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Entwicklungen in der EU mit Auswirkungen auf die Schweiz 1 Position der Schweiz im internationalen Stromverkehr

Inhaltsverzeichnis Seite Übersicht

A. Allgemeiner Teil 1 Ausgangslage

3. Entwicklungen in der EU mit Auswirkungen auf die Schweiz 1 Position der Schweiz im internationalen Stromverkehr

Die Position der Schweiz als „Stromdrehscheibe“ in der südwestlichen Zone des europäischen Ver-bundnetzes UCTE (Union for the Coordination of Transmission of Electricity) geht auf den Ausbau der europäischen Stromversorgung nach 1950 zurück. Damals stand die Nutzung der Wasserkräfte im Vordergrund, welche im Sommerhalbjahr eine weit grössere Stromerzeugung ermöglichte, als im Inland verbraucht wurde. Mit dem Bau der grossen Speicheranlagen in den Alpen nahm die Länder übergreifende Optimierung des Kraftwerksparks insbesondere in Zusammenarbeit mit den thermischen Kraftwerken in Deutschland und Frankreich seinen Anfang. Überkapazitäten konnten saisonal und tageszeitlich genutzt und Überschüsse günstig verwertet werden. Der Aufbau eines leistungsfähigen Übertragungsnetzes erlaubte zuerst den Stromtransport aus den Alpen in Richtung Norden. Mit dem schnell wachsenden Verbrauch in der hoch industrialisierten Po-Ebene wurden zunehmend auch die Übertragungskapazitäten für den Stromexport nach Italien ausgebaut. Die energie- und industriepolitischen Entwicklungen in Italien als grösstem Stromimporteur und Frank-reich als grösstem Stromexporteur Europas haben der Schweiz ermöglicht, eine Transitplattform für den Grosshandel mit Strom aufzubauen.

Rund 20 Prozent der im UCTE-Verbund installierten grenzüberschreitenden Verbindungskapazitä-ten befinden sich an Grenzstellen zur Schweiz. Rund zehn Prozent der im UCTE-Verbund gemesse-nen physikalischen internationalen Stromflüsse fliessen durch die Schweiz. Die von schweizerischen Endverbrauchern konsumierte Elektrizität beträgt dagegen nur rund drei Prozent im Vergleich zum Verbrauch im UCTE-Gebiet. Die grenzüberschreitenden Stromflüsse durch die Schweiz erreichten in den letzten Jahren annähernd das Volumen des inländischen Verbrauchs. Im UCTE-Gebiet beträgt dieser Anteil derzeit knapp 12 Prozent (Figur 6).

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Index (Sept. 2002 = 100)

Elektrizität, Industrie, Total Elektrizität, Haushalte, Total

Figur 6: Entwicklung der grenzüberschreitenden Stromflüsse (Schweiz) 1990 – 2003

Quelle: Elektrizitätsstatistik BFE

3.2 Organisation und Marktstruktur EU

Ausgehend vom Bedürfnis der industriellen Grossverbraucher, innerhalb des europäischen Binnen-marktes günstige, einfache und möglichst einheitliche Beschaffungsmöglichkeiten für Energie zu erhalten, hat die EU-Kommission per Ende der 1980er Jahre einen Vorschlag für ein Paket von Er-lassen über die Preistransparenz und den Transit von Energie ausgearbeitet. Zu Beginn der 1990er Jahre wurden entsprechende Richtlinien erlassen. Bereits 1991 legte die EU-Kommission einen ers-ten Vorschlag über gemeinsame Regeln im Strommarkt vor, welcher im Wesentlichen auf dem Mo-dell des Netzzugangs Dritter (Third Party Access, TPA) basierte. Zum Durchbruch kam es aber erst 1996 mit der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend „gemeinsamer Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt“ (Strommarktrichtli-nie 96/92/EG), die über das Modell des Netzzugangs Dritter hinaus die Möglichkeit eröffnete, den Zugang zum Markt durch ein einziges vom Mitgliedstaat zu benennendes Unternehmen („Single Buyer“) zu regeln. Auch weitere Kompromisse wurden eingegangen, um Ausnahmen von den Grundsätzen der Strommarktrichtlinie 96/92/EG zu ermöglichen. In Bezug auf die Entflechtung von vertikal integrierten Versorgungsunternehmen - d.h. solchen, die in den Bereichen des Transports oder Verteilung sowie in Erzeugung oder Handel tätig sind - konnten mit den Vorschriften der Strommarktrichtlinie 96/92/EG Interessenskonflikte nicht verhindert werden. Im Rahmen der Um-setzung dieser Richtlinie, die am 19. Februar 1997 in Kraft trat, zeigte sich, dass Bedarf nach weite-ren Harmonisierungsanstweite-rengungen besteht.

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1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003

Deutschland Frankreich Italien Österreich

Importe aus DE, FR, AT

Exporte nach DE, IT

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GWh

Die EU-Kommission hat regelmässig die Umsetzung der Strommarktrichtlinie 96/92/EG im Rahmen von so genannten Benchmark-Berichten beurteilt und sich zur Entwicklung von Organisation und Marktstruktur geäussert. In Bezug auf die Marktorganisation werden zu hohe Netzentgelte kriti-siert, welche ein Wettbewerbshindernis darstellen und Quersubventionen bei vertikal integrierten Unternehmen ermöglichen. Die EU-Kommission kritisiert auch Mängel bei Genehmigungsverfahren für die Netzentgelte. Dies kann langwierige Rechtsstreitigkeiten zur Folge haben und die bestehen-den Marktstrukturen zementieren. Letztlich zeigt sich auch, dass die ungleiche Öffnung der natio-nalen Märkte zu Wettbewerbsverzerrungen führt, insbesondere in Fällen, wo dominante, vertikal integrierte Unternehmen über grosse geschützte Heimmärkte verfügen.

Per Ende 2003 hat die EU-Kommission Organisation und Marktstrukturen im europäischen Bin-nenmarkt (15 EU-Mitgliedstaaten und Norwegen) wie folgt eingestuft:

Grad der Marktöffnung: 8 Staaten haben ihre Märkte vollständig geöffnet. 5 Staaten gehen über die minimale vorgeschriebene Öffnung von 35 Prozent hinaus, während 3 Mitgliedstaaten ihre Märkte gemäss Mindestvorschriften oder nur wenig darüber hinaus geöffnet haben.

Entflechtung von vertikal integrierten Übertragungsnetzbetreibern: 8 Staaten haben das Eigentum am Übertragungsnetz losgelöst vom ehemaligen vertikal integrierten Unternehmen. 6 Staaten ha-ben den Betrieb des Übertragungsnetzes rechtlich verselbständigt, aber keinen Eingriff in das Eigen-tum vorgenommen. 2 Staaten haben die Mindestvorschriften umgesetzt, und eine separate Kon-tenführung bzw. eine personelle Trennung der Leitungsfunktion beim Betrieb des Übertragungs-netzes eingeführt.

Entflechtung der Verteilnetzbetreiber: 7 Staaten haben den Betrieb der Verteilnetze rechtlich ver-selbständigt (ohne Eingriff in das Eigentum). 9 Staaten haben nur die Mindestvorschriften umge-setzt, und eine separate Kontenführung bzw. eine personelle Trennung der Leitungsfunktion beim Betrieb der Verteilnetze vorgeschrieben.

Sektorspezifische Regulierungsbehörde: Nur Deutschland hat noch keinen Regulator eingesetzt. In 13 Staaten sind die Regulierungsbehörden mit den erforderlichen Kompetenzen ausgestattet, um Netznutzungsbedingungen und -entgelte im Voraus (ex-ante) zu genehmigen oder zu erlassen.

Auch die neuen EU-Mitgliedstaaten, die im Rahmen der Osterweiterung per 1. Mai 2004 formell in die EU aufgenommen wurden, sind nach den gleichen Kriterien beurteilt worden. In diesen Staaten erachtet die EU-Kommission vor allem den Öffnungsgrad als noch unzureichend.

Die EU-Kommission beurteilt heute in insgesamt 9 der 26 Länder im europäischen Binnenmarkt (25 EU-Mitgliedstaaten und Norwegen) die Stellung marktbeherrschender Unternehmen als kritisch. Für die EU-Kommission wird dies insbesondere dann problematisch, wenn bedeutende Importkapazitä-ten fehlen, Engpässe im betreffenden Staat auftreImportkapazitä-ten und die Verwaltung von grenzüberschreiImportkapazitä-ten- grenzüberschreiten-den Kapazitäten nicht genügend koordiniert wird.

Als Konsequenz dieser uneinheitlichen nationalen Entwicklungen dürften sich mittelfristig eher län-derübergreifende regionale Märkte bilden, die unterschiedliche durchschnittliche und saisonale Preisniveaus aufweisen. Nebst der Entwicklung der rechtlich-regulatorischen Rahmenbedingungen spielen die durchschnittlichen Erzeugungskosten je Land auch eine wesentliche Rolle. Diese Kosten sind aber stärker von der bisherigen Energie- und Industriepolitik des jeweiligen Landes und der Entwicklung der Brennstoffkosten geprägt. Stabile und tendenziell sinkende Preise sind in Ländern festzustellen, deren Erzeugung mehrheitlich auf Kohle, Kernenergie und Wasserkraft

(beispielswei-se nordische Länder, Frankreich) beruht. Bedeutende Unterschiede bestehen auch in Bezug auf den Grad der Eigenversorgung und die Möglichkeiten Strom zu exportieren. Allen europäischen Staaten gemeinsam ist das meist ungebrochene Verbrauchswachstum (auch bei stagnierender Wirtschaft), während kaum mehr bedeutende neue Erzeugungskapazitäten zugebaut werden.

Die EU ist bestrebt, diese unterschiedlichen Fragen zu lösen. Als erstes soll mit der ab 1. Juli 2004 umzusetzenden Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über „gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG“ (Strommarktrichtlinie 2003/54/EG) eine stärkere Harmonisierung erzielt wer-den. Mit der zeitgleich verabschiedeten Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parla-ments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die „Netzzugangsbedingungen für den grenzüber-schreitenden Stromhandel“ (EU-Verordnung 1228/2003) soll zudem der grenzüberschreitende Han-del einheitlich geregelt werden. In Bezug auf die Versorgungssicherheit und den Zubau neuer Kraftwerkskapazitäten sind neue Vorschriften in Vorbereitung. In der Vollzugsphase sind Vorschrif-ten über die Förderung der erneuerbaren Energien und der dezentralen Energieerzeugung aus Wärme-Kraft-Kopplung. Auch im Bereich der rationellen Energieverwendung will die EU verstärkte Massnahmen treffen. Zudem steht die Umsetzung der CO2-Minderungsstrategien bevor, welche einen wichtigen Einfluss auf die Kosten der fossilen Stromerzeugung haben werden.

3.3 Relevante Vorschriften in der EU 3.3.1 Strommarktrichtlinie 2003/54/EG

Die Strommarktrichtlinie 2003/54/EG ersetzt, wie erwähnt, ab 1. Juli 2004 die bisherige Strom-marktrichtlinie 96/92/EG. Mit dieser neuen Rechtsvorschrift soll eine stärkere Vereinheitlichung der Umsetzung und damit eine Harmonisierung innerhalb der EU erreicht werden. Die Strommarktricht-linie 2003/54/EG enthält zudem wichtige Erweiterungen, die den Anliegen von Konsumenten, Umwelt, und Versorgungssicherheit Rechnung tragen sollen.

Als wichtigste Neuerung legt die Richtlinie die Stufen der Öffnung zeitlich fest. Der Strommarkt ist per 1. Juli 2004 für alle kommerziellen Endverbraucher und per 1. Juli 2007 auch für die Haushalte zu öffnen.

Um die Haushalte und KMU-Betriebe nicht allfälligen Risiken des Marktes auszusetzen, können die EU-Mitgliedstaaten Massnahmen zur Sicherstellung der Grundversorgung erlassen. Die Kennzeich-nung von Strom ist vorgeschrieben. Diese umfasst Angaben zum Mix der Stromerzeugung sowie Mengenangaben bezüglich verursachter CO2-Emissionen und radioaktiver Abfälle. Zur Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wie Umweltschutz, Ressourcenschonung, Versorgungssi-cherheit und zum Schutz von Kleinverbrauchern, können Ausnahmen vom allgemein geltenden Prinzip des Netzzugangs Dritter gewährt werden. Solche Ausnahmen dürfen den Wettbewerb grundsätzlich nicht beschränken.

Investitionsentscheide über den Bau neuer Stromerzeugungskapazitäten sollen primär durch den Markt getroffen werden. Die EU-Mitgliedstaaten sind gehalten, ein transparentes und nicht diskri-minierendes Genehmigungsverfahren zu erlassen. Von staatlichen Behörden getätigte Ausschrei-bungen für neue Erzeugungskapazitäten oder zur Verbesserung der Energieeffizienz sind nur zuläs-sig, wenn die Marktmechanismen für eine sichere Versorgung nicht ausreichen. Solche Ausschrei-bungen sind zudem zulässig, wenn dadurch zu Forschung und Entwicklung in den betreffenden

Bereichen beigetragen wird. Ausschreibungsverfahren müssen ebenfalls transparent und nicht dis-kriminierend ausgestaltet werden.

Die mit dem Betrieb des Übertragungsnetzes zusammenhängenden Aufgaben müssen von einem unabhängigen Übertragungsnetzbetreiber ausgeführt werden. Sofern diese Gesellschaft zu einem oder mehreren vertikal integrierten Unternehmen gehört, ist ihre Unabhängigkeit von den Eigen-tümern und den anderen wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichen der vertikal integrierten Unterneh-men sicherzustellen. Eine Trennung bezüglich des Eigentums der vertikal integrierten UnternehUnterneh-men ist nicht erforderlich. Der Übertragungsnetzbetreiber muss eine eigenständige Rechtsperson sein.

Seine Geschäftsführung darf nicht zusätzlich in anderen Bereichen der Eigentümergesellschaften tätig sein. Vertreter der Eigentümerinnen in den Aufsichtsorganen dürfen nicht in operative Ent-scheide des Übertragungsnetzbetreibers einbezogen werden.

Die Strommarktrichtlinie 2003/54/EG enthält auch Vorschriften bezüglich der Unabhängigkeit der Betreiberinnen der Verteilnetze. Die Anforderungen an die Entflechtung von vertikal integrierten Verteilunternehmen sind weniger strikt als jene bezüglich des Übertragungsnetzbetreibers. Die rechtliche Trennung ist nur für solche Verteilunternehmen erforderlich, die mehr als 100'000 End-verbraucher beliefern. Die Rechnungslegung, insbesondere die Jahresabschlüsse, sind getrennt nach Aktivitäten in den Bereichen des Übertragungs- und Verteilnetzes auszuweisen.

Der Zugang Dritter zu den Übertragungs- und Verteilnetzen muss auf der Basis von genehmigten und veröffentlichten Tarifen erfolgen. Der Netzzugang darf nur verweigert werden, wenn keine Kapazität zur Verfügung steht. Eine Verweigerung des Netzzugangs muss in jedem Fall begründet werden.

Bestehen zwischen zwei Mitgliedstaaten Ungleichgewichte bei der Öffnung der Elektrizitätsmärkte, können Elektrizitätslieferverträge nach dem Reziprozitätsprinzip untersagt werden. Dies ist dann möglich, wenn der Kunde im Bestimmungsland zwar zugelassen ist, aber ein gleichartiger Kunde im Herkunftsland der zu liefernden Elektrizität rechtlich noch nicht den Zugang zum Netz erhalten hat. Die EU-Kommission kann auf Antrag desjenigen EU-Mitgliedstaates, der den Markt bereits weiter geöffnet hat, anordnen, dass die betreffende Lieferung ausgeführt wird.

Die Strommarktrichtlinie 2003/54/EG setzt bei der Institution der Regulierungsbehörde einen weite-ren Schwerpunkt. Diese Behörde (es können auch mehrere sein) ist für den Vollzug verschiedener Bestimmungen zuständig. Insbesondere hat sie die Aufgabe, Nichtdiskriminierung, echten Wettbe-werb und ein effizientes Funktionieren des Marktes sicherzustellen, indem sie ausreichende Kompe-tenzen als Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde erhält. Insbesondere obliegt es der Regulierungs-behörde, Bedingungen über den Zugang zum Netz festzulegen oder zu genehmigen. Die Regulie-rungsbehörde muss zudem innerhalb festgelegter Fristen über Beschwerden gegen Netzbetreiber entscheiden (Frist 2 Monate, mit begrenzten Erstreckungsmöglichkeiten).

Schliesslich ist die EU-Kommission verpflichtet, im Rahmen regelmässiger Berichterstattung unter anderem die Entwicklung des Binnenmarktes für Elektrizität, die Wirksamkeit der Regulierung, die Versorgungssicherheit, die Preisentwicklung und die Marktkonzentration zu beurteilen.

3.3.2 EU-Verordnung 1228/2003

Die Verordnung 1228/2003 tritt ebenfalls am 1. Juli 2004 in Kraft. Sie regelt im Wesentlichen die Verknüpfung der nationalen Elektrizitätsmärkte. Geregelt wird insbesondere die Kompensation der Kosten der Übertragungsnetze, die durch den grenzüberschreitenden Stromhandel verursacht wer-den. Die Verordnung legt zudem Grundsätze fest, wie Engpässe gehandhabt werden sollen. Die Verordnung beauftragt die EU-Kommission mit dem Vollzug dieser Massnahmen. Dazu zählen auch die konkretere Ausgestaltung der Massnahmen und die Entscheidkompetenz, die Höhe der Netz-nutzungsentgelte festzulegen. Die nationalen Regulierungsbehörden sind zuständig für die Umset-zung der Massnahmen zur Handhabung von Engpässen und deren Aufsicht. Sie sind zudem ver-pflichtet, die EU-Kommission in Fragen des Netzzugangs beratend zu unterstützen.

3.4 Elektrizitätspreisentwicklung in der EU

Auf Grosshandelsebene gibt es mit der EEX in Leipzig eine Börse, die mit dem Phelix (Physical E-lectricity Index) erst seit kurzem einen Strompreisindex errechnet. Die Grosshandelspreise und deren Schwankungen sind im letzten Jahr stark gestiegen. Wichtige Gründe für diese Entwicklung sind der Abbau der Überkapazitäten sowie die umweltpolitischen Auflagen für die Stromerzeugung.

Für Industrie- und Haushaltskunden publiziert Eurostat jährlich Preise, unterteilt nach einzelnen Endverbraucherkategorien. Für Industriekunden ergibt sich ein äusserst heterogenes Bild, sowohl im Ländervergleich, als auch innerhalb der Länder zwischen den einzelnen Industriekundentypen. Von 1990-2003 waren die Preissenkungen vor allem in Deutschland und Grossbritannien ausgeprägt, in Dänemark und Italien stiegen die Preise zum Teil stark an. In den übrigen Ländern blieben sie unge-fähr konstant. Zu erwähnen ist, dass in den nordischen Ländern infolge klimatischer Einflüsse, und in Deutschland infolge neuer Steuern, die Preise zwischen 2002 und 2003 stark gestiegen sind.

Bei den Haushaltskunden sind die Preise in Dänemark, Portugal, Norwegen und Schweden gestie-gen. In den anderen EU-Mitgliedstaaten lassen sich keine generellen Aussagen machen, doch sind die Preise über alle Haushaltskategorien gemittelt ungefähr konstant geblieben.

Die bisherigen Beobachtungen zeigen, dass Strompreise bei einer Liberalisierung des Marktes nicht generell steigen oder fallen. Vielmehr werden sie stark durch andere Effekte wie Steuern, Förder-programme für Erneuerbare Energien und Netzeinspeisegebühren, die auf Endverbraucher abge-wälzt werden, beeinflusst.

3.5 Elektrizitätsausfall in Italien vom 28. September 2003

Nach den Erdschlüssen der beiden Transitleitungen über den Lukmanier und San Bernardino kam es am 28. September 2003 zu einem kaskadenartigen Ausfall weiterer Grenzleitungen nach Italien, was zu einem Stromausfall in ganz Italien führte.

Die Stromimporte Italiens sind in den letzten Jahren wegen der grossen Unterschiede der Strom-produktionskosten in Italien und dem Rest von Europa stark gewachsen. Die Netze werden in der UCTE, der europäischen Organisation der Netzbetreiber, derart betrieben, dass auch nach Ausfall eines einzelnen Netz-Elementes inkl. der Kraftwerke ein sicherer Betrieb gewährleistet ist (so ge-nannte „n-1“-Sicherheit).

Die grundlegenden Ursachen des Stromausfalls vom 28. September 2003 sind einerseits der unge-löste Konflikt zwischen den Handelsinteressen der beteiligten Länder und Gesellschaften und

ande-rerseits die technischen Voraussetzungen des heute transnationalen Elektrizitätssystems. Normen und gesetzliche Rahmenbedingungen hinken hinter den technischen und wirtschaftlichen Realitä-ten her.

Die Ereignisse vom 28. September 2003 zeigen, dass rasch eine umfassende gesetzliche Regelung für den Elektrizitätsmarkt geschaffen werden muss. Die Schweiz braucht eine starke sektorspezifi-sche Regulierungsbehörde. Diese muss insbesondere einen nicht-diskriminierenden Netzzugang, eine den physikalischen Voraussetzungen entsprechende Zuteilung der Übertragungsnetzkapazitä-ten sowie eine ausreichende Entschädigung der Netznutzung gewährleisÜbertragungsnetzkapazitä-ten. Sie muss zudem dafür sorgen, dass die Erträge aus dem Netzbetrieb in angemessenem Umfang in Ausbau, Unterhalt und sicheren Betrieb fliessen. Diese Behörde muss schliesslich den Netzbetrieb überwachen und nöti-genfalls bei fehlender Netzsicherheit und mangelhaften Investitionen eingreifen können.

Die Rollen der Regulatoren und Behörden in Europa und der Schweiz sowie der Akteure des Mark-tes (Handel) und der im Monopol verbleibenden Netzbetreiber müssen möglichst rasch geklärt werden. Erste Priorität haben aus schweizerischer Sicht verbindliche Regeln in folgenden Bereichen:

− Verbindliche Vorgaben zur Netzsicherheit und Kontrolle der Einhaltung dieser Regeln: Die Re-geln für die Netzsicherheit müssen die Möglichkeit der gezielten und sofortigen Veränderung des Ortes der regelzonenüberschreitenden Erzeugung, der Abschaltung von Lasten (insbesonde-re Pumpen), der Veränderung der Netztopologie und der daraus sofort (insbesonde-resultie(insbesonde-renden veränder-ten physikalischen Flüsse zur Verhinderung von Überlastungen von Netzelemenveränder-ten beinhalveränder-ten.

− Sichere Zuteilung von Stromexportmengen aus den Regelzonen Europas nach Italien und Kon-trolle der Einhaltung dieser Regeln: Diese Regeln müssen die maximale Leitungsbelastung, den Konsum und die Art der Erzeugung in jeder Stunde des Tages über das Jahr berücksichtigen.

Wettbewerbliche Verfahren (Auktionen) sind auf die sicherheitstechnischen Aspekte abzustim-men.

− Minimale Reserve-Erzeugungskapazitäten in den einzelnen Regelzonen der UCTE und deren Kontrolle: Diese Regeln müssen den Grad der Flexibilität der Erzeugungsänderung, die jederzei-tige Verfügbarkeit der Erzeugung und den Ort der Erzeugung berücksichjederzei-tigen.

− Finanzielle Entschädigung zur Beseitigung von Netzengpässen: Dies betrifft die kurzfristige Besei-tigung betrieblich auftretender Netzengpässe und die dadurch nötigen Korrektiven, die Erzeu-gungskosten erhöhenden Massnahmen bei der Stromerzeugung sowie den Unterhalt und Aus-bau der Regelzonen überschreitenden Leitungen und wichtigen Transitleitungen durch die Schweiz zur Beseitigung von langfristig absehbaren Engpässen.

4. Auftrag und Vorgehen für einen neuen Gesetzesentwurf