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SCOPE

Furnace 80 %Other 5 %

4 BEI DER BESTIMMUNG VON BVT ZU BERÜCKSICHTIGENDE TECHNIKEN

4.2 Auswahl der Schmelztechnik

4.2.1 Elektrischer Schmelzprozess

Beschreibung

Diese Technik wird in Kapitel 2.3.4 beschrieben, weil es sich um eine grundlegende Schmelztechnik in mehreren Sektoren der Glasindustrie handelt. Der elektrische Schmelzprozess hat beträchtliche Auswirkungen auf die Schadstoffemissionen und wird daher in diesem Kapitel als „Primär“-Maßnahme zur Emissionsminderung dargestellt.

Erreichte Umweltentlastungseffekte

Durch den vollständigen Ersatz fossiler Brennstoffe in der Wanne wird auf Anlagenebene die Bildung von Verbrennungsprodukten, wie Schwefeloxiden (bei der Verwendung von Heizöl), thermischem NOX und Kohlendioxyd (CO2), vermieden (die Stromerzeugung sollte aber einberechnet werden). Die übrigen Emissionen entstehen durch ausgetragene Gemengebestandteile und Zersetzung von Gemengebestandteilen, das sind insbesondere CO2

aus Karbonaten, NOX aus Nitraten und SOX aus Sulfaten. Bei den meisten Anwendungen des Elektroschmelzens ist der Sulfateinsatz im Gemenge recht gering, weil der Einsatz anderer Substanzen zur Läuterung und Oxidation (z. B. Nitrate) gebräuchlicher ist.

Es können ebenfalls geringe Mengen an Halogen-Emissionen, z.B. Fluorwasserstoff (HF), oder Metallen entstehen, wenn diese Stoffe in den Rohstoffen vorhanden sind. Allerdings können die Emissionswerte hoch sein bei Rezepturen, die Fluorid als Zusatzstoff enthalten. Die Emissionen aller flüchtigen Gemengebestandteile sind wesentlich geringer als bei herkömmlichen Wannen aufgrund der reduzierten Abgasmenge sowie der Absorption, Kondensation und Reaktion gasförmiger Emissionen in der Gemengedecke, die normalerweise die gesamte Schmelzfläche abdeckt.

Die Wannen sind gewöhnlich an einer Seite offen. Es bilden sich erhebliche Luftströme aufgrund der gasförmigen Emissionen und der Hitze aus der Schmelze. Normalerweise ist eine Art Belüftung notwendig, damit Staub, Abgase und Hitze entweichen können, ohne an den Arbeitsplatz zu gelangen. Dies wird entweder durch normale Zugluft oder Absaugung erzielt.

Das durch natürliche Zugluft beseitigte Abgas hat ein sehr geringes Volumen, kann aber eine hohe Staubkonzentration und schlechte Dispersionseigenschaften aufweisen.

Staubemissionen können durch Absaugung mitttels Entstaubungsanlage gemindert werden, dafür wird aufgrund des geringen Abgasvolumens normalerweise ein Gewebefilter eingesetzt.

Auf diese Weise ergeben sich sehr geringe Staubemissionen, und es ist ebenfalls möglich, die HF-Emissionen durch Trocken-Absorption zu behandeln, sofern dies notwendig ist. Siehe Abschnitte 4.4.1.3 und 4.4.3.

Die gegenwärtig erreichbaren Emissionswerte hängen stark von der Gemengerezeptur ab.

Ferner kann durch die geringen Abgasvolumenströme ein Vergleich der Emissionskonzentrationen zu irreführenden Darstellungen führen. Allerdings werden nach grober Schätzung die gesamten direkten Emissionen durch einen Faktor zwischen 10 und 100 reduziert im Vergleich zu einer herkömmlichen Luft-Brennstoff-beheizten Wanne mit vergleichbarem Durchsatz. Einige neuere quantitative Angaben sind in Kapitel 3.8.2.2 für Mineralwolleanlagen angegeben und werden an Beispielanlagen, die in diesem Dokument vorgestellt werden, präsentiert.

Medienübergreifende Effekte

Die direkten Emissionen aus der Wanne werden beim Einsatz des elektrischen Schmelzens weitestgehend reduziert, und der thermische Wirkungsgrad ist ausgesprochen hoch. Betrachtet man jedoch die Gesamtumweltauswirkungen dieser Technik, können durch die

Umwelt-belastung durch die Stromerzeugung die meisten Vorteile wieder kompensiert werden. Eine umfassende quantitative Analyse ist im Rahmen des Geltungsbereiches dieses Dokuments nicht möglich. Die Umweltprobleme in Verbindung mit der Energieerzeugung sind sehr komplex und unterscheiden sich weitgehend in den EU-Ländern und manchmal auch zwischen einzelnen Anlagen.

Die Elektrizitätsversorgung kann entweder aus dem nationalen Netz, durch einen örtlichen Versorger oder durch eigene Anlagen erfolgen, wovon sowohl die Kosten als auch die Versorgungssicherheit abhängen können. Wenn die Energiezufuhr aus dem nationalen Versorgungsnetz erfolgt, kann sie aus sehr unterschiedlichen Quellen stammen. Die Stromerzeugung aus Rohstoffen, wie Kohle, Öl, Gas, mit Kernkraftwerken, Wasserkraft und anderen erneuerbaren Ressourcen, bringt im Einzelnen sehr unterschiedliche Umweltauswirkungen mit sich.

Der Unterschied beim thermischen Wirkungsgrad zwischen dem elektrischen Schmelzprozess und dem Schmelzen mit fossilen Brennstoffen verringert sich ebenfalls, sobald der Wirkungsgrad der Elektrizitätserzeugung in Betracht gezogen wird (Primärenergie).

Dies hängt, wie gesagt, weitgehend von der Elektrizitätsquelle ab, aber bei einem herkömmlichen fossil-befeuerten Kraftwerk liegt der aus Primärbrennstoff erzielte Wirkungsgrad am Einsatzort der Elektrizität in einem Bereich von 30 bis 35 %. Bei einem mit Erdgas betriebenen Gasturbinenkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung läge dieser Wert circa bei 50 %.

Für eine kleine Wanne mit einer Produktionsleistung von 20 Tonnen/Tag nicht-bleihaltigem Glas wurden Werte für indirekte CO2 - und NOX – Emissionen erhoben, die bei der Stromerzeugung entstehen. In diesem speziellen Fall konnte durch den Wechsel von einer mit fossilem Brennstoff befeuerten Wanne zu einer elektrischen Schmelzwanne eine Reduktion der NOx - Emissionenum 14 Tonnen/Jahr erreicht werden. Dieser Wert wurde jedoch komplett durch die Menge der indirekten Emissionen bei der Stromerzeugung ausgeglichen, welche 15-16 Tonnen NOX/Jahr und 6300 Tonnen CO2/Jahr entsprachen. Das ist nicht immer der Fall. Bei Schmelzwannen für Bleiglas sind üblicherweise die Netto-NOX -und Netto-CO2 –Emissionen (indirekte und direkte Emissionen) für die elektrische Wanne geringfügig niedriger als für die mit fossilem Brennstoff befeuerte, aber der Unterschied zwischen beiden ist ziemlich klein. [94, Beerkens - APC Evaluation 2008]

Angesichts des geringen mit dieser Technik verbundenen Abgasvolumens werden die Kosten für sämtliche nachgeschalteten Minderungsmaßnahmen erheblich reduziert, und die geringen Mengen an erfasstem Staub können unmittelbar in den Schmelzprozess zurückgeführt werden.

Der geringe Verlust an flüchtigen Stoffen vermindert ebenfalls den Rohstoffverbrauch, wodurch die Emissionen und die Kosten reduziert werden. Dies ist insbesondere bei einigen kostenintensiven und/oder toxischen Stoffen, wie Bleioxid, Fluorid, Arsenverbindungen, Borax usw., vorteilhaft.

Betriebsdaten

Im Allgemeinen entsteht durch den elektrischen Schmelzprozess ein sehr homogenes und hoch-wertiges Glas. Dies gilt besonders für Spezialglasrezepturen, deren Gemengezusammensetz-ungen flüchtige Bestandteile enthalten. Für bestimmte Wirtschaftsglas- und Spezialglas-Anwen-dungen kann dies einer der Hauptgründe für die Wahl der elektrischen Schmelztechnik sein.

Elektrowannen mit Flächeneinleger (Cold-Top-Wannen) haben aber eine geringere Variabilität der Verarbeitungsmenge als herkömmliche Wannen. Zum Beispiel würde eine Cold-Top-Elektrowanne (ausgelegt für 40 Tonnen pro Tag) zwischen 36 – 44 Tonnen pro Tag üblicherweise gut betrieben. Ist aber eine geringere Tonnage gefordert für eine spezifische Maschinen-Verarbeitungsmenge, sind Elektrowannen schwierig zu steuern, und der höhere Durchsatz muss beibehalten werden (Seitenauslass). Deshalb wird mehr Glas geschmolzen, als für die Produktion erforderlich wäre, was zu höheren Produktionskosten führt. Im Gegensatz

dazu kann eine herkömmliche Wanne mit einer Kapazität von 40 t/d, falls erforderlich, und ohne nennenswerte Probleme bei 25 bis 30 Tonnen pro Tag betrieben werden.

Die traditionelle Haltung der Glasindustrie ist, dass Natriumnitrat oder Kaliumnitrat erforderlich sind, um in Cold-Top-Wannen die notwendigen Oxidationsbedingungen für einen stabilen, sicheren und effizienten Herstellungsprozess zu garantieren. Die Verwendung von Nitraten beeinflusst direkt die Emissionen an NOX; auch wenn Nitrate nicht für alle Anwendungen erforderlich sind, können sie einige der Umweltauswirkungen des Elektroschmelzens verringern. Die Verwendung von Nitraten als Oxidationsmittel erhält eine größere Bedeutung, wenn Altmaterial, das organische Verbindungen enthält, in der Wanne recycelt wird. Die Verwendung einer großen Menge an Fremdscherben (oder anderen recycelten Materials) kann manchmal zu Geruchsemissionen führen.

Eine Zusammenfassung der Hauptvorteile und –nachteile von Elektrowannen zeigt Tabelle 4.2:

Tabelle 4.2: Hauptvorteile und –nachteile des Elektroschmelzens Vorteile

 sehr geringe direkte Emissionen

 potentiell erhöhte Schmelzleistung pro m2Wannenfläche

 verbesserte direkte Energieeffizienz

 in einigen Fällen geringere Rohstoffkosten

 in vielen Fällen ergibt der elektrische Schmelzprozess ein homogeneres Glas von besserer Qualität

 geringerer Investitionsaufwand und Platzbedarf für die Wanne

 potentiell einfacherer Betrieb Nachteile

 hohe Betriebskosten

 verkürzte Wannenlaufzeit

 zur Zeit technisch und ökonomisch nicht praktikabel bei sehr hohen Produktionsmengen

 weniger Flexibilität und ungeeignet bei starken Durchsatzschwankungen

 mit der Elektrizitätserzeugung verbundene Umweltauswirkungen

Eine Beispielanlage für die Produktion von Wirtschaftsglas, insbesondere Kristall- und Bleikristallglas, zeigt Tabelle 4.3.

Tabelle 4.3: Beispielanlage für die Anwendung des Elektroschmelzens im Wirtschaftsglassektor (Kristall- und Bleikristallglas)

Betriebsbedingungen

Wanne 1 Wanne 2

Wannenart Cold Top Elektrowanne Cold Top Elektrowanne

Alter der Wanne 4 Jahre 7 Jahre

Kapazität 27 t/Tag

15 t/Tag (Magnesium-Kristall- glas)

20 t/Tag (Bleikristallglas) Durchschnittliche

Produktion 25 t/Tag (2006) 15.8 t/Tag (2005)

Glasarten Bleikristallglas Magnesium-Kristallglas,

Blei-kristall

Scherben nur intern nur intern

Nutzung des

Filterstaubes ja ja

Spezifischer

Energieverbrauch (1)

Schmelze: 4.32 GJ/t geschmolzenes Glas

Schmelze: 7.20 GJ/t geschmolzenes Glas

Gesamt: 7.70 GJ/t geschmolzenes Glas;

15.4 GJ/t Fertigprodukt

Gesamt: 10.58 GJ/t geschmolzenes Glas;

21.16 GJ/t Fertigprodukt Abgasvolumen (2)

15000 – 20000 Nm3/h (Gas (trocken) bei Betriebssauerstoffgehalt)

15000 – 20000 Nm3/h (Gas (trocken) bei Betriebssauerstoffgehalt) Mit der Technik verbundene Emissionswerte/-wertebereiche (3)

Staub (4) 2.8 mg/Nm3

NOX (Nitrate im

Gemenge)(5) 420 – 560 mg/Nm3 (8.1 kg/t) 340 – 460 mg/Nm3 (10.4 kg/t) SO2 (5) Nicht relevant – kein Schwefel in der

Gemengezusammensetzung

HCl (5) <3 mg/Nm3

HF (5) <1 mg/Nm3

Sb (5) gasförmig <0.01 mg/Nm3.

Staub <0.01 mg/Nm3 Pb (5)

gasförmig <0.01 mg/Nm3 (unterhalb Nachweisgrenze)

Staub 0.04 mg/Nm3

(1) Daten beziehen sich auf den Ort der Nutzung und sind nicht auf Primärenergienutzung umgerechnet.

(2) Das hohe Abgasvolumen entsteht durch Maximierung des Volumens der abgesaugten Luft.

(3) Minderungstechnik angewendet: Gewebefilter für jede Wanne; Dämpfe aus der Heißendvergütung (Verflüchtigung von Blei) werden abgesaugt.

(4) Mittelwert der drei Halbstundenwerte aus kontinuierlicher Messung.

(5) Einzelmessung alle zwei Jahre (Halbstundenmittelwerte) Quelle: [110, Österreich, Wirtschaftsglasanlage 2007]

Anwendbarkeit

Der elektrische Schmelzprozess ist in vielen Teilen der Glasindustrie anwendbar und wird in verschiedenen Sektoren eingesetzt, wie bei der Herstellung von Hochtemperaturwolle, Mineral-wolle, Spezialglas, Wirtschaftsglas und in geringerem Umfang Behälterglas (hier für kleine Tonnagen an Flaconglas). Die Technik für das elektrische Schmelzverfahren kann natürlich nur bei einer Wannenerneuerung installiert werden. Im Flachglassektor oder bei der Frittenherstel-lung gibt es keine bekannten Beispiele für den großtechnischen Einsatz der Elektroschmelztech-nik. Die Technik wird gewöhnlich zur Produktion von potentiell flüchtigen, schadstoffhaltigen Gläsern (z.B. Bleikristall- oder Opalglas) und Produkten mit hoher Wertschöpfung verwandt.

Der Einsatz dieser Technik auf breiterer Ebene ist durch die Betriebskosten und gewisse technische Erwägungen begrenzt. Wie zuvor erwähnt liegt das Hauptproblem bei den Betriebskosten und in Abhängigkeit von einer Reihe einzelner Faktoren setzt dies eine obere Grenze für die wird dadurch die Wirtschaftlichkeit begrenzt.

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Merkblattes (2010) wird diese Technik nicht zur Herstellung großer Glasmengen (> 300 Tonnen pro Tag) eingesetzt und kann daher weder technisch noch ökonomisch als völlig ausgereift angesehen werden. Die Anwendung des Schmelzens mit Elektrowannen zur Herstellung von Endlosglasfasern wird derzeit nicht als wirtschaftlich und technisch durchführbar angesehen, da das für diese Art von Produkt oft verwendete E-Glas einen geringen Natriumgehalt besitzt, der zu einer sehr geringen elektrischen Leitfähigkeit führt.

In Großbritannien war zwischen 1989 und 2000 eine Versuchsanlage für Floatglas mit einer elektrisch beheizten Wanne in Betrieb. Diese Anlage wurde gebaut, um das Prinzip der Cold-Top-Elektroschmelztechnik zur Floatglasherstellung zu veranschaulichen. Das Werk war mit dieser Pilotanlage zur Herstellung einer Reihe außergewöhnlicher Glasarten erfolgreich, deren Emissionen in einer konventionell beheizten Wanne sehr schwer zu mindern gewesen wären.

Das Experiment hat ebenfalls gezeigt, dass es gegenwärtig wegen der hohen Betriebskosten nicht wirtschaftlich ist, eine vollständige Floatglas-Anlage (> 500 Tonnen/Tag) mit einer elektrischen Wanne zu betreiben. Die Wanne wird nicht mehr betrieben.