4.3 Inhomogene Wolken
4.3.1.2 Einfluß der Auflösung oder Beam Filling Effekt
Bislang ist der BF-Effekt in diesem Abschnitt nicht angesprochen worden, obgleich hier der Flüssigwasserpfad von inhomogenen Wolken abgeleitet wird und in K a p i t e l 3 starke BF-Effekte in den Helhgkeitstemperaturen der G E S I M A - W o l k e n berechnet worden sind (Abb. 3.29). Bei einem mittleren L W P von 0.5 k g / m2 gibt es i n Abhängigkeit der Inhomo-genität beispielsweise BF-Effekte bis zu -50 K bei 37 G H z (horizontal) bzw. bis z u -15 K bei 19 G H z .
Bisher sind aber keine sehr großen Retrievalfehler mit systematischer Natur aufge-treten. Im Trainingsdatensatz (ohne Abbildung) existiert für beide bisher entwickelten Algorithmen für inhomogene Wolken kein systematischer Fehler bei einer Genauigkeit von 4 Nachkommatastellen. Dies bedeutet, daß ein systematischer BF-Fehler entsprechend der systematisch niedrigeren Helligkeitstemperaturen bei inhomogenen Wolken (gegenüber homogenen Wolken) nicht vorhanden ist. Allerdings haben Neuronale Netze generell die Eigenschaft, die Relation zwischen Eingabe- und Ausgabedaten ohne systematischen Feh-ler abzubilden. Prinzipiell gilt dies nur für den Trainingsdatensatz, an dem das N N die Abbildung erlernt. D a jedoch Generalisierungs u n d Testdatensatz auf den gleichen W o l -kensimulationen beruhen und die Wolkenrealisierungen nur unter anderen Radiometer-blickwinkeln ausgeschnitten worden sind, existieren keine systematischen Unterschiede zum Trainingsdatensatz und somit ist auch hier der systematische Retrievalfehler ver-nachlässigbar klein (Abb. 4.8).
Das N N kann somit im Mittel die vorhandenen BF-Effekte in den T B s ausgleichen, so daß es zu keinen systematischen Unter- oder Uberschätzungen kommt. A b b . 4.8e zeigt die annähernde Gleichverteilung der positiven und negativen Retrievalfehler.
Im Vergleich zu dem Algorithmus für homogene Wolken (Abb. 4.4) ist der zufällige Algorithmenfehler bei Ableitung des antennengewichteten Flüssigwasserpfades inhomo-gener Wolken deutlich höher (Abb. 4.8). Der R M S i m Testdatensatz erhöht sich von 0.0073 k g / m2 auf 0.0117 k g / m2. Hierfür gibt es zwei Ursachen. Z u m einen ist zu erwarten, daß die BF-Effekte bei inhomogenen Wolken zu einer Verschlechterung der Retrievalgenau-igkeit führen. Desweiteren muß auch beachtet werden, daß bei der Algorithmenentwicklung für inhomogene Wolken die Auflösung der einzelnen Kanäle unterschiedlich ist. U m die-sen Effekt auszuschließen, wird ein weiterer inhomogener Algorithmus zur Ableitung des antennengewichteten Flüssigwasserpfades entwickelt. Die inhomogenen T B s werden da-bei derart berechnet, daß für jede Frequenz die Antennenfunktion des 37 G H z Kanals bis zum Abfall von -13 d B zur Mittelung benutzt w i r d .3 Der einzige Unterschied z u dem homogenen Algorithmus ist, daß die (inhomogenen) Helligkeitstemperaturen BF-Effekte aufweisen. Ansonsten ist gewährleistet, daß jeder K a n a l die gleiche antennengewichtete Wolke sieht, aus der auch die homogenen Helligkeitstemperaturen berechnet worden sind.
Unterschiede zwischen beiden Algorithmen sind also direkt auf die BF-Effekte in den inho-mogenen Helligkeitstemperaturen zurückzuführen.
A b b . 4.11 zeigt, daß es bei Annahme einer konstanten Auflösung für alle Kanäle zu einer deutlichen Verbesserung des Retrievals kommt, da die Lösungen dieses A l g o r i t h -mus (gepunktete Linien) klar von denen mit unterschiedlicher Auflösung (durchgezogene
3auch für 85 G H z . Die Mittelung mehrerer B-Scan Radiometerbückfelder entfällt.
dem homogenen Algorithmus.
0.005 0.010 0.015 0.020 0.025 R M S L W P [kg/m2]
A b b i l d u n g 4.11: Verteilung der 100 Lösungen (RMS des LWP-Retrievalfehlers im Gene-ralisierungsdatensatz) bei zufallig variierten Startwerten für die Netzgewichte bei Ablei-tung des antennengewichteten Flüssigwasserpfades mit unterschiedlichen Größen der Radiometerblickfelder (FOV) (—) bzw. bei Annahme einer konstanten FOV-Größe (• • •) und bei Annahme von homogenen Wolken (- -, homogener Algorithmus). Die vertika-len Linien zeigen den Mittelwert der jeweiligen Verteilung. Recurrence Analyse mit 5 % Irrtumswahrscheinlichkeit.
Bei Ableitung des Gebietsmittelwertes mit dem inhomogenen Algorithmus mit kon-stanter Auflösung beträgt der R M S nur 0.0050 k g / m2 (Abb. 4.9f) und ist damit u m 0.0011 k g / m2 kleiner als bei Verwendung der inhomogenen HeUigkeitstemperaturen mit ihren originalen Auflösungen. Die Verschlechterung gegenüber dem homogenen Algorith-mus beträgt nur 0.0005 k g / m2.
Die geringe Zunahme des zufälligen Algorithmenfehlers durch BF-Effekte bei dem inho-mogenen Algorithmus mit konstanter Auflösung gegenüber dem hoinho-mogenen Algorithmus und die Tatsache, daß keine direkte Iimomogemtätsinformation in den inhomogenen
Algo-• Algo-• 1—1 " — I —* - p—1— ' — r i ' ' ' ' l _
rithmus eingeht, bedeutet, daß das N N den BF-Effekt an Hand der inhomogenen Hel-ligkeitstemperaturen erlernt. Anders ausgedrückt heißt dies, daß die Information über BF-Effekte i n den Helhgkeitstemperaturen selber enthalten ist bzw. in ihren Kombinatio-nen, und das N N ist in der Lage, diese Information zu nutzen (indirekte Korrektur von BF-Effekten).
Die BF-Effekte in den inhomogenen Helligkeitstemperaturen können also zu einem sehr großen Teil vom N N berücksichtigt werden; die verbleibende Verschlechterung bezüglich des homogenen Algorithmus ist auf einen BF-Effekt zurückzuführen, der einen zufalligen Charakter (wie Rauschen) besitzt und nicht vom N N abgebildet werden kann.
4.3.2 Zusammenfassung
Es hat sich gezeigt, daß es bei der Ableitung von L W P A l g o r i t h m e n für inhomogene W o l -ken zu keinem systematischen BF-Fehler in den Retrievalergebnissen kommt. Allerdings ist der zufällige Algorithmenfehler auf der Skala einzelner Radiometerblickfelder wesentlich größer als bei Algorithmen für homogene Wolken. Die Verschlechterung der Retrievalge-nauigkeit ist nur zu einem kleineren Teil auf BF-Effekte i n den Helligkeitstemperaturen zurückzuführen, sondern vielmehr auf die unterschiedliche Auflösung der inhomogenen Helligkeitstemperaturen. E s erscheint also vordringlicher, die Effekte durch die verschie-dene Auflösung der einzelnen Kanäle zu korrigieren als diejenigen, die durch BF-Effekte entstehen.
Arbeiten zur Auflösungsverbesserung der tiefen Kanäle des S S M / I wurden von Robinson et al. [1992] durchgeführt. Unter Berücksichtigung der Abtastgeometrie und der jeweiligen Antennenfunktionen ist es möglich, 19 und 22 G H z in etwa auf die Auflösung des 37 G H z Kanals zu bringen. Dabei wird die Information der umliegenden 24 Radiometerblickfelder ausgewertet, um den Wert des betrachteten F O V bei 37 G H z Auflösung z u approximie-ren. Die Anwendung auf Helligkeitstemperaturen von G E S I M A - W o l k e n ist nur beschränkt möglich, da das Verfahren auf der Auswertung von Beobachtungsszenen basiert. Jedoch ist das GESIMA-Modellgebiet zu klein, u m mehrere Beobachtungsszenen auszuwerten.
Die Ableitung des in einem Radiometerblickfeld antennengewichteten Flüssigwasser-pfades ist viel genauer möglich, als die Ableitung eines linear gemittelten L W P (Abb. 4.8).
Bei der Ableitung des Gebietsmittelwertes für ein GESIMA-Modellgebiet verschwindet ein sehr großer Teil des zufalligen Algorithmenfehlers; die Ableitung des antennengewichteten L W P liefert auch in diesem Fall die genaueren Ergebnisse. Je nach Anwendung sollte ent-schieden werden, ob es möglich ist, den antennengewichteten L W P zu verwenden.
Die i n dieser Studie ursprünglich geplante Verbesserung der Ableitung des L W P mit Neuronalen Netzen durch Eingabe von Inhomogenitätsinformation aus den Helligkeitstem-peraturen des höher aufgelösten 85 G H z B-Scan erscheint angesichts der kleinen zufälli-gen Algorithmenfehler, die ausschließlich auf BF-Effekte i n den Helligkeitstemperaturen zurüclczuführen sind, als wenig aussichtsreich.
In Abschnitt 6.1 wird ein Modell entwickelt, das Abschätzungen erlaubt, mit welcher Genauigkeit Inhornogenitätsinformation eingegeben werden müßte, um BF-Effekte expli-zit zu korrigieren. Diese korrigierten Helligkeitstemperaturen würden dann homogenen