Register- und DCO-Fällen, die außerhalb ihres Bundes-landes verstorben sind. Der Grund hierfür ist, dass Todesfälle von den Gesundheitsämtern am Sterbeort – wenn überhaupt – erst mit erheblicher Zeitverzögerung den Gesundheitsämtern am Wohnort gemeldet werden. Ein nationales Mortalitätsregister, das die Mik-rodaten bundesweit zusammenführt, bietet für die epidemiologi-schen Krebsregister den Vorteil, dass sie Zugriff auf die Daten al-ler Verstorbenen ihres Bundeslandes erhalten können. Dadurch kann die Datenvollzähligkeit der Register verbessert werden.

Ansonsten würden sich im Vergleich zur heutigen Situation und zur verbesserten Todesfallerfassung nur der „Datenlieferant“ än-dern (NMR anstelle der lokalen Gesundheitsämter bzw. des Statis-tischen Landesamtes). Voraussetzung ist, dass der Zugangsweg über das NMR die gleichen umfassenden Nutzungsmöglichkeiten gewährleistet wie die bisherigen Wege.

5.2.5 Vitalstatus- und Todesursachenermittlung im