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5. Konzept der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit

5.1 Emotionale Konstrukte im Kontext von Gruppenbezogener

5.1.1 Stereotype

In der Sozialpsychologie werden Stereotype umschrieben als kognitive Konstrukte oder mentale Repräsentation, welche unser Wissen und unsere Überzeugungen über eine soziale Gruppierung von Menschen beinhalten. Der Inhalt der Stereotype kann positiver, neutraler oder negativer Natur sein. Demzufolge muss ein Stereotyp nicht zwingend mit negativen Gefühlen oder negativen Verhaltensweisen verbunden sein. Es werden Verall-gemeinerungen getroffen und den jeweiligen Gruppenmitgliedern werden identische Merkmale und Eigenschaften zugeschrieben. Aufgrund mangelnder Reflexion ist nicht erkennbar, dass Differenzen zwischen ihnen bestehen können (vgl. Fischer et al. 2014, S. 98).

5.1.2 Vorurteile

Der Unterschied zum Stereotyp besteht darin, dass die negative emotionale Komponente im Zentrum steht und Vorurteile generell eine negative Valenz besitzen. Dadurch werden Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe negativ

bewertet und abgelehnt (vgl. Fischer et al. 2014, S. 99). Aus einer sozialpsychologischen Perspektive nach Zick et al. (2011) stellen Vorurteile „soziale Einstellungen, die in der Wechselwirkung von individuellen Ursachen und Umweltfaktoren zustande kommen“ dar (Zick 2011, S. 8).

„Es ist die hasserfüllte Emotionsabfuhr, die bei einer bestimmten Menschen-gruppe ihren Weg sucht“ (Gieseke 2016, S. 147).

Grundverständnis von Vorurteilen

Eine Person wird nicht aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften abgewertet, sondern nur deshalb, weil sie als Mitglied einer sogenannten Fremdgruppe (outgroup) kategori-siert wird. Inwiefern sich dieses Individuum selbst als Teil dieser Gruppe betrachtet oder ob sich diese Mitgliedschaft der Gruppe an Fakten zeigen lässt, ist nicht relevant. In der Vorurteilsforschung existiert überwiegend Konsens darüber, dass Vorurteile als genera-lisierte negative Haltungen gegenüber Gruppen und Individuen vor dem Hintergrund der persönlichen Gruppenzugehörigkeit vorkommen und sich lediglich auf die Tatsache stüt-zen, dass diese Gruppen sich als Fremdgruppen darstellen beziehungsweise diese Indi-viduen Teil einer Fremdgruppe sind (vgl. Allport 1954 zitiert nach Zick 2011, S. 31). Ras-sismus, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und einige weitere Vorurteile sind also „keine Charaktereigenschaft, sondern soziale Einstellungen, die sich durch den Zusammenhang ihrer Träger erklären lassen“ (Zick 2011, S. 32). Als soziale Einstellun-gen besitzen Vorurteile eine kognitive, eine emotionale sowie teils auch eine Dimension, die sich auf das Verhalten bezieht.

„Sie sind als Einstellungen erlernbar, aber auch veränderbar, auch wenn dies bei tief verankerten Einstellungen oft ein schwieriges und langwieriges Unter-fangen ist“(Zick 2011, S. 32).

5.1.3 Wie entstehen Vorurteile?

Die Entstehung von Vorurteilen als soziale Einstellungen erfolgt in drei Schritten: 1. Ka-tegorisierung, 2. Stereotypenbildung, 3. Bewertung. Die erste Stufe bildet die Kategori-sierung. Sie ist ein fundamentaler kognitiver Prozess, der sich nahezu automatisch voll-zieht. Es wird beschrieben als eine gewisse Reduktion der Überkomplexität der Umwelt, die den Personen zum Verständnis und Nachvollziehbarkeit dieser dient. Sie differenzie-ren Individuen danach, ob sie zu ihrer Eigengruppe (ingroup) oder einer Fremdgruppe (outgroup) gehören, ganz abgesehen davon, welche genauen Merkmale sie heranzie-hen, um Eigen- und Fremdgruppe zu bestimmen. Dabei ist es von hoher Relevanz, dass die für die Kategorisierung beleuchteten Merkmale von ihrer Zugänglichkeit – also der situativen Aufmerksamkeitsspanne, die auf die möglichen Merkmale entfällt – abhängig sind. Diesbezüglich wird die hohe Bedeutung von politischen und medialen Diskursen

deutlich (vgl. Zick 2011, S. 33f.) Der folgende zweite Schritt der Stereotypenbildung voll-zieht sich nicht gezwungenermaßen, da ein bewusstes Innehalten sowie eine Reflexion ein Revidieren der Kategorisierungen mit sich bringen kann. Bei der Stereotypenbildung werden den vorab in Gruppen kategorisierten Personen, entsprechend ihrer zugeschrie-benen Gruppenzugehörigkeit, positive, neutrale wie auch negative Eigenschaften zuge-schrieben. Diese Eigenschaften gelten für alle Gruppenmitglieder allgemein, also unab-hängig von ihrer tatsächlichen möglichen Heterogenität, so dass uns die Mitglieder der Fremdgruppe insgesamt homogen erscheinen.

Im dritten Schritt kommt es zur Bewertung der nach Kategorien in eine Fremdgruppe verwiesenen Personen anhand der zugewiesenen Stereotypen. In diesem Schritt erfolgt eine eher negative Bewertung der Fremdgruppe und eine eher positive Bewertung der Eigengruppe. Das lässt sich durch das Bedürfnis nach einer positiven sozialen Identität und der Erhaltung und Aufwertung des Selbstwerts erklären (vgl. Zick 2011, S. 34)

5.1.4 Folgen von Vorurteilen

Die Einstellungsforschung zeigt, dass Vorurteile als Einstellungen in Abhängigkeit zum Zusammenhang zu Handlungsweisen führen können, die zu Formen von Diskriminierung bis hin zu Gewalt führen können (vgl. Zick 2011, S. 39). Diskriminierung wird hier um-schrieben als negative, ungerechtfertigte oder ausgrenzende Verhaltensweisen gegen-über Mitgliedern einer Adressatengruppe, allein weil sie als Mitglied dieser Gruppierung identifiziert werden (vgl. Gaertner & Dovidio 1986 zitiert nach Zick 2011, S. 40). Das Er-leben von Vorurteilen hat negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden sowohl in psy-chischer als auch in physischer Hinsicht. Zudem hat es negativen Einfluss auf Erfolg und Leistungen. Dies kann zerstörerische Auswirkungen auf die Selbstachtung und Selbst-stigmatisierung mit sich bringen.

Opfer fühlen sich durchgehend bedroht, weshalb es auch dazu kommen kann, dass sie sich entsprechend dieser Vorurteile verhalten (vgl. Zick 2011, S. 40).

5.1.5 Ressentiments

Der Ressentiment-Begriff wurde insbesondere von Friedrich Nietzsche und Max Scheler geprägt. Nach Olschanski lassen sich Ressentiments umschreiben als ein Groll, eine un-bewusste Abneigung. Sie beziehen sich auf ältere Kränkungen, Verletzungen, Wunden.

Diese brechen immer wieder auf, werden aktiviert und bestimmen das Subjekt (vgl. Ol-schanski 2015, S. 21ff.).

„Ressentiment hat als immer wieder aufbrechende Erinnerungswunde eine ei-gene Zeitlichkeit und Geschichte, in der die Vergangenheit die Gegenwart be-herrscht“ (Olschanski 2015, S. 21).

Die Fähigkeit des Vergessen und der Selbstreflexion ist nicht ausgeprägt.

„Im verqueren Hass und unangemessenen Ausbrüchen gegen äußere Objekte und Personen sucht es Linderung und Heilung“ (Olschanski 2015, S. 21).

Das bedeutet, dass das Ressentiment sich und die Kränkungen nicht akzeptiert, sondern nach einem Feind schaut um den Schmerz los zu werden.

5.2 Erklärungsfaktoren für Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit