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der Armut

3.3 Einkommensmobilit¨ at von Haushalten im SOEP

F¨ur die Sch¨atzung der Vulnerabilit¨at mit Kovariablen sind nat¨urlich die beiden Aspekte relevant, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Haushalte in Armut fallen oder ihr entkommen. Dieser Abschnitt befasst sich mit der Untersuchung der Einkommensmobilit¨at im vorliegenden Datensatz.

In Situationen, in denen die Armen arm bleiben und die Nicht-Armen selten arm werden, sind die Begriffe Armut und Vulnerabilit¨at gewissermaßen

gleich-13Wenn jedoch mehr Daten fehlen, k¨onnen sich die Ergebnisse durchaus stark unterscheiden. Feh-lende Haushaltsvariablen sind vor allem dann ein Problem, wenn die Vorhersage des aktuellen Einkommens nur auf diesen basiert. Die fehlenden Werte sind dagegen nicht so problematisch, wenn bei der Vorhersage das Einkommen des vergangenen Jahres verwendet wird. Sp¨ater wird gezeigt, dass das vergangene Einkommen den gr¨oßten Einfluss auf die Vorhersage hat.

bedeutend. Das ist nicht der Fall, wenn ein beachtlicher Anteil von Haushalten h¨aufig zwischen den Zust¨anden arm und nicht-arm wechselt. Um die Situation im vorliegenden Datensatz zu untersuchen, werden die Haushalte aufgrund ihres Aquivalenzeinkommens einer von f¨unf Einkommensgruppen: [0,9000), [9000,12000),¨ [12000,18000), [18000,22000) und [22000,30000) zugeordnet. Die Gruppen werden mit E, D, C, B und A bezeichnet, wobei E die Gruppe ist, die in dieser Arbeit als arm bezeichnet wird.

Abbildung 3.4 zeigt den Anteil der derzeitig armen Haushalte zerlegt nach Zu-geh¨origkeit zu den Einkommensklassen im Vorjahr. Z.B. waren 58% der Armen in 1993 ebenfalls arm in 1992, 29% der Armen in 1993 waren in Gruppe D, 9% waren in Gruppe C, 3% in B und 1% in A. Die Zerlegung ¨andert sich kaum ¨uber den beobachteten Zeitraum von 16 Jahren. Es zeigt sich, dass tats¨achlich ein großer Teil der Haushalte in Armut verharrt, aber dass auch ein betr¨achtlicher Anteil im Vorjahr (etwa 40%) nicht arm war.

F¨ur sp¨atere Ausf¨uhrungen ist es ebenfalls notwendig, den Anteil der derzeit nicht-armen Haushalte, zerlegt nach der Zugeh¨origkeit zu den Einkommensklassen im Vorjahr, zu betrachten. Diese Gruppe wird mit N Pt bezeichnet. Abbildung 3.5 zeigt, dass von den Nicht-Armen in 1993 etwa 5% in 1992 arm gewesen waren, 15% kamen aus Gruppe D, 40% aus Gruppe C, 22% aus B und 18% aus A.

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

0.00.10.20.30.40.50.60.70.80.91.0

Anteil

P(Et−1|Et) P(Dt−1|Et) P(Ct−1|Et) P(Bt−1|Et) P(At−1|Et)

0.00.10.20.30.40.50.60.70.80.91.0

Abbildung 3.4: Derzeitige Arme zerlegt nach Einkommensklassen des Vorjah-res (1993-2008) [eigene Darstellung auf Basis der in Kapitel 3 beschriebenen Daten].

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

0.00.10.20.30.40.50.60.70.80.91.0

Anteil

P(Et−1|NPt) P(Dt−1|NPt) P(Ct−1|NPt) P(Bt−1|NPt) P(At−1|NPt)

0.00.10.20.30.40.50.60.70.80.91.0

Abbildung 3.5: Derzeit nicht-arme Haushalte zerlegt nach den Einkom-mensklassen des Vorjahres (1993-2008) [eigene Darstellung auf Basis der in Kapitel 3 beschriebenen Daten].

0.000.100.200.300.400.500.60

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Übergangswahrscheinlichkeiten

P(Et|Et−1) P(Et|Dt−1) P(Et|Ct−1) P(Et|Bt−1) P(Et|At−1)

Abbildung 3.6: Ubergangswahrscheinlichkeit zur Armut im n¨¨ achsten Jahr (1993-2008) [eigene Darstellung auf Basis der in Kapitel 3 beschriebenen Da-ten].

Abbildung 3.6 zeigt die h¨aufiger gebrauchte Darstellung der ¨ Ubergangswahrschein-lichkeit von einer der f¨unf Einkommensklassen in t−1 zu der (armen) Einkom-mensklasse E int.

Die ¨Ubergangswahrscheinlichkeiten und die in Abbildung 3.4 dargestellten Anteile unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Interpretation. W¨ahrend sich die Wahrschein-lichkeiten der ¨Uberg¨ange von Haushalten aus den f¨unf Einkommensklassen in die arme Klasse Et nicht zu eins addieren m¨ussen, ist dies f¨ur die Zusammensetzung der armen Haushalte in t aus den Anteilen der f¨unf Einkommensklassen des Vor-jahres der Fall. Zusammenfassend ergibt sich, dass zwischen 45 und 60% der armen Haushalte im folgenden Jahr arm blieben, 10%-20% aus Gruppe D arm wurden, und weniger als 5% von jeder Gruppe C,B und A arm wurden.

Weiterhin wurde untersucht, ob sich die ¨Ubergangswahrscheinlichkeiten wie eine homogene Markov-Kette (Stirzaker, 2005, S. 107-147) verhalten. Wenn dies der Fall w¨are, so k¨onnten die Wahrscheinlichkeiten f¨ur jeden Haushalt, sich in einem der f¨unf Zust¨ande zu befinden, f¨ur einen beliebigen Zeitpunkt vorausgesagt werden.

Es ließe sich ein Zeitpunkt berechnen, in dem sich diese Wahrscheinlichkeiten nicht mehr ver¨andern, d.h. Stabilit¨at eintritt.

F¨ur diese Analyse wurde f¨ur die Einkommensklassen aus zwei Jahren die Matrix der Ubergangswahrscheinlichkeiten ˆ¨ Tt,t+1 berechnet. Die ¨Ubergangswahrscheinlichkeit von Jahr t zu Jahrt+ 2 wurde einerseits explizit aus den Daten gesch¨atzt ( ˆTt,t+2), und andererseits (unter der Annahme, dass es sich um eine homogene Markov-Kette handelt) durch das Quadrat der ¨Ubergangsmatrix ( ˆTt,t+1)2 berechnet. Da Tˆt,t+2 6= ( ˆTt,t+1)2, wird vermutet, dass sich die ¨Ubergangswahrscheinlichkeiten nicht wie eine homogene Markov-Ketten verhalten. Die ¨Ubergangsmatrizen sind exemplarisch f¨ur das Jahr t= 1992 in Anhang A.1.3 dargestellt. Insbesondere die Bleibewahrscheinlichkeiten von ( ˆT92,93)2 und ˆT92,94 deuten darauf hin, dass keine Homogenit¨at vorliegt, da diese sich relativ stark unterscheiden.

Im Allgemeinen kann gefolgert werden, dass, obwohl viele Haushalte in Armut verharren, auch ein betr¨achtlicher Anteil der Armen im Vorjahr nicht arm war.

Zwischen 40% und 55% der armen Haushalte haben es geschafft, der Armut im folgenden Jahr zu entkommen. Angesichts der hohen Mobilit¨at der Haushalte in Armut und aus der Armut hinaus (auch aus h¨oheren Einkommensgruppen), kann nicht erwartet werden, dass die armutsgef¨ahrdeten Haushalte vollst¨andig vorher-gesagt werden k¨onnen.

Vulnerabilit¨ at

In diesem Kapitel wird die empirische Sch¨atzung der Vulnerabilit¨at basierend auf den Methoden in den Abschnitten 2.4.1-2.4.3 mit den Daten des SOEPs und der Statistik Software RVersion 2.10.0 durchgef¨uhrt. Die Genauigkeit, mit der sich die Vulnerabilit¨at sch¨atzen l¨asst, h¨angt in hohem Maße von den verf¨ugbaren Daten ab. Diese unterscheiden sich in der Art der Daten (Querschnitts- oder Paneldaten), der Responsevariable (stetig oder bin¨ar) sowie der vorhandenen Kovariablen (Vor-jahreseinkommen (stetig, in Klassen), Haushaltskovariablen, Makrovariablen) und deren Qualit¨at. Mit den Daten des

”SOEPv26“ liegen f¨ur diese Arbeit lange Panel-daten hoher Qualit¨at, d.h. relativ vollst¨andig und verl¨asslich, vor. Als Wohlfahrts-indikator stehen stetige (harmonisierte) Einkommensvariablen zur Verf¨ugung, f¨ur die in dieser Arbeit angenommen wird, dass sie dem tats¨achlichem Einkommen entsprechen.

Das Ziel des Kapitels ist es, eine umfassende Aussage ¨uber die Genauigkeit der Sch¨atzung der Vulnerabilit¨at in oben beschriebenen Situationen der Datenverf¨ug-barkeit zu treffen. Aufgrund der Datenlage k¨onnen diese Situationen ideal abge-bildet werden. In Abschnitt 4.1 werden relevante Kovariablen identifiziert und die Vulnerabilit¨at in Datens¨atzen unterschiedlicher L¨ange (Querschnittsdaten, kurze Panels, l¨angere Panels) gesch¨atzt und retrospektiv bewertet.

Abschnitt 4.2 untersucht die Genauigkeit der Vulnerabilit¨ats-Sch¨atzung, wenn die Kovariable Vorjahreseinkommen lediglich in wenigen Einkommensklassen zur Verf¨u-gung steht. Da die Ermittlung des j¨ahrlichen, stetigen Haushaltseinkommens mit einem hohen Aufwand verbunden ist und die Haushalte oft keine exakte Anga-be ¨uAnga-ber die einzelnen Komponenten ihres Einkommens machen k¨onnen, wird in vielen Panels das Einkommen in Einkommensklassen (z.B. Mikrozensus) gemes-sen. In Entwicklungsl¨andern sind Informationen ¨uber das Einkommen h¨aufig gar nicht oder nur sehr ungenau verf¨ugbar. Die Datenlage des SOEPs erm¨oglicht ei-ne Untersuchung bei verschiedeei-ner Anzahl und unterschiedlichen Abgrenzungen

von Einkommensklassen. Weiterhin wird untersucht, welche Auswirkung Fehler bei der Klassifizierung der Haushalte auf die Einkommensklassen f¨ur die Genauig-keit der Sch¨atzung haben. Abschnitt 4.2 beantwortet die Frage, ob es von Vorteil ist, solche ungenauen Einkommensinformationen f¨ur die Sch¨atzung der Vulnera-bilit¨at zu verwenden und ob sich der Aufwand lohnt, das Einkommen trotz der Unzul¨anglichkeiten zu ermitteln.

Es wird angenommen, dass sich die Ergebnisse, die auf deutschen, idealen Daten basieren, auch auf andere L¨ander mit h¨oheren Armutsquoten als in Deutschland ubertragen lassen. Bei hoher Armutsquote m¨ussen¨ absolut betrachtet mehr armuts-gef¨ahrdete Haushalte und weniger nicht-armutsarmuts-gef¨ahrdete Haushalte identifiziert werden als bei niedriger Armutsquote. In den Abschnitten 4.1 und 4.2 wird die Genauigkeit der Vulnerabilit¨ats-Sch¨atzer f¨ur verschiedene Armutsquoten (niedrig, mittel, hoch) interpretiert.

Abschnitt 4.3 untersucht dagegen die Messung der Genauigkeit der Vulnerabilit¨at spezifisch f¨ur Deutschland. Es werden M¨oglichkeiten untersucht, die Genauigkeit bisher erzielter Sch¨atzer zu verbessern. Dazu werden zum einen Makrovariablen herangezogen und zum anderen die Vulnerabilit¨at in Merkmalsgruppen separat gesch¨atzt.