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Die Mehrheit der mit MAP inokulierten Ziegen befand sich in der klinisch inapparenten Infektionsphase. So wiesen 25 der 26 Ziegen einen guten bis sehr guten Ernährungszustand auf und hatten arttypisch geformten Kot. Trotzdem traten bei 20 Tieren makroskopische Läsionen auf und histologisch ließen sich bei allen charakteristische granulomatöse Infiltrate nachweisen.

Bereits 3 Mpi hatten 3 der 7 infizierten Ziegen infolge der granulomatösen Entzündung makroskopisch fokal bis diffus verdickte JPP. Auch histologisch waren Läsionen fast ausschließlich auf das GALT beschränkt. Die enge Assoziation zwischen den initialen

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Läsionen der Paratuberkulose und dem GALT wurde bereits in zahlreichen Studien beschrieben (JUSTE et al. 1994; BEGARA-MCGORUM et al. 1998; SIGURÐARDÓTTIR et al. 1999; VALHEIM et al. 2002b; KURADE et al. 2004; MUNJAL et al. 2005; DELGADO et al. 2013). Das deutet auf eine bevorzugte Aufnahme von MAP über M-Zellen im FAE hin (MOMOTANI et al. 1988; SIGURÐARDÓTTIR et al. 2001; PONNUSAMY et al. 2013).

Abgegrenzte granulomatöse Infiltrate in der Darmschleimhaut außerhalb des GALT und die Ergebnisse der kulturellen Isolierung von MAP sprechen jedoch auch für eine mögliche Aufnahme über Enterozyten, wie in Studien an Mäusen und Schafen gezeigt werden konnte (BERMUDEZ et al. 2010; PONNUSAMY et al. 2013). Auch eine direkte Aufnahme der Erreger aus dem Darmlumen durch DCs sollte in Erwägung gezogen werden.

In der vorliegenden Untersuchung traten Läsionen bevorzugt im proximalen und mittleren Jejunum und den hier befindlichen JPPs sowie der ICVPP auf. Eine ähnliche Verteilung ließ sich ebenso in anderen Studien bei natürlich und experimentell mit MAP infizierten Ziegen beobachten (SIGURÐARDÓTTIR et al. 1999; CORPA et al. 2000; VALHEIM et al. 2002b;

LYBECK et al. 2011; LYBECK et al. 2013). Auch bei Schafen, die als Jungtiere mit MAP inokuliert wurden, nicht jedoch bei adulten mit MAP infizierten Tieren waren Läsionen bevorzugt in den mittleren JPP lokalisiert, während die distalen keine Veränderungen aufwiesen (DELGADO et al. 2013). In der vorliegenden Untersuchung wurde daher bei den Kontrolltieren die zelluläre Zusammensetzung von proximaler und distaler JPP verglichen.

Unterschiede in Anzahl und Verteilung ließen sich bei den untersuchten Zellpopulationen jedoch nicht nachweisen und sind demnach wahrscheinlich nicht für die Verteilung der Läsionen verantwortlich. JPP und ICVPP stellen zudem sekundäres lymphatisches Gewebe dar und zeigen eine vergleichbare Morphologie und zelluläre Zusammensetzung, während die weniger betroffene IPP Charakteristika von primärem und sekundärem Lymphgewebe aufweist (REYNOLDS u. MORRIS 1983; ALEKSANDERSEN et al. 1991; VALHEIM et al.

2002b). Das gehäufte Auftreten von granulomatösen Infiltraten in JPP und ICVPP reflektiert daher möglicherweise Unterschiede in der Aufnahmekapazität von luminalen Antigenen (LIEBLER et al. 1995). Unterstützt wird dies durch die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung. Während 3 Mpi aus beiden GALT-Lokalisationen eine hohe Anzahl von MAP isoliert wurde, war die Bakterienzahl in der IPP gering.

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Über ausgedehnten, transmuralen Entzündungszellinfiltraten im GALT kam es oft zu großflächigen Schleimhautulzera. Diese wurden bereits in anderen Studien bei natürlich und experimentell mit MAP infizierten Ziegen beschrieben (MORIN 1982; VAN KRUININGEN et al. 1986; LYBECK et al. 2013). Entsprechende GALT-Lokalisationen zeigten häufig ebenfalls eine umschriebene, chronische, fibröse Serositis. Das Tier mit diffusen Dünndarmläsionen hatte zudem großflächige, fibröse Verwachsungen der Darmschlingen untereinander und mit den assoziierten Lymphknoten. Eine adhäsive Serositis stellt keinen typischen Befund bei Paratuberkulose dar, wurde in einer aktuellen Studie jedoch bei natürlich infizierten Ziegen neben dem Auftreten von Dünndarmstrikturen beschrieben (LYBECK et al. 2013). Die Autoren diskutierten diese Befunde als Gemeinsamkeit mit Morbus Crohn, bei dem Adhäsionen und Strikturen eine häufige Komplikation darstellen (MOMOTANI et al. 2012; LYBECK et al. 2013). Besonders pauzibazilläre Läsionen kleiner Wiederkäuer scheinen den Läsionen bei Morbus Crohn pathomorphologisch zu ähneln. So zeigten mehrere infizierte Ziegen 9 und 12 Mpi ebenfalls eine transmurale lymphoplasmazelluläre Infiltration mit prominenter Lymphfollikelbildung, kleine granulomatöse Infiltrate aus Epitheloidzellen und MGCs, in denen meist keine Erreger darstellbar waren, und Ulzera der assoziierten Tunica mucosa. Möglicherweise handelt es sich daher auch unabhängig vom auslösenden Agens um einen ähnlichen Immunpathomechanismus.

Mit zunehmender Infektionsdauer waren die Darmwand unabhängig vom GALT und die drainierenden Darmlymphknoten in gleichem Maß betroffen. Vermutlich etabliert sich die Infektion zunächst im GALT, führt zu segmentalen Läsionen und streut anschließend in Darmschleimhaut und regionale Lymphknoten (SIGURÐARDÓTTIR et al. 1999; KURADE et al. 2004). Besonders auffällig waren die herdförmigen, kraterartigen Schleimhautverdickungen, die unabhängig von Peyerschen Platten oder isolierten Lymphfollikeln gehäuft im Dünndarm bei den infizierten Ziegen 9 und 12 Mpi auftraten und teils konfluierten. Möglicherweise handelt es sich dabei um Vorläufer der für Paratuberkulose typischen regionalen Enteritis. Vergleichbare Läsionen wurden bei experimentell infizierten Ziegen 9 und 24 Mpi beschrieben (SIGURÐARDÓTTIR et al. 1999; VALHEIM et al.

2002b).

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Daneben war bei mehreren Ziegen 6, 9 und 12 Mpi eine granulomatöse Arteriitis kleiner und mittlerer Arterien in der Tela submucosa der Darmwand nachweisbar. Es handelt sich um einen für Paratuberkulose eher untypischen Befund (CLARKE 1997). Eine Periarteriitis pulmonärer Arterien trat jedoch bei einer Ziege nach experimenteller intravenöser Infektion auf (HARDING 1957). Eine granulomatöse Arteriitis wurde ebenso bei einzelnen natürlich infizierten Rindern mit diffusen multibazillären Läsionen beobachtet (GONZÁLEZ et al.

2005). Die Gefäßläsionen könnten für die Dissemination von MAP besonders lokal im Darm von Bedeutung sein. Abgeschwemmte MAP-infizierte Emboli werden möglicherweise über kleinere Arteriolen in die Lamina propria verschleppt und bleiben im verzweigten kapillären Gefäßnetz der Zotten stecken. Dies würde das Auftreten von initialen fokalen Infiltraten außerhalb des GALT, vor allem apikal im Bereich der Zottenspitzen, erklären (KURADE et al. 2004; GONZÁLEZ et al. 2005).

Mit zunehmender Infektionsdauer kommt es bei einzelnen Tieren auch zur extraintestinalen Dissemination der Läsionen (WHITLOCK u. BUERGELT 1996). Am häufigsten sind Leber und die assoziierten Leberlymphknoten sowie die Lunge betroffen (HARDING 1957;

CLARKE u. LITTLE 1996; KURADE et al. 2004; DENNIS et al. 2008; LYBECK et al.

2013). 12 Mpi gelang auch in der vorliegenden Untersuchung bei Tieren mit konfluierenden bis diffusen Läsionen der Nachweis von charakteristischen granulomatösen Infiltraten bzw.

die Isolierung von MAP aus verschiedenen extraintestinalen Geweben. Möglicherweise tritt in dieser Infektionsphase eine systemische hämatogene Streuung des Erregers auf. In einer Studie wurde eine disseminierte Infektion bei 18 von 53 oral infizierten Schafen nachgewiesen und bei 4 Tieren ließ sich MAP auch aus dem Blut isolieren (BOWER et al.

2011). Assoziiert war die disseminierte Infektion ebenfalls mit fortgeschrittener Infektionsdauer, Erregerausscheidung im Kot, multibazillären Läsionen und klinischen Symptomen. Auch der Nachweis von MAP bzw. MAP-DNA in der Muskulatur von Rindern ist häufiger in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien möglich (ALONSO-HEARN et al. 2009;

PRIBYLOVA et al. 2011).

Der kulturelle Nachweis von MAP in Tonsillen, Lnn. retrophagyngei und Lnn. cervicalis superficialis bei mehreren Ziegen 3 Mpi könnte dagegen auch auf eine primäre Besiedlung zurückzuführen sein. Bei Kälbern stellen die Tonsillen neben dem Dünndarm scheinbar eine wichtige Eintrittspforte für MAP dar und es kommt initial zur weiten Streuung des Erregers

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im Tierkörper (PAYNE u. RANKIN 1961b). Die fehlende Erregerisolierung 6 und 9 Mpi aus entsprechenden Lokalisationen spricht jedoch dafür, dass MAP sich in diesen extraintestinalen Geweben nicht signifikant vermehrt (HARDING 1957; PAYNE u. RANKIN 1961b).

Bezogen auf Ausdehnung und Schweregrad ließ sich keine generelle Progression der Läsionen mit zunehmender Infektionsdauer nachweisen. Bei allen 7 infizierten Ziegen 3 Mpi dominierten multifokal konfluierende bis extensive granulomatöse Infiltrate im GALT. Bei der Mehrzahl der Tiere 6 Mpi sowie bei einzelnen Tieren 9 und 12 Mpi traten in vergleichbaren Lokalisationen dagegen lediglich milde fokale Läsionen auf. Eine Regression der Läsionen scheint daher möglich. Bei infizierten Ziegen 9 und 12 Mpi waren depletierte Peyersche Platten teilweise lediglich von einer unregelmäßigen Tunica mucosa mit kuboidalen bis abgeplatteten Enterozyten, statt einer funktionellen Schleimhaut mit Krypten, Zotten und Domes mit FAE bedeckt. Diese Veränderungen waren assoziiert mit einer Regression des entzündlichen Infiltrats und wurden als Reparationsstadien der Schleimhautulzera interpretiert. Die atrophischen Peyerschen Platten 12 Mpi repräsentieren möglicherweise ein Endstadium dieser Entwicklung. Läsionen mit regressivem Charakter traten ebenfalls bei Schafen auf, die als adulte Tiere mit MAP infiziert wurden sowie bei geimpften Lämmern nach experimenteller Infektion (JUSTE et al. 1994; DELGADO et al.

2013).

Mit zunehmender Infektionsdauer zeigten sich deutliche interindividuelle Unterschiede. Diese waren bei den Tieren 12 Mpi am stärksten ausgeprägt. Ein Tier zeigte lediglich fokale granulomatöse Herde, in denen MAP weder immunhistologisch noch kulturell nachweisbar waren. Die anderen Ziegen hatten entweder multifokale Infiltrate mit vereinzelt Erregern begleitet von einer lymphoplasmazellulären Infiltration oder konfluierende bis diffuse Epitheloidzellinfiltrate mit zahlreichen MAP. Vergleichbare histologische Läsionen wurden bereits in einer Studie bei experimentell infizierten Ziegen beschrieben (HARDING 1957).

Auch in anderen Studien an Schafen und Ziegen trat keine Korrelation zwischen der Infektionsdauer und dem Schweregrad der Veränderungen auf (GILMOUR et al. 1977;

SIGURÐARDÓTTIR et al. 1999; KURADE et al. 2004; BEGG et al. 2005; MUNJAL et al.

2005). Die Unterschiede zwischen einzelnen Tieren deuten daraufhin, dass zumindest bei kleinen Wiederkäuern individuelle Faktoren einen großen Einfluss auf die Empfänglichkeit

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bzw. Resistenz gegenüber einer Infektion mit MAP haben (HARDING 1957; KURADE et al.

2004; BEGG et al. 2005).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die einzelnen Ziegen der vorliegenden Studie unterschiedlich in der Lage waren, die Vermehrung von MAP zu kontrollieren. Dabei entscheidet sich zum Teil scheinbar bereits in der frühen klinisch inapparenten Infektionsphase, ob es zur Regression und Abheilung der Läsionen kommt oder eine unkontrollierte Erregervermehrung stattfindet, die zur Progression der Läsionen führt und in die klinische Paratuberkulose mündet. Diese Divergenz wird beeinflusst durch die individuelle Immunreaktion des Wirtes. Das vorliegende Infektionsmodell erwies sich als geeignet, um diese Einflussfaktoren zu untersuchen.