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Der Einsatz von PtH muss nach der Nutzungsdauer und Anlagengröße differenziert werden.

Elektrokessel in Verbindung mit KWK-Großanlagen (Zentrale Projektanwendungen)

In zentralen Anlagen (Nah- und Fernwärmenetzten, Gewerbe/Industrie) ist der Einsatz von Großanlagen notwendig. Besteht vor Ort eine Erzeugungsanlage mit Kraft-Wärme-Kopplung, kann diese bei geringen Strompreisen an der Börse (Überangebot durch EE-Strom-einspeisung) oder bei einem Abruf negativer Regelleistung abgefahren werden. In kürzeren Zeiträumen mit niedrigen Preisen im Kurzfristhandel oder bei der Erbringung negativer

Re-gelenergie können die KWK-Anlagen häufig nicht abgeschaltet, sondern nur auf eine be-stimmte Teillast heruntergeregelt werden, da sie sonst in den entsprechenden Zeitinterval-len nicht wieder in den geplanten Arbeitspunkt hochgefahren werden könnten.31 Durch eine nachgeschaltete PtH-Anlage kann die verbleibende Stromerzeugung genutzt, die Mindester-zeugung des ErMindester-zeugungssystems reduziert und infolgedessen den Strommärkten eine erhöh-te Flexibilität zur Verfügung geserhöh-tellt werden. Zudem kann eine etwaig aus dem Teillastbe-trieb folgende verringerte KWK-Nutzwärmeerzeugung durch die PtH-Anlage mindestens (nahezu) ausgeglichen werden. Zumeist kann die Wärmeerzeugung auch in einem vorhan-denen Wärmespeicher zwischengespeichert werden, ohne dass ein zeitgleicher Verbrauch der Wärme erforderlich ist. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass bei einer Eigenerzeugung wesentlich geringere Strombezugskosten für die PtH-Anlage anfallen (siehe Kapitel 5.3).

Darüber hinaus können die Elektrokessel am Standort zur Besicherung der restlichen Wär-meerzeugungsanlagen oder zum Ausgleich von extremen Wärmebedarfslastspitzen genutzt werden. Zur Bereitstellung negativer Regelleistung werden Elektrokessel in diesen Konstella-tionen bereits vielfach verwendet.

Diese Anwendung ist aufgrund der im Vergleich mit Wärmepumpen geringen ökologischen Effizienz, bezogen auf den Nutzungsgrad für die Wärmeerzeugung, für die Nutzung von sol-chen Stromüberschüssen geeignet, die nur in wenigen Stunden im Jahr auftreten (ca. 20-500 h/a). Infolge der derzeit zu beobachtenden sinkenden Erlöse für die Bereitstellung negativer Regelenergie werden zukünftig eher weniger Projekte realisiert.

Für eine Ausweitung der Projekte müsste somit zeitgleich die Installation von KWK-Anlagen, Wärmespeichern sowie von Elektrokesseln gefördert werden. Um die Stromerzeugung wei-ter zu flexibilisieren, bedarf es zusätzlicher Anreize durch den Strommarkt wie z.B. strom-steuer- und umlagenfreie Eigenstromnutzung für PtH-Anwendungen.

Elektrokessel zur Prozessdampferzeugung in der Industrie (Zentrale Projektanwendungen) Beispielhaft wird eine elektrische Dampferzeugeranlage zur Erzeugung von Heißdampf mit 400 °C bei 35 bar (ü) erläutert, die für einen Dampfmassenstrom von 100 t/h ausgelegt wird:

Zur Erzeugung von 35-bar-Sattdampf (244,2°C) wird eine Elektrokesselanlage mit einer Nennleistung von rd. 75 MWel benötigt (Annahme: TSpeisewasser = 40°C). Aufgrund der geringe-ren spezifischen Investitionskosten von Elektrodenkesseln sollten hierzu Elektrodenkessel verwendet werden. Gemäß der in Kapitel 5.1. genannten Faustformeln zur Beschreibung der Auslegungsgrenzen von Sattdampf-Elektrodenkesseln wären mindestens zwei Elektroden-kessel vorzusehen. Die Dampfüberhitzung auf 400°C kann ausschließlich mittels Widerstand-serhitzern erfolgen. Hierbei wird mindestens eine Leistung von rd. 12 MWel benötigt, die auf minimal drei Einheiten aufgeteilt werden kann, da Widerstandserhitzer mit einem Betriebs-druck von 35 bar (ü) nur in Einheiten bis max. 5 MWel hergestellt werden. Für das o.g.

31 Eine Mindesterzeugung kann auch aus der Bereitstellung von Systemdienstleitungen resultieren.

spiel wären somit mindestens zwei Elektrodenkessel und drei Widerstandserhitzer mit einer installierten Leistung von mindestens 87 MWel notwendig.

Grundsätzlich können Elektrokessel zur Prozesswärmeerzeugung in der Industrie ebenfalls für die im vorgenannten Einsatzfeld (vgl. „Elektrokessel in Verbindung mit KWK-Großanlagen“) beschriebenen Verwendungszwecke genutzt werden. Allerdings ergibt sich bei der Prozessdampferzeugung die weitere Einschränkung, dass eine zeitweise Entkopplung von Wärmeerzeugung und -Verbrauch mittels Wärmespeicher nur bedingt möglich ist und somit die vermarktbare Leistung zur Nutzung von Überschussstrom vom jeweiligen Wärme-verbrauch begrenzt wird.

Grundlast WP (zentral)

Die Grundlast in großen Wärmesystemen (Nah-und Fernwärme, Industrie) kann durch Wär-mepumpen bereitgestellt werden. Optimal sind Systeme mit geringen Vor- und Rücklauf-temperaturen und einer Wärmequelle auf möglichst hohem Temperaturniveau. Die Kombi-nation von beidem ist leider selten anzutreffen, die bestehenden FW-Netze sind in der Regel für Vorlauftemperaturen von > 85°C ausgelegt und industrielle Abwärmequellen lassen sich nur selten erschließen. Mit geringeren Stromkosten lassen sich auch Projekte mit geringe-rem COP realisieren. Referenzen dafür gibt es in den zahlreichen Wärmepumpenprojekten in der Schweiz, Frankreich und Skandinavien.

Sofern aber nur der EE-Überschussstrom in Wärme umgewandelt wird, können Grundlastan-lagen (> 4.000 h/a) nicht wirtschaftlich betrieben werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Grundlastanlagen durch eine hohe Laufzeit rechnen müssen. Eine flexible Fahrweise ist nur durch hohe Marktanreize realisierbar. Bei steigendem EE-Anteil an der Stromerzeugung könnten diese Anlagen zukünftig mit z.B. dop-pelter Leistung gebaut werden und ein wirtschaftlicher Betrieb über Marktanreize mit der halben Betriebsdauer ermöglicht werden, analog zur EEG-Förderung von Biomasseanlagen.

Elektroheizpatrone im Einfamilienhaus-Pufferspeicher (Dezentral)

Pufferspeicher können technisch einfach mit einer Elektroheizpatrone ausgerüstet und kos-tengünstig nachgerüstet werden. Meist werden die Heizpatronen aber nur als Absicherung für Solaranlagen oder Luft-Wasser-WP projektiert.

Es fehlt (noch) die passende Marktkommunikation um die Heizpatronen im negativen Regel-leistungsmarkt vermarkten zu können. Die Nutzung des installierten Potentials an Elektro-heizpatronen bedarf einer sinnvollen Marktstrategie der Stromversorger. Die Fernwirktech-nik für die WP mit Auslesung der Wärmespeicherfüllstände und Zählerstände müsste flä-chendeckend installiert werden, um den Kunden ein Angebot für die Stromnutzung zu un-terbreiten. Für solche Projekte müssten die Stromnebenkosten, die auch beim Strombezug durch den Abruf negative Regelleistung anfallen gesenkt werden. Ansonsten kostet der

Strom selbst bei der Erbringung negativer Regelleistung für den Endkunden > 100 €/MWh und eine wirtschaftliche Wärmeerzeugung wäre damit nicht gegeben.

Elektro WP im EFH Neubau (dezentral)

Viele Neubauten werden als Niedrig- oder sogar Passivhaus gebaut. Mit dem Niedertempe-raturheizsystem sind viele der Neubauten mit Wärmepumpen ausgestattet, meist Luft/Wasser-Wärmepumpen. Wenn die Pufferspeicher in den Anlagen ausreichend groß dimensioniert sind und die Wärmepumpen ausreichend Leistungsreserven aufweisen, kann die Wärmeerzeugung strommarktgeführt in relativ wenigen Stunden erfolgen. Für Neubau-ten muss ein höheres Invest in Pufferspeicher und Wärmepumpe berücksichtigt werden. In Zeiten mit EE-Stromüberschuss kann die Wärmepumpe dann vorrangig Wärme erzeugen und einspeichern. Der EE-Überschussstrom wird sinnvoll in der Wärme genutzt und in den folgenden Stunden braucht die WP dann nicht wärmegeführt betrieben werden. So können WP in Zeiten mit geringer EE-Stromproduktion das Stromnetz entlasten.

Im Neubausektor müssten die Pufferspeicher und Wärmepumpen für mehr Flexibilität über-dimensioniert werden. Analog zu den Elektroheizpatronen müsste die Marktkommunikation und Fernwirktechnik für diese Anwendungsfälle geschaffen werden. Die Stromnebenkosten müssten in diesem Fall nicht zwingend gesenkt werden, da diese Objekte immer mit Strom heizen. Die zusätzlichen Investitionen müssen aber gedeckt werden, dafür reicht eine Sen-kung der Stromkosten um die Commodity (rd. 3 ct/kWh) nicht aus.

6 Heiz- und Prozesswärmebedarf in Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt erstreckt sich auf einer Gebietsfläche von rd. 20.500 km² bei einer Einwoh-neranzahl von 2,245 Mio. Es ist landschaftlich vielseitig und erstreckt sich von der Altmark, einem hügeligen Gebiet im Norden, über die Magdeburger Börde und dem Mittelgebirge Harz mit der höchsten Bodenerhebung dem Brocken (1.141 m), bis hin zum Thüringer Vor-land.

Die beiden größten Städte sind die Landeshauptstadt Magdeburg und Halle (Saale), ein wei-teres Oberzentrum ist Dessau-Roßlau. Die Siedlungsstrukturen sind eher ländlich mit vielen kleineren Städten, die allerdings historisch bedingt oft auch über zentrale Wärmeversor-gungsstrukturen verfügen. Der nach der Wende 1989 erfolgte Ausbau der Erdgasnetze ist inzwischen weitgehend flächendeckend erfolgt.

Für das Land Sachsen-Anhalt wurde ein flächendeckendes Energie- und Emissionskataster für kleine und mittlere Feuerungsanlagen zuletzt für das Basisjahr 2010 erstellt (ENERKO, 2012), das eine wesentliche Grundlage der Wärmemarkbilanz in dieser Studie bildet.

Zur Erstellung der Wärmemarktbilanz für das Basisjahr 2015 wurden folgende weitere Ein-gangsdaten berücksichtigt:

Energie- und Emissionskataster für kleine und mittlere Feuerungsanlagen mit Basis-jahr 2010 (ENERKO, 2012). Diese ist bereits klimabereinigt und liegt auf Gemeinde-Ebene vor für die Brennstoffe Erdgas, Kohle, Heizöl und Biomasse.

Energiebilanzen des Landes Sachsen-Anhalt für die Jahre 2010-2014 (Quelle: Statisti-sches Landesamt).

Bevölkerungs- und Wohnflächenentwicklung (Quelle: Statistisches Landesamt).

Eigene Erhebung und Befragungen von Energieversorgern zu den Stromeinsatzmen-gen für StromheizunStromeinsatzmen-gen (NachtspeicherheizunStromeinsatzmen-gen, elektrische Wärmepumpen).

Eigene Erhebung und Befragungen von Energieversorgern für Fernwärme- und Dampfnetze.

Gradtagszahlen für den Standort Magdeburg (IWU, 2016) zur Klimabereinigung.