56
BerufPolitikwissenschaftler, Soziologinnen oder Geschlechterforscher arbeiten auch oft als wissenschaftliche Mitarbeiten
de. In diesen Funktionen begleiten sie Prozesse, leiten interdisziplinäre Pro
jekte oder Arbeitsgruppen, recherchie
ren und erarbeiten Konzepte. Spezi
fische GenderKompetenzen erfordern Tätigkeiten für Gleichstellungsbüros oder DiversityAbteilungen von Unter
nehmen.
KONKURRENZ ZU ANDEREN FÄCHERN Überall dort, wo Sensibilität für gesell
schaftliche und zwischenmenschliche Fragen oder sozialwissenschaftliches Knowhow gefragt ist, bestehen weitere mögliche Tätigkeitsfelder: in den Medi
en, im Personalwesen, als Dozent/in an Fachhochschulen, in sozialen Instituti
onen, Verbänden, Gewerkschaften und Gesundheitsdiensten. Soziologinne und Soziologen führen beispielsweise Stu
dien zur beruflichen Integration von Menschen mit einer bestimmten Er
krankung durch, sind in einer Institu
tion für Alkoholprävention zuständig für die Vernetzung mit anderen Orga
nisationen oder beteiligen sich am Auf
bau eines internetbasierten Wissens
managementsystems.
Wie Umfragen zeigen, arbeitet jedoch ein grosser Teil der Absolventinnen und Absolventen in Funktionen, für die auch ein Abschluss in einem ver
wandten Studiengang infrage gekom
men wäre. Entsprechend gross ist die Konkurrenz, und umso wichtiger sind Praktika, Nebenjobs oder freiwillige Engagements – möglichst im ange
strebten Tätigkeitsbereich. Auch wenn das Studium vielleicht so etwas länger dauert, kann der Nachweis prakti
scher Tätigkeiten den Berufseinstieg wesentlich erleichtern. Wenn die Tä
tigkeiten überdies einen roten Faden und ein durchgehendes Interesse er
kennen lassen, verschafft das Profil und Glaubwürdigkeit bei der Stellen
suche. Auch dabei geknüpfte Kontak
te, und überhaupt das Beziehungsnetz, sind wertvolle Brücken zur Arbeits
welt. Auslanderfahrungen und Sprach
kenntnisse oder ein geschickt gewähl
tes Nebenfach können weitere Plus
punkte sein.
EIN WEITES BERUFLICHES FELD Die nicht fachspezifischen Tätigkeits
felder sind breit gestreut: Als Kommu
nikationsbeauftragte oder Journalis
tinnen erkennen und kommentieren Soziologinnen, Politologen und Ge
schlechterExpertinnen Trends und Diskussionen in Gesellschaft und Poli
tik. Sie leisten Öffentlichkeitsarbeit, sind in der Berufs, Studien und Lauf
bahnberatung oder in PR und Werbe
agenturen tätig. Sie arbeiten als Lehr
personen für den allgemeinbildenden Unterricht an Berufsfachschulen, sind Diplomatische Mitarbeiter/innen oder arbeiten in der Entwicklungszusam
menarbeit.
Im Bereich Marketing oder Fundrai
sing von gemeinnützigen Organisatio
nen finden sich weitere Tätigkeitsfelder.
Auch in Assistenz und Führungsun
terstützungsfunktionen oder in ver
schiedenen Bereichen der Banken und Versicherungen sind Sozialwissen
schaftler/innen anzutreffen. Für all diese Bereiche ist der breite geistes
und sozialwissenschaftliche Hinter
grund der Soziologie, Politikwissen
Sozialwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen sind in statistischen Abteilungen der öffentlichen Hand beispielsweise verantwortlich für die Entwick-lung von Datenerhebungen und Fragebogen, für die Auswertung und Interpretation der Umfragen sowie für die Publikation der Ergebnisse.
schaft oder Geschlechterforschung eine wichtige Grundlage. Nach ein paar Jahren beruflicher Erfahrung absolvie
ren viele Zusatzausbildungen, die für den Beruf und die weitere Entwicklung relevant sind.
SICH VERKAUFEN
Für Studierende, die jahrelang für ei
nen akademischen Titel gearbeitet ha
ben, ist die Versuchung gross, sich aka
demisch zu präsentieren. Für den Bewerbungsprozess ist dies meist nicht sehr hilfreich. Die Kraft des besseren Arguments, das im Studium erfolgreich eingeübt wurde, steht manchmal dem
«Verkaufen» der eigenen Kompetenzen im Weg.
Letztlich müssen dem Arbeitgeber, ne
ben glaubwürdiger Motivation, vor al
lem die in Ausbildung und Praxis er
worbenen Kenntnisse und Kompetenzen aufzeigt werden. Wer sein Wissen und Können für den Arbeitgeber verständ
lich macht und auf die Verbindungen zwischen Studium und Job hinweist, hat gute Chancen, auf dem Arbeits
markt auf Interesse zu stossen. Wer als Soziologin ein Forschungsprojekt gelei
tet hat, kann wertvolle Erfahrungen im Projektmanagement vorweisen; ein Po
litikwissenschaftler, der seinen Master im Ausland absolviert hat, kann neben sprachlichen auch interkulturelle Fä
higkeiten in die Waagschale werfen.
Die Mitarbeit an einer Fachpublikation hilft der Geschlechterforscherin, ihre besonderen redaktionellen Kompeten
zen hervorzuheben.
Ist der Einstieg erst gefunden und nach einigen Berufsjahren vielleicht durch eine geeignete Weiterbildung ergänzt, stehen Absolventinnen und Absolven
ten der Soziologie, der Politikwissen
schaft und der Gender Studies zahlrei
che Türen offen.
BERUFSPORTRÄTS
In den folgenden Porträts berich-ten Berufsleute über ihren Arbeitsalltag und ihre Laufbahn sowie darüber, wie ihr Studien-fach sie darauf vorbereitet hat.
YORICK TANNER
CoGeschäftsstellenleiter Stadtteilsekretariat BaselWest
NATHALIE GIGER
Ausserordentliche Professorin für politisches Verhalten, Universität Genf
CÉLINE VALÉRIE GLOOR Hochschulpraktikantin an der Militärakademie an der ETH Zürich
ANDREAS BABST
Südasienkorrespondent der NZZ in Delhi, Indien
BARBARA HEER
Gleichstellungspolitikerin, Leiterin Stabstelle Frauen und Gender bei Mission 21, Basel
Quellen
Die erste Stelle nach dem Studium, SDBB Verlag (2019), Neuabsolventen und -absolventinnen der Schweizer Hochschulen auf dem Arbeits-markt
CINFO
Das Zentrum für Information, Beratung und Bildung für Berufe der internationa-len Zusammenarbeit bietet Studienab-gängerinnen und jungen Berufsleuten auf der Internetseite, Facebook, Twitter und an Veranstaltungen wie dem «Re-flexionstag» Informationen aus erster Hand zu diesem vielseitigen Berufsfeld.
Ausserdem können sich Interessierte auf ausgewählte Nachwuchsstellen bewerben, für welche cinfo die Perso-nalsuche übernimmt. Die kostenlose Online-Jobbörse cinfoPoste bietet weitere Stellen- und Praktika-Angebote.
Alle Informationen erhalten Sie auf www.cinfo.ch, mit dem Newsletter und via Social Media.
Kontakt: info@cinfo.ch.
Bereits während des Studiums erworbene Kompetenzen helfen beim Berufseinstieg z.B. auch in Branchen wie Versicherungen und Banken.