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1.3 Photophysik der Carotinoide

1.3.2 Elektronische Zust¨ ande

Die photophysikalischen Eigenschaften der Carotinoide werden entscheidend von der Symmetrie ihrer elektronischen Zust¨ an-de bestimmt. Die meisten Carotinoian-de sind ann¨ahernd C2h -symmetrisch gebaut. Von dieser Punktgruppe leiten sich die Symmetriebezeichnungen der elektronischen Zust¨ande ab. Der Grundzustand S0 eines Carotinoids weist allgemein die Sym-metrie 1Ag auf. Der S1-Zustand zeigt die gleiche Symmetrie, daher sind Ein-Photonen- ¨Uberg¨ange zwischen Grundzustand und erstem angeregten Zustand verboten. Der energetisch h¨oher liegende S2-Zustand dagegen ist ein1B+u-Zustand, die Absorp-tion vom Grundzustand dorthin ist daher erlaubt. Dieser ¨ Uber-gang ist f¨ur die intensive Absorptionsbande der Carotinoide im sichtbaren Spektralbereich verantwortlich. Die Absorptions-bande des S0−S2- ¨Ubergangs zeigt im Falle der Carotine eine charakteristische Drei-Peak-Struktur. Die Peaks entsprechen den drei untersten Schwingungszust¨anden des S2 und zeigen einen Energieabstand von etwa 1350 cm−1. Der 0−1- ¨Ubergang zeigt dabei die intensivste Bande.

Abbildung 1.6 zeigt das Absorptionsspektrum des β-Caro-tins inn-Hexan bei Raumtemperatur. Deutlich erkennt man die Vibrationsstruktur der Hauptabsorptionsbande. Es sind keine weiteren Absorptionen bei Wellenl¨angen >550 nm zu erkennen, die der verbotenen Absorption in den S1-Zustand zugeordnet werden k¨onnten. Die kleinere Bande bei 270 nm wird dem ¨Ubergang 11Ag →21B+u zugeordnet.

Uber die Bedeutung der Zust¨¨ ande S0, S1 und S2 besteht allgemeiner Konsens. Sie bilden das

”Drei-Zust¨ande-Modell“ f¨ur die Photophysik der Carotinoide. Die Absorption im sichtbaren Spektralbereich erfolgt vom Grundzustand S0 in den zweiten

2 0 0 3 0 0 4 0 0 5 0 0 6 0 0 7 0 0 8 0 0 0 . 0

0 . 2 0 . 4 0 . 6 0 . 8 1 . 0

norm. Absorption

Wellenlänge / nm

Abbildung 1.6: Absorptionsspektrum vonβ-Carotin inn-Hexan

angeregten Singulettzustand S2. Dieser relaxiert durch schnelle innere Konversion innerhalb weniger hundert Femtosekunden in den S1-Zustand. Von dort aus erfolgt auf einer Pikosekunden-Zeitskala die innere Konversion zur¨uck in den Grundzustand.

In Abb. 1.7 sind diese Zusammenh¨ange schematisch dargestellt.

Energie S2 (11B+u)

S1 (21Ag)

S0 (11Ag)

Kernkoordinate

Absorption

IC

IC

VR

VR

Abbildung 1.7: Schematische Darstellung des Drei-Zust¨ ande-Modells

Eine Reihe von weiteren,

”dunklen“ elektronischen Zust¨ an-den weran-den noch kontrovers diskutiert. Cerullo et al. vermuteten aufgrund ihrer transienten Absorptionsspektren zwischen S1

und S2 einen weiteren Zustand mit der Symmetrie 1Bu und benannten ihn als Sx.[10] Gradinaru, Kennis et al. folgerten aus ihren Untersuchungen am Lichtsammelkomplex LC1 des PurpurbakteriumsRhodospirillum rubrumdie Existenz eines weiteren angeregten Zustandes des Spirilloxanthins. Dieser S -Zustand sollte parallel zum S1 bev¨olkert werden, aber eine h¨ohere Lebensdauer aufweisen.[23] Ein ¨ahnlicher Zustand, be-zeichnet als S, wurde 2003 von Larsen et al. vermutet, auf Grundlage von Pump-Dump-Probe- und Pump-Repump-Probe-Experimenten anβ-Carotin.[36]

Die energetische Lage des S2 relativ zum Grundzustand h¨angt wesentlich von der Konjugationsl¨ange ab, also von der AnzahlN der konjugierten Doppelbindungen im Molek¨ul. Diese Abh¨angigkeit kann ausgedr¨uckt werden als

E =A+B/N (1.1)

A ist demnach der Grenzwert der S2-Energie f¨urN → ∞.

Frank et al. ermittelten anhand von C30-Apocarotinoiden im Jahr 2002 f¨ur A einen Wert von etwa 14000 cm−1.[22] F¨ur nat¨urlich vorkommende Carotinoide liegen die Konjugations-l¨angen meist zwischen N = 7 und N = 13, sie zeigen da-bei Absorptionsmaxima zwischen νemax = 21200 cm−1 und eνmax= 19000 cm−1.[47]

Nicht jede Doppelbindung hat den gleichen Effekt auf die Energie des S2. Bei vielen Molek¨ulen ist die Effektivit¨at der Konjugation herabgesetzt, beispielsweise weil die amπ-System beteiligten Doppelbindungen nicht alle in einer Ebene liegen.

Imβ-Carotin (Abb. 1.1) etwa sind die Doppelbindungen der β-Ionon-Endgruppen gegen den Rest des Polyenr¨uckgrates ge-neigt, wodurch sie weniger zur Konjugation beitragen. Es zeigt

deshalb verglichen mit dem Lycopin (Abb. 1.2) eine h¨ohere Energie des S2.

Auch auf das Fluoreszenzverhalten hat die Konjugationsl¨ an-ge einen entscheidenden Einfluss. Abb. 1.8 zeigt die Entwicklung der Absorptions- und Fluoreszenzspektren am Beispiel einer Reihe von Apocarotinen mit Konjugationsl¨angenN = 5−11, entnommen aus einer Arbeit von Christensen et al.[12] Das Absorptionsspektrum zeigt die erwartete bathochrome Ver-schiebung mit steigender Konjugationsl¨angeN. Außerdem ist die vibronische Struktur zunehmend besser aufgel¨ost. Auff¨allig ist die qualitative ¨Anderung des Absorptionsverhaltens. W¨ ah-rend f¨ur N = 5 fast ausschließlich Fluoreszenz aus dem S1 beobachtet wird, dominiert mit steigenden Werten N zuneh-mend die Fluoreszenz aus dem S2. ¨Ahnliches Verhalten wurde auch f¨ur andere Reihen von Polyenfarbstoffen beobachtet, et-wa f¨ur die einfachen Polyene[52], die Spheroidine[15] sowie die Apocarotinole[14]. Als Ursache f¨ur diese ¨Anderung des Fluores-zenzverhaltens wurde urspr¨unglich ein Anstieg der Energiediffe-renz S2-S1mit zunehmender Konjugationsl¨ange vermutet.[14;52]

Nach dem bekannten

”Energiel¨uckengesetz“ (energy gap law, Gl. 1.2)[19] h¨atte dies eine Verlangsamung der inneren Konver-sion S2→S1 zur Folge gehabt. Eine gen¨ugend große Energiel¨ucke ∆E k¨onnte so die innere Konversion ausreichend verlangsamen, um die stark erlaubte Fluoreszenz S2→S0 konkurrenzf¨ahig zu machen und dadurch eine Verletzung von Kashas Regel zu erm¨oglichen. Tats¨achlich beobachtet man aber ¨uber den gesamten Bereich N = 6−9, indem sich der ¨Ubergang von S1-Fluoreszenz zu S2-Fluoreszenz

abspielt, eine nahezu konstante Energiel¨ucke S2-S1 von etwa 5200±100cm−1.[12]Die Geschwindigkeitskonstante der inneren KonversionkIC sollte daher in diesem Bereich nicht wesentlich von der Konjugationsl¨ange abh¨angen. Tats¨achlich w¨urde man aufgrund der h¨oheren Vibrationszustandsdichte in l¨angeren Apo-β-carotinen sogar eine leichte Erh¨ohung der Geschwindig-keitskonstante erwarten. Der Wechsel von S1-Fluoreszenz zu S2-Fluoreszenz l¨asst sich dann durch den Umstand erkl¨aren, dass mit steigender Konjugationsl¨ange die innere Konversion S1→S0 schneller wird und somit f¨ur diesen ¨Ubergang nur noch schwache Fluoreszenz erfolgt.

Abbildung 1.8:Absorptions- und Fluoreszenzspektren in Abh¨ an-gigkeit von der Konjugationsl¨angeN, entnommen aus Ref.[12]