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Zum 31. Dezember 2018 weist das Land einen Schuldenstand i. H. v. 20.075 Mio. € auf.

Dies entspricht 100 Mio. € weniger als im Jahr zuvor. Damit setzt die Landesregierung die seit 2012 vorgenommene Nettokredittilgung fort.

Im Jahr 2019 beabsichtigt die Landesregierung sich mit 198 Mio. € an der Kapitalisierungs-maßnahme für die angeschlagene NordLB zu beteiligen. Diese plant das Ministerium der Finanzen über eine Neuverschuldung sowie Aussetzung der Tilgungszahlung zu finanzieren.

Der endgültige Beschluss zur Finanzierung der 198 Mio. € steht derzeit noch aus.24

Ursprünglich war für das Haushaltsjahr 2019 ebenfalls eine Tilgungszahlung i. H. v.

100 Mio. € angesetzt. Infolgedessen wäre der Schuldenstand erstmals unter 20 Mrd. € ge-sunken.

24 Aufgrund des noch ausstehenden Beschlusses liegen der Gegenüberstellung der Gesamtverschuldung und der Nettokre-ditaufnahme/-tilgung die Zahlen des Haushaltsplanes für das Jahr 2019 zugrunde.

Diagramm 5: Gesamtverschuldung25 und Nettokreditaufnahme/-tilgung ab 199126

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung

Der Schuldenstand je Einwohner übersteigt im Jahr 2018 weiterhin sowohl den vom Stabili-tätsrat festgesetzten Schwellenwert als auch den Länderdurchschnitt deutlich. Einerseits beeinflusst die rückläufige Bevölkerungsentwicklung die Pro-Kopf-Verschuldung negativ.

Andererseits verbleibt die Verschuldung im bundesweiten Vergleich weithin auf einem sehr hohen Niveau. Um den Schuldenstand je Einwohner zu reduzieren, ist eine höhere jährliche Tilgungsleistung erforderlich – insbesondere unter Berücksichtigung der prognostizierten weiterhin rückläufigen Bevölkerungszahlen.

Bei Gegenüberstellung der Entwicklung des Haushaltsvolumens und der Entwicklung der Gesamtverschuldung wird die Dimension der weiterhin bestehenden Verschuldung des Lan-des deutlich. Zwar ist ein leichter Rückgang der Verschuldung erkennbar. Jedoch verharrt der Schuldenstand im gesamten betrachteten Zeitraum auf ähnlichem Niveau. Gleichzeitig ist seit dem Jahr 2015 eine jährliche Erhöhung des Haushaltsvolumens erkennbar. Beson-ders groß ist der Zuwachs von 2018 auf das im Haushaltsplan 2019 veranschlagte Volumen.

25 Die durch Sondervermögen u. ä. aufgenommenen Kredite sind in die Betrachtung einbezogen.

26 Wert für 2019 gemäß Haushaltsplan.

-500 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500

0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000

Nettokreditaufnahme/ Nettokredittilgung in Mio.

Gesamtverschuldung (kumuliert) in Mio.

Jahr

Gesamtverschuldung (kumuliert) Nettokreditaufnahme bzw. Tilgung

Diagramm 6: Haushaltsvolumen und Schuldenentwicklung27 ab 2006

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung

Das steigende Haushaltsvolumen – bei gleichzeitigem Rücklagenverzehr und ohne zu-nehmende Schuldentilgung – ist ein Indiz für übermäßige Ausgaben des Landes. An-strengungen Einsparpotentiale zu nutzen, sind nicht erkennbar. Aus Sicht des Lan-desrechnungshofes ist die 2018 erfolgte Schuldentilgung zwar grundsätzlich positiv anzusehen. Allerdings ist die Höhe der vorgenommenen Tilgungszahlung allein vor dem Hintergrund der Rekordeinnahmen der vergangenen Jahre deutlich zu gering. Um die langfristige Tragfähigkeit des Landeshaushaltes zu gewährleisten, hält es der Landesrechnungshof für unverzichtbar, Einsparpotentiale auszuschöpfen und die Til-gungsleistung erheblich zu erhöhen.

27 Die durch Sondervermögen u. ä. aufgenommenen Kredite sind in die Betrachtung einbezogen.

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019(HPl.)

in Mrd. €

Jahr

Gesamtverschuldung (kumuliert) Haushaltsvolumen

5. Schuldenbremse

Der Landesrechnungshof hatte sich zuletzt in seinem Jahresbericht 2015, Teil 2 für eine Verankerung der 2010 in die LHO aufgenommenen Schuldenbremse in der Landesverfas-sung ausgesprochen und die dafür sprechenden Gründe eingehend dargelegt. Die Landes-regierung wies in ihrer Stellungnahme zum Jahresbericht darauf hin, dass die Finanzpolitik des Landes schon heute den Anforderungen der Schuldenbremse genüge. Dies spiegele sich vor allem in einem nach den Maßstäben des Stabilitätsrates strukturell ausgeglichenen Haushalt wider. Dazu trage auch der Verzicht auf Neuverschuldung sowie die fortgesetzte Tilgung bei. Die für die Länder ab 2020 geltende verfassungsrechtliche Regelung eines Neu-verschuldungsverbots in konjunkturellen Normallagen finde ihren einfachgesetzlichen Aus-druck in § 18 LHO. Eine landesverfassungsrechtliche Regelung, wie sie der Landesrech-nungshof in seinem Bericht anmahne, würde zwar das Verbot einer Kreditfinanzierung von Ausgaben weiter stärken, sei aber nicht notwendig. Gleichwohl sei dieser Weg aufgrund der grundgesetzlichen Regelung ab dem Jahr 2020 ohnehin verschlossen.

Nunmehr beabsichtigt die Landesregierung, sich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen mit einem Betrag von 198 Mio. € an einer Kapitalisierungsmaßnahme für die angeschlagene NordLB zu beteiligen. Die Finanzierung dieses Betrages soll zum einen über eine Nettokre-ditaufnahme des Landes i. H. v. 98 Mio. € erfolgen. Der darüber hinaus benötigte Betrag soll durch die Aussetzung der Tilgung der Altkredite finanziert werden.28

Nach der in § 18 Abs. 1 LHO normierten Schuldenbremse ist eine Kreditaufnahme zum Haushaltsausgleich nur in den in Abs. 2 normierten Ausnahmefällen29 zulässig.

Diese Voraussetzungen liegen für die beabsichtigte Kreditaufnahme nicht vor. Die Kreditauf-nahme kann daher nur bei einer Aushebelung der Regelungen zur Schuldenbremse in

§ 18 LHO erfolgen. Hierfür ist nicht zwingend eine Änderung der LHO erforderlich. Einzelne Regelungen der LHO können durch abweichende Regelungen im Haushaltsgesetz zeitweise verdrängt werden. Allerdings kann der Landesgesetzgeber nur noch im Jahr 2019 eine die Anwendung der Schuldenbremse einschränkende Regelung treffen. Ab 2020 steht einem solchen Vorgehen die in Art. 109 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz geregelte Schuldenbremse ent-gegen.

28 Sitzung des Ausschusses für Finanzen am 2. April 2019.

29 Dazu gehören eine von der Normallage abweichende konjunkturelle Entwicklung, die die Finanzlage des Landes nicht nur unerheblich beeinträchtigt oder Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staa-tes entziehen und die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigen.

Sofern die Bedingungen für die Kapitalbeteiligung erfüllt sind, soll nach derzeitigen Planun-gen der Landesregierung eine Kreditermächtigung durch eine Änderung des Haushaltsge-setzes für das Haushaltsjahr 2019 geschaffen werden.30

Das beabsichtigte Vorgehen bestätigt die vom Landesrechnungshof in der Vergangenheit wiederholt vorgetragenen Bedenken zur Verbindlichkeit der Schuldenbremse in der LHO. Die schwächere Beständigkeit der einfachgesetzlichen Regelungen der LHO war der Grund für die vom Landesrechnungshof empfohlene verfassungsrechtliche Verankerung der Schul-denbremse.

Der Landesrechnungshof hält das geplante Aushebeln der in der LHO normierten Schuldenbremse zur Ermöglichung einer Neuverschuldung und den Verzicht auf die Altschuldentilgung für besonders kritikwürdig. Die Landesregierung würde hierdurch zugleich von ihrer bisherigen Argumentation gegen eine verfassungsrechtliche Ver-ankerung der Schuldenbremse abweichen.

Neben der vorgenannten Form der Finanzierung einer Kapitalbeteiligung hatte das Land im Vorfeld noch eine indirekte Kapitalzuführung über eine zu gründende Landesgesellschaft als eine Handlungsoption vorgeschlagen.31

§ 18 Abs. 1 LHO verbietet den Ausgleich des Haushaltsplans durch Einnahmen aus Kredi-ten. Diese auf den Landeshaushalt beschränkte Schuldenregelung lässt Kreditaufnahmen durch rechtlich selbständige Einheiten unberührt. Diesen durch § 18 Abs. 1 LHO eröffneten Gestaltungsspielraum hätte sich das Land zu Nutzen gemacht, wenn die Mittel für die Kapi-talzuführung an die NordLB über eine Kreditaufnahme durch eine landeseigene, rechtlich selbständige Finanzierungsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden wären.

Die Schuldenbremse soll eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung bewirken. Um dies zu erreichen, wurden mit ihrer Einführung auch die Verschuldensmöglichkeiten deutlich verrin-gert. Je restriktiver Verschuldensregelungen für den Kernhaushalt32 ausgestaltet sind, desto größer ist die Gefahr, dass nach Umgehungsmöglichkeiten gesucht wird – wie beispielswei-se ein Ausweichen auf Formen einer außerbudgetären Finanzierung.

30 Sitzung des Ausschusses für Finanzen am 2. April 2019.

31 Vorlage 5 , ADrs. 7/FIN/141 vom 8. März 2019.

32 Als Kernhaushalt wird hier der in den Haushaltsplänen des Landes abgebildete Haushalt verstanden.

Kreditaufnahmen durch rechtlich selbständige Einheiten können dem Sinn und Zweck der Schuldenbremse widersprechen und zu einer Aufweichung und Aushöhlung dieser verfas-sungsrechtlichen Schuldenbegrenzung führen.

Der Landesrechnungshof sieht das Ausweichen auf eine Finanzierung über rechtlich selb-ständige Einheiten kritisch, wenn durch diese Konstruktionen langfristige Zahlungsverpflich-tungen zu Lasten des Landeshaushaltes begründet werden, die einer Kreditaufnahme des Landes wirtschaftlich gleichkommen. Für diese Beurteilung kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an. Maßgeblich wird darauf abzustellen sein, wer bei wirtschaftlicher Betrachtung für den Schuldendienst und die Absicherung des Kredits aufzukommen hat. So wäre zum Beispiel die Kreditaufnahme durch einen Dritten und die Refinanzierung des Kredi-tes aus Haushaltsmitteln, ohne dass der Belastung entsprechende gesicherte Einnahmen gegenüberstehen, wirtschaftlich einer Kreditaufnahme des Landes gleichzusetzen

Die Schuldenbremse kann ihren Zweck einer nachhaltigen und generationengerechten Haushaltskonsolidierung nur erfüllen, wenn Parlament und Landesregierung sich nicht verleiten lassen, die Kreditfinanzierung öffentlicher Ausgaben auf Nebenhaus-halte zu verschieben.

Um schuldenbremsenrelevanten Umgehungsversuchen entgegenzuwirken sieht der Landesrechnungshof eine wirtschaftliche Hinzurechnung derartiger außerbudgetärer Kreditaufnahmen zum Kernhaushalt als erforderlich an. Generell sollten Finanzierun-gen außerhalb des Kernhaushaltes vermieden werden.